Bildung ist kein Verbrechen

Die Autonome Schule Zürich (ASZ) und Bleiberecht Schweiz tragen ihren
Kampf auf die Strasse: für Selbstverwaltung und Autonomie, für das
Grundrecht auf Bildung und Bleiberecht für Alle. Am 26. März zeigen
wir in Zürich unseren Widerstand gegen die willkürlichen, rassistisch
motivierten Übergriffe auf ASZ-Teilnehmende durch die Zürcher
Stadtpolizei.

Auf der Strasse für die Gleichberechtigung

An dem Samstag des 19. März klafften Wetter und Szenerie weit auseinander: Trüb, nass und kalt war der Tag, dennoch wurden die Strassen Zürichs von Menschenkolonnen und Fahnenmeer erhellt. Gute drei- bis vierhundert Demonstranten versammelten sich, um anlässlich des 100. Internationalen Frauenkampftages ein starkes Zeichen für die Gleichberechtigung der Frau zu setzen. Dabei kamen alle die zusammen, die sich als links und/oder progressiv verstehen: Mit Unia, VPOD und Syndicom waren die grösseren Gewerkschaften Zürichs ebenso anwesend wie PdA, Junggrüne und Juso. Darüber hinaus zeigten sich auch der revolutionäre Aufbau und die MLKP durch ihre Teilnahme solidarisch. Besonders interessant: Etwa gleich viele Männer wie Frauen demonstrierten – eventuell mit der leichten Tendenz zur Frauenmehrheit.

Klare Forderungen gegenüber der papiernen Gleichstellung

Während das Wetter denkbar unfreundlich war, liessen sich die Zusammengekommenen ihre gute Laune nicht nehmen: Zu den Rhythmen verschiedener Lieder -in der Menge konnte man auch tanzende Menschen ausmachen!- zog die Demonstration vom Landesmuseum zum Helvetiaplatz. Allerdings beging man keine Spassveranstaltung, sondern hatte einen harten politischen Kern: Die Gleichberechtigung der Frau. Genau diese wurde als noch immer unvollendet kritisiert. Dabei stellte man besonders den Kontrast zwischen papierner und faktischer Wirklichkeit heraus. Während die Frau dem Mann auf gesetzlicher Ebene inzwischen weitgehend gleichgestellt ist, sind empfindliche Unterschiede in Bezahlung und Karrierechancen der Frau zu verzeichnen. So werden Frauen für gleiche Arbeit gänzlich ungleich entlöhnt: Um durchschnittlich 19% ist der Lohn einer Frau geringer als der eines Mannes, wobei dieser Unterschied im öffentlichen Bereich mit 16% ein wenig geringer, im privaten Wirtschaftssektor mit 24% besonders krass ausfällt. Und während diese Ungleichheit in zwei von drei Fällen scheinheilig mit Ausbildung, Erfahrung oder Kompetenz «erklärt»wird, ist sie in jedem dritten Fall offen illegal. So oder ähnlich war es überall auf der Demonstration und ihrer Schlusskundgebung zu hören. Dementsprechend gute Gründe hat man also, sich nicht mit dem Erreichten zufriedenzugeben und für eine Ausweitung der Gleichberechtigung zu kämpfen. Für diesen Kampf hat man klare Worte und präzise Forderungen gefunden: Faire Aufteilung der Hausarbeit zwischen Frau und Mann, Verbot der Arbeit bis 20:00 Uhr an Samstagen, Aufhebung der Lohnungerechtigkeit, Einführung eines Mindestlohnes von 4.000 Franken. Diese Forderungen sind erstaunlich konkret und fast simpel, dienen aber dem Ziel, es der Frau zu erleichtern, Familie und Karriere miteinander zu harmonisieren und ihr ein selbstbestimmtes, würdiges Leben zu ermöglichen. Während Opportunisten das geforderte für naiv und einfältig halten mögen, ist es gerade die Stärke dieser Demonstration gewesen, sehr klar zu artikulieren, was frau will, wieso sie es will und was ihr als bestes Mittel erscheint, dies auch zu erreichen.

 

Zwei Demonstrationen und ein Ziel

Dieser 19. März darf als Erfolg gewertet werden, denn die Sache der Frauen konnte -von Frau und Mann- auf die Strasse gebracht werden. Es gab allerdings auch einige kritische Stimmen. Denn nicht nur war das Wetter ein Ärgernis, sondern auch das Vorhandensein zweier Demonstrationen mit dem gleichen Ziel: Schon am 12. März fand eine Demonstration zum Frauenkampftag statt, diese allerdings unter Ausschluss der Männer und geführt vom revolutionär-kommunistisch geprägten Frauenbündnis 8. März. Kritik kam hier von mehreren Seiten. Einigen Gewerkschaftsmitgliedern stiess es sauer auf, dass diese Demonstration unbewilligt war, andere griffen den Ausschluss der Männer als falsch an. Demgegenüber wies der revolutionäre Aufbau (auch vertreten im 8.März Frauenbündnis) darauf hin, dass die Demonstration vom 19. März die langjährige Tradition des 8.März-Frauenbündnisses und deren Diskussionen rund um ihre Konzept ignoriert. Relativ unbestritten aber ist, dass dieser Zustand eine Spaltung der Kräfte bedeutet. Der Sache an sich ist die Spaltung natürlich wenig nützlich: Sie spielt den Bürgerlichen, denen wenig an Gleichberechtigung gelegen ist, in die Hände, denn sie ermöglicht eine Diskreditierung der Bewegung mit Verweis auf deren „geringe Zahl“. Eine andere Tragik liegt allerdings darin, dass der Internationale Frauenkampftag eine Institution darstellt, deren Motivation und Ziel eine der wenigen Chancen zur Zusammenarbeit zwischen den revolutionären und den (noch) bürgerlich-progressiven Kräften ermöglichen würde. Eine Chance, die auch genutzt werden könnte, um für die eigene Sache zu werben. Dazu bedürfte es wohl zweierlei: Gewerkschaften wie auch Jungparteien müssten ihre unbegründete Abneigung gegenüber revolutionär eingestellten Gruppen zugunsten der gemeinsamen Sache überwinden und das bestehende Frauenbündnis müsste die Debatte um die Teilnahme von Männern an der Demonstration ein weiteres Mal offen führen. In der Hinsicht stiftet es Hoffnung, dass auf der Schlusskundgebung dieser Demonstration ganz offen und ganz klar gesagt wurde, dass es „Sozialistinnen waren, die den Frauentag schufen“. Vielleicht wurde da mehr verstanden, als man es bisher dachte.

Die KP Österreich zu Libyen

Dier Erklärung der KPÖ: Gaddafi-Gelder blockieren, Ölgeschäfte der OMV einstellen. Gegen jede Militärintervention in Libyen, wie sie jetzt von USA, EU und NATO und gestützt auf einen Beschluss der Arabischen Liga mit der Forderung nach Flugverbotszonen vom UNO-Sicherheitsrates beschlossen wurde, spricht sich die KPÖ aus und verweist dazu auch auf die Position der Europäischen Linken. 

„Es steht ausser Frage, dass die Zeit des Gaddafi-Regimes politisch abgelaufen ist und auch in Libyen demokratische Verhältnisse und grundlegende Menschen- und Freiheitsrechte hergestellt werden müssen“, meint KPÖ-Bundessprecher Mirko Messner. Das muss allerdings durch das libysche Volk selber erfolgen, das durch einen lückenlosen Boykott des Gaddafi-Regimes, die Beschlagnahme seiner Gelder im Ausland und den Abbruch der wirtschaftlichen Beziehungen unterstützt werden muss.

Es ist bezeichnend für die Verlogenheit westlicher Politik, wenn jahrzehntelang das Gaddafi-Regime durch intensive Wirtschaftsbeziehungen gestärkt und durch Waffenlieferungen aufgerüstet wurde, dies aber jetzt systematisch verdrängt wird und durch eine Militärintervention versucht wird eine für den Westen konforme Nachfolgeoption zur Fortsetzung der lukrativen Ölgeschäfte zu erreichen.

Wie schon die Erfahrungen in Bosnien und im Irak gezeigt haben, ist bei jeder Eskalation der militärischen Gewalt kein verstärkter Schutz der Zivilbevölkerung zu erwarten, sondern ist dies im Gegenteil wieder mit erheblichen „Kollateralschäden“ gerade unter der Zivilbevölkerung verbunden.

Massive Kritik übt die KPÖ in diesem Zusammenhang an jenen „Falken“ der österreichischen Politik wie Ulrike Lunacek (Grüne), Hannes Swoboda (SPÖ) oder Ernst Strasser (ÖVP), die sich für eine Militärintervention in Libyen stark gemacht haben, was auch mit den Restbeständen der österreichischen Neutralität völlig unvereinbar ist: „Die Erfahrungen der Kriege im Irak oder Afghanistan zeigen, wie schnell ein Land durch eine Intervention in einen Krieg ohne Ende hineingezogen wird, der letztlich keine Probleme löst“ so Messner.

Die KPÖ fordert die Bundesregierung auf, alle Gelder des Gaddafi-Regimes in Österreich einzufrieren und die Wirtschaftsbeziehungen, insbesondere die Ölgeschäfte der teilstaatlichen OMV, einzustellen bis demokratische Verhältnisse in Libyen hergestellt und grundlegende Menschenrechte gesichert sind.

Neue und alte AbtreibungsgegnerIinnen

Im Initiativkomitee zur neuesten Anti-Abtreibungs-Initiative «Abtreibungsfinanzierung ist Privatsache» tummeln sich altbekannte AbtreibungsgegnerInnen. Es gibt offensichtliche Kontinuuitäten zu früheren Komitees, aber auch neue Verbindungen, die es wachsam zu verfolgen gilt.

FrauenLesbenCafé Winterthur, aus der aktuellen Ausgabe des vorwärts.

In den 1970er Jahren entstehen von katholischer Seite das Komitee «Ja zum Leben» und von protestantischer Seite die «Aktion Helfen statt Töten». Diese bekämpfen die erste Fristenlösungsinitiative 1976 mit Hilfe der Caritas, der CVP und der Schwangerschaftshilfe (einer katholischen Organisation, die Schwangeren finanziell hilft, um Abtreibungen zu verhindern). 1979 lancieren Abtreibungsgegner/innen beider Kirchen die Initiative «Recht auf Leben», welche durch Polit-Promis vom rechten Rand unterstützt wird. Unter anderem sitzen Ulrich Bremi (FDP), Ernst Cincera (FDP) und Hans Ulrich Graf (SVP) im Initiativkomitee. Die Vorlage scheitert 1985 mit nur 31 Prozent Ja-Stimmen klar.

Alte Bekannte und neue Gesichter

Anfang der 1990er Jahre nehmen die christlichen Reaktionäre ihren Kampf wieder auf. Denn ab 1993 wird im Parlament erneut über die Fristenlösung diskutiert. Mittlerweile wird dieses Anliegen bis in die rechten Parteien von Frauen befürwortet. In der SVP, der CVP und der EVP sprechen sich die Frauen für die Fristenlösung aus. Es entstehen vier Referendumskomitees, die Unterschriften gegen die Fristenlösung sammeln. 1998 wird die Initiative «Für Mutter und Kind» eingereicht und der Verein «Schweizerische Hilfe für Mutter und Kind» (SHMK) gegründet. Ihr Ziel, die Kriminalisierung der Abtreibung, bleibt unerfüllt.

Eine gewisse Kontinuität zeigt sich an der Zusammensetzung des Initiativkomitees für die Initiative «Abtreibungsfinanzierung ist Privatsache»: Das Co-Präsidium teilen sich Elvira Bader von der CVP, die bereits 2002 gegen die Fristenlösung aktiv war, Peter Föhn von der SVP, der 2009 das Anliegen der Initiative erfolglos als Motion im Parlament vorbrachte, und Valérie Kasteler, EVP-Politikerin und Vertreterin diverser freikirchlicher Organisationen. Im Komitee findet sich auch Werner Messmer, bekannt als Präsident des Baumeisterverbandes. Er ist FDP-Nationalrat, Atom-Lobbyist, Freikirchler und Ex-Präsident der «Gesellschaft zum Schutz des ungeborenen Lebens» (GLS), einem Zusammenschluss aus den Vereinen «Ja zum Leben», «Helfen statt Töten» und der Schweizerischen Evangelischen Allianz. Von der alten Garde sind Dominik Müggler von «Ja zum Leben» und Marianne Streiff, EVP-Grossrätin dabei, beides SHMK-Mitglieder. 2006 hat sich die SHMK umgenannt in «Mamma», unter diesem Namen ist sie massgeblich an der neuen Initiative beteiligt.

2006 gab es einen kleinen Skandal, als bekannt wurde, dass SHMK und «Pro Life» Verträge mit Krankenkassen abschliessen, die allen die Prämien verbilligen, welche auf die Übernahme von Abtreibungskosten verzichten. Ein unzulässiges Vorgehen gemäss Nationaler Ethikkommission. Darauf künden KPT, Konkordia, Provita und Intras die Verträge. Sansan/Helsana geschäftet bis heute weiter mit den Abtreibungsgegner/innen.

Human Life International und der «Marsch fürs Läbe»

Im herrschenden politischen Klima, das geprägt ist von Angriffen auf Erkämpftes der letzten 40 Jahre, treten vermehrt reaktionäre Lebensschützer/innen in Erscheinung. Ein Verein tut sich besonders aggressiv auf der Strasse hervor: Human Life International (HLI) ist eine rechtskatholische, aus den USA stammende Organisation, die dort seit den 1980ern (und hier seit den 1990ern) existiert. Ihr Hauptthema ist der Kampf gegen Abtreibung. In einigen europäischen Ländern kommt es immer wieder zu Kampagnen von HLI, bei denen vor allem Frauen vor Abtreibungskliniken bedroht werden.

In Zürich organisiert HLI zusammen mit anderen den «Marsch fürs Läbe», eine reaktionäre Demonstration, welche nächstes Mal am 17. September 2011 stattfindet. Zudem veranstaltet HLI alle zwei Monate eine «Gebetsprozession für die ungeborenen Kinder, ihre Mütter, Väter, sowie alle von Abtreibung Betroffenen» von der Pfarrkirche St. Anton an der Neptunstrasse 70 in Zürich aus. Das nächste Mal findet dieser gruslige Anlass am 26. März 2011 statt. Natürlich unterstützen sie auch die Initiative «Abtreibungsfinanzierung ist Privatsache».

Kämpfen wir gemeinsam gegen die frauenfeindlichen Angriffe von Rechts!

AKW: Profite für wenige, Desaster für alle!

Rund 700 Personen haben am Freitag, 18. März, spontan für den globalen Atomausstieg und gegen eine Ordnung demonstriert, die nur Eigentumsrechte und nicht die ökologische und soziale Gerechtigkeit schützt!

Atomstrom ist nicht sauber und ökologisch, sondern bedroht Mensch und Umwelt beim Uranabbau, im Kernkraftwerk und mit radioaktivem Abfall. Deshalb fordern wir den Ausstieg aus dieser gefährlichen Technologie, die weltweit Ausbeutung und radioaktive Gefährdung verursacht, während sie der Atomwirtschaft dicke Profite beschert! Die Umweltprobleme unserer Zeit sind durch den Zwang zu Wachstum und Profitmaximierung im Kapitalismus nicht lösbar. Wir wollen darum nebst einer Umweltpolitik, die auf Energieeffizienz und erneuerbare Energien setzt, auch eine bessere Gesellschaftsordnung erkämpfen, die nicht auf Konkurrenz und Eigentum basiert, sondern auf Solidarität und kollektivem Besitz der Produktionsmittel.
Kernkraft wird von den VertreterInnen der Atomwirtschaft als sichere und CO2-arme Form der Energiegewinnung angepriesen, die unumgänglich ist, um die so genannte ?Stromlücke? zu verhindern. Atomstrom ist jedoch nicht sauber und ökologisch, sondern bedroht Mensch und Umwelt beim Abbau von Uran, bei der Stromproduktion im AKW und bei der Lagerung und Entsorgung des Atommülls. Der französische Grosskonzern AREVA beispielsweise, von welchem auch die Schweizer Kernkraftwerke Uran beziehen, beutet in seinen Uranminen im Niger Menschen und Umwelt aus und hinterlässt dabei verseuchtes Trinkwasser, hohe Krebsraten in der Bevölkerung und verstrahlte Böden. Die Entsorgung von radioaktivem Material ist weltweit ungelöst. Bis vor kurzem wurde der Atommüll aus Schweizer Kernkraftwerken noch in die berüchtigte Wiederaufbereitungsanlage in Mayak in Russland befördert und die aufbereiteten Brennstäbe wieder in hiesigen Anlagen verwendet. Das Gebiet, welches noch immer bewohnt wird, gehört neben Tschernobyl zu den am meisten verseuchten der Welt. Zurzeit versucht man das Problem mit Endlagerung zu lösen. Abgesehen davon, dass niemand in der Nähe eines Endlagers leben will, ist es eine kurzsichtige Idee, radioaktives Material zu vergraben, welches über Jahrhunderte eine Gefahr für Lebewesen darstellt. Eine Eiszeit, ein Erdbeben oder andere Prozesse können den Atommüll wieder zu Tage befördern. Dies scheint die Atomwirtschaft nicht zu kümmern, denn ihre Interessen richten sich, der Logik des Kapitalismus folgend, ausschliesslich nach ihrem unmittelbaren Profit.

Der dem Kapitalismus inhärente Zwang zu Wachstum und Profitmaximierung verhindert bereits seit einiger Zeit wirksame Massnahmen gegen die Klimaerwärmung und auch den Ausstieg aus der gefährlichen nuklearen Energiegewinnung. Innerhalb des Kapitalismus sind die Umweltprobleme kaum zu lösen, weil das Kapital immer den ökonomischen Zwängen unterworfen ist, die es ihm nicht erlauben, wegen Umweltbedenken unprofitabler zu werden. Weiter werden die Interessen von privaten Unternehmen stets wirtschaftlichen und politischen Einfluss auf die Regierungen und auf die öffentliche Meinung ausüben. Die Profite der Atomwirtschaft werden also stets über die Sicherheit der Bevölkerung und den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen gesetzt. Es gibt jedoch kein Recht auf Profit, sehr wohl aber ein Recht auf ein gutes Leben für alle! Um dieses zu erreichen, müssen wir gegen eine Ordnung kämpfen, die eher die Eigentumsrechte als die ökologische und soziale Gerechtigkeit schützt.

„Wenn ich es will, steht Zürich still!“

1.500 Menschen demonstrierten gestern gegen eine geplante Budgetkürzung in Zürich. 220 Millionen Franken sollen eingespart werden, davon 60 Millionen beim Personal. Die Demonstranten -Gewerkschafter und Angestellte im öffentlichen Bereich- äusserten ihren Unmut über die bürgerliche Sparpolitik vor dem Rathaus.

Ein zynisches Sparpaket

Hintergrund der Demonstration sind die geplanten Budgetkürzungen von 220 Millionen Franken. Auf Betreiben der bürgerlich-rechten Mehrheit, will die Stadt Zürich diesen Betrag 2011 einsparen. 60 Millionen Franken sollen dabei auf den Personalbereich entfallen – stagnierende Löhne, gestrichene Lunch-Checks, Lohnkürzungen und mehr Arbeit für weniger Geld sind die Folge. Aber auch soziale Projekte und wichtige öffentliche Institutionen -u.a. Spitäler- sind von den Massnahmen betroffen.

Was sich auf den ersten Blick schrecklich liest, wird beim genaueren Hinsehen geradezu zynisch. Es ist noch nicht lange her und deshalb gut bekannt, dass die selbe Stadt Zürich, die jetzt 220 Millionen einsparen will, ihren Fussballclubs mehr als 400.000 Franken an Miete zu „schenkte“. Arme Stadt. Weniger bekannt ist die Doppelmoral des bürgerlichen Lagers in anderer Hinsicht: Im Mai wird über ein „bürgerliches Steuerpaket“ abgestimmt, das insbesondere die SVP propagiert. Dessen Ziel: Steuersenkungen für Topverdiener. Ein Zitat von der SVP-Website: „Während unser Kanton bei mittleren und hohen Einkommen (50’000-250’000 Fr.) eine moderate Besteuerung aufweist, ist insbesondere die Besteuerung sehr hoher Einkommen unverhältnismässig.“ Im Klartext heisst das, dass man sich nicht scheut, die Löhne der „kleinen“ Angestellten anzugreifen und gleichzeitig die, die Millionen und Abermillionen an Geldmitteln haben, weiter zu entlasten. Sparen will gelernt sein…

"Zürich steht still"Zürich steht still!

Verständlich also, dass sich Gewerkschaften und Angestellte des öffentlichen Sektors zum Protest versammelt haben. Von gut 1.500 Menschen, die an der gestrigen Demonstration teilnahmen, wurde gesprochen. Die Demonstration begann um 17:30 Uhr am Bürkliplatz und marschierte durch die Zürcher Innenstadt, bis sie um 18:45 Uhr am Rathaus ankam. Dabei verlief die Demonstration ganz und gar friedlich: Weder Ausschreitungen noch Sachbeschädigungen wurden begangen. Es war der Marsch von Menschen, die sich um ihr Recht betrogen fühlen und die nicht gewillt sind, dies hinzunehmen.

Festzuhalten ist, dass es tendenziell eher ältere Menschen waren, die an der Demonstration teilnahmen. Das Durchschnittsalter dürfte zwischen 30 und 50 gelegen haben; das oft suggerierte Bild, dass Demonstrationen allein Sache von Studenten und Jugendlichen sind, trifft hier also nicht zu. Geprägt wurde die Demonstration vor allem von den Gewerkschaften: VPOD, Transfair und Unia waren wohl am stärksten vertreten, daneben liessen sich auch Juso- und SP-Abgeordnete finden. Es muss aber auch darauf hingewiesen werden, dass Sozialisten und Kommunisten die Demonstration begleiteten. Die „Bewegung für den Sozialismus“, Vertreter der Partei der Arbeit und -umstritten- Mitglieder des revolutionären Aufbaus waren anwesend. Ihre Personenstärke war nicht gross, aber es ist ein Fakt, dass sie sich solidarisch zeigten.

Hingegen gab es im Vorfeld der Demonstration eine unschöne Begebenheit. Die Polizeigewerkschaft sagte ihre Teilnahme an der Demonstration ab. Man begründete diesen Schritt mit der Anwesenheit des revolutionären Aufbaus und dessen „Gewaltbereitschaft“. Jedoch ist diese Reaktion zu kritisieren: Nicht nur hat sich gezeigt, dass der Aufbau keinerlei Gewalt ausübte, sondern es sollte auch anerkannt werden, dass der Aufbau seit Jahren Arbeitskämpfe unterstützt. So erscheint die Abwesenheit der Polizisten deplatziert, strategisch falsch und insgesamt vermittelt man den Eindruck, sich mehr auf ein Feindbild zu konzentrieren als auf das eigentliche Ziel der Demonstration.

Die Schlusskundgebung

Vor dem Rathaus fand die Schlusskundgebung der Demonstration statt. Unter dem Motto „Wenn ich es will, steht Zürich still!“ griff man die Politik an, die hinter dem Sparpaket steht. Markus Bischoff (AL) sprach an, dass die Bürgerlichen „nicht mal sagen können, warum die Angestellten auf Lohn verzichten sollen“ und kam zu dem Schluss, dass es „den Bürgerlichen nur um die eigene Ideologie geht“.

Noch interessanter als die eigentliche Kundgebung waren allerdings die Reaktionen der Protestierenden selbst. Buh-Rufe und Pfiffe, „Uuse! Uuse!“-Schreie: So zeigte man sich gegenüber den bürgerlichen Vertretern im Rathaus. Man machte seinem Ärger Luft, man artikulierte sich auf eine Weise, die nicht ignoriert werden konnte. Der Gegenpol zu dieser Form des Protests waren die überraschend differenzierten Meinungen der Demonstranten. Auf die Frage, was sie motiviere, an der Demonstration teilzunehmen, antwortete eine ca. 60-jährige Frau die im Präsidialdepartement arbeitet: „Wir arbeiten nach dem Leistungslohn, wir werden jetzt streng überwacht, aber dann findet die Stadt durch dieses Sparpaket doch einen Weg, uns nicht besser zu bezahlen. Es ist einfach dieser Widerspruch, dass wir härter arbeiten aber am Ende doch nichts rüberkommt.“ Eine andere Frau, um die 30 und im Spital schaffend, drückte sich so aus: „Es geht ja darum, ein Zeichen zu setzen. Ich glaube nicht, dass wir jetzt noch etwas erreichen können, aber es geht auch um die zukünftigen Debatten.“ Diese interessanten Antworten können wohl als Zeichen eines hohen politischen Bewusstseins gewertet werden – einzig bleibt zu hoffen, dass sich dieses Bewusstsein in den Wahlen im April manifestiert.