Tote und Verletzte bei Protesten gegen Xstratas in Peru

Der zunächst friedlich verlaufende Streik in der peruanischen Andenprovinz Espinar gegen die Bergbauaktivitäten von Xstrata Tintaya mit Sitz in der Schweiz wurde letzte Woche mit Tränengas und Schrotkugeln gewaltsam aufgelöst. Zu beklagen sind zwei Todesopfer und über 90 Verletzte.

Zwei Todesopfer und über 90 Verletzte, darunter sowohl Streikende als auch Polizisten, veranlassten den peruanischen Präsidenten gestern Abend dazu, den Notstand über die Provinz auszurufen. Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), MultiWatch und die Solidaritätsgruppe Schweiz-Peru sind äusserst besorgt über die neusten Entwicklungen.

Der Konflikt zwischen Xstrata Tintaya, einem Tochterunternehmen des Bergbauriesen Xstrata mit Sitz in der Schweiz, und der lokalen Bevölkerung in Espinar spitzt sich immer mehr zu. Ein angekündeter Protestmarsch, bei dem am 21. Mai zunächst nur einige Hundert Menschen vom Stadtzentrum von Yauri in Richtung der Tore der Mine Xstrata Tintaya losmarschierten, fand im Verlauf des mehrtägigen Protestes mehrere Tausend Anhänger. Der Protest richtete sich gegen die Weigerung des Bergbaukonzerns, auf Vorwürfe wegen Umweltverschmutzung einzugehen. Insbesondere wird von Xstrata gefordert, die in zwei Studien aus dem Jahre 2010 und 2011 nachgewiesene Schwermetallbelastung in Böden, Gewässern, sowie in Blut und Urin der in unmittelbarer Nähe zum Tagebau lebenden Bevölkerung abzuklären.

Polizei schiesst auf Demonstranten

Laut Angaben lokaler Partnerorganisationen standen die Demonstrierenden einem Aufgebot von 1200 bis 1500 Polizisten gegenüber. Diese wurden bereits am 18. Mai abends von Xstrata Tintaya ins Camp des Bergbaukonzerns gerufen, um die Schürfaktivitäten vor angekündigten Protesten abzuschirmen. Im Verlauf des 22. Mai eskalierte die Situation. Polizisten hatten aus nächster Nähe auf zwei demonstrierende Jugendliche geschossen, die versuchten, in die Mine zu gelangen. Dazu kamen Berichte von Misshandlungen mehrerer Demonstrierender. Dies führte zu schweren Zusammenstössen zwischen den Streikenden und der Polizei.

Betroffen von Repressionen sind unter anderem auch der Bürgermeister der Provinz Espinar, Oscar Mollohuanca, der Vizepräsident der grössten sozialen Basisorganisation, Sergio Huamaní, sowie die Direktorin der Menschenrechtsabteilung des katholischen Vikariats, Ruth Luque, welche auf Einladung von MultiWatch, GfbV und der Solidaritätsgruppe Schweiz-Peru Ende April in die Schweiz gereist waren, um anlässlich der Generalversammlung der Xstrata-Aktionäre das Gespräch mit der Konzernleitung in der Schweiz zu suchen. Die GfbV, Multiwatch und die Solidaritätsgruppe Schweiz-Peru unterstützen die Forderung von Ruth Luque an die Konfliktparteien und den peruanischen Staat, «sofort ernsthafte Verhandlungen mit dem Ziel verpflichtender Vereinbarungen durchzuführen, um die Lebensqualität und Würde aller Einwohner zu gewähren und eine unverzügliche, sowie endgültige Lösung in den Konflikten in der Provinz Espinar zu finden.»

Präsident Humala verhängt den Notstand

Aufgrund der gewalttägigen Entwicklungen hat die Regierung in Lima gestern den Notstand über die Provinz verhängt. Damit sind die demokratischen Grundrechte für 30 Tage ausgesetzt. Für die lokalen Protestbewegungen ist das ein schwerer Schlag, denn im Notstand ist es verboten, zu protestieren, sich zu versammeln, oder gar Plakate mit politischen Botschaften zu tragen. Die Wahrung von Ruhe und Ordnung obliegt nun dem Militär und entzieht sich weitgehend demokratischer Kontrolle. Damit reagiert der peruanische Präsident Ollanta Humala bereits das zweite Mal in seiner erst kurzen Amtszeit mit Verfügung des Notstands auf Konflikte der Bevölkerung in Zusammenhang mit grossen Minenprojekten. Bereits am 5. Dezember 2011 hatte er in der Region Cajamarca den Notstand erklärt, als es dort zu Protesten gegen die Erweiterung der Mine Yanacocha kam.

Quelle: Gemeinsame Medienmitteilung von GfbV, MultiWatch und Solidaritätsgruppe Schweiz-Peru.

Internationaler Protest gegen Kahlschlag bei Merck Serono

Rund 200 Angestellte von Merck Serono in Genf reisen am 30. Mai, dem Welt-Multiple Sklerose-Tag, nach Darmstadt an den Firmensitz der Merck-Gruppe. Die Angestellten von Merck Serono Schweiz solidarisieren sich mit den deutschen und europäischen Angestellten, deren Arbeitsplätze im Zuge des Restrukturierungsprogramms ebenfalls gestrichen oder in Billiglohnländer verschoben werden sollen.

Beschäftigte von Merck Serono aus der Schweiz und Deutschland werden gemeinsam gegen die brutalen Restrukturierungsmassnahmen protestieren, denen in ganz Europa Tausende von Arbeitsstellen – alleine 1500 am Standort Genf – zum Opfer fallen sollen. Und dies, obwohl noch vor einem Jahr die Merck-Gruppe – die noch immer zu rund 70 Prozent im Besitz der Familie Merck ist – die Dividendenzahlungen um 20 Prozent erhöht hat.

Die Delegation der Schweizer Merck-Serono-Beschäftigten sowie die Gewerkschaft Unia laden Sie herzlich ein, an der Reise nach Darmstadt teilzunehmen. Die Reise verläuft nach folgendem Programm:

– Dienstag, 29. Mai, 23 Uhr: Abfahrt per Bus von Genf nach Darmstadt

– Mittwoch, 30. Mai, 7 Uhr: Ankunft in Darmstadt

– Bis 14 Uhr: Diverse Aktionen auf dem Gelände von Merck Serono gemeinsam mit den deutschen KollegInnen sowie ein Treffen mit der Direktion von Merck Serono

– 14 Uhr: Demonstration in Darmstadt (Treffpunkt vor dem Haupteingang des Werks von Merck Serono zwischen Pyramide und Bistro)

– 17 Uhr: Rückreise nach Genf

Wenn Sie die Schweizer Delegation auf Ihrer Protestreise nach Darmstadt begleiten möchten, wenden Sie sich bitte so rasch als möglich an den Regio-Sekretär der Gewerkschaft Unia in Genf, Alessandro Pelizzari.

Alessandro Pelizzari, Regio-Sekretär Unia Genf, 079 817 29 04

 

Für eine öffentliche Krankenkasse!

Die Initiative «für eine öffentliche Krankenkasse» ist ein Erfolg:  Heute Mittwoch, 23. Mai wird der Trägerverein bei der Bundeskanzlei 115 468 beglaubigte Unterschriften einreichen. «Dies ist ein grosser Erfolg und ein klares Signal», sagt Erika Ziltener, Präsidentin des Trägervereins.

«Die Unterschriftensammlung belegt eindrücklich wie wichtig es sein wird, das Projekt einer einzigen öffentlichen Krankenkasse anstelle eines teuren Pseudowettbewerbs voranzutreiben und wie sehr die Bevölkerung unter der steigenden Prämienlast und der Willkür einzelner Krankenversicherungen leidet.»

Die Initiative wird die kostentreibenden Anreize im heutigen System korrigieren, die Qualität der Versorgung durch fortschrittliche Behandlungsformen verbessern, die Transparenz erhöhen und die Geldverschwendung für gigantische Werbekampagnen im Kampf um die besten Risiken stoppen.

Die Initiative «für eine öffentliche Krankenkasse» sieht die Einrichtung einer einzigen Krankenkasse mit kantonalen Agenturen vor, welche die Prämien festlegen und das Inkasso erledigen. Dies entspricht dem heutigen und bewährten Modell der Suva. Mit der öffentlichen Krankenkasse wird die Voraussetzung geschaffen, um die Kosten dauerhaft in den Griff zu bekommen und gleichzeitig die Versorgungsqualität zu verbessern. Insbesondere entfallen der teure Scheinwettbewerb unter den Krankenkassen und die alljährlichen aufwändigen Kassenwechsel in der Grundversicherung. Die heute aktiven Krankenversicherer werden ihr Geschäft auf den Bereich der Zusatzversicherungen konzentrieren können.

Die Unterschriftensammlung zur Krankenkassen-Initiative startete am 1. Februar 2011. Im Trägerverein der Initiative sind über 20 Patienten-Organisationen, Parteien, Berufsfach- und Branchenverbände sowie Gesundheitsorganisationen und Gewerkschaften vertreten.

Wer stoppt die menschenverachtende Migrationspolitik?

Missbrauchte Statistiken, Hasstiraden, Gesetzesrevisionen und Speziallager: die Schweizer Asyl- und Migrationsdebatte wird mit einer nappetitlichen Heftigkeit geführt und hat drastische Konsequenzen für unsere ausländischen MitbürgerInnen. 

Die Zuwanderung in die Schweiz ist momentan hoch. Der grösste Teil der Einwandernden sind ArbeitsmigrantInnen aus dem nahen europäischen Ausland. Diese eignen sich aber nicht als Sündenböcke, denn sie sind das Resultat der europäischen Integration. Viel einfacher ist da das Asyl-Bashing, denn Asylsuchende sind fremd und sie haben nicht die EU als «Lobby» im Rücken, die ihnen ihre Rechte garantiert. Die politisch als zu hoch eingestufte Einwanderung führt deshalb vor allem zu immer weiteren Beschneidungen der Rechte der Asylsuchenden.

Zu viele Asylgesuche?

Die Zahl der Asylgesuche liegt momentan bei deutlich über 20 000 pro Jahr (2011). Im langjährigen Vergleich keine wahnsinnig hohe Zahl. Ein Grossteil dieser Flüchtlinge hat aber gar kein Anrecht auf ein Asylverfahren in der Schweiz. Wer in ein Land des Schengen-Raums einreist, hat seinen Asylantrag in diesem Land zu stellen und wird nach Möglichkeit dorthin wieder ausgeschafft – und zwar mit aller Härte. Wie schwer es in vielen Ländern ist, im Asylverfahren zu überleben, wird dabei ignoriert. In Italien leben alleinerziehende Mütter auf der Strasse, in Ungarn werden Asylsuchende grundsätzlich in Haft gesetzt. Der offiziellen Schweiz scheint dies egal zu sein.

Mit den Revolutionen im arabischen Raum kamen viele Menschen, vor allem aus Tunesien, zu uns. Diese Leute litten ihr ganzes Leben lang unter dem diktatorischen Regime von Ben Ali, flohen auf Nussschalen nach Europa und erlebten auf ihrem Weg über das Mittelmeer, auf Lampedusa und dem italienischen Festland grauenhafte Dinge. Natürlich sind sie hier in der Schweiz, einer generellen Feindlichkeit und Perspektivenlosigkeit ausgesetzt, nicht gerade pflegeleicht und verhalten sich nicht alle vorbildlich. Wie sollten sie auch? Sie deshalb einfach als „Abenteurermigranten“ und „Party-Asylanten“ zu bezeichnen ist eine Frechheit. Den neu zugewanderten „Arabern“ wird von Anfang an mit Abwehr, Hass und Misstrauen begegnet. Es entsteht eine Dynamik der Kriminalisierung, wie sie seit langem auch schon bei Asylsuchenden aus Schwarzafrika oder bei den Roma zu beobachten ist: Rassismus und Ausgrenzung führen zu Hilflosigkeit, ein Teil von ihnen gerät in die Kleinkriminalität. Den Druck, den diese Asylsuchenden hier erleben, lassen sie nicht selten auch an anderen Asylsuchenden aus – es kommt zu Rivalitäten und teilweise gewaltsamen Konflikten unter ihnen.

Diese Tendenzen werden in den Mainstream-Medien genüsslich ausgeschlachtet: Kriminelle Asylsuchende werden zu einem Hauptproblem der Gesellschaft hochstilisiert. Die geschürten Ängste der Bevölkerung werden dankbar aufgenommen und die «zu lasche» Migrationspolitik der Schweiz dafür verantwortlich gemacht. Die Folge: Keiner will mehr Flüchtlinge aufnehmen. Gemeinden wehren sich (oft erfolgreich) gegen die Unterbringung von Asylsuchenden. Deren Wohnsituation wird folglich immer schlimmer. Mittlerweile gilt es fast schon als normal, wenn Asylsuchende (Familien mit eingeschlossen) monatelang in Zivilschutzbunkern leben müssen, obwohl gerade diese Unterbringung die Leute kaputt macht und bei vielen Asylsuchenden zu Frust und Aggressionen führt.

«Echte» gegen «unechte» Flüchtlinge

Die Botschaft ist klar: Die meisten Flüchtlinge sind unechte Flüchtlinge und missbrauchen unser System. Sie sind nicht «echt», weil sie lediglich vor Armut und genereller Unterdrückung geflohen sind. Selbst Deserteure gelten mit der geplanten Revision des Asylgesetzes bald nicht mehr als echte Flüchtlinge. Der Wunsch, ein besseres Leben im Ausland zu suchen, gilt schon lange nicht mehr als legitim. Die Schweiz zeigt diesen Leuten immer deutlicher: Wir wollen euch nicht und um euch loszuwerden, sind wir bereit, sehr weit zu gehen. Wir bauen einen umfassenden Grenzschutz auf, kooperieren mit Diktaturen, um Flüchtlinge wieder zurückschaffen zu können. Wir lassen sie im Mittelmeer ertrinken und die, die es trotzdem bis zu uns schaffen, verunglimpfen wir als Kriminelle und Scheinasylanten und isolieren sie von der Gesellschaft. Dafür schaffen wir Internierungslager und eröffnen Bundesbunker im Alpenmassiv. Zuletzt versuchen wir, sie mit aller Gewalt und Härte, wenn nötig gefesselt und geknebelt, irgendwohin auszuschaffen. Um die Herkunftsstaaten zur Kooperation mit unserem Ausschaffungsregime zu bewegen, drohen wir ihnen mit der Streichung von Entwicklungshilfegeldern. Das Recht auf Migration gilt nur für die ganz «echten» Flüchtlinge. Viele Hilfswerke haben daher Angst, dass deren Ruf durch die «unechten» Flüchtlinge Schaden nimmt und wehren sich deswegen nicht gegen Hetze und Repression.

Das Fehlen einer über pure Abwehr hinausgehenden Migrationspolitik hat zur Folge, dass zwei migrationspolitische Themen miteinander vermischt werden. Irreguläre Migration wird vollumfänglich in die Asylpolitik integriert und deren Funktionalität dann (zu Recht) in Frage gestellt. Viele Flüchtlinge erfüllen den engen Flüchtlingsbegriff der Genfer Konvention tatsächlich nicht (dafür braucht es auch keine weiteren Verschärfungen). Die moderate Zunahme der Asylgesuche wird aber trotzdem für eine erneute Verschärfung des Asylgesetzes benutzt. Das Asylwesen ist für die meisten Menschen aber das einzige Tor zur Schweiz. Nur deshalb landen sie im Asylverfahren und da sie den Flüchtlingsbegriff nicht erfüllen, ist dieser Weg eine Sackgasse. Zudem wurden das Asylsystem in der Ära Blocher kaputtgespart und die Aufnahmekapazitäten massiv reduziert. So haben wir nun bei jedem grösseren Anstieg der Asylgesuche eine Krisensituation, die ebenfalls für eine erneute Verschärfung (sprich Aushöhlung) des Asylrechts missbraucht wird. Dass es eine Alternative zum Asylsystem bräuchte, will keiner einsehen. Dass es für eine Beschleunigung der Asylverfahren vor allem einen Ausbau der dafür nötigen Infrastruktur bräuchte, auch nicht. Lieber beschneiden die PolitikerInnen weiter die Rechte der Flüchtlinge.

Was tun? 

Es ist nicht leicht, sich in der gegenwärtigen Situation für eine Migrationspolitik einzusetzen, die diesen Namen verdient. Zumindest können wir aber unsere Solidarität mit den ausländischen Mitmenschen bekunden und für ihre Rechte kämpfen. Zum Beispiel am 23. Juni in Bern. Schluss mit Repression und Abwehr – lasst uns eine Gegenbewegung aufbauen, die zumindest die linken Parteien zwingt, die geplanten Gesetzesverschärfungen konsequent als fremdenfeindliche Scheinlösungen zu bekämpfen!

Wenn Menschen Utopien bauen

Vom 3. bis zum 10. Juni 2012 findet das Klimacamp zum ersten Mal im Stadtgebiet von Zürich statt. Hier versammeln sich aktive Menschen um sich zu vernetzen, gegenseitig voneinander zu lernen und um ein Leben im Einklang mit Natur und Umwelt (vor-) zu leben.

Die Welt bewegt sich – und wir bewegen uns mit ihr. Mehr oder weniger. Es ist eine bekannte Tatsache, dass sich das Klima verändert. Und auch wenn es Argumente dagegen geben mag, so wird wohl kaum jemand abstreiten, dass die Jahreszeiten ihre Beständigkeit verloren haben und es noch nie so viele Umweltkatastrophen gab wie jetzt. Über die Thematik wird viel geredet und zu wenig Konkretes unternommen – dagegen setzen sich einige Menschen aktiv ein.

So treffen sich am 3. Juni 2012 um 14.15 Uhr Interessierte beim Bahnhof Stadelhofen, um zum Klimacamp zu spazieren und da mit dem Aufbau zu beginnen, damit am Montag das Programm mit Workshops, diversen Aktivitäten und künstlerischen Events beginnen kann. Um ein genaueres Bild vom Klimacamp zu erhalten, hier ein paar Fragen an einen jungen Mann, der sich aktiv mit der Umwelt auseinandersetzt und beim Camp und seiner Organisation mit anpackt:

Wer bist Du? Erzähl etwas über Dich.

Ich bin MO, 21 Jahre alt und selbständig als gelernter Schreiner, Bastler und Näher. Ich sehe mich ein bisschen als Lebenskünstler. Ein Interessengebiet von mir ist die Gartenarbeit zur Selbstversorgung und aktives «Radical Recycling». Und natürlich bin ich vernetzter Aktivist. Ich war in der Organisation vom Menschenstrom gegen Atom tätig und bin nun für das Klimacamp unterwegs. Bei AKW-Ade habe ich mich dafür eingesetzt, Menschen und Medien auf eine kreative Weise zu erreichen. Ich ernähre mich, ursprünglich aus tierrechtlicher Überzeugung, vegan – heute sehe ich auch Aspekte wie die Ökologie und den Welthunger.

Was sind deiner Meinung nach die grössten Umweltprobleme unseres Planeten?

Die Auswirkungen des Klimawandels wirken sich direkt auf die Vielfalt der Tier- und Pflanzenwelt aus. Die hohen Temperaturen können viele Arten nicht überleben. Ein weiterer Punkt ist der Besitzanspruch, den der Mensch auf den Planeten erhebt – durch den vielen Arten ihren Lebensraum genommen wird. Die Ausfischung der Meere ist ein ähnlich trauriges Kapitel. Wir Menschen tun grundsätzlich viel zu viele Dinge, bei welchen wir die Auswirkungen nicht abschätzen können. Ein gutes Beispiel dafür sind die AKWs.

Wie siehst du diesbezüglich die Ursachen und Zusammenhänge?

Das übertriebene Wirtschaftswachstum in Zusammenhang mit unserer Konsumgesellschaft, in der unbewusstes Konsumieren von Dingen, die der Mensch nicht wirklich braucht, gefördert wird, führt zu immer mehr Energie- und Ressourcenverbrauch. Die einzelnen Menschen könnten dies durch ihr Verhalten beeinflussen, dafür müssten sie aber eine Änderung in ihrem Bewusstsein vollziehen.

Was ist dein Lösungsansatz zu der Thematik?

«Décroissance». Das Wirtschaftswachstum muss schrumpfen, die Produktion quantitativ reduziert werden. Die Denkweise muss verändert, nachhaltige Produktion gefördert werden. Dinge, wie radikales Recycling (direktes Recycling – z.B. Taschen aus alten Veloschläuchen oder Sonnenstoren hergestellt) sollen gefördert werden. Durch solche Schritte werden nicht nur Ressourcen gespart, sondern auch Kreativität gefördert. Das allgemeine Bewusstsein für Mobilität und Nachhaltigkeit muss verstärkt werden. Die Einzelperson bewirkt alleine wenig. Durch Vernetzung und Anregung des Umfeldes zum Mitmachen können Strukturen verändert werden. Konsequentes Vorleben von Ideologien und das Aufmerksam-Machen auf bestehende Missstände und verbesserungsfähige Situationen sind ein guter Anfang. Wer weiter gehen will, wird aktiv und fordert Konzerne bestimmt dazu auf, ihre Firmenpolitik zu verändern.

Ein Themenwechsel: Du hilfst bei der Organisation des Klimacamps mit. Was ist der Sinn hinter der Veranstaltung?

Ich denke, der Hauptpunkt besteht aus der Vernetzung von aktiven Leuten und dem Weitergeben von Wissen. Dazu kommen die Workshops, die helfen, sich theoretisches Wissen anzueignen und in die Praxis umzusetzen.

Was genau muss man sich unter dem Klimacamp vorstellen?

Das Klimacamp repräsentiert sich in einer bunten und kreativen Zeltstadt. Camp-Leben, veganes Essen. Die Küche wird teilweise offen sein, so dass man mithelfen und dabei etwas über das vegane Kochen lernen kann. Das Workshop-Programm macht den zentralen Teil aus. Der Wissensaustausch dazwischen ist aber genauso spannend und lehrreich wie die Workshops selber. Die TeilnehmerInnen lernen sich untereinander kennen und vernetzen sich.

Das Camp hat einen offenen Rahmen; es soll wachsen können. In den letzten Jahren waren wir so um die vierzig bis hundert Leute, dieses Jahr erwarten wir deutlich mehr. Sehr schön am Camp ist auch, dass es familienfreundlich und generationenübergreifend ist.

Weitere Infos unter: www.klimacamp.ch

 

Das Programm des Klimacamps

Das Klimacamp ist also ein Ort, um sich zu treffen, zu vernetzen, zu lernen und kreativ zu sein. Ein Ort, an dem Organisationen wie Greenpeace, SES, WWF und Tier-im-Fokus, aber auch Einzelpersonen wie die deutsche Kletteraktivistin namens «Eichhörnchen», ihr Wissen und Engagement mit einbringen.

Dies unter anderem mit Workshops, Infoveranstaltungen und Filmen mit Themen wie «Klima und Nutztierhaltung», «Medienarbeit-ABC», «Herstellen eines Pyrolyse-Ofens» und «Klimaskeptiker».

Am Samstag (9. Juni) ist im Rahmen des Camps eine direkte Aktion geplant: Grossverteilern soll die Verbindung von Soja in der Milch/Fleischproduktion mit Regenwaldabholzung und Klimazerstörung aufgezeigt werden.

Am Sonntag (10. Juni) findet zum Abschluss die Ausstellung «zwei Blicke in die Zukunft» statt. Hier sollen die Konsequenzen unseres Umgangs mit der Umwelt auf vielfältige Weise dargestellt werden. Wie an allen Aktionen des Camps sind auch hier TeilnehmerInnen jeglicher couleur willkommen. Ob mit von zu Hause mitgebrachten oder vor Ort ausgedachten Visualisierungen – es geht darum, aufzuzeigen, was passieren kann, wenn wir so weiter machen, oder aber was geschieht, wenn wir Menschen die Thematik endlich ernst nehmen und handeln.

«Wir sind keine Ratten»

Die Lebensbedingungen von Flüchtlingen in den kollektiven Unterkünften sind miserabel. Eine Koalition von politischen Organisationen und sozialen Bewegungen mobilisieren sich in Bern an der Seite der Sans-Papiers für eine unmittelbare Verbesserung der Situation. Im Zentrum der Kritik stehen schliesslich die Fremdenhetze und das Asylbusiness. Bericht der letzten Mobilisierungen.

Nachdem Sans-Papiers Mitte März 2012 das Generalsekretariat der SP besetzt hatten, kam es in den vergangen Wochen zu zwei weiteren Mobilisierungen der Bleiberechtsbewegung. Am 27. April protestierten BewohnerInnen des Nothilfezentrums Aarwangen bei Langenthal gegen Probleme mit der Berner Kantonspolizei. Am 5. Mai kam es in Bern hingegen zu einer breiten Demo gegen die ORS AG und einen von ihr betriebenen Asylbunker. Die Sans-Papiers liefen zuvorderst mit.

Reismarsch gegen Rassismus und Bussen

Mit Kellen und Pfannen laut lärmend marschierten BewohnerInnen des Sachabgabezentrums (SAZ) Aarwangen nach Langenthal. Vor der lokalen Polizeiwache kritisierten sie die Praxis der Berner Kantonspolizei. In einem offenen Schreiben an die Berner Kantonspolizei erklärten die BewohnerInnen: «Wir wissen nicht, was PolizistInnen persönlich denken und fühlen, doch die Art und Weise, wie viele BeamtInnen mit uns sprechen, ist herabsetzend.» Die angeprangerten rassistischen Einstellungen und Handlungsweisen vieler PolizistInnen zeigen sich laut BewohnerInnen anlässlich systematisch stattfindender Personenkontrollen, die hauptsächlich gegen Schwarze gerichtet sind. Die kontrollierten abgewiesenen Asylsuchenden werden nicht nur herablassend behandelt, sondern erhalten auch hohe Bussen wegen illegalem Aufenthalt. Wer nicht bezahlt, wird für die entsprechenden Tagessätze weggesperrt. «Dieses System ist absurd und gehört abgeschafft», skandierten die BewohnerInnen lautstark vor der Polizeiwache. Nothilfeabhängige haben im Kanton Bern ausschliesslich Anspruch auf eine Sachabgabe im Wert von sechs Franken täglich und verfügen über kein Bargeld. Um verschiedene Bussen zu bezahlen, schleppten die BewohnerInnen 88 kg Reis von Aarwangen nach Langenthal. Die Polizei akzeptierte diese Zahlungsweise jedoch nicht. Erst nach einem langen Lärmprotest willigte die Kantonspolizei schliesslich ein, sich den Sans-Papiers zu stellen. Ein Verantwortlicher der Kantonspolizei empfing den offenen Brief, den über dreissig BewohnerInnen unterzeichneten. Er äusserte sich jedoch nicht zu den Vorwürfen. Eine Antwort steht noch aus.

«ORS raus – Bunker weg!»

Die gewinnorientierte Aktiengesellschaft ORS Services AG erhielt vom Kanton Bern Anfang 2012 den Auftrag, in einer unterirdischen Zivilschutzanlage im Berner Hochfeldquartier bis zu 160 Asylsuchende unterzubringen. Nun regt sich Widerstand gegen den Beschluss des Kantons. 300 Personen nahmen am 5. Mai 2012 in Bern an einer Demonstration teil. Zuvorderst marschierten auch dreissig BewohnerInnen des Hochfeld-Bunkers mit. Einzelne unter ihnen ergriffen das Wort und beschrieben ihre Lage: «Wir sind 160 Frauen, Kinder und Männer im Bunker, aufgeteilt in grossen Räumen à 40 Personen. Wir können kaum schlafen, bekommen das Tageslicht kaum zu sehen, haben kein Geld und müssen dann essen, wenn es uns vorgegeben wird. Haben wir am Nachmittag Hunger und verlangen nach einem Stück Brot, bekommen wir nichts. Nur Ratten leben in Löchern. Wir sind aber keine Ratten – wir sind Menschen.» Ein anderer Bewohner des Bunkers erläutert: «Wir sind aus unseren Ländern geflohen und haben unsere Familien zurückgelassen, weil unser Leben bedroht ist. Wir müssen das Menschenrecht auf Asyl bekommen!»

Zur Demo aufgerufen haben verschiedene politische Organisationen und soziale Bewegungen, die sich unter dem Komitee «Fremdenhetze und Asylbusiness stoppen!» vereinigen. Nebst den katastrophalen Lebensbedingungen im Hochfeld kritisiert das Komitee die Privatisierung des Asylbereichs. Es fordert vom Kanton, die Leistungsverträge mit der ORS AG aufzukündigen und den Bunker sofort zu schliessen.

ORS AG und Politik in der Kritik

Die ORS setzt jährlich über 55 Millionen Franken um. Die Gewinne aus dem Asylbusiness fliessen direkt in die Taschen von privaten Investoren. Die Firma verstärkt damit den Trend zur Liberalisierung und Privatisierung öffentlicher Aufgaben und Dienstleistungen. «Sie lebt davon, dass dem Markt überlassen wird, was unter demokratische Obhut gehört», schreiben die Organisatoren der Demo. Im Konkurrenzkampf um den Leistungsauftrag im Hochfeld verdrängte die ORS AG die Flüchtlingshilfe der Heilsarmee. Die ORS AG verspricht eine effizientere Zusammenarbeit mit dem Migrationsdienst und der Polizei und garantiert dem Kanton Bern die totale Loyalität gegenüber seiner xenophoben Asylpolitik. Mit diesem Profil setzt sich die ORS AG nicht nur im Kanton Bern durch. Überall geraten Asylorganisationen unter Druck, widerstandslos mit dem repressiven Behörden zu kollaborieren und sich aktiver an der Asylhetze zu beteiligen. Das Komitee unterstrich während der Demonstration jedoch ausdrücklich, dass sich die Kritik nicht ausschliesslich auf die Firma ORS Services AG beschränkt: «Ihre menschenverachtende Praxis ist die Konsequenz der Migrations- und Asylpolitik der Schweiz und des Kantons Bern».

Widerstand ist notwendig

Die beiden Mobilisierungen sind Ansätze des dringend nötigen Widerstands gegen Fremdenhetze und Asybusiness: Institutionelle Xenophobie, absurde Bussensysteme, profitorientierte Firmen oder Asylbunker haben in einer Asylpolitik, die diesen Namen verdient, nichts zu suchen. Es geht um Menschen und nicht um Waren, mit welchen auf dem Markt Profite generiert werden.

Der Evergreen «Lohnschere»

Die Einkommens- und Lohnschere öffnet sich seit den 1990ern in der Schweiz zusehends. Dies belegt eine aktuelle  Studie des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes. Um diese Entwicklung einordnen und über den blossen Befund hinausgehen zu können, muss man einen Blick auf die Entwicklungsgesetze des Kapitals werfen.

Eine Woche vor dem 1. Mai legte der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) eine aktualisierte Version seines Verteilungsberichtes vor. Dieser zeigt, dass die Einkommensungleichheiten in der Schweiz «dramatische Ausmasse» angenommen haben. Im hohen Einkommenssektor hat eine Familie mit zwei Kindern 2010 am Jahresende real 15 000 Franken mehr zur freien Vergüng als zehn Jahre zuvor. Die selbe Familienkonstellation mit einem tiefen Einkommen hat bloss 1 300 Franken zusätzlich. Ein alleinstehender Normalverdiener hat 2010 sogar 1 300 Franken weniger zum Leben als noch 2000. Dies vor allem wegen den steigenden Krankenkassenprämien und Wohnungsmieten. Zwar haben in der Krise die höchsten Einkommen – etwa wegen ausbleibender oder gekürzter Boni – etwas eingebüsst, aber der allgemeine Trend ist damit keineswegs umgekehrt. Die Lohn- und Einkommensschere spreizt sich zusehends. Bei den höchsten Löhnen sei jedes Mass verloren gegangen, so SGB-Präsident Paul Rechsteiner. Schuld sei aber auch die Steuerpolitik: So entlaste etwa die Unternehmenssteuerreform II, die Steuereinbussen bis zu 7,5 Milliarden Franken nach sich zieht, vor allem AktionärInnen, die dies gar nicht nötig hätten. Der SGB resümiert im Bericht: «Die Einkommens- und Lohnschere ist seit den 1990er-Jahren eines der grössten wirtschaftspolitischen Probleme in der Schweiz».

Klassenkampf von oben

Die goldene Zeit des Kapitalismus, die vom Ende des Zweiten Weltkrieg bis Anfang der 70er Jahre andauerte und den proletarischen Massen eine zunehmende Anteilnahme am gesellschaftlichen Reichtum in Aussicht stellte, ist längst passé. Auch sie war näher betrachtet für den grössten Teil der ArbeiterInnen nicht viel mehr als das Versprechen auf ein Leben harter Arbeit mit Kühlschrank, Abwaschmaschine und Kleinwagen. Doch selbst dieser nicht sonderlich verführerische Traum sollte sich in den 70er Jahren aufzulösen beginnen. Mit den sinkenden Profitraten des Kapitals kam dieses in Zugzwang und versuchte, die Raten über einen generalisierten Angriff auf die Arbeitskräfte zu sanieren. Der sogenannte neoliberale Angriff ist nur vor diesem Hintergrund zu verstehen und nicht etwa einfach eine böse Idee niederträchtiger PolitikerInnen. Der SGB-Bericht spricht davon, dass sich diese Politik der Umverteilung in England und den USA unter Thatcher und Reagan in den 80ern verschärfte, und dass das kontinentale Europa ab den 90er Jahren zunehmend betroffen war. Die strukturelle Krise des Kapitalismus hat also in seinem offenen Ausbrechen die obersten Einkommensklassen kurzfristig etwas nach unten korrigiert, aber sie ist auch die Ursache dafür, dass die unteren und mittleren Einkommen zunehmend unter Druck kamen und kommen. Nur in diesem Zusammenhang versteht man, wie sich die Zwänge der kapitalistischen Akkumulation vermittelt durch WirtschaftsführerInnen und PolitikerInnen durchsetzen und die Lebensbedingungen der ArbeiterInnen angegriffen werden. Und nur so erkennt man auch, wie stark die Kämpfe von unten sein müssen, um diese Tendenzen abbremsen oder kurzfristig gar umkehren zu können.

Kapital und Lohn

Die Studie spricht auch davon, dass 2008 etwa 2,6 Prozent der Bevölkerung 50 Prozent des gesamten Vermögens besassen und die Schweiz damit eines der ungleichsten Länder weltweit ist. Es ist jene Minderheit, die die Einkommensschere ins schier unermessliche aufspreizt. Das Vermögen dieser Menschen ist zum allergrössten Teil deckungsgleich mit dem Geld, das im Wirtschaftsprozess angelegt ist. Ihr Geld ist Kapital und als solches wirft es Gewinn ab, ob nun als Rente, Zins oder industrieller Profit. Die normalen ArbeiterInnen dagegen verbrauchen in der Regel den grössten Teil ihres Geldes für den Lebensunterhalt. Sie müssen tagtäglich ihre Arbeitskraft wieder für einen Lohn verkaufen. Sie sind es aber, die den ganzen Reichtum schaffen, auch wenn das an der Oberfläche der Gesellschaft verschleiert ist. Es kann nicht darum gehen, mittlere und tiefe Löhne abzugleichen oder innerhalb der Arbeiterklasse eine Lohnschere zu bedauern. Zwar kann man die Managersaläre skandalisieren – auch wenn damit niemandem geholfen ist –, aber letztlich muss man den Widerspruch zwischen den ArbeiterInnen und dem Kapital auf die Tagesordnung der Kämpfe setzen.

Antworten und Botschaften

Es war ein kämpferischer und starker 1. Mai in Zürich. An der Demonstration nahmen rund 12 000 Personen teil. Ein voller Erfolg und der Beweis, dass der internationale Tag der Arbeit an seiner Aktualität nichts eingebüsst hat. 

Nach dem 1. Mai in Zürich sind alle zufrieden: Vom Revolutionären Bündnis über das 1.Mai-Komitee, von den Gewerkschaften, der JUSO und der SP bis hin zum Stadtrat und der Polizei. Für alle war es ein Erfolg, wie aus den verschiedenen Stellungsnahmen und Communiques zu entnehmen ist. Bei so viel Friede, Freude, Eierkuchen drängt sich schon fast die Frage auf, ob es tatsächlich ein guter 1. Mai war? Und die Frage ist nicht ironisch gemeint: Letztes Jahr kam es zu über 500 Verhaftungen, was die Polizei und die bürgerlichen Kreise – mit der SVP an der Spitze – als Erfolg werteten.

Nun,  ausser den 50 Verhaftungen, dem Polizeihubschrauber, der am Himmel seine Runden drehte und das «enorme Aufgebot von Stadt- und Kantonspolizei» (Zitat von Philipp Hotzenköcherle, Kommandant der Stadtpolizei Zürich im Tagesanzeiger vom 2. Mai), war es in der Tat ein wunderschöner und kämpferischer Tag der Arbeit. Selbst die bürgerlichen Medien mussten diese Tatsache zugeben und in ihrer Berichterstattung auf die politischen Inhalte des 1. Mai eingehen. Dies, nachdem sie in den vergangenen Jahren ihre Seiten mit Berichten über «Krawalle» und «Chaoten» füllten und so die mehr als berechtigten Forderungen der ArbeiterInnen links liegen lassen konnten.

Zwei Blöcke

An der Demonstration am Vormittag nahmen rund 12 000 Personen teil. Dieser Menschenstrom mit roten Fahnen und die Tausenden, die während dem dreitägigen internationalen Volksfest auf das Kasernenareal kamen, waren eine beeindruckende Antwort auf die neoliberalen Angriffe auf die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen hier und weltweit.  Sie waren der Beweis, dass der 1. Mai alles andere als ein sinnloses Ritual von Ewiggestrigen ist. Er ist und bleibt der Kampftag für die Rechte der arbeitenden Bevölkerung. Die kämpferische Demo und das Volksfest waren auch eine deutlich Botschaft an den Gewerkschaftsbund, insbesondere jedoch an die Führungscrew der Zürcher Unia, endlich mit dem Machtgeplänkel um den Hegemonieanspruch rund um den 1. Mai aufzuhören. Der Konflikt zwischen dem Gewerkschaftsbund und dem 1. Mai-Komitee führte dazu, dass für die Demo ein Abstand von 300 Metern zwischen dem Gewerkschaftsblock und dem 1. Mai-Komitee beschlossen wurde. Die Praxis auf der Strasse zeigte dann ein anderes Bild. Der geplante Abstand war «kaum oder überhaupt nicht zu sehen», wie verschiedene Augenzeugen dem «vorwärts» berichteten. Seltsame Beschlüsse sind dem Volk eben nur schwer zu vermitteln…

Widerstand gegen multinationale Unternehmen 

An der Schlusskundgebung war der Hauptredner des 1. Mai-Komitees Kamal Abbas, Koordinator der freien ägyptischen Gewerkschaftsbewegung. Abbas gehört zu den Schlüsselfiguren der Revolution in Ägypten. Er eröffnete seine emotionale Rede mit folgenden Worten: «Seit ich mich der ägyptischen Arbeiterbewegung angeschlossen habe, ist dies das erste Mal, dass ich den Tag der Arbeit ausserhalb Ägyptens feiere. Aber ich fühle mich hier nicht fremd, denn ich bin umgeben von Genossinnen und Genossen, Kolleginnen und Kollegen.» Abbas rief dazu auf, den «Widerstand gegen ein autoritäres und ausbeuterisches Herrschaftssystem und gegen multinationale Unternehmen, die auf dem Buckel der Arbeiterinnen und Arbeiter Milliardenprofite einheimsen, zu leisten.» Das Komitee unterstrich in der Medienmitteilung die eigene Überzeugung, dass «eine internationale Vernetzung im Kampf gegen die gierigen Konzerne nötig ist.»

Der Schriftstelle Pedro Lenz sprach alle Anwesenden an der Schlusskundgebung mit «Genossinnen und Genossen» an, sagte aber auch, dass «aus Genossen Konsumenten» geworden seien.  Mit seinem beeindruckenden Sprachwitz zeigte er auf, wie aus der «Eidgenossenschaft eine Eidkonsumentenschaft» geworden sei.

Für die Gewerkschaften sprach der SGB-Präsident und SP-Nationalrat Paul Rechsteiner: «Wir haben in der Schweiz jetzt zehn, fünfzehn Jahre der Ungleichheit hinter uns. Zehn, fünfzehn Jahre, in denen die hohen und höchsten Einkommen krass zugelegt haben, während die Mehrheit mit unteren und mittleren Einkommen stehen geblieben ist. Es reicht. Es langet!» Er unterstrich, dass diese Fehlentwicklung politisch verursacht sei. «Und sie kann auch politisch umgedreht werden: mit einer Lohnpolitik der Vernunft, mit starken Gesamtarbeitsverträgen und mit Mindestlöhnen, die ein Leben in Würde ermöglichen.»

Gegen die Angriffe von oben

Laut Medienmitteilung des «Revolutionären Bündnis» reihten sich am Vormittag «über 2000 Menschen in den revolutionären Teil der Demo» ein. Es gab Reden zu Arbeitskämpfen, politischen Gefangenen, Repression und rechter Propaganda. Ein Genosse aus Athen berichtete über die Kämpfe in Griechenland. Weiter schreibt das Bündnis: «Im revolutionären Block brachten viele Leute lautstark zum Ausdruck, dass sie die derzeitigen Angriffe auf ihre Lebensverhältnisse nicht hinnehmen wollen, und dass für sie der Kapitalismus und das Elend, das er produziert, nur mit einer revolutionären Politik überwunden werden kann.»  Ab dem Mittag trafen sich etwa 300 Leute zum revolutionären Treff auf dem Kanzleiareal unter der Parole «Gegen die Angriffe von oben – weltweit kämpfen». Dieses Jahr war das Bündnis bereits am Wochenende vor dem 1. Mai mit einem Politprogramm auf dem Kanzleiareal präsent. Dazu gehörte auch eine Platzbesetzung mit Musik am Samstagabend.