Ciao bello!
Der italienische Ministerpräsident Mateo Renzi ist nach dem Nein des Volks zu seiner Verfassungsreform zurückgetreten. Was kommt nach Renzi? Die wirkliche Gefahr droht von Matteo Salvini, dem Anführer der rechtspopulistischen Lega Nord.
«Ciao bello» titelte die kommunistische Tageszeitung «il manifesto» am Tag nach der Abstimmungsschlappe und den Rücktritt des italienischen Ministerpräsidenten Matteo Renzi. Tausend und ein paar zerquetschte Tage dauerte seine Amtszeit. Die grosse Hoffnung des Partito Democratico (PD), der sozialdemokratischen Regierungspartei, ist weg vom Fenster, sang und klanglos. Am Ende kämpfte er praktisch alleine gegen den Rest für seine Verfassungsreform: Die Rechten und die 5-Sterne-Bewegung des Komikers Beppe Grillo hatte er eh gegen sich. Kommunistische Parteien und Organisationen sowie linke Gewerkschaften hatten sich klar für ein Nein stark gemacht, um ihrer Meinung nach die Grundfeste der Verfassung nicht zu zerstören. Am Ende hat dann selbst der linke Flügel des PD offen dazu aufgerufen, Nein zu stimmen und machte somit Stimmung gegen den eigenen Vorsitzenden Renzi. Sein grosser und gleichzeitig stümperhafter politischer Fehler war, dass er das Referendum über seine höchst fragwürdige Verfassungsreform personalisiert hat. Es ging nicht mehr um die Sache, sondern nur und ausschliesslich um die Frage: «Renzi Si o Renzi No?» Die Antwort ist jetzt bekannt.
Wie gespalten der PD ist, zeigte wenige Tage nach dem Nein ein Interview mit Michele Emiliano, dem Präsidenten der Region Apulien und PD-Mitglied. In der TV-Sendung «Matrix» auf dem Berlusconi-Sender «Canale 5» stellte er Renzi als einen machthungrigen, kleinen Diktator dar. Emiliano behauptete weiter, Renzi sei selbstherrlich und habe die Verfassungsreform konzipiert und durchboxen wollen, um seine eigene Macht zu festigen. Schwerwiegende Vorwürfe. Pikant an der Sache ist, dass Emiliano bis vor nicht allzu langer Zeit ein glühender Anhänger von Renzi war. Emiliano unterstützte Renzi tatkräftig auf seinem Weg zur Macht innerhalb der Partei und zum Regierungschef. Dazu sagte Emiliano im Interview: «Das bereue ich heute sehr!» Der Präsident Apuliens gilt als ein heisser Kandidat für das Amt des PD-Parteivorsitzenden und zwar unabhängig davon, ob Renzi wieder dafür kandidieren wird oder nicht.
Salvini schlimmer als Trump
Renzi ist Geschichte, was bringt die Zukunft? Es wird zu Neuwahlen kommen. Nun darf man darüber spekulieren, wann diese stattfinden werden und mit welchem Wahlgesetz. Aber das sind Details schon fast am Rande. Die Gefahr droht von einem Komiker und der populistischen Rechten der Lega Nord mit ihrem Anführer Matteo Salvini. Grillo und seine 5-Sterne-Bewegung ist eine heterogene Wundertüte mit Positionen, die von heute auf morgen wechseln können. Dort, wo sie am Machthebel sitzt, wie etwa in der Stadt Rom, zeichnet sie sich durch interne Streitigkeiten und Chaos aus. Mit Beppe Grillo droht in Italien das noch grössere Chaos. Kaum vorstellbar, aber doch möglich. Die Bewegung von Grillo konnte grosse Wahlerfolge verbuchen, sie ist aber noch jung und in der Bevölkerung noch nicht verankert. Das ist aber die rechtspopulistische und rassistische Lega Nord von Matteo Salvini. Im Norditalien gibt sie seit Jahren in verschiedenen Regionen den Ton an, vor allem auf kommunaler Ebene. Sie hat eine grosse, militante Basis und eine in der Lokalpolitik eingebettete, gut funktionierende Struktur. Salvini als italienischer Trump zu bezeichnen, ist falsch: Salvini ist schlimmer als Trump! Ein Beispiel: Salvini nennt die Boote der italienischen Küstenwache, die im Mittelmeer Flüchtlinge vor dem Tod retten, «Taxis für illegale Einwanderer». Mateo Salvini ist im gleichen Atemzug zu nennen mit Viktor Orbán aus Ungarn, Marie Le Pen aus Frankreich und Frauke Petri aus Deutschland. Von Salvini und das von ihm propagierte, in der Bevölkerung verankerte Gedankengut ist die wirkliche, grosse Gefahr in Italien.
Aus dem vorwärts vom 23. Dezember 2016 Unterstütze uns mit einem Abo.