«Wir können nicht untätig bleiben»

Ronnie Draper. Die mutigen Aktionen der schlecht bezahlten «McStrikers», den McDonald’s-Angestellten, die wegen den schlechten Arbeitsbedingungen beim Grosskonzern in den Streik getreten sind, inspirieren die ArbeiterInnenbewegung in ganz Grossbritannien.

Der 4. September wird ein Tag sein, der der britischen Gewerkschafts- und ArbeiterInnenbewegung noch für Jahre in Erinnerung bleiben wird. An dem Tag fand der erste Streik von McDonald’s-Angestellten in Grossbritannien statt. Wenn man auf die Mainstream-Medien hört, wurde der Streik von einer unbedeutenden Zahl von ArbeiterInnen in nur zwei Restaurants durchgeführt, einmal in Cambridge und ein weiteres Mal in Crayford. Tatsächlich hatten die Aktionen weit grössere Auswirkungen.
An jenem Tag hatten Mitglieder der BFAWU, der Gewerkschaft in der Lebensmittelbranche, mit die Unterstützung von anderen Gewerkschaften und Sympathisierenden um 6 Uhr morgens einen ersten Streikposten an beiden Standorten auf die Beine gestellt. Insgesamt streikten etwa 40 Angestellte. In Cambridge versammelten sich an dem Tag 60 Demonstrierende, in Crayford sogar über 100. Ich hatte das Vergnügen Schulter an Schulter zu stehen mit unseren Mitgliedern in Crayford, unser Gewerkschaftspräsident war in Cambridge anwesend. Der Streikposten zog dann nach London, wo eine grosse Kundgebung im Palasthof des Palace of Westminster stattfand. Dort konnten unsere jungen AktivistInnen den PolitikerInnen und der Weltpresse von ihren Erfahrungen bei McDonald’s berichten.

Profite vor Menschen
Die Kundgebung wurde vom Comedian Mark Thomas geleitet und vom Schattenkanzler John McDonnell, der neuen Labour-Parlamentarierin Laura Pidcock und zahlreichen britischen und internationalen GewerkschafterInnen unterstützt. Auch Labour-Anführer Jeremy Corbyn sprach seine Unterstützung für die Streikenden aus; er fordert ein Ende der Nullstundenverträge und einen Mindestlohn von 10 Pfund die Stunde. Das McDonald’s-Unternehmen beschäftigt fast 86 000 Menschen in Grossbritannien, von denen 86 Prozent auf der Basis von Nullstundenverträgen arbeitet.
Die McDonald’s-Arbeiterin Shen Batmaz aus Crayford erklärte: «Wir wollen mit Würde behandelt werden und einen anständigen Lohn bekommen. Wenn wir vor der Wahl stehen, entweder Essen auf den Teller zu haben oder unseren Kindern Schuhe zu kaufen, entscheiden wir uns dafür, für unsere Interessen einzustehen. Wir können es uns nicht leisten, untätig zu bleiben!»
Die Aktion fand sofort Zuspruch im restlichen Land: Etwa 20 Demonstrationen gegen den Grosskonzern fanden statt und machten auf den mutigen Streik aufmerksam, der gegen den zweitgrössten Arbeitgeber der Welt geführt wurde, gegen ein Unternehmen, das Profite in Milliardenhöhe einstreicht. McDonald’s ist ein Konzern, der seinen ManagerInnen mehr als 15 Millionen US-Dollar im Jahr zahlen kann oder, um es greifbarer zu machen, etwa 8000 US-Dollar die Stunde. Wenn man dies mit der Armut vergleicht, in die das Unternehmen weltweit seine ArbeiterInnen wirft, wird klar, wo seine Prioritäten liegen: Profite vor Menschen.

Schlimme Situation
Die Horrorgeschichten, die man von den ArbeiterInnen der McDonald’s-Betriebe zu hören kriegt, lassen einem die Haare zu Berge stehen: Ein junger Mann aus Crayford beispielsweise muss auf dem Boden der Wohnung seines Arbeitskollegen schlafen, weil er sich kein eigenes Dach über dem Kopf leisten kann. Oder eine junge Frau, der die Arbeitsstunden von 40 auf 16 runtergekürzt wurden, ohne sie zu fragen oder mit ihr zu verhandeln. Oder einem jungen Arbeiter wurde von seinem Chef gesagt: «Wir bezahlen dich, damit wir dich dann rausschmeissen können.»
In den Restaurants herrscht eine Kultur von Mobbing und Schikane. Die ManagerInnen nehmen ihre Angestellten bewusst aus der Sichtweite der KundInnen und Überwachungskameras, um sie anzuschreien und sie zu misshandeln. Tatsache ist, das einer der Hauptgründe für den Streik der Widerwille des Konzerns war, Reklamationen der ArbeiterInnen nachzugehen. Seit die BFAWU involviert wurde, kam es allerdings zur Suspension eines Managers und zur Entlassung eines anderen.

Kontrolle und Prävention!
McDonald’s soll die Verantwortlichen für diese Fälle jedoch nicht bloss feuern; das Unternehmen ist aufgefordert sie im Voraus zu verhindern. Wir wissen: Das geschieht am besten, wenn die Gewerkschaften anerkannt sind, wenn eine gute Präventionspolitik herrscht und wenn Kontrollen durchgeführt werden.
In einer Mitteilung, die von McDonald’s nach dem Streik veröffentlicht wurde, erklärte das Unternehmen, dass alle Angestellten die Option erhalten werden, Verträge mit garantierten Arbeitsstunden bis Ende Jahr abzuschliessen.

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