US-Städte als Kriegszonen

Dieter Drüssel. Ein internes Memo der US-Heimatschutzbehörde beschreibt, wie die Regierung Aufstandsbekämpfung im eigenen Land plant: Städte wie Los Angeles und Washington sollen nicht nur polizeilich, sondern militärisch kontrolliert werden.

Das US-Medium The New Republic veröffentlichte am 2.August ein Memo des Department of Homeland Security (DHS) zu einem hochkarätigen Treffen mit Pentagon-Spitzen (inklusive Generalstabschef und Minister). Zum DHS gehören die Antimigrationsbehörden ICE und Customs and Border Protection (CBP). Hauptzweck war laut Protokollführer Philip Hegseth, jüngerer Bruder des christ-jihadistischen Pentagonchefs Pete Hegseth, «to make America safe again», was voraussetzt, «dass DHS und DoD (Pentagon) im Gleichschritt marschieren müssen».
Dafür braucht es eine «verstärkte operationelle Koordination zwischen DHS und DoD zur Verteidigung des Homelands». Insbesondere geht es DHS darum, der Armeeführung die «dringende Notwendigkeit der Homeland-Verteidigung» deutlich zu machen. Dazu
gehört, sich zwecks «Informationsaustauch und Kapazität für landesweite Operationsplanung gegenseitig Personal zuzuweisen».

Die Art der Operationen der kommenden Jahre
Laut Verfassung sind Armee und zivile Behörden grundsätzlich getrennt – ausser in Notlagen. Um solche geht es im Folgenden, wie der jüngere Hegseth ausführt: «Wir haben zentral- und südamerikanische Kartelle und Banden, die nach Belieben Drogen, Menschen und Terror in amerikanische Städte hinein handeln.» Diese transnationalen kriminellen Organisationen seien nun «von dieser Administration als ‹Ausländische terroristische Organisation› eingestuft worden», so Protokollführer Philip Hegseth weiter. Und er erklärt: «Das stellt die Bedrohung dieser Organisationen auf die Stufe von in Amerika frei operierenden Al-Kaida- oder IS-Zellen.»
Aber vor allem weist er darauf hin, dass «unsere gemeinsame Arbeit in Los Angeles», die noch verbessert werden müsse, sei die «Art von Operationen (und Widerstand), mit denen wir es in den kommenden Jahren zu tun haben werden.» Zur Erinnerung: Am 6. Juni 2025 begannen in Los Angeles Proteste, nachdem Beamt:innen der Einwanderungs- und Zollbehörde mehrere Orte in der Stadt durchsuchten, um Personen festzunehmen, die mutmasslich in die illegale Einwanderung in die Vereinigten Staaten verwickelt waren.

Das nach Hause importierte West-Bank-Modell
Doch ist das Memo echt? Es gibt offenbar weder eine handfeste Bestätigung für seine Echtheit noch ein offizielles Dementi. Schweigen herrscht zu diesem Thema, auch medial. Allerdings waren schon früh Expert:innen namhafter Institutionen wie die Thinktanks «Naval War College» von der Echtheit des Memos ausgegangen. Jesse MacKinnon, ein Anwärter auf einen Sitz im kalifornischen Kongress, fasst es so zusammen: «Das Memo beschreibt nicht eine Durchsetzung des Gesetzes, sondern eine Counterinsurgency-Doktrin.»
Die Counterinsurgency-Doktrin umfasst militärische, politische und ideologische Konzepte, mit denen imperialistische Mächte Aufstände, Guerillabewegungen oder revolutionäre Bewegungen in besetzten oder abhängigen Gebieten unterdrücken. «Counterinsurgency» bedeutet wörtlich «Aufstandsbekämpfung» und bezeichnet einen umfassenden Ansatz, der Aufstände politisch, ökonomisch und militärisch zerschlagen soll.So weist Jesse MacKinnon auf den Gebrauch des Wortes «Widerstand» hin: «Dieses Wort (…) meint nicht Bandengewalt. Es meint nicht Schiessereien der Kartelle. Es meint Amerikaner:innen aus Los Angeles, New York, Chicago, Huston (…) Dies ist das nach Hause importierte West-Bank-Modell: Setz die Armee ein, nicht als letzte Möglichkeit, sondern als tägliche Präsenz.» Um dann hinzuzufügen: «Die Administration bereitet die Umwandlung von amerikanischen Städten in Zonen der militärischen Eindämmung vor.»

Ein ausgewiesener Spezialist
Auch eine Personalie zum Militäreinsatz in Washington, den Präsident Donald Trump am 11.August befahl, stützt die These einer Strategie der Aufstandsbekämpfung im eigenen Land. Einsatzleiter der Nationalgarde war Terry Cole. Die Washington Post beleuchtete seine Laufbahn: Vor kurzem wurde er zum Chef der Drogenbekämpfungsbehörde DEA ernannt. Cole war «22 Jahre bei der DEA, einschliesslich Agenteneinsätze in Kolumbien, Afghanistan und Mexiko-Stadt», so die Washington Post. Und: «Zu Beginn der Nullerjahre war er Teil des Plan Kolumbien», also des riesigen, US-kommandierten Massenmordes zur Bekämpfung der kolumbianischen Linken (Guerilla oder nicht). Sag DEA, und mindestens in Lateinamerika schrillen die Alarmglocken. Sie ist berüchtigt als faktische Eingreiftruppe des US-Imperiums und als «Verwalterin», nicht Bekämpferin, des Drogenhandels. Der Kern der DEA ist die Aufstandsbekämpfung. Ein geprüfter Spezialist führte das Kommando in Washington an.

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