Kein Profit aus Korruption!
sit. Die Schweiz bereichert sich an der Korruption von Schweizer Unternehmen, während die geschädigte Bevölkerung im Globalen Süden keinen Rappen von den Entschädigungszahlungen sieht. Um dies zu ändern, hat die NGO Public Eye eine Petition lanciert.
Das juristische und ethische Prinzip ist klar: Verbrechen dürfen sich nicht lohnen. Was für die allermeisten Menschen in der Schweiz eine Selbstverständlichkeit ist, scheint für die Regierung des Landes nicht zu gelten. Denn die Eidgenossenschaft bereichert sich an Verbrechen – und zwar aus der Korruption Schweizer Unternehmen.
Es ist allgemein bekannt, dass Schweizer Konzerne regelmässig wegen Bestechung zur Kasse gebeten werden. Seit 2003 wurden sie in mindestens 15 Fällen wegen Korruption im Ausland verurteilt. Neben Bussen ordneten die Gerichte jeweils auch die Rückzahlung der illegal erwirtschafteten Gewinne an – zusammengerechnet über 900 Millionen Franken, eine beachtliche Summe! Weniger bekannt ist jedoch: Die Geschädigten gingen bei diesen Zahlungen leer aus. Kein Rappen davon floss an die meist einkommensschwache Bevölkerung des Landes, in dem die Korruption stattfand. Stattdessen wanderten die häufig dreistelligen Millionenbeträge in die Schweizer Bundeskasse.
Zwei konkrete Beispiele
Trafigura – dessen Standort in Genf das operative Herz des Rohstoffhandels des Konzerns ist – besass ein de-facto-Monopol auf Treibstoffimporte und unterhielt ein dichtes Tankstellennetz. Um diese marktbeherrschende Stellung möglichst günstig zu gestalten, zahlte das Unternehmen fast fünf Millionen Euro an Bestechungsgeldern. Die Entourage des jahrzehntelangen Präsidenten Angolas, José Eduardo dos Santos, veruntreute Milliardenbeträge und trug so zur sozialen Ungleichheit und zur grassierenden Armut in der Bevölkerung bei. Die Ersatzforderung betrug 131,62 Millionen Franken – davon flossen null Rappen an die 39 Millionen zählende Bevölkerung Angolas. 39,2 Prozent dieser Menschen (rund 16 Millionen) leben in extremer Armut mit weniger als drei Dollar am Tag. Trafigura hingegen verbuchte 2024 einen Umsatz von rund 242 Milliarden Dollar mit einem Nettogewinn von knapp drei Milliarden Dollar.
Glencore – das globale Unternehmen mit Sitz in Baar im Kanton Zug – nutzte in der DR Kongo die Dienste des israelischen Geschäftsmannes Dan Gertler, um hochprofitable Minen-Deals einzufädeln, sprich um grosse Anteile an Kupfer- und Kobaltminen weit unter Wert zu erwerben. Der Konzern zahlte ihrem Vermittlungsmann dafür rund 26 Millionen Dollar, wovon etwa zehn Millionen an einen Vertrauten des damaligen Staatspräsidenten gingen. Der zentralafrikanische Staat mit etwa 109 Millionen Einwohner:innen gehört zu den fünf ärmsten Ländern der Welt: 85 Prozent der Menschen in der DR Kongo leben mit weniger als drei Dollar am Tag, 45 Prozent aller Kinder unter fünf Jahren leiden aufgrund von Unterernährung an Wachstumsstörungen. Die Ersatzforderung betrug 128,72 Millionen Franken – ein Trinkgeld im Vergleich zum Eigenkapital des Konzerns von 32,4 Milliarden Franken (Stand Ende Dezember 2024). Aber auch hier: Kein Rappen floss an die Bevölkerung der DR Kongo.
Was sich ändern muss
Die Rückgabe der Ersatzforderungen an den geschädigten Staat ist heute gesetzlich nur erlaubt, wenn dieser zum Schweizer Strafverfahren beigetragen hat. Die Schweiz stellt dafür jedoch hohe Anforderungen, die Staaten im Globalen Süden – deren Institutionen oft schwach sind und kaum Mittel haben – meist nicht erfüllen können.
Die Konsequenz liegt auf der Hand: Die aktuelle Gesetzeslage verhindert die Rückgabe der illegalen Gewinne. Die Trauben hängen in der Schweiz bewusst so hoch, dass sie für die Geschädigten nicht zu erreichen sind. Hinzu kommt, dass Staatsvertreter:innen oder Regierungsbeamte vor Ort oft wenig Interesse an einer Aufklärung der korrupten Deals haben – schon gar nicht, wenn sie selbst darin verwickelt sind. Die NGO Public Eye zieht daher die wohl einzige mögliche Schlussfolgerung: «Die Schweizer Gesetzgebung und ihre Umsetzung verhindern finanzielle Wiedergutmachung.»
Die Lösung des Problems sei «einfach» und bestehe «aus zwei politischen Schritten», erklärt die NGO – aus einer «Praxisänderung» sowie aus einer «Gesetzanpassung». Die Praxis müsse dahingehend geändert werden, dass die «Hürden für eine Verfahrensbeteiligung, die für viele Staaten im Globalen Süden zu hoch sind, gesenkt werden». Zur Gesetzesanpassung schreibt die NGO: «Der Bundesrat soll die Rückgabe selbst beschliessen können.» Er solle die Gelder dem betroffenen Staat nach «gewissen Kriterien weitergeben, etwa über Entwicklungsprojekte oder einen unabhängigen Fonds zugunsten der geschädigten Bevölkerung», so Public Eye weiter. Dafür sei eine Änderung des «Bundesgesetzes über die Teilung eingezogener Vermögenswerte» (TEVG) nötig.
Eine Frage des politischen Willens
«Illegale Gewinne aus Korruption gehören nicht in die Schweiz. Sie gehören dorthin, wo der Schaden entstanden ist – zu den Menschen im Globalen Süden», schreibt Public Eye. Die NGO hält entschlossen fest: «Mit unserer Petition fordern wir deshalb die Rückgabe der Korruptionsgewinne an die Geschädigten!» Eine Gesetzesanpassung bedeute keinen zusätzlichen Aufwand und auch keine Zusatzkosten für die Unternehmen, informiert Public Eye weiter. Die Schweiz habe zudem «einige Erfahrung mit der Rückgabe von Geldern korrupter Machthaber». Für die Lösung brauche es nur «etwas politischen Willen», hält die NGO zurecht fest.
«Damit sich endlich etwas ändert, braucht es also öffentlichen Druck», schreibt Public Eye. Und die NGO erklärt auch gleich den Grund: «In den letzten Jahren wurden schon mehrere Vorstösse gemacht, die eine Rückgabe der eingezogenen Korruptionsgewinne forderten. Bundesrat und Parlament haben diese Vorschläge abgelehnt.» Wenig überraschend, denn die Handlanger des Kapitals tun nur ihren Job.
Infos und Petition unterschreiben: publiceye.ch
