Krisenzeiten

Maria Weidtmann. Mit dem Aktionstag «Challange For Future» wird am 15.Mai daran erinnert, dass die Klimakrise immer noch enorme Gefahr für uns alle darstellt. Unter anderem soll um 11.59 Uhr viel Lärm von den Balkonen gemacht werden, denn es ist bereits eins vor zwölf.

Momentan erleben wir alle hautnah die unterschiedlichsten Folgen einer Krise. Einige von uns müssen gerade mehrere Vollzeitjobs gleichzeitig erledigen, die Erwerbsarbeit und die Kinderbetreuung. Andere wiederum sind auf Kurzarbeit angewiesen. Von den fast 190000 Unternehmen, die für insgesamt 1,9 Millionen Arbeitnehmende Kurzarbeit anmelden mussten, gehört die Mehrheit dem Tieflohnsektor an. Einige verlieren ihre Arbeit sogar. Gleichzeitig unterstützt der Bundesrat den Schweizer Finanzplatz mit gigantischen Hilfspaketen, mit denen beispielsweise der Wiederaufbau der Flugbranche gesichert werden soll. Was dabei vergessen geht? Das Milliardenpaket für die Swiss heizt die menschengemachte Erderwärmung zusätzlich an und trägt damit erheblich dazu bei, dass die Covid-19-Krise uns geradewegs in die nächste Krise führt. Klimastreik prüft daher, ob das Referendum dagegen ergriffen werden soll.

Die entscheidende Frage
Allerdings ist diese Krise alles andere als neu. Schon seit Jahrzehnten untersucht die Wissenschaft die Folgen des Anstiegs der Treibhausgasemissionen, die wir Menschen durch unsere Art zu leben verursachen. Sie ist sich dabei so einig wie selten: Der Klimawandel ist real und – im Gegensatz zur Covid-19-Krise – menschengemacht.
Zyniker*innen könnten bemerken, dass der Klimastreik nun seine Ziele erreicht hat, das Streiken scheint nämlich durch die Schulschliessung unnötig. Die Flugzeuge sind am Boden und ebenso der Ölpreis. Das Gegenteil ist aber der Fall. Die kurzfristigen positiven Effekte auf die Luftverschmutzung zeigen uns zwar, dass es möglich ist schnell Massnahmen zu ergreifen und Veränderungen zu bewirken Die entscheidende Frage ist jedoch, wie wir damit umgehen. Investieren wir 1,9 Milliarden Franken in den (erneuten) Wiederaufbau der Flugbranche oder nutzen wir das viele Geld für die Umschulung und Weiterbildung der im Flugsektor angestellten Arbeiter*innen. Es liegt jetzt an der Politik, aus dieser Krise für die Zukunft zu lernen. Wann, wenn nicht jetzt, wo die Wirtschaft sowieso schon stark geschwächt ist.

Jahrhundertkrise
Wie leben in Krisenzeiten. Was aber oft vergessen geht, ist, dass wir nicht nur in einer Zeit von Krisen leben, sondern dass die Zeit zur Bewältigung der Klimakrise stark begrenzt ist. Der Klimawandel macht wegen der Pandemie keinen Halt, im Gegenteil, er beschleunigt sich immer noch. Dieser April war einer der trockensten seit Messbeginn. Die Chance, dass die Schweizer Landwirt*innen im Sommer grosse Ernteausfälle beklagen werden müssen, ist gross. Andere Länder sind aber noch viel stärker von mehreren Krisen gleichzeitig betroffen. Heuschreckenplagen, Dürren, Waldbrände, Arbeitslosigkeit, und humanitäre Katastrophen in Flüchtlingslagern wie Moira, um nur Einige zu nennen. Ausserdem erlaubt die «ausserordentliche Lage» in vielen Ländern den Ausbau von diktatorischen und patriarchalischen Strukturen. All diese Krisen werden in Zukunft zusammen kommen. Wir erleben eine Jahrhundertkrise.

Zusammenarbeit verstärken
Die Welt ist stark vernetzt, wie wir spätestens jetzt an dem sich rasend schnell verbreitenden Virus merken. Eine langfristige Lösung kann deswegen nicht im Alleingang von einzelnen wettbewerbsorientierten Nationen gefunden werden. Wir müssen zusammenstehen, im Grossen wie im Kleinen, und gemeinsam einen radikalen Wandel einleiten, um uns und den nächsten Generationen eine ökologische und soziale Zukunft sichern zu können. Der Klimastreik arbeitet deswegen im Projekt «Strike for Future» mit anderen sozialen Bewegungen wie dem Frauenstreik zusammen, aber auch mit Gewerkschaften und anderen Organisationen. Auch wenn der Strike For Future nun nicht wie geplant am 15.Mai durchgeführt werden kann, bleibt diese Zusammenarbeit bestehen und soll zusätzlich verstärkt werden.
Die Covid-19-Krise und deren Folgen betreffen alle. Die Strasse ist für viele das einzige Mittel, um ihre politischen Forderungen anzubringen. Mit der Einschränkung der Versammlungsfreiheit wird nicht nur der Klimabewegung, sondern allen gesellschaftlichen Bewegungen dieses Mittel weggenommen. Die Polizei nutzt die rechtlichen Lücken der «ausserordentlichen Lage» gnadenlos aus, was spätestens am 1.Mai klar wurde.

Herausforderungen, Webradio und Klima-Alarm
Umdenken ist also jetzt gefragt. Deswegen stellt auch der Klimastreik ein alternatives Programm auf die Beine und organisiert für den 15.Mai einen Online-Aktionstag. Mit der «Challenge for Future» wollen daran erinnern, dass die Klimakrise immer noch enorme Gefahr für uns alle darstellt. Für uns ist klar: «Back to normal», also zurück in den Normalzustand, ist keine Option. Deswegen fordern wir uns am 15.Mai gegenseitig heraus, denn das ist, was eine Krise momentan für unsere Gesellschaft bedeutet, eine Herausforderung. Auf challengeforfuture.ch werden am Morgen des 15.Mai abwechslungsreiche challenges (Herausforderungen) bereitgestellt, die jede*r von zu Hause aus den ganzen Tag über meistern kann.
Einige Klimastreikende organisieren zudem ihr eigenes Webradio und führen so mit Informationen zu den challenges und spannenden Beiträgen wie Webinaren durch den Tag. Ein wichtiger Bestandteil des Programms ist der Klima-Alarm um 11.59 Uhr, der vom Strike for Future übernommen wird. Denn diese Krise zeigt uns: es ist bereits eins vor zwölf. Um 11.59 Uhr machen wir deswegen gemeinsam von unseren Balkonen aus Lärm und erinnern so alle an die Klimakrise. Mit Kochtöpfen, Instrumenten, der Musikanlage oder der eigenen Stimme, egal wie, Hauptsache laut. Denn wir müssen jetzt anfangen zu handeln und gemeinsam für eine ökologische und soziale Zukunft einstehen!

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