Türkei: Die Revolution ist endlich da!

türkeiMaria lebt in Istanbul und hat dem vorwärts folgenden Augenzeugenbericht zugestellt.

Wir sind seit gestern Abend (2.Juni) wieder hier auf der europäischen Seite. Gestern gab es wieder eine «Schlacht» in Besiktas, neben Erdogans Amtssitz. Es war wieder eine sehr brutale Angelegenheit und die Polizei hat sogar mit Gaspistolen in Wohnungen und in die Bahcesehir Universität geschossen. Ständig gab es Nachrichten auf facebook und Twitter, dass Erste Hilfe benötigt wird.

Wir waren im Gezi Park und dort hätte die Stimmung nicht friedlicher sein können. Alle sitzen dort, lassen Ballons steigen, singen, tanzen, reden. Es gibt eigentlich nur ein Thema. Der Protest. Wer war wo an welchem Tag. Wer nimmt was wie wahr, wie fühlt man sich mit all dem?

Ein Freund meines Mannes, mit dem ich mich vor einer Woche darüber unterhalten hatte, dass Leute auf die Strasse gehen müssten, statt ihr ein Leben im Ausland zu planen, rief: «Maria, you told me last week that this is possible! I didn’t believe it and now it happened!» Er ist übrigens einer derer, die seit zwei Tagen an vorderster Front standen und von dem Wasserstrahl umgeworfen wurde, auch diverse Stiefeltritte hat er abbekommen. Aber sein ganzes Gesicht strahlte, als er mir gestern sagte, dass er glücklich ist, dass «die Revolution nun endlich da ist.»

Gegen 1.30 Uhr ging langsam das Gerücht rum, dass die Polizei auf dem Weg zum Park ist. Ein Mann ging rum, um jedem seine Blutgruppe mit Edding auf den Arm zu schreiben, damit die Ärzte schneller Bescheid wissen, falls was passiert. Es gab Aufrufe, die Barrikaden noch ein bisschen höher oder breiter zu bauen und viele Leute sammelten alles was nicht niet und nagelfest ist von der Baustelle und brachten es zu den Barrikaden. Ich stellte mich dann an den Ausgang zum Park, der in Richtung der Wohnung meiner Freundin führt, nur für den Fall, dass man schnell raus muss.

Einer sagte: «Leute, es ist zu gefährlich, hier neben der Baustelle zu stehen. Lasst uns in den Park gehen, damit wir andere Fluchtwege haben und nicht in die Baustelle fallen.» Also zogen sich alle in den Park zurück. Doch nichts passierte. Eine Stunde war Warten angesagt. Dann entspannte sich die Situation wieder und viele kamen zurück auf die Strasse. Die Barrikaden haben gehalten! Es gibt keine Möglichkeit mehr für die Polizei, mit ihren Wasserwerfern in den Park zu gelangen! Was für ein Erfolg!

Allerdings gibt es heut auch schlechte Nachrichten. Die Verhafteten werden scheinbar dazu gezwungen ein Formular zu unterschreiben, das besagt, sie werden von ihrem Recht jemanden anzurufen nicht Gebrauch machen. Erdogan spricht davon, dass jene 50 Prozent der BürgerInnen, die ihn gewählt haben, gegen die DemonstrantInnen kämpfen wollen und er sie nicht mehr lange zurückhalten kann… Und vorsichtshalber, bevor es hier richtig brenzlig werden könnte, ist er für vier Tage nach Afrika abgereist…

3.Juni

Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie wundervoll es ist, diese grenzenlose Solidarität hier zu erleben. Dies ist eine Protestbewegung, die sich durch wirklich ALLE sozialen Schichten zieht. Ich habe ja schon erzählt, dass alle jeden mit Milch und Zitronen versorgen. Aber das ist wirklich nicht alles. Zum Beispiel gab es eine Situation, als mein Mann, zusammen mit vielen anderen vorgestern vom Taksim Platz in eine Seitenstrasse stürmte, um einer Gasattacke zu entgehen und wirklich jede Tür summte, die gesamte ssentlang, weil Menschen in den Häusern die Türöffner drückten, um die Flüchtenden hereinzulassen. Und nicht nur die Haustüren waren offen, auch alle Wohnungstüren waren offen. Die Menschen gaben Wasser, ihre Sofas, ihre Badezimmer. Was immer gerade gebraucht wurde. Yalin sagt, in diesem Moment war ihm klar, dass die Bewegung gewinnen wird. Denn wie soll ein bisschen Gas oder die vermeintlichen 50  Prozent gegen all diese Menschen gewinnen, die auf diese Weise ihre Solidarität ausdrücken?

Gestern Abend ging ein Mann von etwa 65-70 Jahren durch die Gaswolke und verteilte Wasser an alle.  Die Verkäufer im Bakkal (Späti), Taxifahrer, StudentInnen, AnwältInnen… Alle sind auf einmal füreinander da. Es scheint keine Unterschiede mehr zu geben. Und das hier, in Istanbul, wo die sozialen Unterschiede eigentlich sehr deutlich waren. Wo die reicheren, den «kleinen» VerkäuferInnen nicht mal richtig in die Augen geschaut haben.

Heute sahen wir sogar zwei Jungs nebeneinander hergehen. Einer im Besiktas-Trikot, der andere im Fenerbahce-Trikot. Das mag euch jetzt nicht so wichtig vorkommen… Aber zwei Fans der beiden sonst bis aufs Blut verfeindeten Rivalen, in ihren Clubfarben, nebeneinander, friedlich im Gespräch … ein zuvor undenkbares Bild! Heute sprachen wir mit einer Mutter und ihrer Tochter. Die Tochter kam gerade aus Ankara zurück. Sie erzählte, sie habe gestern Abend gesehen, dass eine junger Mann am Arm verletzt worden war und blutete. Eine Frau mit Kopftuch sagte: «Was machen sie nur mit uns?», nahm ihr Kopftuch ab (!) und gab es ihm, um seinen Arm zu verbinden. Was auch unglaublich überwältigend ist, sind die «Topf-mit-Löffel-Konzerte» jeden Abend um 9.00 Uhr. Es begann vor ein paar Tagen, dass Leute von zuhause aus ihre Solidarität zeigen wollten. Sie standen an ihren Fenstern und schlugen mit Löffeln auf Töpfe, Siebe, Kannen, was immer Lärm macht. Nun wurde dazu aufgerufen, jeden Abend um 21 Uhr das gleiche zu tun. Vorgestern klopften Freundinnen von mir wie wild, gemeinsam mit einigen Nachbarn, mit denen man sonst nie viele Worte wechselt. Sie riefen sich danach zu:“Yarin ayni zaman görüsürüz!“ Morgen um die gleiche Zeit sehen wir uns wieder! Und heute, ich bin gerade wieder zuhause, weil ich morgen eine Klausur schreiben muss, stand ich mit meiner Schwiegermutter auf dem Balkon und wir klopften wie wild. Aber nicht nur wir. Die gesamte Nachbarschaft. An fast jedem Fenster stehen Menschen mit ihrer Kücheneinrichtung! Dazu schalten die Menschen ihre Lichter immer an und aus. Es sieht wundervoll aus und klingt phantastisch! Autofahrer, die nun mal eben gerade keine Töpfe zur Hand haben, hupen, Fußgänger pfeifen. Gänsehaut, 15 Minuten lang! Und es wurde bisher jeden Abend lauter.

Was auch sehr schön ist, sind die Sprüche, die auf Schildern stehen, an Wände gesprayt werden oder gepostet. Ein Schild sagte: «Thanks Tayyip, for making me feel at home! A Syrien refugee.»

An einer Wand stand: „Liebe Polizei, warum habt ihr uns zum Weinen gebracht? Wir waren auch vorher schon emotional genug.“ Oder (Das Tränengas heisst auf Türkisch Biber Gazi) «Just in Biber»

Was auch wunderbar war, wurde auf Twitter gepostet. Erdogan behauptet ja ständig, dass es lediglich eine Randgruppe ist, die auf der Strasse demonstriert. Und jemand hat gepostet: «Ich laufe mit einer Gasmaske durch die Strasse und trage eine Schwimmbrille. Oh mein Gott, ich bin eine Randgruppe!»

Nun ja, all diese schönen Momente und diese grenzübergreifende Solidarität sind es, die alle immer wieder auf die Strasse bringen. Es sind wieder Tausende im Park und auf dem Platz. Leider wurde in der Nähe wieder Gas geworfen und die Auswirkungen sind bis dorthin zu spüren. Zum ersten Mal seit zwei Nächten muss man nun auch im Park wieder Masken und Schwimmbrillen tragen, nicht nur in Besiktas, wo es übrigens auch gerade jetzt wieder kracht. Ich weiss auch nicht warum ich wieder mal gerade nicht dort bin, sondern zuhause, anstatt im Park wie gestern die halbe Nacht… Vielleicht ist es doch das Nazar Boncugu, das Yalin mir schenkte bevor ich nach Palästina gereist bin, das mich immer wieder vor den gefährlichsten Situationen bewahrt…

Ausbeutung und Widerstand in China

foxcomNach «Dagongmei» und «Aufbruch der zweiten Generation», Bücher über die WanderarbeiterInnen Chinas, ist nun ein weiteres Buch in deutscher Sprache über die Klassenzusammensetzung und den Widerstand in China erschienen. In «iSlaves. Ausbeutung und Widerstand in Chinas Foxconn-Fabriken?» geben -ArbeiterInnen und WissenschaftlerInnen Einblick in das Fabriksystem des tai-wanesischen Konzerns Foxconn.

Ende Mai erhielten wir wieder einmal traurige Nachrichten aus China: Zwei Arbeiter und eine Arbeiterin des wichtigsten Apple-Zulieferers Foxconn haben sich in den Tod gestürzt. Die Gründe seien noch unklar, doch auch die bürgerlichen Medien konnten einen Zusammenhang mit der Suizidserie im Jahre 2010 nicht bestreiten. AktivistInnen von Solidaritätsgruppen in China, Hongkong und anderen Ländern wiesen auf die miesen Arbeitsbedingungen und die militärische Unternehmensführung als Ursachen der Selbstmorde hin. Sie prangerten die gezielte Spaltung und Vereinzelung der ArbeiterInnen in den Werkhallen und Wohnheimen an, mit der Foxconn Arbeiterwiderstand verhindern will.

Um mehr über die konkreten Bedingungen zu erfahren, startete eine Forschungsgruppe im Frühjahr 2010 ein Untersuchungsprojekt. Die Ergebnisse sind nun auch in deutscher Sprache erschienen und sie setzen an zwei Erzählweisen an: «Zum einen analysieren Mitglieder des Untersuchungsteams wichtige Aspekte des Foxconn Modells, zum anderen erzählen einzelne ArbeiterInnen ihre Geschichte des Alltags und der Ausbeutung in den Fabriken Foxconns.» (S. 9)

Die verborgene Stätte der Produktion

«Diese aller Augen zugängliche Sphäre (Markt und Zirkulation) verlassen wir, zusammen mit Geldbesitzer und Arbeitskraftbesitzer, um beiden nachzufolgen in die verborgene Stätte der Produktion, an deren Schwelle zu lesen steht: No admittance except on business (Eintritt nur in Geschäftsangelegenheiten). Hier wird sich zeigen […] wie das Kapital produziert wird […] Das Geheimnis der Plusmacherei muss sich endlich enthüllen.» (S. 189) So beschreibt Marx im ersten Band des Kapitals die Notwendigkeit, innerhalb der Produktionssphäre – also in den Betrieben selbst – Ausbeutung und Widerstand genau zu analysieren, um Klassen- und Kapitalverhältnisse zu verstehen. Der Zugang zur Produktionssphäre ist jedoch alles andere als leicht. Das haben auch die ForscherInnen erlebt, die die Foxconn-Fabriken analysiert haben. «Das Untersuchungsteam wandte sich bereits im Mai 2010 schriftlich an die Foxconn-Zentrale, um mit ihrem Einverständnis die Lage in den Fabriken untersuchen zu können, aber von Seiten Foxconns kam keine Reaktion.» (S. 30) Auch die sozialwissenschaftliche Arbeit ist also keine neutrale Tätigkeit, sondern stets ein umkämpftes Feld, in dem sich unterschiedliche gesellschaftliche Interessen gegenüberstehen.

Foxconns Produktionsregime

Bei Foxconn, dem weltgrössten Elektronikhersteller und Chinas Weltfabrik Nummer eins, stellt sich das ökonomische Entwicklungsmodell Chinas fast idealtypisch dar. Die Betriebsführung basiert auf einem repressiven Überwachungs- und Bestrafungssystem. Eine Fliessbandarbeiterin sagt: «Wir sind wie Staubkörner. Die Linienführerin sagt oft, dass es egal ist, ob diese oder jene am Band steht. Wenn du gehst, kommt halt eine andere und macht deine Arbeit. In dieser Fabrik zählen wir ProduktionsarbeiterInnen nicht. Wir sind nur ein Arbeitsgerät.» (S. 58/59)

Die despotische Fabrikorganisation zeigt sich in der materiellen Situation der ArbeiterInnen. Aufgrund der Suizidserie Anfang 2010 hatte Foxconn angekündigt, die Löhne um 30 Prozent zu erhöhen. Doch real tendieren die Grundlöhne immer weiter nach unten und die ArbeiterInnen erreichen nur dann einen Lohn, der zum Überleben reicht, wenn sie Überstunden leisten. Über 40 Prozent der Einkommen besteht aus Überstundenlohn. Arbeitsschutz, Pausen, Respekt gewerkschaftlicher Rechte sind Fremdwörter bei Foxconn.

Andererseits wendet Foxconn zur Disziplinierung der ArbeiterInnen Formen der «ideologischen Um-erziehung an» (S. 61), um einen Unternehmensgeist zu schaffen und den ArbeiterInnen klarzumachen, dass das Unternehmen an erster Stelle zu stehen hat. «Mühsal ist die Grundlage von Reichtum, praktische Umsetzung ist der Weg zum Erfolg» – mit solchen Diskursen garantiert Foxconn eine «Kultur des Gehorsams».

Arbeitskämpfe bei Foxconn

ArbeiterInnen machen die Produktionshallen jedoch auch zum Schlachtfeld. Die Länge des Arbeitstages, die Arbeitsintensität, die Arbeitsgeschwindigkeit und die Organisation des Arbeitsprozesses stehen im Mittelpunkt der Klassenauseinandersetzung. Streiks, Ausschreitungen, Strassenblockaden, Dachbesetzungen und Selbstmorddrohungen haben das Management herausgefordert, doch an der Produktionsorganisation hat sich bisher wenig verändert. Die Kommunikation zwischen den ArbeiterInnen hat sich aber dadurch auch weiterentwickelt, und die Erfahrung kollektiver Mobilisierungen in Fabrikhallen und Wohnheimen war wichtig (vgl. Kap. 7).

Klassenkampf als Subjekt der Geschichte

«Die AutorInnen des Buches fokussieren auf die Darstellung des Ausbeutungsregimes – Drill, Wohnheime, Verlagerung – als Antwort auf Arbeiterverhalten – Fluchtträume, Fluktuation, Kämpfe.» (S. 12) Damit nehmen die AutorInnen eine theoretische Position ein, die die Zentralität des alltäglichen Konflikts im Produktionsprozess als den treibenden Motor der wirtschaftlichen Entwicklung versteht. Sie knüpfen an die operaistische Tradition an: Technologie und Organisation der kapitalistischen Produktionsweise als Methode der Beherrschung und Kommandierung lebendiger Arbeit werden radikal kritisiert. Damit vollziehen sie einen Bruch mit dem Verständnis der bürgerlichen Ökonomie und mit dem «orthodoxen» Marxismus, die beide die ArbeiterInnen im unmittelbaren Produktionsprozess zu «ZuschauerInnen» der historischen Entwicklung degradieren. Vielmehr wird der alltäglich von den ArbeiterInnen geführte Klassenkampf zum Subjekt der Geschichte. Die Notwendigkeit unserer solidarischen Unterstützung des Widerstandes der ArbeiterInnen in China kann damit auch als Ausgangspunkt dienen, über unsere eigenen Lebens- und Arbeitsbedingungen nachzudenken.

Kleines Krisen-Update

Finanzminister beraten über Euro-Krise

Die Krise wütet in der Euro-Zone, vom Zweckoptimismus des politischen Personals gänzlich unberührt, weiter.  Ein (zu) kurzer ökonomischer Überblick über die Entwicklung und den aktuellen Stand des Schlamassels.

Aus dem vorwärts vom 24. Mai. Unterstütze uns mit einem Abo.

Die litauische Präsidentin, Dalia Grybauskaite, verkündete kürzlich in einem Interview mit der «Deutschen Welle», dass es überhaupt keine Euro-Krise gebe. Ihr Kollege, der EU-Kommissionspräsident José Manuel Borroso, war in Bezug auf die Vergangenheit etwas realitätsnäher, aber auch er erklärte auf dem «WDR Europaforum» kürzlich: «Die existenzielle Krise des Euro ist vorbei». Diese Aussagen deuten entweder auf einen grassierenden Realitätsverlust bei Teilen des politischen Personals hin oder aber sie sollen vor allem eines sein: selbsterfüllende Prophezeiungen. Man möchte die Zuversicht bei den MarktteilnehmerInnen fördern und ignoriert dazu schlicht die reellen Problemen, die sich unvermindert in die Nationalökonomien der Euro-Zone fressen.

Die Proletarisierten können eine Lied vom Ende der Krise singen: Die Jugendarbeitslosigkeit liegt in der Euro-Zone bei rund 24 Prozent; angeführt von Griechenland und Spanien, die mittlerweile mit knapp 60 Prozent Arbeitslosen unter 25 Jahren zu Buche schlagen. Die «Zukunft der Gesellschaft» wächst ohne Zukunft heran. Derzeit werden in Spanien täglich über 500 Familien aus ihren Häusern geworfen; seit Beginn der Krise wurden über 400 000 Räumungen vollstreckt. Die Austeritätsprogramme in den Krisenstaaten sorgen dafür, dass allerorts Betroffene nur schlecht aufgefangen werden und die wohltätigen Suppenküchen kaum dem Ansturm gewachsen sind. Doch auch wenn man den Blick vom zunehmenden Elend der Proletarisierten weg, hin zu den nackten Wirtschaftsdaten lenkt, sieht es nicht wesentlich besser aus.

Krisenphänomene

Die neusten Quartalszahlen der Euro-Zone sprechen von einem Sinken des Bruttoinlandproduktes (BIP) von 0,2 Prozent. Von einer Rezession spricht man im Allgemeinen, wenn das BIP in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen sinkt. Es ist nun aber bereits das sechsts Quartal in Folge, dass die Wirtschaftsleistung der Euro-Zone schrumpft. Das schwache Wachstum der deutschen Nationalökonomie kann diesem Trend nicht entgegenwirken – und ist übrigens nur auf Kosten von Staaten möglich, die deutsche Waren importieren. Für den Krisenstaat Zypern rechnen ExpertInnen 2013 mit einem Einbruch des BIP von 8,7 Prozent. Die Ideologie des beständigen Wachstums, wie sie von ExpertInnen und PolitikerInnen wie ein Mantra beschworen wird, hat ihren wahren Kern, auch wenn sie selber davon keinen Begriff haben?: Das Kapital kann sich nur auf erweiterter Stufenleiter reproduzieren. Geld muss profitabel investiert werden und der entstehende Mehrwert als Kapital neu in den Produktionsprozess fliessen – alles natürlich bei entsprechenden Profitraten. Eine stagnierende oder gar sich verkleinernde Volkswirtschaft zeigt also nicht weniger an, als dass sich gewisse Kapitale nicht mehr reproduzieren können.

Die wachsenden Staatsschulden hängen natürlich damit zusammen: Nebst der stockenden (momentan aber zumindest kurzfristig wieder etwas besser laufenden) Refinanzierung auf den Finanzmärkten sind vor allem die damit verbundenen sinkenden Steuereinnahmen durch die Unternehmen ein Problem. Die Rezession führt aber auch zu einem Einbrechen der Einnahmen der Massen durch Arbeitslosigkeit. Dies wiederum untergräbt das Steuersubstrat. Zudem wird dadurch die Massennachfrage reduziert, was einige Linke fälschlich zur Ursache der Krise verklären.

Krise des Kapitals

Die Europäische Zentralbank (EZB) versucht seit einiger Zeit diesen Prozessen mit verschiedenen Massnahmen Herr zu werden: Sie erklärte, dass sie im Krisenfall die betreffenden Staatsanleihen aufkaufen würde. Dies führte dazu, dass die Finanzmärkte wieder etwas Vertrauen fassten und etwa riskante italienische Staatspapiere aufkauften. Bloss: Sollte der italienische Staat, immerhin die drittgrösste Nationalökonomie der EU, tatsächlich Bankrott gehen, ist es mehr als fraglich, ob die monetären Mittel der EZB ausreichen, um die entsprechenden Schrottpapiere aufzukaufen. Ausserdem senkte die EZB den Leitzins auf 0,5 Prozent und versucht so Geld in den Wirtschaftskreislauf zu pumpen. Die Vorstellung dabei ist, dass dieses Geld in die produktive Wirtschaft fliesst und einen Wirtschaftsaufschwung generiert, der auch die Arbeitslosenzahlen nach unten korrigiert. Blöd nur, dass dieses Geld momentan gerade das nicht macht, sondern in hochspekulative Bereiche abfliesst und die Börsenkurse unabhängig von der sogenannten Realwirtschaft befeuert – was zu allerhand veritablen Blasenbildungen führt. Das Problem ist nicht, dass die Bank-ManagerInnen alle durchgedreht sind. Das Geld wird in der Regel nicht mehr in der sogenannten Realwirtschaft investiert, weil die Profitraten nicht mehr ausreichen, um Unternehmensgewinn und (Bank-)Zinsen in der notwendigen Höhe zu garantieren. Das ist das eigentliche Dilemma: Die EZB pumpt Geld in eine Wirtschaft, die wegen mangelnder Profitraten an Kapitalüberproduktion leidet.

Krisenlösung?

Was Europa als Lösung anstrebt, ist eine aggressive Exportpolitik nach deutschem Vorbild. Diese quasi merkantilistische Politik soll dazu führen, dass durch die Exportüberschüsse die Defizite und schliesslich auch die Staatschulden exportiert werden können. Dies ist aber nur möglich, wenn bei hoher Produktivität die Lohnstückkosten gesenkt werden können – wie das Deutschland mit den Hartz-Reformen gelungen ist – und man das Defizit einfach an zu Schuldnerstaaten degradierte Nationalökonomien auslagern kann. Wie lange diese Staaten überhaupt die Überschüsse aufkaufen können, steht in den Sternen; ihre Wirtschaft wird schlicht und einfach ruiniert (siehe etwa Griechenland). Eine wirkliche Lösung ist dieses Modell auf jeden Fall nicht. Aus dem wirtschaftlichen Dilemma wird es keinen Ausweg geben ausser der massiven Vernichtung von Kapital mit den damit verbundenen Verheerungen für die Proletarisierten. Als kommunistischer Beobachter dieser Prozesse muss man sich nicht so dumm machen lassen wie das politische Personal des Kapitals, sondern kann offen aussprechen, dass der Kapitalismus derzeit in einer Sackgasse steckt.

Die neue Weltordnung Gaia

grillo_casaleggio1Die Geschichte der Geburt der neuen Weltordnung Gaia liest sich wie ein Science-Fiction Horrorkrimi, ist es aber nicht. Es ist die Zukunftsvision eines Mannes. Er sitzt in der Machtzentrale des «Movimento 5 Stelle» von Beppe Grillo, die von über acht Millionen ItalienerInnen gewählt wurde und nun die Regierung bilden will. Ein Ausflug ins Jahr 2054, um die Aktualität besser zu verstehen.

Aus der vorwärts-Printausgabe vom 26. April 2013. Unterstütze uns mit einem Abo.

«2018: Die Welt ist in zwei grosse Lager geteilt: Der Westen mit der direkten Demokratie und dem freien Zugang zum Internet. Russland, China und der mittlere Osten in Orwell-Diktaturen ohne freien Zugang zum Internet.

2020: Beginn des 3. Weltkriegs, der 20 Jahre dauern wird. Die Folgen: Zerstörung der westlichen Symbole St. Petrus-Platz, Notre Dame, Sagrada Famiglia; Klimakatastrophen und die Erhöhung des Meeresspiegels um 12 Meter; Dekadenz; Reduktion der Weltbevölkerung auf eine Milliarde Menschen.

2040: Der Westen gewinnt und somit die Demokratie des Internets.

2043: Der Plantet ist in Tausende von Gemeinschaften unterteilt, die miteinander durch das Internet verbunden sind.

2047: Jede Person hat ihre eigene Identität im weltweiten sozialen Netzwerk mit Namen EARTHLINK, das von Google erarbeitet und verwaltet wird. Um zu sein, musst du in EARTHLINK sein, sonst hast du keine Identität. Ein Pass oder eine ID ist nicht mehr nötig.

2050: BRAIN TRUST, eine kollektive soziale Intelligenz erlaubt es den Menschen, die komplizierten täglichen Probleme zu lösen dank dem Online-Zugang zu allen Arten von Informationen.

2054: Erste weltweite Wahl über das Internet der Regierung von Gaia. Gaia, eine neue Weltordnung, ist heute, am 14. August 2054, geboren. Rassistische, ideologische, religiöse und territoriale Konflikte gehören der Vergangenheit an. In Gaia gibt es keine Parteien, PolitikerInnen, Ideologien und Religionen mehr. Das kollektive Bewusstsein ist die neue Politik. Jede Person ist die eigne Besitzerin ihres Schicksals. Geheime Organisationen werden abgeschafft. Jede Person kann Präsident werden und das Handeln der Regierung durch das Internet kontrollieren. Jeder Mensch ist ein Bürger der Welt, Subjekt des gleichen Gesetzes. Das Internet war das Vehikel des Wechsels durch die weltweite Kommunikation, Kenntnis und die Organisation.»
Nein, das ist keine Szene aus einem neuen Science-Fiction Horrorkrimi, sondern die Zukunftsvision, für die über acht Millionen ItalienerInnen an den Parlamentswahlen von Ende Februar 2013 gestimmt haben. Kein Witz! Die Geschichte der Gründung der neuen Weltordnung Gaia ist der Inhalt des Videos auf der Homepage der «Casaleggio Associati», mit dem die Philosophie und die Strategie des Unternehmens vorgestellt werden. Die «Casaleggio Associati» ist die Gründerin und Verwalterin des Blogs von Beppe Grillo und des «Movimento 5 Stelle». Und da die ganze Bewegung sich ausschliesslich über das Internet organisiert, ist das auf Internetmarketing- und Sicherheit spezialisierte Unternehmen «Casaleggio Associati» buchstäblich das Machtzentrum der Bewegung.

Global und mit eiserner Hand
Doch der Reihe nach: Will man den Erfolg von Grillo und seiner Bewegung «Movimento 5 Stelle» verstehen, muss als aller Erstes ein Mythos aus der Welt geschaffen werden: Die Bewegung entstand nicht von unten als «freie Vereinigung von BürgerInnen im Netz», wie es die Webseite der «Grillini» vorgibt. Sie ist hauptsächlich das Produkt eines Mannes, der in Sachen Internetmarketing- und Sicherheit zu den Top Fünf der Welt gehört. Sein Name ist Gianroberto Casaleggio. Im Jahr 2005 lernte er Grillo kennen. Zusammen gründeten sie den Blog «beppegrillo.it». Bald darauf folgte die Geburtsstunde des «Movimento 5 Stelle».
Der 59-jährige Casaleggio gründete seine eigene Firma im Jahr 2004. Seine Karriere begann er bei IBM. Dann war er lange Zeit Chef der Webegg AG, eines der ersten italienischen Unternehmen, die sich auf Marketing und Sicherheit im Netz spezialisierten. Während dieser Zeit hat Casaleggio viele wichtige und vor allem globale Geschäftsbeziehungen aufgebaut. Wenige Monat nach der Gründung der «Casaleggio Associati» wurde die Partnerschaft mit der US-amerikanischen Firma «Enamics» unterschrieben, die weltweit führend im «Business Technology Managament» (Btm) ist. So unterhält Casaleggio direkte Geschäftsbeziehungen zu «Pepsico», «Northrop Grumman», «JP Morgan», «Shell», «Tesco» oder zum «US Department of Tresury» (Finanzministerium der USA), um nur einige zu nennen.
Die «Casaleggio Associati» verfügt über hervorragende Kontakte zu Politik und Wirtschaft in Italien. Das Unternehmen ist in der «American Chamber of Commerce in Italy» vertreten, Treffpunkt der Topmanager von Weltkonzernen wie «Google», «BNP», «IBM», «Mediaset», «Coca Cola» und vielen mehr.
Lange war Casaleggio der grosse, starke Unbekannte im Hintergrund. Dies änderte sich mit dem Fall Giuseppe Favia. Kurz nachdem Favia für den «Movimento 5 Stelle» ins Parlament der Region Reggio Emilia gewählt worden war, kritisierte er öffentlich die «fehlende Demokratie» und die von Casaleggio durchgesetzte «vertikale Führung» innerhalb der Bewegung. Favia wurde kurzer Hand von Grillo aus der Bewegung ausgeschlossen. Das gleiche Schicksal erlitt auch Valentino Tavolazzi, der im Blog einen Protest gegen «die diktatorische Führung von Casaleggio» lancierte. In einem Interview mit der Tageszeitung «Il Fatto Quotidiano» sagt Tavolazzi: «Casaleggio schmeisst alle raus, die ihm nicht passen. Er schreibt die politischen Blog-Einträge und gibt den Gewählten klare und unumstössliche Befehle.»

Der 14. August 2054
«Die ‹Casaleggio Associati› verwaltet den Blog von Beppe Grillo, das Meetup-Netz, die externe Kommunikation und bestimmt die Internetstrategie der Bewegung», schreibt der Buchautor und Journalist Pietro Orsatti, der seit einigen Jahren Grillo und die Bewegung beobachtet und analysiert. Auch seine kritischen Beiträge und Fragen zur Demokratie innerhalb der Bewegung wurden sehr rasch vom Blog von Grillo gelöscht. Orsatti fragte mehrmals nach einer Begründung, erhielt jedoch nie eine Antwort.
Wer an den Schalthebeln des «Movimento 5 Stelle» sitzt, zeigt auch die Wahl der Grillini ihres Kandidaten für das Amt des Staatspräsidenten. Der erste Wahlgang wurde annulliert. Angeblicher Grund war ein «Hackerangriff», wie Grillo in seinem Blog bekannt gab. Kann sein, auch wenn die «Casaleggio Associati» weltführend in Sachen Internetsicherheit ist und ein erfolgreicher Hackerangriff für sie die schlechteste aller möglichen Werbung wäre. Doch wer kann einen möglichen oder durchgeführten Hackerangriff überhaupt feststellen? Nur die «Casaleggio Associati»! Es ist daher möglich, ja es liegt schon fast auf der Hand, dass die Resultate der ersten Runde nicht ganz dem Wunsch von Casaleggio und Grillo entsprachen und der Angriff erfunden wurde. Wer kann es schon wissen und feststellen ausser der Führungscrew von «Casaleggio Associati»? Nur sie ganz alleine. Was ist die nun: Moderne digitale Zukunftsdemokratie oder Internetdiktatur in der neuen Weltordnung Gaia?
Über Casaleggio, Grillo und den «Movimento 5 Stelle» gibt es noch einiges zu berichten und der vorwärts wird am Ball bleiben. Zum provisorischen Schluss aber noch dies: In Gaia wäre Gianroberto Casaleggio Präsident und Beppe Grillo sein Vize. Bleibt zu hoffen, dass die sozialistische Revolution vor dem 14. August 2054 siegt!

Weltsozialforum in Tunis

wsf_2013Unter dem Leitmotiv «?Würde?» fand Ende März in Tunis das Weltsozialforum statt – dort, wo vor gut zwei Jahren der Arabische Frühling seinen Anfang nahm. Die engagiert geführten Debatten und der Hang zum hektischen -Aktionismus konnten eine gewisse Ratlosigkeit gegenüber den gesellschaftlichen Widersprüchen nicht verdecken. 

Derzeit blicken viele TunesierInnen mit gemischten Gefühlen den Wahlen vom kommenden Oktober entgegen, dann entscheidet sich die politische und gesellschaftliche Zukunft des Landes. Es scheint alles andere als gesichert, dass die progressiven Kräfte die Wahlen gewinnen. Zu gut organisiert und vor allem finanziell zu potent ist die «Ennahda» (islamische Partei), so dass viele mit ihr rechnen oder sie fürchten, je nach Perspektive.

Inmitten dieser unsicheren Situation fand Ende März unter dem Leitmotiv «Würde» das Weltsozialforum in Tunis statt. Es war eine Würdigung des tunesischen Aufstandes von 2011 mit seiner dreiteiligen Parole «Arbeit, Freiheit, Würde». Es ist bezeichnend, dass ausgerechnet dieser unscharfe Begriff gewählt wurde, hält die Worthülse doch für allerlei her. Problematisch wird es, wenn «Würde» Recht ersetzt – und damit Ansprüche, die in Anschlag gebracht werden können. Bezeichnend war, dass sich diese Unschärfe auch in den Debatten wiederfand, kombiniert mit einem nervösen, ziellosen Aktionismus. Darüber konnte auch das immer noch den Geist des Aufbruchs des Arabischen Frühlings atmende Veranstaltungsgelände an der Universität El Manar nicht hinwegtäuschen – abgesehen von einigen düsteren Ecken mit iranischen Holocaustleugnern und konservativen islamischen Hilfswerken.

 

Wiederkehrende Debatten

Die einfältige Kritik, das Sozialforum sei von NGOs vereinnahmt, von kapitalistischen Unternehmen gekauft und von staatlichen Sicherheitskräften infiltriert, zielt am wesentlichen Punkt vorbei. Kann das Forum als eine globale Momentaufnahme des Zustands sozialer Bewegungen gelesen werden, so lassen sich zwei Problemfelder benennen. Erstens sind es die selben wiederkehrenden Themen, die seit Jahren dominieren: Migration und Bewegungsfreiheit, Landwirtschaft und Ernährungssouveränität, Ökologie, Frauenrechte. Dazu natürlich die Palästinafrage. Befremdlich war in letzterem Fall, dass nicht Akteure der «Zivilgesellschaft» den Ton angaben, sondern halboffizielle Gruppen, die von der Hamas, der Fatah oder dem Iran organisiert werden.

Doch die Debatten haben sich trotz ihrer Konstanz über die Jahre hinweg kaum weiterentwickelt. Zum Beispiel im Themenblock Migration: Als die grosse und einende Forderung aller Gruppierungen stellte sich im Schlussplenum wenig überraschend die Bewegungsfreiheit heraus. Das ist zwar durchaus ein drängendes und ungelöstes Problem, doch wurden die damit verbundenen Aporien nie auch nur ansatzweise ausformuliert. Bewegungsfreiheit ist zuallererst eine durch und durch neoliberale Forderung nach maximaler Flexibilität und der Widerspruch, dass eine kapitalistische Wirtschaftsordnung dennoch auf der temporären Festsetzung der Individuen als verwertbare Arbeitskräfte beruht, blieb unbeachtet. Ebenso ungeklärt blieb das Verhältnis von globaler Bewegungsfreiheit und dem engagierten Eingreifen in herrschende soziale Verhältnisse, das immer an einen konkreten Ort gebunden ist.

Die entscheidende Frage wäre also, wie die wichtige Forderung nach globaler Bewegungsfreiheit in einer emanzipatorischen Perspektive artikuliert werden kann. Bezeichnenderweise war es ein junger Aktivist aus dem südtunesischen Zarzis, der in einer der Diskussionsrunden diesen Aspekt andeutete: Der exakte Moment der Migration ist der Entscheid, sich der Konfrontation an diesem singulären Ort zu entziehen, so sein Fazit. Während viele seiner Freunde im Januar 2011 diesen Weg wählten, blieb er. Diese Beobachtung darf aber auch nicht zum Argument gegen Bewegungsfreiheit umgemünzt werden, wie das die deutsche Kanzlerin Angela Merkel machte, als sie sich über all jene wunderte, die nach dem Sturz Ben Alis nicht im Land blieben, um am sozialen und politischen Umbau mitzuarbeiten.

Partikularismus allenthalben

Als zweites Problem stellte sich heraus, dass die einzelnen Themen kaum in einen grösseren gemeinsamen Zusammenhang gestellt wurden. So zerfielen die Diskussionen in Partikularismus. Dazu passte, dass ein hektischer Aktionismus die Reflexion dominierte. Unzählige Aktionen und Projekte wurden vorgestellt, entworfen und diskutiert. Ironischerweise wurde das reproduziert, was Basisbewegungen gerne den grossen NGOs vorwerfen – und zwar so weit, dass sogar in falsch verstandener Professionalität dieselbe Sprache des Managements nachgeahmt wurde.

Hinter den engagiert und lebhaft geführten Debatten und hinter den vielen Aktionen und Projekten wurde so immer wieder eine gewisse Orientierungslosigkeit greifbar. Das vergangene Weltsozialforum war eine grosse Auslegeordnung und ein idealer Platz des globalen Austausches. Über einen grossen Marktplatz der globalen Zivilgesellschaft kam es aber nicht hinaus

Hugo Chávez ist tot

hugo-chavezAm Dienstag, 5 März 2013 um 16:47 Uhr (Ortzeit) erlag der venezolanische Präsident und Mitbegründer der bolivarischen Bewegung Hugo Chávez seinem Krebsleiden. Dies gab Vizepräsident Nicolás Maduro nach einem Treffen mit den führenden Politikern der sozialistischen Partei PSUV in Caracas bekannt. Unmittelbar vor der Todesnachricht hatte Vizepräsident Nicolás Maduro erklärt: «Unsere Revolution ist vorbereitet und stärker als jemals zuvor.»

«Heute verstarb Kommandant und Präsident Hugo Chavez, nachdem er seit fast zwei Jahren hart mit seiner Krankheit kämpfte, in Liebe zum Volk, mit dem Segen der Menschen und der absoluten Loyalität seiner Genossinnen und Genossen, in Liebe zu all seinen Familienangehörigen», heisst es in der Erklärung von Nicolás Maduro.

Er rief die Unterstützer der sozialistischen Bewegung auf, sich vor dem Militärhospital «Dr. Carlos Arvelo» in Caracas und auf den öffentlichen Plätzen des Landes zu versammeln. «Wir singen das Lied von Alí Primera: Diejenigen, die für das Leben starben, darf man nicht als tot bezeichnen», sagte Maduro in einer landesweit übertragenen Ansprache um 17 Uhr (Ortszeit).

Revolutionär und Präsident

Hugo Chávez, Sohn eines Dorfschullehrers aus dem Dorf Sabaneta im ländlichen Bundesstaat Barinas, regierte Venezuela seit dem Jahr 1999. Nach seiner ersten Wahl im Dezember 1998 berief er eine verfassunggebende Versammlung ein, deren Vorschlag 1999 in einem Referendum als neues Grundgesetz angenommen wurde. Nach einer seit 1984 anhaltenden Wirtschaftskrise galt der verfassunggebende Prozess als eine Neugründung des Landes.

Seit seinem offiziellen Amtsantritt bestätigte die venezolanische Bevölkerung den 1954 geborenen Politiker drei Mal bei Präsidentschaftswahlen sowie in einem Abwahlreferendum – jeweils mit sehr hohen Zustimmungswerten.

Seine politische Laufbahn begann Hugo Chávez im Jahr 1978 als Mitglied der illegalen Revolutionären Partei Venezuelas (PRV) des Guerilla-Kommandanten Douglas Bravo. Ab 1982 organisierte er für die PRV eine Struktur von oppositionellen Offizieren, die im Jahr 1992 zwei Aufstände gegen den sozialdemokratischen Präsidenten Carlos Andrés Pérez durchführten.

Anlass für die Umsturzversuche war die blutige Niederschlagung eines Volksaufstandes (Caracazo), welche zwischen 300 und 3.000 Menschenleben kostete. Die spontane Revolte richtete sich gegen ein Kürzungsprogramm, dass Carlos Andrés Pérez kurz nach seiner Wahl verabschiedete. Der Sozialdemokrat war nach zehn Jahren Wirtschaftskrise im Dezember 1988 zum zweiten Mal zum Präsidenten gewählt worden, weil er versprochen hatte die unsozialen Kürzungsmassnahmen zu beenden.

Hugo Chávez erlangte landesweite Berühmtheit, weil er nach dem Scheitern der ersten Militärrevolte am 4. Februar 1992 im Fernsehen live die Verantwortung für die Unternehmung übernahm. Mit den Worten «Wir sind gescheitert, vorerst» richtete er sich an die am Aufstand beteiligten Offiziere und bat sie, weitere Blutvergiessen zu verhindern. Das Schlagwort «por ahora» (vorerst) entwickelte sich später zum Kennzeichen einer breiten Bewegung der Bevölkerung.

Nach den zivil-militärischen Umsturzversuchen gründete Hugo Chávez ab 1995 das Wahlprojekt «Bewegung Fünfte Republik» (MVR), für das er schliesslich 1998 die Präsidentschaftswahlen gewann und damit die 40-jährige Herrschaft von Sozial- und Christdemokraten in dem ölreichen Land beendete. Zu diesem Zeitpunkt lebten mehr als 60 Prozent der Venezolaner unter der Armutsgrenze, die Inflation betrug 110 Prozent.

Staatstrauer in Kuba und Argentinien

Unmittelbar nach der Nachricht vom Tod des venezolanischen Präsidenten gingen aus ganz Lateinamerika Beileidsbekundungen ein.

In Havanna rief Präsident Raul Castro eine zweitägige Staatstrauer aus, in Argentinien Präsidentin Cristina Fernandez eine dreitägige. Der Präsident von Ecuador, Rafael Correa, sagte seinem Freund einen dauerhaften Einfluss in Lateinamerika voraus: «Wir haben einen Revolutionär verloren, aber Millionen von uns bleiben (von ihm) inspiriert.».

Der bolivianische Präsident Evo Morales, ebenfalls Weggefährte von Chávez, sagte, der Verstorbene werde allen Völkern eine Inspiration sein, «die für ihre Befreiung kämpfen». Castro sagte: «Das kubanische Volk betrachtet in als einen seiner herausragendsten Söhne.» In Nicaragua sagte Rosario Murillo, Frau und Sprecherin von Präsident Daniel Ortega, Chávez sei «einer der Toten, die niemals sterben» und fügte hinzu: «Wir sind alle Chávez.»

Der gerade im Amt bestätigte Präsident Ecuadors, Rafael Correa, erklärte: «Ecuador solidarisiert sich angesichts dieses unermesslichen Verlustes für Venezuela und ganz Lateinamerika.»

Der kolumbianische Präsident Juan Manuel Santos bezeichnete den Tod von Hugo Chávez als grossen Verlust für Venezuela und die gesamte Region. «Die beste Wertschätzung, die wir seinem Andenken entgegen bringen können, ist, dass wir eine Regelung über das Ende des Konfliktes in Kolumbien erreichen. Er sagte, dies sei das, was Bolívar wollte.»

Aus den USA meldete sich Präsident Barack Obama mit den Worten: «Heute beginnt ein neues historisches Kapitel für Venezuela. Die Vereinigten Staaten bestätigen ihre Unterstützung für Politikansätze, die demokratische Prinzipien, den Rechtsstaat und Respekt für die Menschenrechte befördern.»

Quelle und weitere Infos; www.amerika21.de

«Ein Massaker, als wäre es ein Krieg»

lampe-sos«Ich bin die neue Bürgermeisterin von Lampedusa. Ich wurde im Mai 2012 gewählt, und bis zum 3. November wurden mir bereits 21 Leichen von Menschen übergeben, die ertrunken sind…, weil sie versuchten, Lampedusa zu erreichen.

Das ist für mich unerträglich und für unsere Insel ein grosser Schmerz. Wir mussten andere Bürgermeister der Provinz um Hilfe bitten, um die letzten elf Leichen würdevoll zu bestatten. Wir hatten keine Gräber mehr zur Verfügung. Wir werden neue schaffen, aber jetzt frage ich: Wie gross muss der Friedhof auf meiner Insel noch werden? Ich bin über die Gleichgültigkeit entrüstet, die alle angesteckt zu haben scheint; mich regt das Schweigen von Europa auf, das gerade den Friedensnobelpreis erhalten hat, und nichts sagt, obwohl es hier ein Massaker gibt, bei dem Menschen sterben, als sei es ein Krieg.

Ich bin mehr und mehr davon überzeugt, dass die europäische Einwanderungspolitik diese Menschenopfer in Kauf nimmt, um die Migrationsflüsse einzudämmen. Vielleicht betrachtet sie sie sogar als Abschreckung. Aber wenn für diese Menschen die Reise auf den Kähnen den letzten Funken Hoffnung bedeutet, dann meine ich, dass ihr Tod für Europa eine Schande ist.
Wenn Europa aber so tut, als seien dies nur unsere Toten, dann möchte ich für jeden Ertrunkenen, der mir übergeben wird, ein offizielles Beileidstelegramm erhalten. So als hätte er eine weisse Haut, als sei es unser Sohn, der in den Ferien ertrunken ist.»

Giusi Nicolini, Bürgermeisterin von Lampedusa.

 

Europa spielt mit dem Feuer

Tausende Menschen beteiligen sich Flüchtlingsdemo in BerlinFriedensnobelpreis für die Europäische Union? Schlechte Realsatire oder dadaistische Selbstinszenierung, könnte man sich jetzt laut fragen. Oder einfach etwas Balsam auf die krisengeschüttelte Seele der europäischen Zwangsgemeinschaft? Schliesslich hat die EU sonst grad nicht viel zu jubilieren.

Aus der Sonderbeilage zur Jahresendnummer vom 21.Dezember. Unterstütze uns mit einem Abo.

«Wir werden stets auf der Seite derjenigen stehen, die nach Frieden und Menschenwürde streben» sagte EU-Kommissionspräsident Barroso in seiner Rede bei der Preisverleihung in Oslo am 10. Dezember. Schöne Worte! Ob Herr Barroso mit dem «Streben nach Menschenwürde» auch an die wagemutigen «Boat People» gedacht hat?  Alleine 2011 ertranken im Mittelmeer gemäss offiziellen Statistiken über 2300 Menschen, beim Versuch nach Europa zu kommen. Ein neuer, trauriger Rekord. Seit 1993 sind insgesamt 18000 Menschen an den Aussengrenzen Europas gestorben. Das sind die offiziellen Zahlen, die Dunkelziffer dürfte noch viel höher liegen.

Verschiedene erschütternde Berichte belegen zudem, dass immer wieder in Seenot geratenen Flüchtlingsschiffen die Rettung verweigert wird und die Menschen ihrem Schicksal überlassen werden. Ziemlich viele Tote für einen Kontinent des Friedens. Da wäre das Bekenntnis, man stehe zwar zu Freiheit, Menschenrechten und sozialem Wohlstand, nur wolle man sie nicht teilen, wohl ehrlicher gewesen. Europa mit seinen zwei Gesichtern: Für die einen existiert das Europa der freien Fahrt für freie Bürger, für die anderen warten Internierungsknäste, wo selbst Kinder hungern und in Urinlachen schlafen, wie unlängst ein schockierter François Crépeau, Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für die Menschenrechte von MigrantInnen, nach einem Besuch in griechischen Internierungslagern feststellen musste. 

In Europa gestrandet

Gerade in Mittelmeerländern wie Griechenland oder Malta ist die Situation besonders prekär und angespannt. Auf Grund des Dublin-Abkommens entziehen sich die wohlhabenden Staaten Mitteleuropas ihrer Verantwortung, denn für die Bearbeitung eines Asylantrages ist ausschliesslich das Land der Erstankunft zuständig. Reisen Flüchtlinge trotzdem weiter und stellen in einem anderen Land ihr Asylgesuch, werden sie umgehend mittels Fingerabdrücken und biometrischen Daten identifiziert und zurückgeschafft. Länder wie Griechenland werden so zu Bollwerken der Festung Europa umfunktioniert.

Heute sollen alleine in Athen über 100000 Illegale leben. Viele von ihnen obdach- und mittellos und ohne Perspektive. Die Chance überhaupt ein Asylgesuch in Griechenland stellen zu können, liegt praktisch bei null. Nicht mal da hält Europa, was es verspricht. Kein Wunder, dass die EU Griechenland nicht fallen lassen wird. Die neuen Armenhäuser Europas werden mit den Armen der Welt gefüllt. Da verwundert es auch nicht, wenn im antifaschistisch geprägten Griechenland eine offen neonazistisch auftretende Partei wie die «Goldene Morgenröte» gemäss aktuellsten Umfragen bis zu 18 Prozent Wähleranteil erreicht und mit diesem Ergebnis die dritt stärkste Partei wäre. Europa spielt mit dem Feuer.

Scharfmacher Schweiz

Im innereuropäischen Wettbewerb um die asozialsten Gesetze und besten Vergrämungsstrategien gehört die Schweiz zu den fleissigsten Platzhirschen. Kein Jahr vergeht, in dem die Ausgrenzungsmaschinerie mit neuen Gesetzen nicht noch tödlicher und effizienter gestaltet wird. Kein Jahr, in dem die Schrauben nicht noch mehr angezogen und neue Notstandsgesetze in Kraft gesetzt werden, obwohl ähnliche Gesetze längst schon bestehen. Europa hat sich satt gefressen und kackt moralisch ab. Die Schweiz gehört bei der mörderischen Politik der Wohlstandsverteidigung zu den zentralen Scharfmachern Europas. Die parlamentarische Linke spielt mit und schweigt, wohlwissend dass mit netten Worten über Ausländer derzeit keine Wahlen zu gewinnen sind. Und die SVP ist längst die europäische Gallionsfigur einer extremen Rechten schlechthin, auch wenn sie sich gern als Partei für alle darstellt. Doch falsch ist auch dieses Urteil nicht ganz, zumal die Mitte zunehmend weiter an den rechten Rand rückt.

Und sie kommen trotzdem

Egal wie hoch und tödlich die sichtbaren und unsichtbaren Mauern in und um Europa und in den Köpfen der Menschen sein mögen, die Verdammten dieser Erde, sie werden sich auch weiterhin auf den gefährlichen Weg in die reichen Ländern des Nordens machen – und dafür alles riskieren. Auf diese Realität hat das vereinte Europa bis heut keine gerechte Antwort gefunden. Je undurchlässiger diese Grenzen werden, desto mehr Tote wird es an den Aussenrändern der Festung Europa geben. Und das Perverseste, der tausendfache Tod wird durch Schlagworte wie «Menschenrechte» oder «Kampf gegen Menschen- und Frauenhandel» durchgesetzt und mehrheitsfähig gemacht. Arbeitslose senegalesische Fischer (die EU-Hochseeflotte lässt grüssen), die sich als Fluchthelfer betätigen, werden zu schleppenden Massenmörder hochsterilisiert und junge Frauen, die für etwas Glückseligkeit bereit sind, den eigenen Körper zu verkaufen, zu willenlosen Sklavinnen verklärt, die man ertrinken lässt, damit sie nicht ausgebeutet werden können. Angesichts dieses Zynismus passt der Friedensnobelpreis für die EU vielleicht doch grad wie die Faust aufs Auge. Die Stimmen in den Länder der Verdammten, die ein Ende der Kollaboration mit Europa sowie eine historische Aufarbeitung der Tausenden von Toten an den europäischen Aussengrenzen fordern, sie werden nicht leiser werden. Die neue Zeitrechnung, sie hat längst begonnen.

Auf Wiedersehen, good old Europe.

Studidemo in Ankara von Polizei attackiert – Student in Lebensgefahr

18.12.2012 – Eil-Kurzmeldung:
Demonstration gegen den Besuch des Ministerpräsidenten Erdogan an einer Universität in Ankara. Mehrstündige Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und Demonstrierenden. Resultat: Zwei Schwerverletzte und zahlreiche weitere verletzte Studierende.

«Verkäufer der Wissenschaft und imperialistischer Marktschreier Tayyip [Erdogan], raus aus MET Universität»

Studierende von Wasserwerfern attackiert

Linkes Schild: Revolution& Sozialismus
Mittleres (unsicher): Polizei raus
Rechtes: Gleiche, freie Wissenschaft (Bildung)

Am Nachmittag und frühen Abend des 18. Dezembers 2012 protestierten gemäss gut unterrichteten Quellen 1000 Studierende an der Middle East Technical University (METU) in Ankara Türkei. Die Studierenden protestierten gegen den Besuch des Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan an ihrer Universität. Erdo?an und seine AKP-Regierungspartei treiben seit Jahren die Privatisierung und Ökonomisierung der Hochschulen voran. Grund des Besuchs war aber der Start des Satelliten «Gokturk2» der türkischen Regierung und des türkischen Militärs. Der Satellit wurde am Montag, 18. Dezember um ca. 17:00 türkischer Zeit ins All geschossen. Der Start wurde von Erdo?an, hochrangigen Militärs und deren Entourage per Live-Übertragung an der METU beigewohnt.

Der Grund des Protestes war jedoch hauptsächlich gegen Erdo?an gerichtet und stand unter dem Zeichen des Protests gegen die «nationale und internationale Politik der Regierung.» Auf dem Frontransparent der Demonstration stand: «Verkäufer der Wissenschaft und imperialistischer Marktschreier Tayyip [Erdogan], raus aus METU»

Die 1000 Menschen starke Demonstration setzte sich um 15:50 in Bewegung und wurden um 16:15 ohne Vorwarnung von den 3000 Polizistinnen und Polizisten mit Gummigeschossen, Reizgas und 8 Wasserwerffern attackiert. Zwei Studierende erlitten schwere Verletzungen. Ein Student, Baris Barisik, schwebt in Lebensgefahr. Zahlreiche weitere Studierende wurden während den mehrstündigen Auseinandersetzungen mit der Polizei ebenfalls verletzt. Unsere Quellen sprechen von mindestens deren 20. Um 22:45 soll die Polizei gerufen haben «Keine Verhaftungen mehr, nur noch knüppeln und (liegen) lassen.»

 

 

Zwei Videos zu der Demonstration und den Auseinandersetzungen mit der Polizei sind hier zu finden.

 

 

 

Verschiedene Bilder der Demo in Ankara

Verschiedene Bilder der Demo in Ankara

Eine Stimme aus Israel für den Frieden

Tamar Gozansky, kommunistische Knesseth-Abgeordnete von 1990 bis 2003, von Beruf Wirtschaftswissenschaftlerin, heute 72 Jahre alt, veröffentlichte im Internet folgenden persönlich gehalten Artikel (leicht gekürzt):

«Ihre Brüste schwollen vor Bedeutung: Premierminister Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister Ehud Barak kündigten den Medien und der Öffentlichkeit den Start eines neuen Krieges an, diesmal in Gaza. Wie zu erwarten war, wedelten beide mit der abgenutzten Ausrede eines „Krieges ohne Wahl. Und wie zu erwarten war, schwatzten die Politiker von Kadima (Liberale) und Arbeiterpartei (sozialdemokratisch) auch von dieser Ausrede; aus ihrer Sicht ist die Bombardierung des Gaza-Streifens ein Grund, um der Regierung Grüsse zu schicken.

Die Erfahrung hat uns immer wieder gelehrt, dass die Regierung beim Beginn eines jeden Krieges feierlich versicherte, dass es diesmal mit dem Abfeuern von Raketen auf israelisch Städte und Dörfer ein Ende haben werde. Aber dann kam danach jedes Mal ein neuer Krieg, mit dem das Problem «ein für allemal» gelöst werden sollte. Auf Lügen folgte Enttäuschung, die auf die vergiftete Illusion der Macht folgte.

Krieg als Wahlpropaganda

Im vergangenen Jahr bereiteten uns Netanjahu und seine Partner auf einen grossen Militärfeldzug gegen den Iran vor, indem sie uns immer wieder erklärten, dass Iran eine «existenzielle Bedrohung» sei. Aber für einen Krieg gegen den Iran ist es immer noch nötig, einen amerikanischen Partner zu haben, und dieser Partner hat bisher Netanjahu kein grünes Licht gegeben, sodass der Krieg gegen den Iran, wie er ankündigte, auf das Frühjahr verschoben wurde.

Doch inzwischen gibt es Wahlen. Da sagten sich Netanjahu und Barak wohl: Wenn es keinen Krieg gegen den Iran gibt, wie können wir dann die Dinge in einer Weise arrangieren, dass es in den Wahlkampf der rechten Koalitionspartner passt, der auf der einen Seite die Siedler und auf der anderen Seite die Familien der reichen Tycoons (Grossindustriellen) an sich drückt. So kam es, mit perfektem Timing gerade jetzt organisiert, zwei Monate vor den Wahlen, zu einer Eskalation im Süden…

Selbst die Netanjahu-Liebermann-Barak-Regierung weiss, dass die Bombardierung Gazas und auch eine Invasion durch die Streitkräfte kein einziges Problem lösen wird. Es lohnt sich daran zu erinneren, dass Barak am 27. November 2008 – damals ebenfalls Verteidigungsminister in Ehud Olmerts Regierung – den Beginn der Operation «Gegossenes Blei» verkündete, jenes Krieges, der angeblich Hamas eine entscheidende Niederlage beibringen sollte. Und jetzt, vier Jahre später, wagt der gleiche Barak wieder einen Krieg, und wieder gegen Gaza. Und wieder stopfen sie uns voll mit den Wundertaten von Mord und Zerstörungen, solange sie die israelische Öffentlichkeit damit täuschen können, dass das Problem dieses Mal gelöst werden wird.

Aber die Ähnlichkeit zwischen dem Krieg, der gerade begonnen hat, und der Operation «Gegossenes Blei» ist nicht nur ein Bluff, dass es eine Sache von „Knall und Fall“ sein werde. Beide Male, jetzt und 2008, hatte der Krieg ein durchsichtiges politisches Ziel: die öffentliche Atmosphäre anzuheizen und auf diesem Weg mehr Stimmen bei der Knesseth-Wahl zu bekommen.

Krieg war und ist immer noch ein sehr machtvolles Werkzeug, um soziale Probleme vom Tisch zu wischen, die sich verschlimmernde Wohnungskrise und die täglichen Preiserhöhungen für Grundbedürfnisse zu verdrängen, ebenso für die Rechtfertigung von drastischen Einschnitten in den Haushalt 2013. In Kürze werden sie uns erzählen Seid ruhig und lasst uns weitere 15 Milliarden Schekel für einen weiteren Krieg verschleudern, und dann lasst uns die noch kommenden Einschnitte in den Haushalt bei Arbeitslosenhilfe, Kinderunterstützung, Krankenhausversorgung, Bildung und Infrastruktur damit rechtfertigen.

Manchmal wundere ich mich: Wie lange werden zwei Völker, Israelis und Palästinener, noch zu leiden haben, bis der Groschen fällt und wir endlich begreifen, dass militärische Gewalt das Problem von Raketen auf israelische Gemeinden nicht lösen wird und den Kindern von Siderot und Ashkelon keine ruhige Kindheit sichern kann?…»

Israels Kommunisten bei Friedensdemonstrationen

Noch in der Nacht nach dem ersten israelischen Militärschlag am vorletzten Mittwoch versammelten sich hunderte Menschen auf Initiative der Kommunistischen Partei Israels zusammen mit anderen Friedensaktivisten vor dem Haus von Verteidigungsminister Barak in Tel Aviv und dem Wohnsitz des Premierminsters Netanjahu in Jerusalem, um gegen die erneute Kriegsbrandstiftung der Regierung zu protestieren. Am darauf folgenden Donnerstag gab es weitere Demonstrationen in Tel Aviv, Haifa und Jerusalem, in Tel Aviv mit 5‘000 Teilnehmern. Auf ihren Schildern hiess es u.a.: «Israel – Palästina – zwei Staaten für zwei Völker» und «Geld für Wohlfahrt, nicht für Krieg». Auf einigen wurde Verteidigungsminister Barak als «Terrorist Nummer 1»  bezeichnet. Gefordert wurde die sofortige Einstellung der Luftangriffe auf den Gaza-Streifen und der Beginn ernsthafter Verhandlungen über eine dauerhafte Zwei-Staaten-Friedenslösung zwischen Israel und Palästina. Der kommunistisch Knesseth-Abgeordnete Dov Khenin (Hadash) erklärte: «Die Netanjahu-Administration beharrt darauf, nichts aus den Erfahrungen zu lernen». «Anführer zu ermorden, ist nie eine Lösung. Anführer sind in der Vergangenheit ermordet worden und andere kamen.»

Amerikanische Schande

Jährliches Ritual bei den Vereinten Nationen: Die UN-Vollversammlung hat von den USA die Aufhebung ihrer Handelsbeschränkungen gegen Kuba gefordert – zum 21. Mal. Für eine entsprechende Resolution stimmten am Dienstag, 13. November 188 der 193 Mitgliedsländer. Zwei enthielten sich, nur drei Staaten stimmten dagegen: Israel, die kleine Inselrepublik Palau und die USA selbst.

Das mehr als 50 Jahre alte Embargo habe einen wirtschaftlichen Schaden von mehr als einer Billion Dollar verursacht, beteuerten Vertreter Kubas. „Humanitäre und wirtschaftliche Schäden“ seien die Folge. Ein US-Diplomat sagte hingegen, die USA stünden an der Seite des kubanischen Volkes. Das Embargo treffe aber die Führung, die ihrem Volk grundlegende Menschenrechte verweigere.

Kaum jemand erwartet, dass die USA der Aufforderung folgen. Die Vollversammlung hat, stets initiiert von lateinamerikanischen Staaten, zuvor schon 20 Mal Washington zur Aufhebung des Embargos aufgefordert – 20 Mal ohne Erfolg. Die Unterstützung für die Resolution hat sich allerdings innerhalb von 20 Jahren von anfangs etwa 50 Staaten inzwischen mehr als verdreifacht.

Das Embargo, in Kuba «el bloqueo» genannt, geht bis auf das Jahr 1960 zurück, wurde aber mehrfach verschärft. Bevor Präsident John F. Kennedy 1962 das eigentliche Handelsembargo verhängte, bestellte er nach Angaben eines Mitarbeiters noch eine Kiste kubanischer Zigarren.

Eine ganze Gesellschaft erwacht!

Im 2010 kündigte die liberale Regierung Québecs eine Studiengebührenerhöhung an. Die Studierendenorganisation «CLASSE» (Coalition large de l’Association pour une solidarité syndicale étudiante) mobilisierte als Antwort darauf zu einem Studierendenstreik. Dieser weitete sich schliesslich zu einer in der Geschichte Kanadas einmaligen sozialen Bewegung aus, die Studierende, SchülerInnen und Lohnabhängige zusammenbrachte. Ein Gespräch mit Katherine Ruault, Studentin und Mitglied von «CLASSE».

Aus der Printausgabe vom 9. November. Unterstütze uns mit einem Abo!

 

Was waren die Gründe für die Mobilisierung der SchülerInnen und Studierenden in Québec?

Im Jahr 2010 präsentierte die liberale Regierung von Québec das neue Staatsbudget. Darin waren massive Austeritätsprogramme vorgesehen. Es ging in erster Linie um zwei wichtige Elemente: Einerseits wollte die Regierung die Gesundheitskosten mit einer zusätzlichen Steuer vermehrt auf die Lohnabhängigen überwälzen, andererseits sollten die Studiengebühren um 127 Prozent erhöht werden. Das dominante Argument: In Zeiten der Krise müsse der Staat sparen. Für die «CLASSE» war von Anbeginn klar: Die Erhöhungen können nur durch einen unbefristeten Streik blockiert werden.

Kannst du kurz erklären, was  die «CLASSE» ist?

«CLASSE» ist eine Vereinigung von 67 SchülerInnen- und Studierendenorganisationen, die zusammen über 100 000 GymnasiastInnen und Studierende in ganz Québec vereinigt. Diese Vereinigung ist zeitlich befristet und hat alle Organisationen versammelt, die unseren Grundsätzen zustimmten, sprich die Verteidigung der materiellen Interessen der Studierenden mit kämpferischen, demokratischen, feministischen und unabhängigen Mitteln. Wir haben zwei Ziele: eine öffentliche, kostenlose und nicht-diskriminierende Bildung für alle und den Aufbau einer gewerkschaftlichen, demokratischen, feministischen und kämpferischen Studierendenbewegung. Wir funktionieren nach den Prinzipien der Basisdemokratie. Das heisst, dass die dezentralen Studierendenversammlungen über die politische Stossrichtung der Organisation entscheiden.

Wann hat dann der tatsächliche Studierendenstreik begonnen?

Wir haben zwei Jahre lang auf einen Studierendenstreik hin mobilisiert. Dazu gehörten Petitionen, kleine Aktionen, kleine Demos und die Verbreitung von Informationsmaterial. Diese Vorarbeit war unabdingbar für das Gelingen unserer Mobilisierung und hat am 10. November 2011 zur ersten Grossdemo mit 30 000 Beteiligten geführt Im Januar 2012 hatten sich bereits 10?000 Studierende bereit erklärt, einen unbefristeten Streik zu führen. Die Mobilisierungsarbeit wurde natürlich weitergeführt, mit Aktionen und weiterer Informationsarbeit. Am 1. März fand dann eine Grossdemo statt und 100?000 Studierende traten in den unbefristeten Streik. Am 22. März fand eine landesweite Demo statt, an der sich 200?000 Personen beteiligten. Die massive Mobilisierung hat uns dazu veranlasst, jeden 22. des Monats auf die Strasse zu gehen.

Die Bewegung benutzte viele unterschiedliche Aktionsformen. Welche Vorteile konntet ihr daraus ziehen?

Wir haben stets zum zivilen Ungehorsam aufgerufen, das war die Hauptform unseres Kampfes. Darüber hinaus suchten wir die Unterstützung der ganzen arbeitenden Bevölkerung. Wir haben in den Quartieren und Nachbarschaften Versammlungen organisiert, die es erlaubten, die Beteiligung zu erweitern. Auch fanden spontane Nachtdemos statt, meist dezentral organisiert. Die «cazerolazos», also Demos durch die Nachbarschaften mit Pfannen, gehörten zu den Momenten, während denen sich Kinder, Frauen und ganze Familien an der Bewegung beteiligten. Doch wir haben schnell gemerkt, dass wir auch dort ansetzen mussten, wo der Staat und die Wirtschaft ökonomisch verletzlich sind. Wir begannen also Staatsunternehmen, Häfen und Brücken zu blockieren und somit die Wirtschaft lahmzulegen. Dadurch wurde unsere Mobilisierung zu einem Kampf «ums Ganze» ausgeweitet.

Auf einem Transparent war zu lesen: «Dies ist kein Studierendenstreik. Es ist eine ganze Gesellschaft, die erwacht». Wie erklärst du dir, dass diese Studierendenbewegung ein solches Ausmass annehmen konnte?

1970 erlebte Québec mit einer «stillen Revolution» die Unabhängigkeit von Kanada. Eine «stille Revolution» bedeutet aber nicht, dass keine Kämpfe stattgefunden haben. Tatsächlich kennt Québec eine lange Tradition von Arbeitskämpfen, Streiks und grossen Mobilisierungen. So war der diesjährige Streik bereits der siebte grosse Streik der SchülerInnen und Studierenden, wobei ein solches Ausmass nie erreicht wurde. Parallel zu unserer Bewegung befanden sich auch andere Lohnabhängige im Kampf. Das Reinigungspersonal von «Air Canada» streikte gegen die Ankündigung von Entlassungen, im Aluminiumunternehmen «Rio Tinto» wurden die ArbeiterInnen aufgrund ihres Kampfes gegen anti-gewerkschaftliche Entlassungen ausgesperrt und hatten somit keinen Lohn. Wir haben uns gleich solidarisiert, gingen die kämpfenden ArbeiterInnen besuchen und boten materielle Hilfe an. Die Verbindung von Kämpfen gehört zu einem Hauptanliegen von «CLASSE».

Wie reagierte der Staat, beziehungsweise die Regierung nach diesen massiven Mobilisierungen?

Die Regierung reagiert sehr repressiv gegen die Bewegung. Im Mai trat die «Loi 78» in Kraft, welche alle Versammlungen im Umkreis der Unis verbot, MitarbeiterInnen von Hochschulen das Streikrecht entzog und alle Personen, die unbewilligt demonstrieren, mit horrenden Bussen bestrafte. Unsere Mobilisierung musste sich also radikalisieren, um dagegen zu halten. Wir riefen zu einem sozialen Generalstreik auf. Am 22. Mai fand dann tatsächlich ein zweitägiger Streik statt, der nicht nur die Schulen und Unis erfasste, sondern die ganze Wirtschaft Québecs. Unterschiedliche Gruppen von Lohnabhängigen stellten sich aktiv auf unsere Seite. Es wurden unabhängige Kollektive gegründet wie «PflegerInnen gegen die Erhöhung», «RentnerInnen gegen die Erhöhung» und «Richter gegen die ‹Loi 78›». Aus dem Studierendenstreik wurde ein sozialer Kampf.

Hat diese Radikalisierung und Erweiterung der Bewegung auch Früchte gebracht?

Am 4. September fanden Wahlen statt, welche die «Parti Québecois» gewann. Sie kündete an, die Gebührenerhöhung und die repressiven Gesetze zurückzuziehen. Wir beendeten somit am 8. September den Streik, da unsere unmittelbaren Forderungen durchgesetzt wurden. Nun organisiert die neue Regierung ein Gipfeltreffen zum Thema Bildung, an dem auch die Studierendenorganisationen eingeladen sind.

Kann daher die «Parti Québecois» als politische Stimme der sozialen Bewegung bezeichnet werden?

Auf keinen Fall. Sie ist in der Geschichte sozialen Bewegungen repressiv begegnet. Zudem war sie die erste Partei, die in Québec neoliberale Programme umgesetzt hat. Trotz des Regierungswechsel haben wir weiterhin gute Gründe, wachsam zu bleiben.

Wie sieht die Zukunft der Bewegung aus?

«CLASSE» hat entschieden, nicht an das Gipfeltreffen zu gehen, um nicht vereinnahmt zu werden. Unser Ziel bleibt ein kostenloses Schul- und Universitätssystem. Wir haben im Sommer ein Manifest geschrieben, welches weiterhin an öffentlichen Versammlungen debattiert wird. Wir bleiben bei der Überzeugung: Wir sind die Zukunft und zusammen können wir unsere Ziele erreichen.

Gegen die Gewalt des Kapitals

Der Aufruft der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) zum europäischen Protesttag vom  14. November.

25 Mio. offizielle Arbeitslose in der EU, über 50 Prozent arbeitslose Jugendliche in Griechenland und Spanien, «Sparprogramme», nach denen in Deutschland kommunale Bäder, Büchereien usw. schliessen, in Griechenland aber ein Grossteil der Bevölkerung ausgehungert wird, das ist die Zwischenbilanz der sogenannten Eurorettung. In Wahrheit wird hier allenfalls den reichen Griechen geholfen, werden die Profite der Deutschen Bank, der Spekulanten und Zocker gesichert. Allein die Übernahme der faulen Papiere der Hypo Real Estate liess sich die Bundesregierung 173 Milliarden Euro kosten, eineinhalb mal soviel wie alle Schulden der Kommunen im Land. Gegen diese Politik im Interesse deutscher und internationaler Konzerne und «Finanzdienstleister» richtet sich am 14. November internationaler Protest des Europäischen Gewerkschaftsbunds.

Die Kapitalisten nützen die Krise

In Portugal, Spanien, Malta, Griechenland und Zypern wird zum Generalstreik aufgerufen, wahrscheinlich auch in Italien. Erhöhte Arbeitsmarktflexibilität, u. a. durch weniger Kündigungsschutz, Privatisierung öffentlicher Dienste und der Sozialversicherungen, Lohndumping, Rentenkürzungen, soziale Ausgrenzung und wachsende Ungleichheiten sind keine südeuropäischen Phänomene. Alltag hierzulande sind real sechs Millionen Erwerbslose, über 20 Prozent Niedriglöhner, Zeit- und Leiharbeit mit Aussicht auf Altersarmut. Die Kapitalisten nutzen die Krise, um ihre Umverteilungspläne und die zur Errichtung eines neoliberalen kapitalistischen europäischen Staats zu forcieren.

Mindestlöhne jetzt

In den DGB-Gewerkschaften laufen jetzt Vorbereitungen, auch hier den 14. November zum Aktionstag werden zu lassen, zur Verteidigung gewerkschaftlicher Rechte, die nicht nur in Griechenland von der Troika aus EU, EZB und IWF in den Dreck getreten werden. Es geht darum, die Krisengewinner für ihre Krise zur Kasse zu bitten. Die Forderung nach einer Millionärssteuer wird lauter. Her mit dem gesetzlichen Mindestlohn, weg mit der Rente erst mit 67. Vielerorts bilden sich Bündnisse wie in Frankfurt, wo vor dem griechischen Konsulat und der FDP-Zentrale demonstriert werden soll.

Sozialismus als Alternative

Der Schokoladenüberzug ist ab, der Kapitalismus zeigt sein über Jahrzehnte schamhaft verborgenes Gesicht als eine Ausbeuterordnung, in welcher der Profit das Mass aller Dinge ist. «Der Mensch muss vor dem Profit stehen», das fordern hingegen immer mehr Betroffene und stellen die Frage nach Alternativen. Das kann für uns letztlich nur eine sozialistische sein. Unterschiedliche Vorstellungen darüber, wie diese einmal aussehen wird, werden uns Kommunisten nicht daran hindern, mit allen fortschrittlichen Menschen gegen die, wie Marx sie nannte, alltäglichen Gewalttaten des Kapitals zu kämpfen, am 14. November und danach.

Quelle und weitere Infos: www.kommunisten.de

 

Grund der Verhaftung: Die Wahrheit!

Man kann es durchaus als symptomatisch ansehen und es hätte genau so gut in jedem anderen EU-Staat geschehen können: ein griechischer Journalist wurde kürzlich festgenommen und angeklagt, nicht weil er die Unwahrheit verbreitet hatte, sondern weil er ein Stück von der Wahrheit ans Licht brachte. Er veröffentlichte eine Liste von über 2000 reichen Griechen, die ihr Geld auf einer Schweizer Bank vor dem Zugriff der Finanzämter in Sicherheit gebracht hatten. Der Journalist heisst Kostas Vaxevanis und ist Herausgeber und Chefredakteur des Magazins «Hot Doc». Am 28. Oktober hatte ihn ein stattliches Aufgebot von rund einem Dutzend Polizisten aufgrund eines Haftbefehls der Athener Staatsanwaltschaft festgenommen, am 1. November fand auf deren Betreiben ein Prozess gegen ihn statt. Die Anklageschrift beschuldigte ihn der Verletzung des Datenschutzes, weil er vertrauliche private Daten bekannt gemacht hat, sowie der Verleumdung der genannten Personen.

Daten von Geschäftsleute und Familienclans verschwunden

Nachdem in der griechischen Öffentlichkeit bereits seit einiger Zeit von der Existenz einer sogenannten «Lagarde-Liste» von griechischen Kontoinhabern bei der schweizer HSBC-Bank gemunkelt worden war, hatte das Magazin sie sich beschafft und Ende Oktober veröffentlicht. Allerdings wurden nur die Namen veröffentlicht, ohne Angabe von Konto-Nummern und Höhe der jeweiligen Einlagen. Das Magazin schrieb sogar dazu, dass nicht jeder Grieche, der ein Konto in der Schweiz hat, automatisch als Steuerbetrüger anzusehen sei. Auf der Liste standen zahlreiche Geschäftsleute und reiche Familienclans wie der des Textilmagnaten Lamaras sowie Ärzte, Zahnärzte, Journalisten, auch einige Politiker, darunter ein ehemaliger Minister der konservativen Karamanlis-Regierung.

Die Schweizer HSBC ist die fünftgrösste Bank in der Schweiz und eine Filiale des in London ansässigen internationalen Finanzkonzerns gleichen Namens mit 7’200 Filialen in 80 Ländern der Welt, darunter Hongkong, New York, Brasilien, Mexiko, Panama, Paris, Monaco, Luxemburg, Bahrain, Qatar, Singapur, Bahamas usw., Jahresgewinn 2011 vor Steuern 16,797 Milliarden Dollar.

In den Besitz griechischer Staatsstellen war die Liste bereits im Oktober 2010 gekommen. Christine Lagarde, heute Chefin des IWF, damals noch französische Wirtschafts- und Finanzministerin, hatte sie in Form einer CD an den damaligen griechischen Finanzminister Papakonstantinou von der PASOK weitergereicht. Daher «Lagarde-Liste». Ex-Finanzminister Papakonstantiou meint heute, die CD an die Steuerfahndung weitergegeben zu haben, behauptet aber, keine Ahnung zu haben, was danach damit geschehen ist und wo sie seither blieb. Angeblich hat die Steuerfahndung die Ermittlungen eingestellt, weil die Erkenntnisse «nicht gerichtsverwertbar» gewesen sein sollen, weil sie aus einer «illegalen Quelle» stammten,. Das französische Finanzministerium hatte die CD nämlich seinerzeit von einem ehemaligen Angestellten der HSBC erhalten, den die Bank des Datendiebstahls beschuldigt. Papakonstantinous Nachfolger als Finanzminister, der heutige PASOK-Vorsitzende Venizelos behauptete, in seiner Amtszeit einen USB-Stick mit der Liste an die griechische Justiz weitergegeben zu haben, über dessen Verbleib aber ebenfalls nichts weiter zu wissen. Er habe sich die Daten niemals selbst angesehen.

Also, oh Wunder, weder die CD noch der USB-Stick waren bisher noch irgendwo auffindbar. Auch der heutige wieder konservative Finanzminister Stournaras weiss von nichts. Bis «Hot Doc» offenbar findig genug war, das zu schaffen, was die früheren und heutigen Regierungsspitzen nicht schafften, nämlich die Liste wieder auftauchen zu lassen.

Nicht schuldig!

Ehre dem Athener Richter, der den angeklagten Journalisten am 1. November trotz der heftigen Ausfälle des Staatsanwalts dann doch für «nicht schuldig» erklärte! Das im Gerichtssaal anwesende Publikum erhob sich von den Plätzen, um dem Freispruch Beifall zu zollen. Vielleicht hatte den Richter ja das Argument des Angeklagten überzeugt, dass der griechische Staat besser gegen die Steuerbetrüger vorgehen und diese verhaften würde, statt die Gehälter von Richtern und anderen Staatsbediensteten zu kürzen und zu versuchen, die Wahrheit zu unterdrücken.

Allerdings war bisher nichts in der Richtung zu erfahren, dass die Namensliste nun tatsächlich einer gründlichen Untersuchung unterzogen wird und die Steuerflüchtlinge zur Verantwortung gezogen werden. Auch von der EU-Troika, deren Diktat die griechische Bevölkerung in immer größere Armut und die griechische Wirtschaft in immer tiefere Rezession stürzt, war nichts in dieser Richtung zu hören. Im griechischen Parlament soll jetzt zwar ein Untersuchungsausschuss gebildet werden, der nachforschen soll, warum zwei Finanzminister trotz der vorliegenden Fakten jahrelang nichts unternommen haben. Und das kann natürlich wieder dauern…

Europa streikt

Der Europäische Gewerkschaftsbund erklärt den 14. November zum europäischen Aktionstag  «Für Arbeitsplätze und Solidarität in Europa und gegen die Austeritätspolitik» und ruft seine Mitgliedsgewerkschaften mit 60 Millionen Mitgliedern in der Europäischen Union auf zu protestieren, zu demonstrieren und zu streiken. Erstmals wird es in mehreren Ländern gleichzeitig zum Generalstreik kommen. In  Portugal, Spanien, Griechenland und Zypern werden an dem Tag wohl alle Räder still stehen. In Italien sind verschiedene Aktionen geplant. In Italien ruft der kämpferische Gewerkschaftsbund CGIL zu einem vier Stündigen Generalstreik. Basisgewerkschaften sowie kommunistische Parteien und Gruppen haben sich dem Anruf angeschlossen. Die beiden anderen rosaroten Gewerkschaftsbünde UIL und CISL unterstützen den Generalstreik nicht.

Soziale Mindeststandards erkämpfen

Das Exekutivkomitee des EGB verurteilte am 17. Oktober die sogenannten Sparmassnahmen, die Europa in Stagnation und Rezession treiben und Ungleichgewichte sowie Ungerechtigkeiten vertiefen und den Sozialabbau beschleunigen. Es wirft dem IWF vor, mit falschen Berechnungen die zu erwartenden Folgen der Austeritätspolitik im Vorfeld geschönt zu haben. Es wendet sich gegen die frontalen Angriffe auf Tarifvertragssysteme und Gewerkschaftsrechte bei der Durchsetzung der Politik der Troika. Hier sei unsererseits daran erinnert, dass auch die Führungen von SPD und Grünen grundsätzlich den «Hilfsprogrammen»  zum Beispiel für Griechenland zustimmen. Bei letzterem ist dessen integraler Bestandteil die gesetzliche Nichtigkeitserklärung aller Tarifverträge. Warum sollen Politiker, deren einstiger Basta-Kanzler den Gewerkschaften mit staatlichen Eingriffen drohte, wenn sie nicht selbst ihre Tarifverträge für betriebliche Verschlechterungen öffnen würden, zu gegebener Zeit vor gleichen Massnahmen in Deutschland zurückschrecken? Unter Hinweis auch auf die wachsenden Proteste in den EU-Ländern will der EGB um bessere Arbeits- und Lebensbedingungen und soziale Mindeststandards in der EU kämpfen.

Quelle: www.kommunisten.de

Klarer Sieg für Hugo

Am Montag (Ortszeit) verbreitete der Nationale Wahlrat Venezuelas (CNE) ein aktualisiertes Ergebnis der Präsidentschaftswahl vom Sonntag, das sich auf einen Auszählungsstand von 97,65 Prozent  bezog. Die Wahlbeteiligung lag demnach bei für das Land historischen 80,72 Prozent. In 22 der 24 Bundesstaaten Venezuelas konnte sich Chávez durchsetzen, nur Mérida und Táchira an der Grenze zu Kolumbien fielen an die Opposition. Auch im von Henrique Capriles Radonski als Gouverneur regierten Miranda setzte sich Chávez – wenn auch knapp – durch. Am Mittwoch soll Hugo Chávez vom CNE offiziell zum Wahlsieger proklamiert werden.

Die Wahlergebnisse im einzelnen:

Hugo Chávez: 8062056 Stimmen, 55,14 Prozent
Davon:

  • Vereinte Sozialistische Partei (PSUV): 6287638 Stimmen (43,01%)
  • Kommunistische Partei (PCV): 482317 Stimmen (3,29%)
  • Heimatland für alle (PPT): 216293 Stimmen (1,47%)
  • Revolutionäre Netzwerke (REDES): 195283 Stimmen (1,33%)
  • Wahlbewegung des Volkes (MEP): 183178 Stimmen (1,25%)
  • Tupamaros: 166.772 Stimmen (1,14%)
  • Für die soziale Demokratie (PODEMOS): 153243 Stimmen (1,04%)
  • Fünf weitere Listen mit Ergebnissen von unter einem Prozent

Henrique Capriles: 6468450 Stimmen, 44,24 Prozent
Davon:

  • Tisch der demokratischen Einheit (MUD): 2154021 Stimmen (14,73%)
  • Zuerst Gerechtigkeit (PJ): 1807320 Stimmen (12,36%)
  • Eine Neue Zeit (UNT): 1189959 Stimmen (8,13%)
  • Volkswille (VP): 467532 Stimmen (3,19%)
  • Fortschrittliche Vorhut (AP): 252213 Stimmen (1,72%)
  • 13 weitere Listen mit Ergebnissen von unter einem Prozent

Reina Sequera:68936 Stimmen, 0,47 Prozent

Luis Reyes: 8063 Stimmen, 0,05 Prozent

María Bolívar: 7308 Stimmen, 0,04 Prozent

Orlando Chirino: 4062 Stimmen, 0,02 Prozent

Ungültige Stimmen: 282865 (1,89 Prozent)

(CNE/jW)

Quelle: junge Welt Online Spezial

12‘000 Kumpels entlassen

Der grösste Platin-Produzent der Welt, Anglo American Platinum, hat einem Bericht des südafrikanischen Nachrichtensenders E-News zufolge am 5. Oktober 12‘000 (!)  streikende Kumpels entlassen. Dies berichtete der südafrikanische Nachrichtensender E-News. Die Kumpel hatten wochenlang ihre Arbeitsaufnahme verweigert und sind trotz Erpressungen und Drohungen des Konzerns nicht eingefahren. 100‘000 befinden sich weiter im Streik.

Mit unerhörter Brutalität gehen Konzern und Polizeikräfte gegen die Arbeiter vor. Den Beschäftigten sei per Mail oder SMS gekündigt worden, sagte einer der Streikführer, Gaddafi Mdoda. Polizei und Spezialeinheiten gingen schon seit Donnerstag mit Knüppel und Gummigeschossen gegen die Streikenden vor. Arbeiter verteidigen sich mit Stöcken. «Am Freitagmorgen wurde die Leiche eines Arbeiters entdeckt. Laut Streikführer Mdoda wurde er offenbar von einem Gummigeschoss tödlich verletzt. In dieser Woche starben bereits sechs Menschen während der Proteste», berichtete am 6. Oktober das Onlineportal «südddeutsche.de».Inzwischen berichtet die südafrikanische Nachrichtenagentur, dass über 100.000 Kumpel auf vielen Zechen streiken. Bei schweren Zusammenstössen mit der Polizei waren im August insgesamt 44 Menschen getötet worden; auch am Freitag starb ein Minenarbeiter in Rustenburg.

Lügen und Einbusse in Millionenhöhe

Anglo American hatte stets die Meldungen ausgegeben, dass die grosse Mehrheit der Arbeiter wieder arbeiten würde. Das war offensichtlich gelogen. Sie fürchteten eine weitere Ausbreitung der selbständigen Streikwelle nach dem Massaker von Marakina, bei dem 34 Arbeiter von Polizeikräften erschossen wurden. Jetzt liess die Konzernzentrale offiziell in Johannesburg verlautbaren: «In vier Platinminen ist so wenig Personal anwesend, sodass die Produktionsprozesse in diesen Industriebetrieben seit Wochen nicht aufrecht erhalten werden konnten.»

Durch die selbständigen Kämpfe der Kumpel in den Platin- und auch Goldminen in Südafrika sind die internationalen Konzerne im Land schwer unter Druck geraten. Die Kreditwürdigkeit von Banken, Telekommunikationskonzernen und Kommunen wurde durch die Ratingagentur Moody‘s bereits herabgestuft. Der Streik droht die internationale Produktion empfindlich zu treffen. Platin ist ein unverzichtbares  Metall für die Herstellung von Katalysatoren in der Autoindustrie. Allein Anglo American nannte als Ausfall durch die Kämpfe  eine Höhe von 700 Millionen Rand (64 Millionen Euro).

Den mutigen Bergarbeitern gehört unsere Solidarität. Ein Minenarbeiter aus Rustenburg erklärt in einer kurzen Mail an die Zeitschrift «SÜDAFRIKA – Land der Kontraste», dass sich die Kumpels im «Kriegszustand» befinden und man den «Feinden» nicht nachgeben wird. «Millionen Kumpel werden eine Macht…», heisst es in der Bergarbeiterhymne, die vor vier Jahren bei dem 2. Internationalen Bergarbeiterseminar erstmals ertönte. Im kommenden  Jahr werden sich Bergarbeiterdelegationen aus aller Welt zur 1. Internationalen Bergarbeiterkonferenz in Peru treffen.

Marsch für Gerechtigkeit gestartet

Der „Jan Satyagraha „ Marsch für Gerechtigkeit ist heute in Gwalior gestartet. Mehr als 50’000 Menschen haben sich auf den 350 Kilometer langen Weg nach Delhi gemacht um in der Hauptstadt bei der Regierung ihre Rechte einzufordern. Am 2. Oktober fand der Auftakt statt.

In Indien begann gestern, am 2. Oktober, der „Jan Satygraha“ Marsch für Gerechtigkeit. Mehr als 50’000 Adivasi (Stammesvölker), Dalits (Landlose der untersten Kaste) und andere  marginalisierte Bevölkerungsgruppen aus ganz Indien versammelten sich am Morgen vor der Hauptbühne des riesigen Messegeländes in Gwalior, im indsichen Bundesstaat Madhya Pradesh. P.V Rajagopal, Gründer und Präsident der sozialen Landrechtsbewegung Ekta Parishad, hiess  die teils während mehreren Tagen  angereisten Menschen und viele indische Persönlichkeiten und Gäste aus aller Welt willkommen. In seiner Eröffnungsrede beschrieb er die Grossaktion als den „Kampf um Würde, Sicherheit und Identität“. Ziel ist eine neue nationale Landrechtspolitik, die sich an zwei Hauptforderungen ausrichtet: dem garantierten Zugang zu Land und Ressourcen um die Lebensgrundlage sicherzustellen und ein Gesetz, welches das Recht auf ein Stück Land und Unterkunft festschreibt.

Der Rede von P.V.Rajagopal folgten Beiträge bekannter indischer Persönlichkeiten, die an das Vermächtnis Mahatma Gandhis erinnerten und die Regierung aufriefen, die Forderungen des Jan Satyagraha (Marsch für Gerechtigkeit), dieses grossen gewaltlosen Einsatzes, ernst zu nehmen. Subba Rao, ein langjähriger Kämpfer in der gandhischen Tradition des gewaltlosen Widerstands betonte, “dass arme Leute nicht nur satt werden, sondern ein Leben in Würde und sozialer Gerechtigkeit wollen”.

Ramesh Sharma, Mitglied des Führungsteams von Ekta Parishad, erklärte die Forderungen des Jan Satyagraha im Detail. Unter den neunzehn mit der Regierung verhandelten Forderungen sind eine grundlegende Landreform und ein neues Gesetz, welches jeder land- und obdachlosen Familie ein eigenes Stück Land und ein Dach über dem Kopf ermöglicht. Im Weiteren wird die effektive Umsetzung von bestehenden Gesetzen, wie dem „Forest Right Act“ (Recht auf Wald) zugunsten der Stammesvölker verlangt, die Etablierung von Schnellgerichten, welche Landansprüche armer Menschen in kürzester Zeit entscheiden können, sowie gleiche Landbesitzrechte für Frauen und Männer.
Die Spannung stieg, als der Minister für landwirtschaftliche Entwicklung, Jairam Ramesh, das Wort ergriff. Seine Antwort auf die Forderungen des Jan Satyagraha, welche in den vorhergehenden Tagen Gegenstand intensive Verhandlungen gewesen waren, wurde mit grossem Interesse erwartet. Würde sich die Regierung öffentlich zur „Roadmap“ die im direkten Gespräch auch mit Premierminister Manmohan Singh, diskutiert worden war, bekennen, und falls ja, würde dies heissen, dass der geplante 350 Kilometer lange Marsch nach Delhi stattdessen zu einem Volksfest werden könnte?

Jairam Ramesh erklärte, dass die Regierung sich klar zu der längst überfälligen Landreform bekenne, jedoch nicht alle Forderungen erfüllen könnte, auch deshalb nicht, weil die Verteilung von Land von Gesetzes wegen vor allem im Befugnisbereich der Gliedstaaten liege. Er versprach, innerhalb von sechs Monaten einen Entwurf für eine nationale Landreform vorzulegen, der dann diskutiert und verabschiedet werden könnte. Als Teil dieser Vorgaben sollten zweieinhalb Millionen landlose Menschen das verbriefte Recht auf Land erhalten. Die gegenwärtig zur Diskussion stehende Nahrungssicherheits- und Landerwerbsgesetzesvorlage würde weitere Vorteile bringen und ein Gesetz zum Recht auf Unterkunft sei geplant. Ramesh wies auch darauf hin, dass in den vergangen fünf Jahren mehr als eine Million Adivasi in den Waldgebieten das Recht auf ein Stück Land erhalten hatten. Abschliessend betonte Ramesh sein persönliches Einverständnis mit den Anliegen der Anwesenden, obwohl nicht alle Forderungen umgesetzt werden könnten. Er erwähnte den 11. Oktober als den nächsten Verhandlungstag, an dem sich die Jansatyagraha Organisationen mit Vertretern der nationalen Regierung und der Regierungen der Gliedstaaten treffen würden, um eine Umsetzungsliste zu entwickeln.

Im Anschluss an die Ausführungen des Ministers zogen sich die Verantwortlichen der Ekta Parishad und der vielen weiteren den Marsch unterstützenden Organisationen zurück, um ihre Antwort auf das Angebot der Regierung zu besprechen. Nur knapp eine Stunde später, kehrte P.V. Rajagopal auf die Bühne zurück. Er gab der Enttäuschung der Organisatoren über die wenig konkreten Pläne der Regierung Ausdruck, welche sich nicht auf die vorgängig besprochenen Vereinbarungen ausrichteten. Der Marsch sollte durchgeführt werden, um den Druck auf die Regierung aufrecht zu erhalten.

Dem weiten Weg nach Delhi stehen jedoch ernsthafte Schwierigkeiten gegenüber, da die verfügbaren Lebensmittel für die Tausenden von Marschierenden nur für zehn der erforderlichen dreissig Tage ausreichen werden. Zusätzliche Spenden müssen gefunden werden. Trotz dieser Hindernisse beschlossen die Anwesenden, den Marsch wie geplant durchzuführen. Denn an diesem Punkt bat Rajagopal das riesige Publikum, seine Fahnen zu schwenken, wenn es sich mit diesem Vorschlag einverstanden erklären wollte. Ein riesiges Meer von grünweissen Fahnen erhob sich. Der Entscheid war klar. Jan Satyagraha wird stattfinden. Um 7 Uhr morgens des 3. Oktober, wird sich die mehr als zehn Kilometer lange Menschenschlange in Richtung Delhi in Bewegung setzen.

MEHR INFORMATIONEN finden Sie auf den folgenden Websites:

www.ektaparishad.com / www.ektaeurope.org / http://js2012.wordpress.com/

oder über die links auf der website des CESCI Fördervereins, Zürich: www.cesci.ch oder media.cesci@gmail.com

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