Abbau von 110 Arbeitsplätzen in Uzwil

Die Benninger Textil AG hat gestern den Abbau von 110 Arbeitsplätzen in Uzwil bekannt gegeben, wovon 60 Stellen nach Deutschland verlagert werden sollen. «Die Benninger Textil AG versucht sich ihrer sozialen Verantwortung zu entziehen Missachtung des GAV, Verletzung der gesetzlichen Mitwirkungsrechte, nicht einmal ein Sozialplan für langjährige, verdiente Mitarbeitende: Die Vorgehensweise des Benninger-Managements ist skandalös.», schreibt die Gewerkschaft Unia in ihrer Medienmitteilung. Sie fordert die Rücknahme der angekündigten Betriebsauslagerung und eine Weiterführung der Produktion in Uzwil.

Die Gewerkschaft Unia verurteilt den Abbauentscheid der Unternehmensleitung: „Sie hat mit ihrer Vorgehensweise die gesetzlichen und die gesamtarbeitsvertraglichen Bestimmungen verletzt. Es ist absolut skandalös wie sich die Verantwortlichen, mit der Behauptung, die Zahl der Kündigungen sei noch offen, ihrer sozialen Verantwortung zu entziehen versuchen und ihren langjährigen verdienten Mitarbeitenden nicht einmal ein Sozialplanangebot machen.“

Die Unia fordert das Benninger-Management jetzt auf, das vorgeschriebene Verfahren bei Massentlassungen korrekt anzuwenden. Insbesondere sind die Vorinformationspflicht des Unternehmens und das Mitwirkungsrecht der Arbeitnehmenden und ihrer gewerkschaftlichen Vertreter zu respektieren. Letztere haben das Recht innerhalb der gesetzlichen Frist von 14 Tagen Alternativen vorzulegen. Die Unia fordert die Benninger Textil AG auf über solche Alternativen zu verhandeln, damit eine Weiterbeschäftigung der bisherigen Belegschaft am Standort Uzwil garantiert bleibt.

Aktionsbündnis zur Rettung der Krankenhäuser in Deutschland

Der Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Dr. Rudolf Kösters, warnt: „In jedem dritten Krankenhaus drohen mittelfristig die Lichter auszugehen. Von den 2.100 Kliniken in Deutschland schreiben inzwischen fast 700 Häuser rote Zahlen. Tendenz steigend!“ Und der Zweite Vorsitzende des dbb beamtenbund und tarifunion, Frank Stöhr, mahnt: „Verlierer sind die Patienten in den Krankenhäusern. Immer mehr Krankenhäuser funken SOS.“

„Die Krankenhäuser in Deutschland sind dabei ihren guten Ruf einzubüssen. Wir nehmen wahr: Die Versorgung der Patientinnen und Patienten wird schlechter, Personal wird rigoros abgebaut und Arbeit wird zum puren Stress “, beschreibt Frank Bsirske, Vorsitzender Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, die bedrohliche Zukunft für die Krankenhäuser, wenn die Grosse Koalition und der Gesetzgeber in Berlin nicht handeln.

Seit Jahren wird den Krankenhäusern im wörtlichen Sinne null Chance gelassen, die für sie erdrückende Kostenlawine aufzuhalten: Die Grundlohnrate, über die die Kliniken auf Preiserhöhungszuwächse reagieren können, ist seit vier Jahren unter 1 Prozent, für 2008 beträgt sie 0,64 Prozent. Und davon gehen noch einmal 0,5 Prozent als Sanierungsbeitrag für die Krankenkassen ab. Dadurch bleibt so gut wie nichts übrig, um die Kostensteigerungen zu bezahlen.

Mehr als eine Million Beschäftigte sorgen in den Kliniken für das wichtigste Gut eines Menschen, die Gesundheit – rund um die Uhr in mehr als 2.100 Krankenhäusern in öffentlicher, gemeinnütziger und privater Trägerschaft. Doch für Personal, Therapien und Medikamente stellt die Politik nicht genügend Geld zur Verfügung. Enge gesetzliche Vorgaben zur Krankenhausfinanzierung, die Kürzungspolitik der Koalition und massiv steigende Kosten treiben die Krankenhausträger in eine immer aussichtslosere Lage. Deshalb haben die betroffenen Organisationen und Verbände sich zum Aktionsbündnis „Rettung der Krankenhäuser“ zusammengeschlossen. Gemeinsam rufen sie nun auf zur Grossdemonstration am Donnerstag, 25. September, in Berlin.

Fünfzig ArbeiterInnen verteidigen ihre Fabrik

Die Geschichte ist unglaublich, aber wahr: Am 31. Mai 2008, einem ruhigen, schönen und sonnigen Samstag waren Arbeiterinnen und Arbeiter der INNSE PRESSE, einer Maschinenfabrik in Mailand-Lambrate, auf einem Tagesausflug. Das Picknick hatten sie von zu Hause mitgebracht, aus einfachem Grund: «Unser Lohn beträgt 1 200 Euro.» Als sie das Telegramm ihres Patrons erreicht, kehren sie auf schnellstem Weg nach Hause zurück. Denn darin steht: «Wir haben beschlossen, ab dem 31. Mai 2008 sämtliche Aktiviäten einzustellen.» Die ArbeiterInnen der INNSE verstehen die Welt nicht mehr: Wie ist sowas  möglich? Bei soviel Arbeit, die noch zu erledigen ist?

Noch am gleichen Abend begeben sich die Arbeiter zu ihrer Fabrik. Das Tor ist abgesperrt, und im Hof sehen sie Männer einer privaten Sicherheitsfirma auf- und abgehen, sowie zwielichtige Gestalten in Zivil: acht muskelbepackte, tätowierte Bodyguards. Das ist die Söldnertruppe, mit der Silvano Genta, der Turiner Unternehmer und Besitzer der INNSE, gegen seine Beschäftigten Krieg zu führen gedenkt. Um Gewinn zu machen braucht er seine Arbeiter und Angestellten nicht mehr. Denn anscheinend hat er eine bessere und einfachere Art von Profit in Aussicht, und deshalb will er sie so schnell wie möglich loswerden. Die Rechnung hat er allerdings ohne die Arbeiter gemacht: Sie benützen den Schichtwechsel der Sicherheitsleute, gelangen unbemerkt durch einen Hintereingang in die Fabrik und besetzen diese. Als die Bodyguards den fünfzig Arbeitern gegenüber stehen, die auf sie zugehen mit flatternden – nein, nicht Partei- oder Gewerkschaftsfahnen – sondern Entlassungstelegrammen, da bekommen es die Rausschmeisser mit der Angst zu tun und hauen Hals über Kopf ab. Zurück lassen sie alles Mögliche: Klappbetten, Kissen, Schlafsäcke, Kühlschrank, Kaffemaschine, Proviant, Lebensmittel und vorverpackte Mahlzeiten sowie Filmkameras und Fernseher, die dazu hätten dienen sollen, die neuralgischen Punkte des Geländes am Bildschirm zu überwachen. Bei ihrer Flucht vergessen haben sie ausserdem einige Zeichnungen sowie die Anweisungen, die sie von Freitagnacht bis Dienstagmorgen zu befolgen hätten.

Nach dieser Kraftprobe, die bis um zwei Uhr in der Früh dauert, Momente von höchster Anspannung und Ungewissheit, haben die Arbeiter ihre Fabrik wieder zurückerobert und rufen anschliessend eine ständige Betriebsversammlung bis Dienstagmorgen aus. An diesem Tag nehmen sie gegen den Willen ihres Patrons die Arbeit wieder auf. In der folgenden Woche findet am Sitz der AssoLombarda, der Vereinigung der Mailander Industrie- und Dienstleistungsunternehmen (Associazione delle imprese industriali e del terziario dell’area milanese) ein Treffen mit ihm statt. Die Zusammenkunft dauert nur sechs Minuten. Gerade die Zeit, um den Vertretern des Unternehmers klar zu machen, dass es nicht den geringsten Verhandlungsspielraum gebe, solange nicht wenigstens die Erklärung zur Betriebseinstellung zurückgenommen werde. Diese Haltung nimmt auch das Provinzsekretariat der Metallarbeitergewerkschaft FIOM ein, in Absprache mit den Mitgliedern der RSU (Rappresentanza Sindacale Unitaria), eines von den Arbeitern gewählten Betriebsrates, der aus Protest nicht am Treffen teilnimmt.

In der Zwischenzeit, nach drei Nächten und zwei Tagen ununterbrochener Versammlung, haben mit der Morgenschicht am Dienstag früh die ArbeiterInnen der INNSE ihre Fabrik wieder in Betrieb gesetzt. Die Entlassungsschreiben werden unter den Spänen der riesigen Maschinen begraben. «Wir haben Kunden. Firmen, die uns für drei Jahre Aufträge geben wollen. Wir sind überhaupt nicht in einer Krise», erklären die Arbeiter, kräftige Schultern und abgearbeitete Hände. Die INNSE PRESSE mit ihrer mechanischen Grossbearbeitung stellt Pressen und Walzwerke für die Stahlindustrie her. In der altertümlichen Halle, die einst die lengendäre Innocenti beherbergte, stehen riesige Maschinen. Früher einmal 2 200 Beschäftigte, sind es jetzt noch fünfzig, dahingerafft von Besitzerwechseln, Arbeitslosenkasse und Frühpensionierungen, kurzum: «Sie haben uns dezimiert, dennoch, wir halten stand», erklären sie. Hinter den Entlassungen stünden undurchsichtige Manöver der Firma im Hinblick auf eine Umzonung des Geländes. «Wir sind in der Via Rubattino, Hektaren um Hektaren roter Vergangenheit, brachliegende Flächen, die zu Luxuswohnungen, Pärken, Parkplätzen oder Einkaufszentren werden», erzählt ein Arbeiter, der in der Nähe von Bergamo wohnt. Bergamo und Süditalien, ein Rumäne, zwei Marokkaner, einer von Lodi, viele Fünfzigjährige, die sich fragen: «Wenn ich die Arbeit verliere, was mach‘ ich dann?». Von 2 200 auf 50. Aber die, die geblieben sind, kämpfen für alle andern. Für alle ArbeiterInnen, die auf die Strasse geworfen worden sind oder noch entlassen werden sollen.

Am ersten Tag, kaum haben die Arbeiter die Produktion wieder in Gang gebracht, kommt sogleich der Arbeitsinspektor. Welch ein Zufall! Während der Besitzer die Entlassungsschreiben verschickt, ist der Arbeitsinspektor um die Sicherheit in der Fabrik besorgt! Eines Abends kommt ein Einsatzwagen des Elektrizitätswerkes ENEL vorbei, in der Absicht, die Stromversorgung zu versiegeln und damit die gesamte Fabrik stillzulegen. Doch der Fahrer nimmt den falschen Weg, findet nicht sogleich den Elektroanschluss, und bis dahin haben ihn die Arbeiter bereits versperrt. In den ersten Tagen kommen auch Scharen von Gewerkschafsfunktionären vorbei und staunen über die seltene Spezies Arbeiter, die nicht gezähmt werden will. Diese Funktionäre betrachten die Arbeiter, die sich gegen ihre Entlassung auflehnen, wie eine Abnormität, ein Überbleibsel der Vergangenheit und hüten sich davor, die andern Fabriken zur Solidarität mit den INNSE-Arbeitern aufzurufen. Derart alleingelassen, kämpfen diese wie Löwen gegen die Entlassungen.

Bei INNSE, nun in den Händen der Arbeiter, ist der Arbeitsalltag zurückgekehrt. LKWs bringen neue Aufträge, andere verlassen mit fertiggestellten Arbeiten das Werk. Aber der Patron Genta gibt sich nicht geschlagen und führt seinen Krieg weiter. Auch die Telefonverbindung wird unterbrochen, worauf die Arbeiter sie unverzüglich durch Mobiltelefonie ersetzen. Dann gibt es Probleme mit der regelmässigen Versorung der Kantine mit Nahrungsmitteln. Nachdem ihm Genta den Vertrag entzogen hat, zögert der Pächter keine Minute, um den Arbeitern das Essen wegzunehmen. Nach ein paar Tagen wird auch die Kantine selbstverwaltet und von den INNSE-ArbeiterInnen mit eigenen Mitteln finanziert. Dies namentlich dank der Solidarität, die ihnen von überall her entgegengebracht wird, mit Lebensmitteln und andern Spenden. Die Menschen in den blauen INNSE-Überkleidern, unter ihnen vierzehn Frauen, schlafen wenig. Nachts schieben sie Wache und am Tag, von 6.30 Uhr an, arbeiten sie in zwei Schichten. Aus den 50 sind inzwischen leider 49 geworden, nach dem tragischen Hinscheid eines Kollegen, der am 21. Juli einem Herzinfarkt erlegen ist. Möglicherweise hat sein Herz die Anspannung und den Dauerstress nicht mehr ertragen, die Arbeiter im Betrieb sprechen deshalb von einem „Opfer der Arbeit“. Rund um die Uhr, auch samstags und sonntags, halten sie den Betrieb besetzt, rennen hin und her, bewachen Ein- und Ausgänge, um den Unterbruch der Stromversorgung und andere Handstreiche zu verhindern.

Am Freitag, 18. Juli hat ein Mailander Gericht das Urteil in Sachen „gewerkschaftsfeindlicher Tätigkeit“ (Aussperrung) gefällt. Auf der Anklagebank sitzt der Patron Genta, in Begleitung von vier Anwälten. Der von der FIOM angestrengte Rekurs ist vom Richter Piera Gasparini abgelehnt worden. Die Verhandlung hat in Wirklichkeit am 16. Juli stattgefunden, doch der Richter wollte noch zwei Tage lang darüber nachdenken, bevor er das Urteil gefällt hat. Vielleicht braucht es das Gehirn eines Anwaltes oder Richters um dies zu verstehen. Denn sobald Arbeiter in den Streik treten, um ihre Rechte zu verteidigen, wird von „illegalem Streik“ gesprochen. Wenn jedoch der Unternehmer seine Beschäftigten entlässt und ihnen mit dem Verlust des Arbeitsplatzes ihre wirtschaftliche Grundlage entzieht, dann scheint alles gesetzeskonform zu sein. Die INNSE braucht Genta nicht um zu funktionieren, das haben die Arbeiter inzwischen unter Beweis gestellt. Was für viele, die denken, eine Fabrik ohne Patron könne nicht funktionieren, noch schwieriger zu verstehen ist, das ist die Art, wie die INNSE-Arbeiter die Produktion weiterführen, wie sie sich organisiert haben und weitermachen, ohne die ständigen Antreibereien der Chefs, die Abmahnungen und Strafen. Auch wenn es nur für eine kurze Zeit sein wird und inmitten unzähliger Schwierigkeiten, so ist es eine Erfahrung von unschätzbarem Wert. Nicht nur für die INNSE-ArbeiterInnen, sondern auch für alle, die in Argentinien unter anderen Voraussetzungen in besetzten und selbstverwalteten Betrieben arbeiten, nachdem diese von den Unternehmern verlassen worden sind.

Der Kampf gegen die Entlassungen nimmt seinen Weg und kann weder von einem Richter, noch viel weniger vom Patron Genta aufgehalten werden. «Einmal mehr», haben die „Arbeiter, Angestellten und Familien von INNSE“ in einem Solidaritätsaufruf geschrieben,  «wird seitens der Unternehmerinteressen versucht, die Benachteiligten zu zertreten; die Interessen der Immobilienbesitzer und der Banken wollen sich zu Herren aufspielen in einem Land, in dem die Häuserspekulation sich als die letzte Grenze des neuen Sklaventums erweist. Wir werden dies nicht zulassen!! Eine Werkstätte, die geschlossen wird, das sind für immer verlorene Arbeitsplätze.» Die INNSE-Arbeiter danken allen, die ihnen Solidarität entgegenbringen und halten fest: «Durch eure Solidarität findet der Kampf eine aktive Unterstützung bei allen, die die Arroganz der Unternehmer nicht länger ertragen. Die Arroganz des Patrons Genta, sein Entscheid, die INNSE zu schliessen und alle zu entlassen, ist auf eine neue Entschlossenheit der Arbeiter geprallt. » – rth

Das Streikkomitee der SBB-Werkstätten von Bellinzona hat ein Spendenkonto für die Schweiz eingerichtet: Spenden sind erbeten auf Postcheckkonto Nr. 65-2522-7, SEV Bellinzona, Vermerk: Lotta operai INNSE.

Telecomangestellte fordern nachhaltige Lohnerhöhung

Die Branchenkonferenz Telekommunikation/IT der Gewerkschaft Kommunikation (GEKO)von heute Montag, 1. September in Bern fordert die Referenzunternehmen Swisscom, Sunrise, Orange, Cablecom und T-Systems auf, ihren Beschäftigten den vollen Teuerungsausgleich und eine Reallohnerhöhung von 2,5% generell zu gewähren. Wie die GEKO weiter mitteilt sei diese Lohnerhöhung von den Unternehmen aufgrund der deutlich gestiegenen Margen nicht nur problemlos verkraftbar, sondern sie werde im kommenden Jahr eine wichtige konjunkturelle Stütze sein. Die Branchenkonferenz legt Wert darauf, dass die ganze Branche Telekommunikation/IT identische Lohnvereinbarungen abschliesst, damit der Wettbewerb nicht allein auf den Lohnkosten und damit auf dem Buckel der Angestellten stattfindet.

Nach Angaben der Gewerkschaft Kommunikation trägt die Telekommunikations- und IT-Branche wesentlich zur Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz bei. Swisscom nimmt in diesem Sektor eine wichtige Rolle beim Service public ein. Trotz Preissenkungen im Bereich Fest-, Mobil-, und Kabelfernsehnetz werden in der Branche durch die Entwicklung von Zusatzdienstleitungen weiterhin steigende Umsätze und Erträge erwartet. Diese Zusatzdienstleitungen im Bereich der Konvergenztechnologie bieten ein überdurchschnittliches Wachstumspotenzial.

Mit der technologischen Entwicklung und der Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes habe auch der Druck auf die Lohnstückkosten weiter zugenommen. Gleichzeitig sei die Ar­beitsproduktivität gestiegen, ohne dass die Beschäftigten angemessen – in Form von soliden Lohnerhöhungen oder Arbeitszeitverkürzungen – am Produktivitätsfortschritt partizipieren konnten. Der Beweis dafür seien die stabilen Ausschüttungen an die Aktionäre in Milliardenhöhe; insbesondere bei der Swisscom als grösste nationale Telecomanbieterin, so die Gewerkschaft Kommunikation in ihrem Communique.

UNIA: Der grosse Wechsel

Foto: Peter Mosimann

Die Rücktritte des Kommunikations-, Industrie- und Vertragsverantwortlichen und SP-Nationalrats André Daguet, des Finanzverantwortlichen Werner Funk und des Westschweizer Bauverantwortlichen Jacques Robert erfolgen altershalber. Mit ihnen verliert die Unia drei Schwergewichte, «zusammen fast 90 Jahre gewerkschaftliche Erfahrung », sagt Co-Präsident Renzo Ambrosetti. Ebenfalls zurück tritt Peter Baumann, der in beratender Funktion ohne Stimmrecht in der Geschäftsleitung sass.

Die Zusammensetzung der bisherigen Unia-Geschäftsleitung war wohl austariert. Denn sie wurde bereits im Vorfeld des Unia-Gründungskongresses vom Oktober 2004 bestimmt. Dies, damit die fusionierenden Gewerkschaften, die Sektoren, die Sprachregionen und die Geschlechter im Führungsgremium ausreichend vertreten seien. Der damalige Kongress konnte die Geschäftsleitung nur noch in corpore bestätigen oder ablehnen.

KOMMT NEUE QUOTE?
Die neue Geschäftsleitung wird kaum weniger ausgeglichen zusammengesetzt sein. Dafür sorgt die Tatsache, dass die Sektoren ihre Vertreterin und ihre Vertreter bereits bestimmt haben und diese vom Kongress nur noch bestätigt oder abgelehnt werden können. Es sind dies Vania Alleva (Tertiär, neu), Renzo Ambrosetti (Gewerbe, bisher), Corrado Pardini (Industrie, neu) und Hans-Ulrich Scheidegger, (Bau, bisher). Zudem gilt eine Frauenquote von heute 25 Prozent. Vermutlich wird der Kongress allerdings dem Antrag der IG Frauen folgen und die Quote auf 33 Prozent erhöhen. So gut wie wiedergewählt sind schliesslich die Co- Präsidenten Renzo Ambrosetti und Andreas Rieger: Liegen keine anderen Kandidaturen vor, kann der Kongress sie wählen oder nicht. Damit sind fünf Sitze in der neuen Unia-Geschäftsleitung bereits vergeben. Wie viele dann noch bleiben, hängt von der Grösse der zukünftigen Geschäftsleitung ab.
Es gibt Anträge für ein sieben-, acht-, neun- und zehnköpfiges Gremium. Für diese Sitze wurden von den vorschlagsberechtigten Gremien vier Frauen und sechs Männer nominiert. Es sind dies die bisherigen Fabienne Blanc-Kühn (Industrie, Mem- Industrie), Michael von Felten (Sozialversicherung und Arbeitslosenkasse, Unia-Personal, Logistik und IT), Jean- Claude Rennwald (Industrie, Uhrenindustrie) und Rita Schiavi (Bau, Reinigungsgewerbe). Neu nominiert wurden Roman Burger (Sektionsleiter Zürich), Aldo Ferrari (Regionalsekretär Waadt), Natalie Imboden (Industrie, Lebensmittelindustrie), Udo Michel (Sektionsleiter Berner Oberland), Martin Tanner (Rechnungswesen, Vermögen, Treuhand) und Katharina Teuscher (Arbeitslosenkasse Unia).

HEARINGS LAUFEN
Würden alle Bisherigen wiedergewählt und hätte die Geschäftsleitung weiter zehn Mitglieder, müssten sich die fünf neuen am Schluss um den zehnten Sitz streiten. Noch ist aber alles offen. «Die Wahlen ermöglichen, die Eckwerte des ZV umzusetzen: Erhöhung des Frauenanteils, Beginn des Generationenwechsels und Berücksichtigung der Sprachregionen», sagt Christine Michel, Unia- Frauenverantwortliche. Sie ist Mitglied der Wahlkommission, die für den Zentralvorstand (ZV) das Wahlgeschäft vorbereitet. Zurzeit führen der ZV und andere Gremien Hearings mit den Kandidatinnen und Kandidaten durch. Ob der ZV dem Kongress eine eigene Wahlempfehlung vorlegen wird, ist allerdings noch offen.

Quelle: «work – die Zeitung der Gewerkschaft»

Gegen Call-Center-Kahlschlag der Telekom

Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) hat die geplante Umstrukturierung der Telekom-Call-Center scharf kritisiert und erheblichen Widerstand angekündigt. ver.di sei „erschüttert über die Unverfrorenheit, mit der die Telekom den Kahlschlag bei den Call-Centern“ betreibe, sagte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Lothar Schröder am Donnerstag. „Wir werden alle Möglichkeiten nutzen, um das Konzept der Telekom zu Fall zu bringen und die Beschäftigten sowie ihre Arbeitsplätze zu schützen“, kündigte Schröder an.

Nach ver.di-Informationen will sich die Telekom aus 39 Städten zurückziehen und die Call-Center-Aktivitäten künftig auf lediglich 24 Städte konzentrieren. Betroffen von den Umbaumassnahmen seien bundesweit etwa 8.000 Arbeitnehmer.

Die Telekom müsse sich auf eine „erhebliche Protestwelle“ gegen ihre Pläne einstellen, bekräftigte Schröder. ver.di werde gemeinsam mit Betriebsräten sowie mit Vertretern aus Politik und Gesellschaft der betroffenen Kommunen gegen den Kahlschlag vorgehen.

Gleichzeitig plant die Telekom nach Informationen von ver.di die Ausgliederung ihrer Netz-Center und die Verschmelzung auf eine deutlich schlechter tarifierte Tochtergesellschaft innerhalb des Konzerns. Ziel sei es offensichtlich erneut, die Löhne zu senken und die Arbeitszeit zu verlängern. Betroffen seien mehr als 6.000 Arbeitnehmer, hiess es. „Ein Unternehmen, dass die eigenen Beschäftigten zu Gegnern macht, wird die Kundenabwanderung nicht stoppen“, betonte ver.di-Vorstandsmitglied Schröder.

Thailand: Gewerkschaft bekräftigt Vorwürfe gegen Triumph

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Thailändische Gewerkschafter haben ihre Vorwürfe gegen Triumph International Thailand und das zu Triumph gehörende Unternehmen Body Fashion Thailand (BFT) bekräftigt und eine Bestrafung des lokalen Managements gefordert. Gleichzeitig verlangte die Gewerkschaft am Dienstag in Bangkok die bedingungslose Wiedereinstellung aller entlassenen Arbeiter. Die Gewerkschaft wirft dem Management vor, es unterdrücke legitime Gewerkschaftsrechte und hindere die Mitarbeiter daran, ihr Recht auf freie Meinungsäusserung wahrzunehmen.

Hintergrund der Proteste der Gewerkschaft, die 3.000 Mitarbeiter mobilisierte und einen Solidaritätsstreik bei den in deutschem Besitz befindlichen Unternehmen ausrief, ist die Entlassung der Gewerkschaftsführerin Jitra Kongdej. Sie hatte bei einem Fernsehauftritt zum Thema Abtreibung ein kritisches T-Shirt getragen. Während die Gewerkschaft dies als Ausübung des Grundrechts auf freie Meinungsäusserung wertete, machte die BFT-Leitung wirtschaftliche Einbussen durch eine Image-Schädigung geltend und setzte vor einem Arbeitsgericht die fristlose Entlassung Kongdejs durch.

Die Gewerkschaft bekräftigte nun ihre Forderungen nach einer Wiedereinstellung der Gewerkschaftsführerin, dem Verzicht der Firmenleitung auf disziplinarische Massnahmen gegenüber den Streikenden und einer Bestrafung des Managements unter der Leitung des Kanadiers Kenneth Marshall, dem die „Zerschlagung der Gewerkschaft und Korruption“ vorgeworfen wird. Triumph International hatte am 8. August angekündigt, BFT werde alle Mitarbeiter willkommen heissen, die an den Arbeitsplatz zurückkehrten, und von disziplinarischen Massnahmen absehen. Inzwischen wurden Verhandlungen mit der Gewerkschaft aufgenommen.

SBB muss 15 000 Mitarbeitenden Zulagen nachzahlen

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Foto: SBB

Nun zahlt auch die SBB Zulagen für unregelmässige Dienste nach: Die Personalverbände haben erreicht, dass rund 15 000 Leute mit unregelmässiger Arbeit eine Nach-zahlung für die Jahre 2002 bis 2006 erhalten. Diese geht auf das so genannte Orange-Urteil des Bundesgerichts zurück, wonach die Zulagen auch in den Ferien geschuldet sind.

Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der SBB, die zwischen 2002 und 2006 während neun Monaten eines Jahres Zulagen für Nacht- und Sonntagsdienste erhalten haben, bekommen eine Nachzahlung. Je nach Menge der unregelmässigen Dienste macht diese zwischen 200 und gut 3000 Franken aus. Die Personalverbände haben sich mit der SBB auf diese Lösung geeinigt, nachdem mehrere Mitglieder gegen das Unternehmen geklagt hatten und damit die Verhandlungen auslösten.

«Als die SBB einmal in Verhandlungen eingewilligt hatte, konnten wir uns einvernehmlich auf eine Lösung einigen, die unsern Mitgliedern gerecht wird», erklärt SEV-Vizepräsidentin Barbara Spalinger. Die Gewerkschaften SEV, transfair, VSLF und KVöV hatten schon bald nach Vorliegen des Bundesgerichtsurteils gegen das Telekommunikationsunternehmen Orange bei der SBB entsprechende Verhandlungen gefordert. Im Rahmen des Gesamtarbeitsvertrags 2007 wurde zudem geregelt, dass die neuen Zulagenansätze einen Ferienanteil enthalten.

Die Auszahlungen erfolgen im Oktober, wenn in der Zwischenzeit die zuständigen Gremien der Gewerkschaften und der SBB der Einigung zugestimmt haben.

Somit haben nun alle ehemaligen Bundesbetriebe Nachzahlungen vereinbart. Für die Bahngewerkschaften hat diese Einigung auch Signalwirkung auf die übrigen Unternehmen des öffentlichen Verkehrs: «Ich gehe davon aus, dass die konzessionierten Transportunternehmungen ebenfalls zu Verhandlungen bereit sind und wir keine Klagen mehr einreichen müssen», betont Barbara Spalinger

Matrosenprotest vor Singapurs Botschaft

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Foto: Hapag-Lloyd

Mit einer Demonstration vor der Botschaft von Singapur in Berlin wollen Matrosen, Kapitäne, Speditionskaufleute, Schiffsmakler, IT-Experten, Schiffsoffiziere und Verwaltungsangestellte der Reederei Hapag-Lloyd am Dienstag gegen eine Übernahme des Unternehmens durch den singapurischen Staatsfonds Temasek protestieren. Die Abordnung der rund 3.000 Beschäftigten der deutschen Traditionsreederei aus Hamburg will aber auch der Bundesregierung und dem Bundeswirtschaftminister deutlich machen, „dass der Erhalt von Hapag-Lloyd für den Standort Deutschland von herausragendem Interesse ist“, erklärte Betriebsratsvorsitzender Uwe Klein. Das zum TUI-Konzern gehörende Unternehmen beschäftigt weltweit 7.800 Menschen. Der Reisekonzern will sich von Hapag-Lloyd trennen. Als Käufer hat sich die Reederei NOL ins Gespräch gebracht, die zum singapurischen Staatsfonds Temasek gehört.

„Die Interessen der Aktionäre dürfen nicht wichtiger genommen werden als die der Beschäftigten“, erklärte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Erhard Ott. Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) unterstützt die „Hamburger Lösung“. In der Hansestadt hat sich ein Konsortium örtlicher und überregionaler Investoren gebildet, an dem sich auch der Hamburger Senat mit einem dreistelligen Millionenbetrag beteiligen will. Sie wollen zusammen Hapag-Lloyd übernehmen und am Standort Hamburg belassen. Unter der Flagge der Traditionsreederei fahren zur Zeit 140 Containerschiffe auf den Weltmeeren. Die Gewerkschaften befürchten eine Verlagerung der Arbeitsplätze ins Ausland, wenn die Reederei aus Singapur Hapag-Lloyd übernimmt. NOL-Chef Ron Widdows hatte erklärt, er sehe in der Übernahme von Hapag-Lloyd eine gute Gelegenheit, die Stärken der Unternehmen zu „bündeln“. ver.di-Bundesvorstand Ott sagte, dies sei eine verklausulierte Ansage zum Abbau von Arbeits- und Ausbildungsplätzen an Land und auf See.

Schallende Ohrfeige für ver.di Führung

Foto: ver.di

Foto: ver.di

Formal wurde mit 51% zwar eine mehrheitliche Zustimmung bei der Urabstimmung über den Lufthansa-Abschluss erreicht. Aber es ist klar, dass dieses Ergebnis eine schallende Ohrfeige für die ver.di Führung ist. Ver.di-Sprecher Reuter hatte noch vor wenigen Tagen eine deutliche Mehrheit für die Zustimmung erwartet. Bezieht man die besonders gefrusteten ver.di-Mitglieder ein, die erst gar nicht mehr an der Abstimmung teilgenommen haben, so kassierte die ver.di-Führung eine mehrheitliche Ablehnung ihres Schmusekurses gegenüber dem Lufthansa-Management.

Das Ergebnis zeigt in jedem Fall, dass mit einer konsequenten Fortführung des Streiks viel mehr drin gewesen wäre und die Mitglieder dahinter gestanden hätten. Dass die ver.di Führung das Ergebnis auf 7,2% schön rechnet, ändert nichts daran, dass in Wirklichkeit im Schnitt gerade mal 4,2% durchschnittlich aufs Jahr gerechnet heraus kommen. Gemessen an den Verzichtsabschlüssen der vergangenen Jahre sowie den aktuellen Preissteigerungen bleibt das viel zu wenig.

Um eine weiter Schwächung von ver.di zu verhindern, fordern die ver.di-Oppositionellen eine radikale Kurskorrektur. „Die Streikbereitschaft der Mitglieder war da. Ohne die bremserische Haltung der jetzigen Führung wäre eine volle Durchsetzung der Forderungen möglich gewesen.“ so Angelika Teweleit (Sprecherin für das Netzwerk für eine kämpferische und demokratische ver.di.).

„Auch wenn die Wut verständlich ist, setzen wir uns dafür ein, dass die unzufriedenen KollegInnen mit uns aktiv werden“, so Angelika Teweleit, „Statt Resignation und Passivität hilft uns nur selbst aktiv zu werden: Wir müssen die Gewerkschaften für unsere Interessen zurück erobern!“

Das Netzwerk will eine politische und personelle Alternative zur ver.di Führung aufbauen. „ Für uns geht kein Weg daran vorbei, den Kampf auch innerhalb von ver.di zu führen, denn hier sind 2,3 Millionen Mitglieder, die eine konsequente Vertretung ihrer Interessen verdient haben und nicht eine Politik des Ausverkaufs“, so Eckhard Geitz, ver.di-Aktivist und Unterstützer des Netzwerks.

Das Netzwerk fordert unter anderem ein Ende der materiellen Abgehobenheit von Spitzenfunktionären und die Begrenzung ihrer Gehälter auf den durchschnittlichen Tariflohn ihrer Mitglieder. Materielle Bereicherung oder Vergünstigungen für Spitzenfunktionäre, unter anderem durch ihre Aufsichtsratstätigkeit, lehnt das Netzwerk ab. Zudem setzt sich die Gruppe in ver.di für die Kontrolle der Basis bei Arbeitskämpfen ein.

„Es darf keinen Streikabbruch ohne mehrheitliche Zustimmung der Mitglieder mehr geben. Die Entscheidung darüber muss auf Streikversammlungen der Mitglieder getroffen werden und nicht am grünen Tisch.“, so Eckhard Geitz.

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