Das Ziel ist klar!

Auf der Traktandenliste standen die Punkte «Bilanz der Nationalratswahlen» und «Organisation und Zukunft der Partei». Die beiden Themen wurden an der ZK-Sitzung gemeinsam diskutiert, da sie durchaus einen Zusammenhang haben. Der Präsident Norberto Crivelli eröffnete die Diskussion mit der Feststellung: «Wir sind eigentlich schon daran gewöhnt, dass wir keinen Nationalrat und keinen Kontakt dorthin mehr haben, da Joseph Zisyadis schon einen Monat nach seiner letzten Wahl  vor vier Jahren die Partei faktisch verlassen hat.» Wie wahr, doch in seinen Worten steckt auch die bittere Tatsache, dass die Partei keine Antworten fand, um den Weggang von Zisyadis schadlos zu überstehen, sprich mindestens einen Sitz im Nationalrat zu halten. Es entwickelte sich eine lange Diskussion über das Funktionieren, die Strukturen und die Identität der Partei. So kontrovers und teilweise auch hitzig die Diskussion war, kann sie mit dem Votum der Genossin Delya aus Neuenburg zusammengefasst werden: «Wir haben wirklich ein Problem mit der Disziplin. Die Zukunft unserer Partei hängt davon ab, dass wir über das neue Programm diskutieren. Das sollte bewirken, dass auch nicht mehr von ‹Sektierern› gesprochen wird.» Sie fügte aber auch hinzu: «Unsere Ideen werden oft  von anderen Kräften der Linken geklaut. Das zeigt doch, dass wir gar nicht so schlecht sind.» Der Weg der PdAS ist für die nächsten Monaten vorgegeben: Es braucht eine gut organisierte Diskussion über ein neues Parteiprogramm, das die Identität klar definiert. Ein schwieriger Prozess, der im Spätherbst 2012 mit dem Parteitag abgeschlossen werden soll, so die einstimmige Meinung im ZK.

Le Locle als Vorbild

Die Diskussion im ZK zeigte aber eine weitere Tatsache auf, die widersprüchlich und gleichzeitig positiv ist: Während die PdAS nur mit Mühe gemeinsame, landesweite Aktionen organisieren und durchführen kann, gibt es aus den einzelnen Sektionen sehr positive Zeichen. So zogen vier der sechs Sektionen, die an den Wahlen teilnahmen, eine durchaus positive Bilanz der Wahlkampagne. Im Tessin hat die Partei im Vergleich zu den Nationalratswahlen 2007 gut 300 NeuwählerInnen gewonnen. «Keine grosse Zahl», sagte Leo aus dem Tessin, «aber doch ein klares Zeichen, dass wir auf dem richtigen Weg sind.» Er erinnerte auch daran,  dass die Partei im Tessin vor allem von jungen GenossInnen getragen wird, die um «eine weitere, wichtige Erfahrung» reicher geworden sind.

Ähnliches gilt für Zürich: «Wir haben an den Wahlen teilgenommen, um die Entwicklung innerhalb der Sektion zu verstehen. Konkret: Wie gut können wir eine Kampagne organisieren und umsetzen?» Die Frage stellte sich, weil die Sektion Zürich in den letzen Monaten einige neue, junge und aktive GenossInnen gewonnen hat. Siro: «Wir ziehen eine gute Bilanz. Einige Sachen müssen wir korrigieren, aber wir sind für den nächsten Schritt bereit.»

In Bern hat sich «die Sektion durch den Wahlkampf bekannter gemacht», erklärte Rolf. Nicht zuletzt durch die Tatsache, dass in über 700?000 Haushalte die PdA-Informationen geliefert wurden. Spannend auch die Tatsache, dass in den Medien der Stadt Bern die Partei totgeschwiegen, sie jedoch «eine gewisse Präsenz im Jura und im Berner Oberland» hatte. Auch die Berner Genossen ziehen eine positive Bilanz und sprachen von «einer wichtigen und guten Erfahrung für die Zukunft», vor allem weil «die Mobilisierung sehr erfreulich war».

Mit dem Genossen Denis de la Reussille, dem Stadtpräsidenten von Le Locle, «hatten wir einen Spitzenkandidaten, der bei der Bevölkerung sehr beliebt ist», erklärte German, der kantonale Sekretär der PdA-Neuenburg. In Le Locle erreichte die Partei 27.8 Prozent der Stimmen (!) und Denis bekam mehr Stimmen als die gewählte Vertreterin der Grünen. Da aber die Grünen leicht mehr Listenstimmen als die PdA schafften, wurde der Sitz grün und nicht rot. Schade, weil die GenossInnen die gute Kampagne im ganzen Kanton unterstrichen und ihren Wähleranteil dadurch auch steigern konnten – es reicht trotzdem ganz knapp nicht. Doch: «Wir haben die Erkenntnis, eine gute Arbeit geleistet zu haben – und das ist für uns wichtig».

Den Sitz geklaut

Nur die GenossInnen aus Genf und dem Kanton Waadt hatten nichts Gutes zu berichten. Genau jene beiden Sektionen, die über Jahren die Flaggschiffe der PdA-Flotte waren, sind in einer tiefen Krise. Die Genfer GenossInnen gaben ihren Frust und ihre Enttäuschung über das schlechteste Wahlergebnis ihrer Geschichte offen zu. Nun soll die Arbeit in den verschiedenen Stadtquartieren verstärkt und mit konkreten Forderungen nahe bei der Bevölkerung politisiert werden.

Ausführlicher wurde der Genosse aus dem Kanton Waadt. Er erklärte, dass «eine Reihe von Gründen» für die Wahlschlappe verantwortlich waren, welch die Partei «in einen Teufelskreis» hineingezogen hat. Doch einer der Hauptgründe liegt bereits vier Jahren zurück, die Wirren um den Nationalratssitz im 2007: Gewählt wurde damals Marianne Huguenin, der zweite Sitz ging verloren. Auf Druck von Joseph Zysiadis verzichtete Huguenin auf den Sitz. Dies löste eine Welle der Empörung aus. Marianne bekam Hunderte von Protestbriefen, vor allem von Frauen, die sie gewählt hatten. So erklärte der Genosse: «Es haben die Wahllokomotiven gefehlt, Marianne hat nicht mehr kandidiert, weil sie sich durch ihren Sitzverzicht vor vier Jahren selbst abgesägt hat.» Hinzu kam, so der Genosse, dass «Zysiadis uns den Sitz dann geklaut hat». Da die SP im Kanton Waadt linke Positionen vertritt wie sonst kaum eine andere SP-Sektion, wurden die GenossInnen während der Wahlkampagne oft mit der Frage der «nützlichen Stimme» konfrontiert. Warum die PdA wählen, wenn die SP im Parlament viel mehr bewirken kann? Weil wir Kommunisten sind!

Diese  Frage schliesst so quasi den Kreis der Diskussion mit der Erkenntnis, dass die PdA ein neues Programm und eine klare Identität braucht. Eine schwierige Aufgabe, wie bereits erwähnt, aber ein Ding der Unmöglichkeit ist es nicht. So nannte Larry, ein junger Genosse aus dem Kanton Waadt, das Beispiel aus Portugal: «Der KP Portugal ist es gelungen, die GenossInnen hinter einem Programm zu scharen. Es ist daher kein Zufall, dass sie wieder recht erfolgreich ist.» Das Ziel ist klar!

DKP schafft erste Hürde!

Die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) hat die erste wichtige Hürde für einen Wahlantritt bei der EU-Wahl im Juni genommen. 7 200 Unterschriften, welch die Mitglieder der DKP bei ihren Freunden und Kollegen, bei Nachbarn, im Wohngebiet, bei Demonstrationen und Veranstaltungen gesammelt haben, wurden dem Bundeswahlleiter übergeben.

DKP-Spitzenkandidat Leo Mayer betonte in einem Interview mit der Zeitschrift «Marxistische Blätter» die Bedeutung der diesjährigen Wahl: «Die Wahlen zum Europäischen Parlament finden in einer aussergewöhnlichen Situation statt. Da ist einmal die politische Krise, in der sich die Europäische Union befindet. Das Nein der irischen, französischen und niederländischen BürgerInnen zum Vertrag von Lissabon und zur EU-Verfassung hat gezeigt, dass eine wachsende Anzahl von Menschen in Europa mit der undemokratischen und unsozialen Politik der Europäischen Union nicht einverstanden ist. Da ist aber vor allem die Finanz- und Wirtschaftskrise. Wir sind mit einer Krise des globalen Kapitalismus konfrontiert, die ungeheure Verunsicherung und Elend über Millionen Menschen bringt und die eine unmittelbare Folge der kapitalistischen Produktionsweise selbst ist. Es handelt sich zwar um keine Systemkrise, weil ein gesellschaftlicher Block fehlt, der mit einem alternativen Programm den Kapitalismus herausfordern und überwinden könnte. Aber trotzdem steht jetzt schon fest: Es wird nicht so weitergehen, wie es vor der Krise war. Denn es brechen nicht nur Banken und Konzerne zusammen. Es bricht das bisherige Wachstumsmodell des globalen Kapitalismus zusammen.»

Massenentlassungen verhindern

Mayer sieht eine «Legitimationskrise» der neoliberalen Politik: «In solchen Zeit steht auf einmal vieles zur Debatte, was noch vor kurzem als ausserhalb jeglicher gesellschaftlicher Möglichkeit lag. Das Spektrum der für möglich gehaltenen Alternativen erweitert sich. Jetzt gilt es, Massenentlassungen zu verhindern, Tarifforderungen trotz des Drucks der Krise durchzusetzen, weitere Privatisierungen abzuwehren und soziale Leistungen zu verteidigen. Aber so lange wir in einer Gesellschaft leben, die von der kapitalistischen Produktionsweise beherrscht wird, so lange wird es Krisen wie diese geben. Deshalb muss der Kampf gegen die Abwälzung der Krisenlasten mit dem Kampf für die Überwindung der kapitalistischen Produktionsweise und für eine sozialistische Alternative verbunden werden. Mit unserer Kandidatur bringen wir in die gegenwärtigen Kämpfe die Frage nach der gesellschaftlichen Alternative und der kommunistischen Zukunft ein.»

Weitere Infos und Interview auf: www.kommunisten.eu