Ein politischer Jahresrückblick

lmt / sit. Nicht nur das Jahr 2025 ist im Schlussspurt, auch der vorwärts ist an der diesjährigen letzten Ausgabe angelangt. Gäbe es einen besseren Zeitpunkt, um auf die Erfolge, Rückschläge und unzähligen Kämpfe zurückzublicken? Wohl kaum – also tun wir es.

Ein Jahr Widerstand und unerbittlicher Ungerechtigkeiten liegt hinter uns. Während einige Erfolge gefeiert werden konnten – von feministischen Streiks über Solidarität mit Palästina bis hin zu Protesten gegen Mieten und Baukonzerne – spürt die Mehrheit der Menschen die wachsende Schere zwischen Arm und Reich, steigende Lebenshaltungskosten und eine Politik, die vor allem den Interessen der Wirtschaft dient. Dieser Rückblick zeigt: Ohne kollektiven Druck von unten bleiben selbst Siege fragil, und der Kampf für soziale Gerechtigkeit, Gleichstellung und Frieden ist so dringend wie nie.

80 Jahre Befreiung
Am 27.Januar 1945 befreite die Rote Armee das Konzentrationslager Auschwitz – ein Symbol für die Befreiung aller NS-Lager und den Sieg über den Hitlerfaschismus. 2025 jährt sich dieses historische Ereignis zum 80.Mal. Die Sowjetunion trug dabei den Löwenanteil der Kämpfe an der Ostfront, erlitt immense Verluste von rund 26 Millionen Menschen und zerstörte den Grossteil der deutschen Kriegsmaschinerie. Ihr Einsatz war entscheidend für den Sieg der Alliierten und die Eröffnung der zweiten Front in Europa. Die Befreiung Europas war zugleich Ergebnis mutigen Widerstands wie jenem der Genossin Ettie Gingold und des Genossen Peter Gingold in der Résistance. Auch nach dem Krieg engagierten sich beide bis zu ihrem Tod gegen Faschismus, Antikommunismus und Krieg und vermittelten ihre Erfahrungen an jüngere Generationen. Die PdA Bern erinnert 2025 mit Veranstaltungen an die historische Befreiung und den lebenslangen Einsatz der Gingolds – ein Mahnmal gegen das Vergessen und für den fortdauernden Kampf gegen rechte und faschistische Ideologien.

Palästina
2025 begann mit einem brüchigen Waffenstillstand in Palästina – ein blosses Manöver internationaler Akteur:innen, das die Not der Menschen nicht lindert. In Gaza zeigt sich das Ausmass der Zerstörung: Strom- und Treibstoffblockaden, zerstörte Infrastruktur, hungernde Familien. Im Westjordanland treiben Militäraktionen und Siedlergewalt Zehntausende in die Obdachlosigkeit. Die Autonomiebehörde wirkt gelähmt, während Netanjahu die Eskalation nutzt, um seine politische Macht zu sichern. Humanitäre Hilfe wird zunehmend instrumentalisiert, dient weniger den Menschen als der Kontrolle über sie. Ein offener Konflikt, der zeigt: Palästina steht zwischen internationalem Machtspiel, zerstörten Lebensgrundlagen und dem ungebrochenen Widerstand der Bevölkerung – ohne dass ein echter Ausweg in Sicht ist.

Streik in Italien und Flotilla
Während in Palästina Menschenleben aufs Spiel gesetzt werden, formierte sich in Italien eine Solidaritätsbewegung wie selten zuvor: Millionen gingen auf die Strasse und forderten das Ende des Genozids in Palästina. Landesweite Demonstrationen, Hafenblockaden und Generalstreiks zeigen, dass Empörung gegen Krieg und Prekarität sich organisieren lässt. Die Global Sumud Flotilla verband humanitäre Hilfe mit Widerstand gegen die Blockade Gazas. Der gewaltsame Angriff der israelischen Armee auf die Flotilla und die Festnahme von über 450 Aktivist:innen verschärften die Mobilisierung und machten sichtbar: Solidarität ist handlungsfähig – wenn Basisorganisationen wie die USB-Gewerkschaft den langen Atem haben, Empörung in kollektive Macht umzusetzen.

Petition PdAZ
Zurück in der Schweiz: Auch hier regt sich seit Jahren Widerstand gegen den andauernden Genozid. Neben den unzähligen Demonstrationen und Kundgebungen lancierte die Partei der Arbeit Zürich eine wichtige und handfeste Petition. Viele städtische Angestellte wissen nicht, dass ihre Vorsorgegelder in Fonds landen, die laut UN-Berichten zur «Ökonomie des Genozids» beitragen. Denn die städtische Pensionskasse Zürich investiert indirekt in Unternehmen, die militärische Operationen in Palästina ermöglichen. Damit soll nun Schluss sein. Die PdAZ fordert den sofortigen Rückzug von Investitionen, die über Finanzunternehmen wie BlackRock, Morgan Stanley und PIMCO in die israelische Rüstungsindustrie oder in Staatsanleihen fliessen, welche militärische Operationen ermöglichen. Die PKZ muss zu Transparenz und zu einer konsequenten Ausrichtung der Anlagen an völkerrechtlichen Abmachungen verpflichtet werden.

USA Zölle
Wer erinnert sich noch an das Geburtstagsgeschenk der USA an die Schweiz? Genau, die 39-Prozent-Zölle. Der überraschende Zollhammer brachte die Exportindustrie ins Wanken und bedrohte Zehntausende Arbeitsplätze. So sah sich der Bundesrat zu hastigen Verhandlungen mit Washington gezwungen. Nun liegt ein Deal vor, der die geplanten 39-Prozent-Zölle zwar auf 15 Prozent senkt, die Schweiz dafür jedoch zu milliardenschweren Investitionen und weitreichenden Zugeständnissen verpflichtet. Schweizer Konzerne sollen bis 2028 rund 200 Milliarden Dollar in den USA investieren, während die Schweiz ihre Zölle auf Industrie- und zahlreiche Agrargüter abbaut und neue Importkontingente gewährt. Dass erst eine Delegation von Milliardären die Verhandlungen vorantreibt, zeigt die Dominanz des Kapitals über die Demokratie. Der Deal ist kein Erfolg, sondern ein Symptom: Wer glaubt, die Schweiz könne sich ihren Sonderweg bewahren, unterschätzt die globale Machtverschiebung.

Baudemo und -streik
Die Realität der Arbeit hierzulande sieht nicht besser aus. Im Bauhauptgewerbe verschlechtern sich trotz steigender Umsätze die Arbeitsbedingungen: längere Tage, unbezahlte Reisezeiten, stagnierende Löhne. Der Baumeisterverband plant radikale Verschlechterungen: 50-Stunden-Wochen, Arbeit auf Abruf, erleichterte Entlassungen. Die landesweiten Mobilisierungen zeigen, dass Druck von unten nötig ist. Daher wurde ab Ende
Oktober in mehreren Schweizer Städten jegliche Baustellen lahmgelegt.

Parteikongress
Die PdA traf sich im November in Basel zu ihrem 25.Kongress, um politische Resolutionen und ein Strategiedokument zu verabschieden. Die Kommunistische Jugend wurde offiziell als Jugendorganisation anerkannt. Das erneuerte Führungsteam schafft eine konstruktive Atmosphäre. Klar ist: Die Partei bleibt ein wichtiges Bindeglied zwischen Basisbewegungen, sozialen Kämpfen und politischer Arbeit.

Feminismus 2025
Der Feminismus zeigt Kraft und Vielschichtigkeit: 8.März und 14.Juni mobilisierten mehrere Zehntausende Menschen. FINTAQ-Personen prägten den Protest, der Antikapitalismus, Gleichstellung und internationale Solidarität verband. Und doch überhäuften sich auch im Jahr 2025 die Beiträge zu sexueller Gewalt auf mehreren Ebenen im vorwärts. Denn Gewalt gegen Frauen bleibt strukturell, die Verurteilungsraten bei Vergewaltigungen liegen bei nur vier Prozent. Lohnungleichheit, Care-Arbeit und patriarchale Strukturen machen deutlich: Gleichstellung ist immer noch ein Kampf – lokal wie global. Daher bleibt nichts anderes übrig, als diesen Kampf 2026 fortzuführen.

EM 2025
Die Frauen-EM in der Schweiz wird gefeiert, doch hinter der Inszenierung steckt Ungleichheit: Männer dominieren die Führung, Lohnunterschiede bleiben gravierend, Frauen bleiben symbolisch. Der Profisport dient als Ideologieinstrument: Kapital und Macht werden glorifiziert. Ehrenamtliche und Beteiligte kämpfen für Gleichstellung, doch im System bleibt Fortschritt nur symbolisch – ein Spiegel dessen, wie Kapital und Patriarchat weiterbestehen.

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