Protest in der Börse Frankfurt

Mit einer Aktion zivilen Ungehorsams in der Frankfurter Börse haben 25 Aktivistinnen und Aktivisten des globalisierungskritischen Netzwerkes Attac am heutigen Montag gegen die Macht der Kapitalmärkte protestiert.

Als Teilnehmer einer Börsenführung gelang es den Aktivisten, über die Brüstung der Besuchergalerie in der Börse zu klettern und ein großes Transparent mit der Aufschrift „Finanzmärkte entwaffnen! Mensch und Umwelt vor Shareholder Value!“ über der Dax-Anzeigentafel zu entrollen.

„Die Wut der Menschen über das Versagen von Banken und Politikern ist riesig. Es ist allerhöchste Zeit, dieser Wut Ausdruck zu verleihen und an Orten wie diesem zu protestieren“, sagte Stefan Schultheiß, einer der Attac-Aktivisten. Statt die Probleme an der Wurzel zu packen, würden die Aktivitäten der Bundesregierung allein darauf abzielen, die Finanzmärkte mit gigantischen Mitteln aus der Staatskasse – also auf Kosten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler – so zu beruhigen, dass der Casinobetrieb anschließend weiter gehen könne. Von einem ersten Schritt zu einem neuen Finanzsystem sei nichts zu sehen.

„Kurzfristiges Krisenmanagement reicht nicht“, betonte Stephan Schilling, Mitglied des bundesweiten Attac-Koordinierungskreises. „Die Krise ist das Symptom einer tiefer liegenden Krankheit: eines Wirtschaftssystems, das auch während seines Normalbetriebs alle gesellschaftlichen Ziele dem Shareholder Value, dem Profit der Aktienbesitzer, unterordnet – zu Lasten von Arbeitsplätzen, sozialer Gerechtigkeit und Klimaschutz. Damit muss Schluss sein. Das Casino gehört geschlossen.“

Als jetzt notwendige Schritte forderte Attac die sofortige Einführung einer Finanztransaktionsteuer auf europäischer Ebene, um die Spekulation zu reduzieren und die Kurzfristorientierung der Finanzmärkte zu schwächen. Ein Finanzmarkt-TÜV müsse eingerichtet werden, der neue Finanzinstrumente standardisiert und prüft, bevor sie gehandelt werden dürfen. Das Schattenbankensystem aus Hedge-Fonds, Zweckgesellschaften und anderen unregulierten Finanzakteuren sei zu verbieten. Um den Renditedruck der Aktienbesitzer auf die Unternehmen zu schwächen, fordert Attac zudem Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei geplanten feindlichen Übernahmen und die Stärkung der Betriebsräte.

G7: Substanzlose Erklärung statt Systemwechsel

Mit scharfer Kritik hat das globalisierungskritische Netzwerk Attac auf die am heutigen Samstag von den G7-Finanzministern vorgelegte Erklärung zur Finanzkrise reagiert. „Angesichts der Dramatik dieser Krise ist die Erklärung in nur einer Hinsicht aussergewöhnlich: aussergewöhnlich substanzlos.“, sagte Stephan Schilling, Finanzmarktexperte im bundesweiten Attac-Koordinierungskreis. Zentrale Probleme wie die globalen Ungleichgewichte bei Handelsbilanzen und Währungen würden nicht einmal erwähnt. Zudem lasse der Plan über unverbindliche Absichtserklärungen hinaus keinerlei Willen erkennen, die Kosten der Krise jene tragen zu lassen, die sie verursacht haben.

„Die Regierungen der Industrieländer sind gefangen in der neoliberalen Ideologie der nationalen Standortkonkurrenz. Es fehlt immer noch am Willen zu einer kooperativen Lösung.“ Zudem räche sich jetzt auf bittere Weise, dass die führenden Industrieländer in den angeblich guten Zeiten der Globalisierung alle Versuche blockierten, Strukturen für eine globale Regulierung und Aufsicht der Weltwirtschaft aufzubauen.

Einen ersten Vorgeschmack darauf, was passiere, wenn das Krisenmanagement den Nationalstaaten überlassen bleibe, gebe der aktuelle Konflikt zwischen Island und Grossbritannien, die sich gegenseitig die Konten sperren.

„Es ist skandalös, die Krisenhilfe nicht an einen Systemwechsel zu koppeln“, sagte Detlev von Larcher, ebenfalls Finanzmarktexperte im Attac-Koordinierungskreis. „Mit dem Umbau des Finanzsystems muss nun endlich auf allen Ebenen begonnen werden, um das Diktat der Kapitalmärkte über die Realökonomie zu brechen und den damit verbundenen Druck auf das Sozial- und Steuersystem zu stoppen.“