Erster Unia-Kongress in Lugano eröffnet
Heute Nachmittag um 14 Uhr hat im Palazzo dei congressi, dem Kongresszentrum von Lugano, der erste Unia-Kongress begonnen. Die 400 Unia-Delegierten haben den Tätigkeitsbericht der Unia-Geschäftsleitung abgenommen und die Debatte um die strategische Ausrichtung der Grossgewerkschaft eröffnet. Die Tessiner Regierungsrätin Patrizia Pesenti sprach zur Eröffnung vom Scheitern der neoliberalen Rezepte und rief zu einem Ja zur gewerkschaftlichen AHV-Initiative auf.
In seiner Einleitungsrede zur Diskussion über den ersten Unia-Vier-Jahresbericht zog Co-Präsident Renzo Ambrosetti eine positive Bilanz. Die Unia habe die Fusion erfolgreich abgeschlossen und sich als starker Sozialpartner und aktive Kraft in der schweizerischen Politik etabliert. Die Unia habe wichtige neue Gesamtarbeitsverträge vereinbart – z.B. für die Temporärbeschäftigten oder für das Reinigungsgewerbe – und bestehende Gesamtarbeitsverträge verbessert. Wo immer möglich setze sie die Interessen ihrer Mitglieder im Dialog mit den Arbeitgebern durch. Doch, so Ambrosetti, «wo nötig, waren und sind wir auch bereit, Arbeitskämpfe zu unterstützen und zu führen».
Unia Co-Präsident Andreas Rieger eröffnete die Debatte um die künftige gewerkschaftspolitische Strategie der Unia. «Wir wollen eine Welt, in welcher die sozialen Bedürfnisse der Menschen im Zentrum stehen, nicht das Kapital», rief Rieger den Unia-Delegierten zu. Mit Blick auf das Desaster der Finanzmärkte sprach Rieger von «harten Zeiten», welche starke Gewerkschaften nötig machten. Die Unia werde sich dafür einsetzen, dass nicht die kleinen Leute einmal mehr die Zeche für das Versagen des «bankrotten Abzockerkapitalismus» zahlen müssten. Die Unia sei eine «Gewerkschaft der Tat», eine «Mitmach-Gewerkschaft», in der die Mitglieder darüber bestimmten, welchen Kurs die Organisation einschlage.
Auch die Tessiner Regierungsrätin Patrizia Pesenti, welche den ungefähr 750 anwesenden Delegierten, Gästen und Unia-Mitarbeitenden einen Willkommensgruss entboten hatte, sprach in ihrer stark applaudierten Rede vom Scheitern der neoliberalen Rezepte. Es sei höchste Zeit, dass die Politik wieder das Heft in die Hand nehme – zu lange habe man auf Kräfte des freien Marktes vertraut. Mit scharfen Worten kritisierte Pesenti auch die zunehmende soziale Ungleichheit in der Schweiz und rief dazu auf, mit einem Ja zur gewerkschaftlichen AHV-Initiative Gegensteuer zu geben. Die Unia ermunterte sie, ihre Kampfkraft und das System Gesamtarbeitsverträge weiter zu stärken: «In dieser historischen Phase haben wir starke Gewerkschaften nötiger denn je», bekräftigte Pesenti.
Die sichere AHV stärken
In der Tat beteiligten sich die Delegierten bereits am ersten Tag aktiv an der Debatte und brachten zahlreiche Änderungsanträge ein. Ihnen steht bis Samstag ein intensives Programm bevor, das unter anderem Abstimmungen über sieben Positionspapiere, 120 Anträge und die Wahl einer neuen Geschäftsleitung beinhaltet. Heute Nachmittag verabschiedeten die Delegierten zudem eine Resolution für die Annahme der AHV-Initiative am 30. November. Gemäss den Unia-Delegierten ist die Initiative gut finanzierbar und ein grosser Schritt in Richtung einer sozial gerechten und sicheren Altersvorsorge. Der flexible Altersrücktritt ab 62 mache angesichts der zunehmenden Schwierigkeiten älterer Arbeitnehmer, einen Job zu finden, Sinn und solle für alle sozialen Schichten möglich gemacht werden. Das Debakel der Finanzmärkte macht nur allzu deutlich klar, dass jetzt die sichere 1. Säule gestärkt werden muss.