Beat Jans greift durch
dom. Mit Beat Jans ist ein Sozialdemokrat Justizminister geworden. Wer meinte, dass sich damit die Situation für die Migrant:innen verbessere, erweist sich als naiv. Jans kündigt Verschärfungen an, die von links kaum kritisiert und von rechts als zu lasch eingestuft werden.
Immer wieder muss man erleben, dass sich Linke darüber freuen, wenn ein:e Sozialdemokrat:in in die Schweizer Regierung gehievt wird: Endlich übernimmt eine:r von uns dieses oder jenes Dossier, endlich wendet sich alles zum Besseren. Bei manchen Bundesrät:innen dauert es dann eine Weile, bis sich das als naive Illusion erweist, bei Beat Jans ging’s hingegen schnell. Der hat uns unmittelbar nach seinem Amtsantritt daran erinnert, dass die Einbindung «linker» Kräfte in den Bundesrat eben auch bedeutet, dass diese Kräfte so links gar nicht mehr sind. Seit knapp zwei Monaten steht Jans an der Spitze des Justizdepartements, und schon profiliert er sich als Macher, der, befreit von seiner linken Vergangenheit, etwas gegen die Zuwanderung unternimmt.
Markige Worte in Chiasso
Unser neuer Justizminister sitzt nicht tatenlos rum und sieht zu wie «Menschen, die keine Chance auf Asylanerkennung haben», in der Schweiz Asylgesuche stellen und damit unser Asylsystem überlasten. Nein, Beat hat die Ärmel hochgekrempelt, ist nach Chiasso gereist und hat dort das Bundesasylzentrum besucht, um Verschärfungen im Schweizer Asylwesen anzukündigen: Das Personal im Bundesasylzentrum in Chiasso soll aufgestockt und die Zusammenarbeit mit der Polizei verstärkt werden. Gesamtschweizerisch möchte Jans sogenannte «24-Stunden-Verfahren» einführen, um die Asylbewerber:innen vor der Einreise in die Schweiz abzuschrecken oder sie möglichst schnell wieder loszuwerden.
Ausserdem soll man Asylgesuche künftig nur noch unter der Woche einreichen können, weil die Asylstrukturen angeblich regelmässig als vorübergehende Unterkunft an Wochenenden missbraucht werden. Ein Asylzentrum sei schliesslich keine Notschlafstelle, mahnte Beat Jans. Zuletzt will er gezielt gegen Straftäter:innen vorgehen. Alle straf- und ausländerrechtlichen Massnahmen «bis hin zur Administrativ- oder Ausschaffungshaft» sollen optimal ausgeschöpft werden.
Reaktionen von links und rechts
Tragischerweise fiel die «linke Kritik» auf diese Ankündigungen sehr verhalten aus. SP-Fraktionschef Roger Nordman lobte gar Jans’ Plan und auch die grüne Nationalrätin Sibel Arslan begrüsst grundsätzlich die Einführung schnellerer Verfahren. Einzig von den Jungsozialist:innen (Juso) hagelte es Kritik. So meldete etwa Juso-Präsident Nicola Siegrist auf X, es sei «für Linke unwürdig», solche «Verschärfungen abzufeiern». Dem rechten Lager hingegen gingen Jans Ankündigungen nicht weit genug – sie hielten sie für blosse Lippenbekenntnisse. So weit ist es gekommen: SP-Bundesräte verschärfen das Asylgesetz, die Linke freut es und die Rechten wollen mehr.
Die Weltwoche etwa blieb von Anfang an misstrauisch: Ob der Beat «seine Versprechen» denn auch wirklich einlösen könne, sei die Frage. Wenige Wochen später sieht sie ihr Misstrauen bestätigt: Mitte März hat der Bundesrat rund 255 Millionen Franken «an zusätzlichen Geldern gesprochen – für die Bewältigung der Asylgesuche in diesem Jahr». Das Staatssekretariat für Migration (SEM) rechne 2024 mit 33000 zusätzlichen Asylbewerber:innen. Hinzukommen sollen rund 25000 weitere Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine. «Die ganze Übung trägt aber die Handschrift von Justizminister Beat Jans. Der Basler Schlaumeier kündigte zuerst Massnahmen zur Entlastung des Asylverfahrens an, um jetzt noch mehr Geld (… ) zu beantragen», schreibt die Weltwoche.
Diskussion im Parlament
Ganz ähnlich sieht das nicht nur SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi («Statt Millionen für Asylcontainer auszugeben, solle Jans endlich die Grenzen sichern, damit nicht weiterhin Jahr für Jahr Hunderttausende illegal ins Land strömten»), sondern auch die NZZ. Mitte März wurde im Ständerat eine Reihe asylpolitischer Vorstösse behandelt, die allesamt in Richtung Verschärfung der Gesetzgebung abzielten. Für die NZZ war die geforderte Rückführungsoffensive ungenügend: «Die Forderungen blieben etwas vage».
Ausserdem sei es Jans’ Verschulden, dass eine von der FDP-Fraktion verlangte Gesetzesänderung betreffend Asylgesuchen aus «sicheren» Drittstaaten» scheiterte. Künftig hätten diese automatisch abgelehnt werden sollen. Damit wolle man «irreguläre Sekundärmigration unterbinden», weil «dieser Asyltourismus» die Glaubwürdigkeit des «ohnehin bereits überstrapazierten Asylwesens» untergrabe. Die NZZ wittert Verrat, Jans habe in der Ständerats-Debatte «sein wahres Gesicht gezeigt» und machte, «was Linke in der Asylpolitik immer machen»: Er «personalisierte und emotionalisierte», indem er von Familien, Kindern und tragischen Schicksalen berichtete. Ja, eine Frechheit: Redet der einfach von Menschen statt von Zahlen und Zäunen.