Ein politischer Fortschritt

tai. Die PdA Schweiz hat an einem breiten Treffen ihren konkreten Vorschlag für eine Alternative zum Rentensystem vorgestellt und diskutiert: Die Integration der 2. in die 1. Säule mit Besitzstandswahrung und einer Übergangsregelung.

Im September scheiterte die Reform der Altersvorsorge an der Urne. Die rechten, bürgerlichen Parteien machten sich gleich daran, den Sieg für sich zu beanspruchen, und brachten erneut die Erhöhung des Rentenalters ins Spiel. Dabei zeigte eine Analyse des Abstimmungsverhaltens, dass die Frauen den Ausschlag für das Nein zum Reformpaket gaben, weil sie die Erhöhung des Frauenrentenalters nicht hinnahmen.

Sie müssen Sich um den weiteren Inhalt lesen zu können. Sie können Sich hier registrieren.

Gegen Aufwertung

red. Mit einer Demo am 18. November um 14.00 Uhr auf dem Röntgenplatz in Zürich wird gegen den Aufwertungsprozess protestiert, der ärmere Menschen aus der Stadt vertreibt. Im Folgenden der Demoaufruf des Bündnisses.

Am 18. November 2017 findet eine Demo gegen Aufwertung und Verdrängung statt. Wir gehen auf die Strasse, weil wir die verschiedenen Gesichter der Stadtaufwertung in Zürich demaskieren und anprangern wollen.

Sie müssen Sich um den weiteren Inhalt lesen zu können. Sie können Sich hier registrieren.

Stelldichein der Schweizer Fleischindustrie

Tierrechtsgruppe Zürich. Im November kommt es in Basel zu Protesten gegen die Fachmesse der Schweizer Fleischwirtschaft (Mefa). Die Mefa ist nach eigenen Angaben der grösste und wichtigste Branchentreffpunkt und hat somit einen zentralen Stellenwert für die Vernetzung innerhalb der Fleischindustrie.

Alle zwei Jahre treffen sich die Unternehmer-Innen und Bosse der Fleischindustrie an der Mefa. Hier knüpfen sie Kontakte und verkaufen sich die neusten Geräte, Maschinen und Technologien zur möglichst effektiven Schlachtung von Tieren und Ausbeutung der ArbeiterInnen in den Fleischfabriken.

Sie müssen Sich um den weiteren Inhalt lesen zu können. Sie können Sich hier registrieren.

Den Sozialabbau bekämpfen!

dab. Die bürgerliche Sparwut kennt kein Ende. Die Mehrheit der Gesundheits- und Sozialkommission des Grossen Rats des Kantons Bern will weitere
massive Kürzungen bei der Sozialhilfe. Ein Drittel der Betroffenen sind Kinder.

Die jetzt dem Grossen Rat für die Wintersession vorliegende Teilrevision des Sozialhilfegesetzes zeugt von beflügelter neoliberaler Spar- und Streichfantasie. Xenophobe PolitikerInnen und ihr Stimmvieh portieren seit drei Jahrzehnten den erfundenen Mythos, vor allem EinwanderInnen und Flüchtlinge bereicherten sich schamlos an der Schweizer Sozialhilfe.
BezügerInnen von Sozialhilfe sollen laut der Kommission auf keinen Fall «mehr erhalten als Arbeitende im untersten Lohnsegment». Deshalb wollen der Regierungsrat und die Gesundheits- und Sozialhilfekommission (GSoK) «eine generelle Senkung des Grundbedarfs nach den Richtlinien der Schweizerischen Sozialhilfekonferenz (Skos) um maximal zehn Prozent und weitergehende Kürzungen bei denjenigen Bezügerinnen und Bezügern von Sozialhilfe, die sich nicht hinreichend um ihre berufliche Integration und Sprachkenntnisse bemühen». Vorläufig Aufgenommene sollen 15 Prozent weniger erhalten, wenn sie nach sieben Jahren Unterstützung keine eigene wirtschaftliche Existenz aufgebaut haben. » Weiterlesen

Nach uns die Sintflut

Heinrich Frei. Die Pensionskassen investieren Milliarden in die Atomwaffen-industrie, obwohl dies nach dem Kriegsmaterialgesetz eigentlich verboten ist. Doch wenn es um maximale Profite geht, schert das weder die Unternehmen noch die Justiz. Die Kriegsgeschäfte-Initiative könnte dies ändern.

In der zweiten Säule der Altersvorsorge, den Pensionskassen der Schweiz, haben sich 900 Milliarden Franken angehäuft. – Es ist dabei sicher nicht gleichgültig, wie dieses gewaltige Vermögen der Pensionskassen verwaltet wird und welche Investitionen mit diesen Geldern getätigt werden. Auch wie mit den der Nationalbank, Schweizer Banken, Versicherungen und der AHV anvertrauten Gelder umgegangen wird, ist nicht egal. » Weiterlesen

150 bis 200 Entlassungen

sit. Die Printausgabe der «Ostschweiz am Sonntag» stellt ihr Erscheinen ein. Über der Hälfte der VertägerInnen soll gekündigt werden. Im Rahmen einer Protestkundgebung wurden die Vorschläge des Personals eingereicht.

Am 19. September 2017 informierte die Presto Presse-Vertriebs AG die Betriebskommission und die Gewerkschaft Syndicom über die Einstellung der Printausgabe der «Ostschweiz am Sonntag».

Sie müssen Sich um den weiteren Inhalt lesen zu können. Sie können Sich hier registrieren.

Schlusslicht beim Streik

tai. In der Schweiz wird pro Jahr bloss ein Tag auf tausend Arbeitende gestreikt. Im internationalen Vergleich belegt sie damit einen hinteren Rang. Gewichtiger Grund: das schwache Streikrecht.

Dass die Schweizer Arbeitenden wenig streiken, gilt als allgemein bekannt. Eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigt nun aber, wie streikfaul die SchweizerInnen wirklich sind: Unter den 22 untersuchten Ländern belegt die Schweiz den drittletzten Platz.

Sie müssen Sich um den weiteren Inhalt lesen zu können. Sie können Sich hier registrieren.

Ist die Linke nicht geeint…

dab. Nach langen Jahren ohne PdA-Vertretung im Bieler Gemeindeparlament wurde vor einem Jahr Judith Schmid in den Stadtrat gewählt. Im Interview erzählt die Genossin über ihre Erfahrungen im Parlament und hält fest, dass feministische Anliegen die ganze Gesellschaft angehen.

Welches Geschäft beschäftigte dich bis jetzt am meisten?
Am meisten beschäftigte mich wohl das Postulat Zufluchtsstadt – mein erster Vorstoss, den ich eingereicht habe. Mit einer Aktion vor der Sitzung habe ich zusammen mit anderen Stadträtinnen und AktivistInnen eine Aktion dazu organisiert. Nach einer intensiven Debatte konnte schliesslich die Mehrheit im Rat überzeugt werden und das Postulat wurde zumindest in drei Punkten überweisen. Das Postulat verlangt die Prüfung der Direktaufnahme von 300 Flüchtlingen und einen Anschluss der Stadt Biel an das Netzwerk sowie weitere Massnahmen zu einer nachhaltigen Integration der Geflüchteten in der Gesellschaft. Das Medienecho danach war sehr gross, was mich wirklich gefreut hat.

Sie müssen Sich um den weiteren Inhalt lesen zu können. Sie können Sich hier registrieren.

Viele Fragen an Andrea N.

Peter Nowak. Die Schweizerin Andrea N. wurde wegen mehrerer Brandstiftungen und des Verursachens einer Explosion zu einer bedingten Haftstrafe von drei Jahren verurteilt. Die militanten Aktionen soll sie in Berlin zwischen 2007 und 2010 verübt haben.

Die Schlagzeile in der Tageszeitung «Blick» von Anfang Oktober klang martialisch. «Linksextreme Berlinerin setzt Berlin in Flammen», hiess es da. Berichtet wurde über die Verurteilung der angehenden Lehrerin Andrea N., die in der Schweiz geboren, aber lange Zeit in Deutschland gelebt hat.

Sie müssen Sich um den weiteren Inhalt lesen zu können. Sie können Sich hier registrieren.

Die Unruhe im Abendrot

Reitschule/red. Die Reitschule hat zum Jubiläum ihres 30-jährigen Bestehens ein kooperatives Projekt gestartet. Herausgekommen ist ein reich illustrierter Bilderbogen, an dem sich 30 AutorInnen und GestalterInnen beteiligt haben.

Seit über dreissig Jahren, und ununterbrochen seit 1987, ist die Reitschule der Schandfleck von Bern. Geliebter, hartnäckiger Schandfleck von Bern – lässt sich weder schönfärben noch vertreiben. Im Gegenteil, als grosses und grossartiges Kultur- und Politzentrum strahlt die Reitschule weit über die Stadtgrenzen heraus.

Sie müssen Sich um den weiteren Inhalt lesen zu können. Sie können Sich hier registrieren.

«Herzen öffnen»

dab. 1000 Kilometer von Bellinzona durch die Schweiz und über 52 Etappen wieder nach Bellinzona: Der «Bainvegni Fugitivs»-Marsch, initiiert von der Tessiner Grossrätin Lisa Bosia Mirra, vereinigt ab 14. Oktober Einheimische und Flüchtlinge, die informieren und mit der Bevölkerung diskutieren werden.

Der von nationalen und lokalen humanitären Organisationen organisierte «Marsch für die Menschenrechte und die Menschenwürde» vom 14. Oktober bis 10. Dezember ist offen für alle Betroffenen und Solidarischen, die von Anfang an dabei sind oder irgendwo auf der Route dazu stossen. Er ist laut Lisa Bosia «eine Bewegung von gewöhnlichen Menschen», die jene Zivilgesellschaft verkörpern, «die mit Bestürzung und wachsender Ohnmacht vor beispiellosen humanitären Krisen steht, vor systematischen Verletzungen der Menschenrechte und dem Verlust der Prinzipien der Solidarität und der gegenseitigen Hilfe, die doch am Anfang der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte stehen und das Fundament unserer Gesellschaft bilden». » Weiterlesen

Leistungsfreies Einkommen besteuern

Florian Sieber. Die Juso hat Anfang Oktober mit der Sammelphase ihrer neuen Initiative begonnen. Das Sammeln der benötigten Unterschriften leitete die Jungpartei mit gleich zwei aufsehenerregenden Aktionen ein. Die Bürgerlichen bringen sich bereits gegen das Anliegen in Stellung.

Bei der Berichterstattung zur neuen Juso-Initiative tischten die bürgerlichen Blätter mit dem grossen Löffel auf. Der «Tages-Anzeiger» titelte «Klassenkampf Reloaded» und schrieb von «der grössten Umverteilung in der Schweizer Geschichte». Auch vom «Blick» wurde die Geschichte aufgegriffen. Die Juso plane die «grösste anzunehmende Umverteilung». Die Rede ist von der 99%-Initiative, die von den JungsozialistInnen (Juso) am 4. Oktober lanciert wurde. Was also hat die Juso vor, was den Bürgerlichen die Furcht vor Umverteilung und Klassenkampf in die Knochen jagt? » Weiterlesen

Eine verpasste Chance?

sit. Der Frust über das Nein zur Altersvorsorge 2020 sitzt bei der Gewerkschaftsführung tief. Man beklagt sich über «linke NeinsagerInnen», die entscheidend zum Nein beigetragen haben. Etwas Selbstkritik wäre angebracht.

«Die Ablehnung der Altersvorsorge 2020 ist in einer sozialen Perspektive ein schmerzhafter Rückschlag. Oder genauer: Eine verpasste grosse Chance für soziale Fortschritte», schreibt Paul Rechsteiner, Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB), in seiner Stellungnahme gleich nach dem doppelten Nein am 24. September zur AV2020-Reform. Rechsteiner gilt allgemein als einer der Väter der Reform. Er hat sich im Parlament mit Leib und Seele für sie eingesetzt. Seine Enttäuschung ist daher nachvollziehbar. Wenige Tage später beklagt er sich in einem Interview in der Gewerkschaftszeitung «work»: «Ohne linke Neinsager hätten wir gewonnen.»

Sie müssen Sich um den weiteren Inhalt lesen zu können. Sie können Sich hier registrieren.

Kantonale Krankenkassen?

sit. In der Romandie hat ein breites Komitee die Volksinitiative «Krankenversicherung. Für die Organisationsfreiheit der Kantone» lanciert. Es ist die Light-Version des gescheiterten Vorschlags für eine öffentliche Krankenkasse.

Der Zeitpunkt war vom Initiativkomitee natürlich nicht zufällig gewählt: Einen Tag nachdem allgemein bekannt wurde, dass 2018 die Krankenkassenprämien erneut um rund vier Prozent steigen werden, wurde die Lancierung der Eidgenössischen Volksinitiative «Krankenversicherung. Für die Organisationsfreiheit der Kantone» der Presse vorgestellt.

Sie müssen Sich um den weiteren Inhalt lesen zu können. Sie können Sich hier registrieren.

Digitalisierung ist gestaltbar

Redaktion. Eine Studie des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB) analysiert die Digitalisierung aus gewerkschaftlicher Sicht und zeigt den politischen Handlungsbedarf auf. Gefordert wird eine soziale Digitalisierung, die den Menschen nützt.

Die «Digitalisierung» in der Arbeitswelt ist momentan in aller Munde. Viele Leute denken dabei an den verstärkten Einsatz von Computern und Robotern in den Firmen. Oder an die Vergabe von Jobs und Aufträgen über Internetplattformen. Aber auch die Verlagerung von Büroarbeitsplätzen ins Ausland, das Wachstum des Internethandels oder die Verschiebung von Print- zu Onlinewerbung hängt mit der Digitalisierung zusammen.

Sie müssen Sich um den weiteren Inhalt lesen zu können. Sie können Sich hier registrieren.

Zahltag!

sit. Im Bauhauptgewerbe stehen die Lohnverhandlungen an. Die Branche boomt seit Jahren, doch bei den Löhnen der BauarbeiterInnen herrscht seit drei Jahren Stillstand. Nun fordert die Gewerkschaft Unia eine Lohnerhöhung und ruft zu zwei Grossdemonstrationen auf.

«Die Bauarbeiter der Deutschschweiz treffen sich am 21. Oktober für eine Kundgebung in Olten. Je mehr Leute wir sind, desto mehr bewegen wir. Kommt zahlreich, bringt eure Kollegen, Freundinnen, Familie und alle Interessierten mit!» So lautet der Aufruf der Gewerkschaft Unia. Nach drei Jahren Stillstand in Sachen Lohnerhöhung für die ArbeiterInnen des Bauhauptgewerbes soll endlich «Zahltag» sein.

Sie müssen Sich um den weiteren Inhalt lesen zu können. Sie können Sich hier registrieren.

Steuergeschenke und Sparkurs

Proteste gegen die Sparmassnahmen im Kanton Luzern

dab. Tiefsteuerpolitik sei Dank: Der Kanton Luzern wollte mit dem Voranschlag 2017 das grosse Sparmesser ansetzen, unter anderem sollen bereits ausgezahlte Subventionen der Krankenkassen zurückbezahlt werden. Nach der Ankündigung von Klagen und politischem Widerstand wurde die Vorlage gemildert.

«Am 21. Mai 2017 haben die Stimmberechtigten des Kantons Luzern die Steuererhöhung abgelehnt», schreibt der Regierungsrat im Juli in seiner Botschaft an den Kantonsrat. Und: «Wir haben in der Folge die finanzielle Planung 2017 angepasst.» Es fehlten rund 40 Millionen Franken für einen Voranschlag, der die Schuldenbremse einhält, es müsse einschneidend gespart werden. Besonders hart soll es die Bereiche Bildung, Kultur, Sicherheit, Integration, Umwelt und Subvention der Krankenkassenprämien treffen. Bei der Kultur sollten rund 800 000 Franken eingespart werden, was 40 Prozent der freien Kulturförderung beträgt und die Existenz vieler Kulturschaffender gefährden würde. Die Einkommensgrenze für den Erhalt von Subventionen der Krankenkassenprämien wurde von 75 000 auf 54 000 Franken gesenkt. Um das dadurch entstandene Sparpotenzial vollständig auszuschöpfen, sollen bereits ausbezahlte Beiträge zurückerstattet werden. 7700 (ein Viertel!) der Haushalte, sind davon betroffen. Das gab einen grossen politischen Wirbel, die SP Luzern schaltete eine Musterbeschwerde zur Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung online, Krankenkassen boten Mahnstopp und Ratenzahlung an, rund 500 Personen drohten mit einer Klage, falls der Kanton an dieser Sparaktion festhalten sollte.

Steuerpolitik für die Unternehmen
Grund für den massiven Abbau und die Sparpolitik der Luzerner Regierung ist die über Europa hinaus grassierende Tiefsteuerstrategie mit Abschaffung der Kapitalgewinnsteuer, Abschaffung oder Reduktion der Erbschaftssteuer und Steuergeschenken an Vermögende und Unternehmen. In den letzten 20 Jahren stiegen die Reingewinne der Unternehmen um mehr als das Achtfache. Im Steuerjahr 1990/91 versteuerten die Kapitalgesellschaften rund 39 Milliarden Franken Gewinne, 2010 stieg diese Summe auf über 322 Milliarden. In der gleichen Zeit verdoppelte sich der Ertrag von Bund, Kantonen und Gemeinden aus der Unternehmenssteuer lediglich. Die tatsächliche durchschnittliche Steuerbelastung der Kapitalgesellschaften sank dadurch von 19,3 Prozent des Reingewinns im Steuerjahr 1990/91 auf 5,5 Prozent im Jahr 2010. Im Vergleich dazu sind von 1990 bis 2014 die Reallöhne in der Schweiz gerade mal um 12,7 Prozent gestiegen.
Das Umsetzen der Tiefsteuerstrategie sorgt seit 2011 für abnehmende Steuereinnahmen in der ganzen Schweiz. Es fehlen den Kantonen nicht nur Einnahmen, es gibt auch Ausfälle im nationalen Finanzausgleich. Luzern ist hier besonders eifrig, der Kanton hat seit 2011 die Unternehmenssteuern halbiert.

Bunter Aktionstag mit Landsgemeinde und Kulturstopp
Um gegen die geplanten Sparmassnahmen anzukämpfen, setzten sich die IG Kultur Luzern und die Luzerner Allianz für Lebensqualität zum Ziel, alle betroffenen Institutionen und Personen zu vereinen und der Luzerner Regierung aufzuzeigen, dass es mit der momentanen Sparpolitik nicht weitergehen kann. Am Aktionstag Anfang September fanden unter dem Motto «Das kann hier nicht weg!» verschiedenste Aktionen von Betroffenen und solidarischen Menschen statt. Für die Aktion «Sparkunst» zum Beispiel versammelten sich KünstlerInnen in der Stadt, errichteten mit ihren Staffeleien einen Kreis und malten auf Leinwänden ohne Pinsel und Farbe. «Sandwichmenschen» mit Kartonplakaten vorne und hinten, mit den Forderungen der Aktivist-Innen, bewegten sich durch die Stadt Luzern. Dann die Kundgebung auf dem Theaterplatz: Einmarsch der Landsgemeinde, Reden von VertreterInnen von verschiedenen betroffenen Verbänden, gemeinsames Singen. Ein Manifest wurde verlesen und per Handheben genehmigt. Zum Schluss des Aktionstags folgte der Kulturstopp: Verschiedenste kulturelle Vereine und Organisationen unterbrachen für ein paar Minuten ihr Programm.

Schuldenbremse gelockert
Nach 255 Tagen ohne Budget entschied sich der Kantonsrat in der Herbstsession Mitte September mit grosser Mehrheit für den durch eine Erhöhung der Staatssteuer um 1,6 Einheiten gemilderten Spar-Voranschlag 2017. Finanzdirektor Marcel Schwerzmann gab sich erleichtert und wahlkampfmässig ungenau zuversichtlich: «Die Sanierung der Zentral- und Hochschulbibliothek kann beginnen, und wir können Prämienverbilligungen auszahlen.» Ob ganz, teilweise oder nicht zurückgezahlt werden muss, sagte er nicht. Um die Sparmassnahmen auch künftig etwas reduzieren zu können, lockerte der Rat die Schuldenbremse bereits im ersten Jahr seiner Wirksamkeit. Das Parlament sprach sich dafür aus, für 2018 einen Aufwandüberschuss von bis zu 7 (statt 4) Prozent zuzulassen. Ein von den Grünen gefordertes Aussetzen der Schuldenbremse im Jahr 2018 hatte keine Chance.
Man darf auf die Weiterentwicklung in Luzern gespannt sein. Und eins darf dabei nicht vergessen werden: Die geplanten Sparmassnahmen sind eine direkte Folge der Steuergeschenke an Unternehmen. Um es mit den Worten von Brecht zu sagen: «Reicher Mann und armer Mann standen da und sahn sich an. Und der Arme sagte bleich: ‹Wär ich nicht arm, wärst du nicht reich.›»

Privat oder durch den Staat?

sit. Die Rentenreform des sozialdemokratischen Bundesrats Alain Berset ist gescheitert. Wie weiter? Die Partei der Arbeit hat vor der Abstimmung einen Vorschlag lanciert, der nun breit diskutiert werden soll. Zentral für die Zukunft der Renten wird aber sein, dass die Grundsatzfrage gestellt wird.

Die AV2020 hat Schiffbruch erlitten. «Die Erhöhung des Rentenalters für die Frauen, die Erhöhung der unsozialen Mehrwertsteuer, die Erhöhung der Beiträge an AHV und die Pensionskassen sowie die Senkung der BVG-Rente wären ein viel zu hoher Preis gewesen, der von den Arbeiterinnen und Arbeitern in der Schweiz hätte bezahlt werden müssen! Gross ist daher die Freude, diesen wichtigen Kampf gewonnen zu haben», schreibt die Partei der Arbeit der Schweiz (PdAS) in ihrer Medienmitteilung. Für Gavriel Pinson, Präsident der PdAS, ist klar, dass Berset «ein schlechtes Paket» vorgelegt hat. Genosse Pinson sagt: «Es gab zu viele Elemente, die zu einer Verschlechterung der Rentenleistungen geführt hätten. Hinzu kommt, dass die aktuellen RentnerInnen völlig leer ausgegangen wären. Auf den Punkt gebracht: Die Reform hatte zu viele VerliererInnen.»

Die Gründe des Neins
Aussagekräftig am Abstimmungsergebnis ist die Tatsache, dass die Rentenreform als Gesamtpaket mehr Nein-Stimmen erhalten hat als die Erhöhung der Mehrwertsteuer für die Finanzierung der AHV. Daraus lassen sich einige Schlüsse ziehen, auch wenn sie mit der nötigen Vorsicht zu geniessen sind: Zuoberst steht die Tatsache, dass es politisch richtig und wichtig war, von links das Referendum zu ergreifen, damit das Gesamtpaket zur Abstimmung kam und nicht nur die Frage der Erhöhung der Mehrwertsteuer. Es gab ZweiflerInnen im linken Nein-Lager (der Schreibende gehört dazu), die das Referendum gegen das Gesamtpaket nicht ergriffen hätten, unter anderem auch wegen der Angst, die radikale Linke sei nicht in der Lage, die nötigen Unterschriften dafür zu sammeln. Diese ZweiflerInnen wurden am 24. September zum zweiten Mal eines Besseren belehrt und das ist bestens so.
Ausschlaggebend am doch klaren Nein zum Gesamtpakt war wohl die Senkung des Umwandlungssatzes bei den Pensionskassen, die zu einem Rentenverlust geführt hätten, sowie die Erhöhung des Frauenrentenalters. Das ist ein gutes Zeichen für die radikale Linke und eines, das sich die Führungscrew der Gewerkschaften und der SozialdemokratInnen fett hinter die Ohren schreiben sollten – am besten gleich tätowieren! Als billige Propaganda kann die Interpretation des Resultats seitens der Bürgerlichen abgestempelt werden: Für sie kam das Nein wegen der geplanten Erhöhung der AHV 70 Franken zu Stande. Sie ziehen nun den Schluss, das Volk wolle keine Ausdehnung der AHV. Wie lächerlich und falsch! Dieser Feigenblattbeitrag, mit dem sich die Spitze der SP und der Gewerkschaften kaufen liess, war mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht das Element, das die gesamte Reform zum Scheitern brachte. Dies zeigt auch die höhere Zustimmung für die Erhöhung der Mehrwertsteuer für die AHV. Man kann gar die Vermutung wagen, dass wenn ausschliesslich über die Finanzierung abgestimmt worden wäre, das heisst ohne die Verknüpfung mit dem Umwandlungssatz und das Frauenrentenalter, das Stimmvolk Ja dazu gesagt hätte. Dies sollte Mut machen, linke alternative Finanzierungsmöglichkeiten vorzuschlagen, wie etwa eine Besteuerung der höheren Löhne und des Finanzkapitals für die AHV. Ein weiterer, wichtiger Faktor für das Nein war sicher, dass die Vorlage sehr kompliziert und verschachtelt war. Dies, weil gleich zwei Säulen des Rentensystems, AHV und BVG, reformiert werden sollten. Hier können Parallelen zur Abstimmung über die Unternehmenssteuerreform III gezogen werden: Auch da war die Vorlage äusserst kompliziert und wurde unter anderem deswegen vom Volk bachab geschickt.

Genialer kapitalistischer Schachzug
Was nun? Die Behauptung, dass kein Plan B vorliegt, ist falsch. Die PdAS hat bereits vor der Abstimmung alle interessierten Organisationen und Einzelpersonen zu einem Treffen am Samstag, 4. November eingeladen, um über eine Volksinitiative zu diskutieren, die Folgendes vorsieht: Der obligatorische Teil der beruflichen Vorsorge soll unter Wahrung des Besitzstandes aller Versicherten allmählich in die AHV integriert werden (siehe dazu auch vorwärts-Nr. 25/26). Aber unabhängig davon, muss die Grundsatzfrage gestellt werden, und die lautet bei der Altersvorsorge: Privat oder durch den Staat? Um die Antwort besser zu finden, ist ein Blick in die Vergangenheit hilfreich. 1972 stimmte das Schweizer Volk dem 3-Säulen-Prinzip grundsätzlich zu. Es war der Gegenvorschlag zur PdA-Initiative «Für eine wirkliche Volkspension». Diese verlangte ein einziges eidgenössisches Versicherungssystem. Bereits bestehende «Versicherungs-, Pensions- und Fürsorgekassen» sollen integriert und die Renten regelmässig der Entwicklung des Bruttosozialprodukts angepasst werden. 1985 brachte das Bundesgesetz über die berufliche Vorsorge dann das Obligatorium und die Details für die Umsetzung. Anders als die erste Säule sollten die zweite und die dritte Säule keine staatlichen Versicherungen sein, sondern private, das heisst im Geschäftsbereich von Banken und Versicherungsgesellschaften. Der Historiker Hans-Ulrich Jost sagt dazu: «Es war einer der genialsten kapitalistischen Schachzüge.» Für Jost war der Einschnitt von 1972 der «Sündenfall in der Geschichte der Altersvorsorge». Der Sündenfall, weil wir uns mit dem 3-Säulen-Prinzip «in die Abhängigkeit von Börsenspekulationen begeben haben». Viel schlimmer noch, denn Jost hält unmissverständlich fest: «Das 3-Säulen-Modell stoppte eine mögliche Weiterentwicklung der AHV.» Das war auch die Absicht. Bereits 1959 rief Versicherungsmann Binswanger eine Lobbykommission ins Leben, die Binswanger-Kommission. Peter Binswanger war Jurist, arbeitete zu Beginn seiner Berufslaufbahn im Bundesamt für Sozialversicherung. Er war jedoch kein Freund einer staatlichen, starken AHV. 1956 wechselte er zur Winterthurer-Versicherung, die heutige Axa. Rasch warnte er vor einem Ausbau der AHV, da dies den Banken und Versicherungen noch mehr gutes Kapital entziehen würde. Und das wollte er natürlich verhindern.

Bollwerk gegen die Volkspension
Die Kommission stand unter dem Patronat der Schweizerischen Lebensversicherungs-gesellschaften. Ab 1961 hiess die Taskforce «Studienkommission für die Probleme der Alters- und Hinterlassenenversicherung» und hatte den Auftrag, ein Alternativmodell zur staatlichen Altersvorsorge zu entwickeln. Die Kommission arbeitete streng geheim. Sie wurde auch von der Wirtschaftsförderung, vom Arbeitgeber- sowie vom Gewerbeverband unterstützt. Für die Organisation des Büros spendeten sie eine Million Franken. Binswanger und die «Winterthur» spielten bei der Ausgestaltung des 3-Säulen-Modells eine Schlüsselrolle. «Das Modell wurde von diesen Leuten ganz klar als Bollwerk gegen eine Volkspension geschaffen», hält dazu Matthieu Leimgruber, Professor für Geschichte in Genf, fest. Er hat seine Doktorarbeit zur Geschichte der Pensionskassen geschrieben. Pikant ist darin auch seine Aussage, warum die AHV-Renten in der Schweiz nicht existenzsichernd sind, obwohl dies ein klarer Auftrag der Verfassung ist: «Die AHV-Renten waren explizit nicht existenzsichernd angelegt worden, damit sie die private Vorsorge nicht konkurrenzieren konnten.» In anderen Worten: Je mieser die staatliche AHV-Rente, desto grösser die Notwendigkeit, sich privat zu versichern und dies zur grossen Freude der Banken und Versicherungsgesellschaften.

Zum Umdenken bewegt?
Nun, die SP und die Gewerkschaften sollten sich auch dies hinter die Ohren tätowieren lassen und sich gleichzeitig die Frage stellen: Durch den Staat oder privat? SP und Gewerkschaften haben mit dem Ja zur AV2020 eine Vorlage unterstützt, welche die Pensionskassen gestärkt hätte. Das ist bedenklich. Es bleibt zu hoffen, dass die Abstimmungsschlappe, die sie kassiert haben, zum Umdenken bewegt. Ach ja, fast vergessen: Die Aussagen der Professoren Jost und Leimgruber sowie weitere Informationen zur Binswanger-Kommission sind in einem spannenden Artikel in der Unia-Zeitung «work» zu lesen vom 5. Dezember 2013. Liest man den Artikel, so wird das Staunen über das Ja der Gewerkschaften zur AV2020 Reform noch grösser. Es sei daher der Rat erlaubt, ins eigene Zeitungsarchiv zu gucken. Dort ist auch nachzulesen, dass nur eine wirklich starke AHV die Lösung für die Zukunft der Renten sein kann!

1 64 65 66 67 68 103