syndicom: Die neue Gewerkschaft ist da

Ein langer Prozess kommt zum Abschluss, der die Gewerkschaftslandschaft Schweiz verändert: Heute Freitag, 3. Dezember, haben 500 Delegierte der Gewerkschaften Kommunikation und comedia am Fusionskongress im Stade de Suisse in Bern die Gewerkschaft Medien und Kommunikation syndicom gegründet.

syndicom wird mit rund 47 000 Mitgliedern eine der drei grössten Gewerkschaften im Schweizerischen Gewerkschaftsbund, SGB. Aber der Rang ist unwichtig: Was zählt ist: mehr gewerkschaftliche und politische Schlagkraft. Mehr Gewicht in der öffentlichen Debatte und der Sozialpartnerschaft. Mehr Nähe zu den Mitgliedern. Und die Organisation von mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, aufgeteilt in die Sektoren Logistik (Branchen: Post, KEP, Mail, Verkehr/Infrastruktur), Telecom (Branchen: Telecom, IT, Call Center, Telekommunikationsgewerbe) und Medien (Branchen: Grafische Industrie und Verpackungsdruck, Buch und Medienhandel, Presse und elektronische Medien, visuelle Kommunikation).

syndicom ist mehr als die beiden Gründergewerkschaften zusammen: Die neue Gewerkschaft verfügt auch über eine erneuerte, effizientere Milizstruktur und eine besser für den Wandel der Branchen gewappnete Profistruktur – dank mehr Präsenz in der Fläche. Denn syndicom ist ab 1. Januar in nicht weniger als 17 Regionalsekretariaten präsent (bisher waren es 9 bei der Gewerkschaft Kommunikation und 5 bei comedia).

Kopräsidium Alain Carrupt und Danièle Lenzin

Als weiteren wichtigen Entscheid haben die Delegierten für die neue Gewerkschaft ein Kopräsidium bestimmt: Es besteht in den nächsten drei Jahren aus Alain Carrupt, bisher Zentralpräsident Gewerkschaft Kommunikation, und Danièle Lenzin, vormals Kopräsidentin comedia, die glanzvoll gewählt worden sind.

Visuelle Identität – konsequent modern

Anschliessend wurde den Delegierten der Auftritt von syndicom präsentiert. Die Kreation der visuellen Identität wurde im Wettbewerbsverfahren an das Studio KO aus Yverdon-les-Bains vergeben. Der visuelle Auftritt sticht mit seiner Originalität aus der Gewerkschaftslandschaft heraus und besteht aus einer vielseitig verwendbaren Palette von Piktogrammen zur Darstellung der Branchen, Werte und Aktionen der neuen Gewerkschaft: Schwarz steht für die Aktion, Blau für unsere Werte und Gelbgrün für die Vielfalt der Branchen.

Einsatz für Pressefreiheit

Die Mediengewerkschaft comedia übergab heute Donnerstag dem Verband Schweizer Presse (VSP) eine «dringliche Erklärung zur Lage des Journalismus in der Schweiz». Die Unterzeichnenden wehren sich gegen vermehrte Einflussnahme der Verleger auf die redaktionelle Arbeit. Die journalistische Unabhängigkeit dürfe nicht noch mehr den kommerziellen Interessen geopfert werden.

Eine Delegation von JouralistInnen und AktivistInnen der Mediengewerkschaft comedia übergab heute Donnerstag dem Verband Schweizer Presse (VSP) eine «dringliche Erklärung zur Lage des Journalismus in der Schweiz». Vor dem Sitz der grössten Arbeitgeberorganisation der schweizerischen Pressebranche an der Konradstrasse 14 in Zürich nahm VSP-Geschäftsführer Hanspeter Kellermüller den von fast 600 Medienschaffenden, Kulturschaffenden, GewerkschafterInnen, PolitikerInnen und kritischen LeserInnen unterschriebenen Aufruf von comedia in Empfang.

In einer schriftlichen Antwort auf die Erklärung der JournalistInnen relativierte der Verlegerverband noch gleichentags einige Aussagen, die sein Präsident Hanspeter Lebrument beim diesjährigen Verlegerkongress zur inneren Pressefreiheit der Zeitungsredaktionen und zu den Prinzipien des Presserates gemacht hatte. Lebruments Rede sei missverstanden worden, erklärt nun der VSP, es gehe den Verlegern «in keiner Weise darum, die redaktionelle Unabhängigkeit den kommerziellen Interessen des Verlags unterzuordnen». Die Herausforderungen, die sich für die Zukunft der Presse derzeit stellten, müssten von Verlegern und Journalistinnen gemeinsam gemeistert werden.

Mit ihrer «dringlichen Erklärung», die unter dem Titel «Stand up for Journalism. JournalistInnen wehren sich für ihre elementarsten Rechte» am internationalen Aktionstag der Europäischen Journalistenorganisationen lanciert worden ist, hat die Mediengewerkschaft comedia – zusammen mit vielen prominenten UnterzeichnerInnen – die Schweizer Zeitungsverleger aufgefordert, sich von ihrem Präsidenten zu distanzieren. Lebrument wird unter anderem vorgeworfen, er wolle den Presserat für kommerzielle Zwecke instrumentalisieren und den direkten Einfluss der Verleger auf die journalistische Berichterstattung verstärken. Die Gewerkschaft verlangt dagegen, dass sich die Arbeitgeber in der Zeitungsbranche zur inneren Pressefreiheit der Redaktionen und zur Unabhängigkeit des Presserats bekennen. Die Würde des journalistischen Berufes sei von den Verlegern zu respektieren. Journalistische Qualität dürfe nicht allein an ihrem wirtschaftlichen Erfolg gemessen werden. Schliesslich fordert comedia erneut sozialpartnerschaftliche Verhandlung zwischen Verlegern und JournalistInnenorganisationen, da es in der deutschschweizerischen und Tessiner Pressebranche seit 2004 keinen Gesamtarbeitsvertrag mehr gibt.

Angesichts der bevorstehenden Rezession und der wirtschaftlichen Unsicherheiten im Zeitungswesen ist die Gewerkschaft comedia allerdings bereit, gemeinsam mit den Verlegern über die Zukunft der Branche nachzudenken und dabei auch neue, sozialpartnerschaftliche Lösungen zu suchen. Sozialpartnerschaft brauche jedoch als Minimalstandard einen Kollektivvertrag, erklärte comedia-Zentralsekretärin Stephanie Vonarburg am Donnerstag. Die mehr als vierjährige vertragslose Situation in der Schweizer Pressebranche werde heute in ganz Europa mit Kopfschütteln betrachtet. Dies umsomehr, als die Verleger mit dem kürzlichen Beitritt zum Presserat das Recht auf einen Kollektivvertrag ausdrücklich anerkannten.

Quelle: Mediengewerkschaft comedia (www.comedia.ch)

Journalisten fordern GAV Verhandlungen

Die Journalistenorganisationen impressum und comedia verlangen vom Verlegerverband Schweizer Presse Verhandlungen über einen Gesamtarbeitsvertrag. Sie fordern damit eine Verpflichtung ein, welche die Verleger beim Beitritt zur Stiftung Schweizer Presserat eingegangen sind.

Der Journalistenverband impressum und die Mediengewerkschaft comedia verlangen vom Verlegerverband Schweizer Presse baldige Terminvorschläge für Verhandlungen über einen Gesamtarbeitsvertrag. Denn mit seinem Beitritt zur Stiftung Schweizer Presserat am 1. Juli 2008 hat der Verlegerverband das Recht auf Kollektivvertragsverhandlungen anerkannt.

Die Organisationen der Journalistinnen und Journalisten erneuern anlässlich des Kongresses von Schweizer Presse in Montreux eine Forderung, die sie am 30. Juni erhoben haben. In seiner Antwort vom 20. August bestreitet der Verlegerverband, dass mit dem Beitritt zur Stiftung Schweizer Presserat ein Anspruch auf Verhandlungen entstanden sei. Die diesbezüglichen Dokumente und Protokolle sind jedoch eindeutig.

In der „Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten“ des Presserates heisst es: „Sie haben Anspruch auf eine klare Regelung der Arbeitsbedingungen durch einen Kollektivvertrag.“ Und in der dazugehörigen, von Schweizer Presse unterschriebenen Protokollerklärung steht: „Die Parteien bekennen sich zum Prinzip der Sozialpartnerschaft, insbesondere zur überindividuellen Regelung der Arbeitsverhältnisse. Die Verlegerinnen und Verleger respektieren die Koalitionsfreiheit und anerkennen das Recht auf Kollektivvertragsverhandlungen.“ Dass gemäss Interpretation von Schweizer Presse damit nicht in erster Linie ein Branchen-GAV, sondern andere Formen von kollektiven Regelungen, wie etwa Hausverträge, gemeint sind, ergibt sich weder aus dem Text noch aus den Verhandlungen aus denen er hervorgegangen ist.

Auch Peter Studer, bis Ende 2007 Presseratspräsident und von Beginn an Befürworter des Verlegerbeitritts, ist mit der Interpretation der Verlegerverbandsspitze nicht einverstanden: „Die Romands zeigen einen Kollektivvertrag vor, der beiden Seiten einiges abverlangte. Und die Freizügigkeitsproblematik führte jetzt in der ganzen Schweiz zu einer Renaissance der Kollektivverträge. Mir ist unverständlich, weshalb sich der Kreis um Lebrument sogar gegen die ersten, im Ergebnis offenen Wegmarken zu sträuben scheint. Das verstösst krass gegen Treu und Glauben.“

Der Verband Schweizer Presse hatte den aus dem Jahr 2000 stammenden GAV für die Deutschschweiz und das Tessin auf den 1. August 2004 gekündigt. Verhandlungen für einen neuen GAV blockierte er zuerst durch unerfüllbare Vorbedingungen, später lehnte er sie grundsätzlich ab. Ein von den Journalistenorganisationen angerufenes Schlichtungsverfahren bei der Eidgenössische Einigungsstelle zur Beilegung von kollektiven Arbeitsstreitigkeiten ist nach wie vor hängig. Leider hat sich der Verlegerverband auch vor der Schlichtungsstelle nicht kooperativ verhalten.

Von Herbst 2007 bis Sommer 2008 fanden zwischen den Sozialpartnern Gespräche über die durch den Wegfall des GAV für Journalistinnen und Journalisten entstandenen Probleme statt. In diesen Gesprächen, die stets als informell bezeichnet wurden, hat der Verband Schweizer Presse klar gemacht, dass er nicht bereit sei, auch nur für Teilbereiche ein für seine Mitglieder verbindliches Abkommen abzuschliessen.

In der Westschweiz besteht ein Gesamtarbeitsvertrag für die Presse. In anderen Ländern ist er eine demokratische Selbstverständlichkeit. Auch in der Schweiz sind GAVs im Aufwind: Immer mehr Beschäftigte stehen unter kollektivvertraglichem Schutz. Die Presse kann hier gemäss Mitteilung der Journalistenorganisationen nicht weiter als „unsoziale Exotin“ funktionieren.