FCZ, NZZ und WOZ

Eigentlich wollte ich mir für einmal die Freiheit nehmen und über die Freuden eines FCZ-Fans schreiben, der in der Stube des Erzrivalen einen historischen Sieg feierte. Wie Tausende mit ihren blau-weissen Schals und Fahnen von der Limmat an den Rhein pilgerten in vollen Extrazügen.

Dann das geile (sorry!) Fest in glückseliger Freude auf dem Ni-Una-Menos-Platz im Zürcher Kreis 4 mit den Fussball-Meisterhelden. Wunderschön auch die bunten, farbenfrohen Feuerwerke am Stadtzürcher Himmel. Umentschieden habe ich mich dann wegen der NZZ und der Wochenzeitung (WOZ). Der Reihe nach. Natürlich wäre es naiv zu glauben, dass die NZZ den Positionen der Partei der Arbeit (PdA) was Gutes abgewinnen würde (siehe Artikel nebenan). Täte sie es, wäre es für die PdA höchst bedenklich. Die NZZ steht für ganz bestimmte gesellschaftspolitische Interessen und Kräfte. In ihrem Sinne soll die Meinungsbildung über die Berichterstattung in der NZZ erfolgen. Dies ist die Aufgabe der NZZ. Und die – das muss man ihr lassen – erfüllt sie auf hohem Niveau. Dabei ist sie von einer objektiven Berichterstattung weit entfernt. Diese wird von den NZZ-Aktionär*innen auch nicht erwartet oder gar verlangt. Es geht um die Hegemonie in der Gesellschaft, entsprechend hat die Berichterstattung zu erfolgen. Punkt. Natürlich kann jetzt darüber gestritten werden, was «objektiv» bedeutet. Das bewusste Verschweigen von Fakten gehört bestimmt nicht dazu.
Sicher, ich erzähle hier den meisten vorwärts-Leser*innen nichts Neues. Also keine spannenden Brackig-News, wie es so unschön auf «Neudeutsch» heisst. So sind diese Zeilen viel mehr eine Einladung. Eine Einladung, mit jenen Menschen zu diskutieren, die nach wie vor glauben, die bürgerliche Presse würde mit einen objektiven, «neutralen» und unabhängigen Journalismus demokratisch zu einer freien Meinungsbildung beitragen. Doch, tut der vorwärts im Grunde nicht genau dasselbe wie die NZZ einfach auf der anderen Seite der Barrikade? Ja, das tun wir. Aber im Unterschied zur NZZ sagen wir, dass wir parteiisch sind und nicht «neutral»
Zur WOZ . Als ich den Artikel «Putin-Freunde am Ostermarsch» in der Ausgabe vom 28.April fertig gelesen hatte, stellte ich mir die Frage: Was beabsichtigt die WOZ mit diesem Artikel? Schon der Titel ist völlig schräg – um es nett zu sagen. «Propagandaerzählung», «Putin-Versteherei», «Position jenseits von Frieden und Demokratie», «Russlandtreue», alles Bezeichnungen, die im Zusammenhang mit der Schweizerischen Friedensbewegung (SFB) und am Rande auch mit der PdA zu lesen sind (siehe Seite 4). Fast so, als befände man sich auf einer Zeitreise Ende der 1960er-Jahre inmitten des Kalten Kriegs und würde dabei die NZZ lesen. Aber keine Polemik. Es sei einfach daran erinnert, liebe Kolleg*innen der WOZ, dass es schmerzt, haltlose Unterstellungen und Anschuldigungen in einer befreundeten Zeitung lesen zu müssen.

Siro Torresan
Mitglied der vorwärts-Redaktion

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