TISA: Weitere Schritte in der Privatisierung

tisa-banner-dang-ngo-31Seit Anfang 2012 laufen in Genf hinter verschlossenen Türen die Gespräche und Verhandlungen über die Abkommen TiSA und TTIP. Das Ziel dieser sind weitere Privatisierungen und die Beseitigung von Handelshemmnissen im Dienstleistungssektor. Dass die Folgen der beiden Abkommen vor allem die Werktätigen trifft und nicht deren Bosse, wird schnell klar.

Das Ziel von TiSA («Trade in Service Agreement», zu Deutsch «Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen») ist die globale Liberalisierung von Dienstleistungen. Dabei handelt es sich beim Abkommen um einen völkerrechtlichen Vertrag, bei dem über 20 Staaten eingebunden sind, darunter auch die USA und die EU, wobei die EU als ein Staat gilt. Faktisch sind also über 50 Staaten in die Verhandlungen involviert. Schaut man sich die Informationen über TiSA an, die trotz Geheimhaltungsversuchen durchgesickert sind, so wird deutlich, was die primären Ziele der Verhandlungen sind: Einerseits werden die Privatisierungen staatlicher Betriebe vorangetrieben, andererseits soll gleichzeitig durch das Abkommen verhindert werden, dass die Privatisierungen rückgängig gemacht werden können. Kurzum bedeute dies, dass einmal privatisierte Staatsbetriebe wie Wasserwerke niemals mehr verstaatlicht werden können, egal in welche missliche Situationen die Privatisierung führt. Gleichzeitig führt das TiSA-Abkommen Punkte zur staatlichen Handhabung von Privatisierungen auf. Diese beinhalten, typisch für supranationale Klauseln, Bestimmungen darüber, in welchem Masse Privatisierungen staatlicher Betriebe vorzunehmen seien. Wäre das TiSA-Abkommen schon für die Schweiz verbindlich in Kraft getreten, als das Zürcher Stimmvolk gegen die Privatisierung des EWZ abgestimmt hat, wäre dieser Entscheid für ungültig erklärt worden. Charakteristika von supranationalen Bündnissen sind, dass sie die Souveränität der beteiligten Staatsnationen indirekt angreifen. Dies führt oftmals zu inneren Widersprüchen und Interessenskonflikten, was schon manche Verhandlungen scheitern liess.

Staat als Markthemmnis

Legitimiert wird der Kernpunkt des TiSA-Abkommens durch die Argumentation, dass durch die staatliche Unterstützung gewisser Betriebe wie Schulen oder Elektrizitätswerke anderen Marktteilnehmern der Eintritt in den Handel erschwert oder gar verwehrt bleibe. So wird auch bei staatlichen Auflagen im Bereich Gesundheit oder Umwelt von «Markthemmnissen» gesprochen, die es zu beseitigen gilt. Es scheint zentral zu sein, für das Kapital und seine Interessen die Wege so breit wie nur möglich zu ebnen. Das oberste Ziel ist dabei die Profitmaximierung. Wird diese durch Privatisierungen durchgerungen, bedeutet dies meist eine weitere Verschärfung der Arbeitsbedingungen für die Lohnabhängigen einerseits und eine Verschlechterung der Lebensbedingungen andererseits. Gerade wenn im Gesundheits- oder Bildungssektor privatisiert wird, bedeutet dies, dass nur noch die zahlungskräftige Minderheit der Bevölkerung es sich leisten kann, für die eigene Vorsorge und Ausbildung aufzukommen. Motiviert sind Privatisierungen oftmals durch Krisen des Kapitalismus. Gleichermassen wie die kapitalistische Urbanisierung ist die Privatisierung eine Alternative in Krisensituationen, falls das Spielfeld für neue Investitionen eng wird. Betriebe, welche früher einen öffentlichen Auftrag gegenüber der Bevölkerung innehatten, sollen zukünftig in private Taschen rentieren.

TiSA reiht sich historisch in die Verhandlungen über MAI («Multilaterales Abkommen für Investitionen»), welches von den OECD-Staaten entworfen, aber nie angenommen wurde. Dieses wiederum lässt sich als ein Versuch zur Verschärfung des GATS-Abkommen («Allgemeine Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen») beschreiben. Mit den GATS-Verhandlungen wurde im Besonderen die Privatisierungen von elementaren Diensten wie Wasser, Gesundheitswesen uns Bildung vorangetrieben. Versuche, Privatisierungen zu etablieren und dadurch mehr Profit zu generieren, ist nicht etwas, was erst durch TiSA unternommen wurde. TiSA und TTIP stellen vielmehr eine neue Etappe in der Geschichte der Privatisierungen und somit neue Angriffe von oben dar.

Enteignen statt privatisieren!

Global konzipierten Liberalisierungsversuchen wurde schon viel Widerstand entgegnet. So gingen in Seattle im Jahre 1999 Tausende auf die Strasse, um gegen die WTO zu protestieren. Seattle wurde zum Symbol für eine starke und lebendige Antiglobalisierungsbewegung, die durchaus Massencharakter bewies. Mit den Protesten solidarisierten sich international Lohnabhängige wie Arbeitslose, StädterInnen wie BauerInnen. Die öffentliche Aufmerksamkeit den Themen der Globalisierung gegenüber war extrem hoch. Und so gilt es auch in der Gegenwart, sich mit dem aktuellen Angriff auf die Lebensgrundlage von vielen Menschen zu beschäftigen und sich dagegen zur Wehr zu setzten. Der Kampf gegen Abkommen wie TiSA ist ein Kampf für gute Lebensbedingungen für alle. Dabei ist wichtig zu betonen, dass von Privatisierungen sehr viele, auch reichere Länder betroffen sind. So existiert beispielsweise im Kanton Zürich kein Spital mehr, deren Auslagerung oder Privatisierung nicht vorangetrieben wurde. Arbeitskämpfe im In- wie im Ausland haben gezeigt, das Widerstand nötig und möglich ist. Dabei baut man den grössten Druck auf, wenn man Kämpfe verbindet.

In verschiedensten Ländern regt sich der Widerstand gegen TiSA. Auch in der Schweiz haben sich Aktionen gegen TiSA bemerkbar gemacht. So wurde am 18. April zu einem internationalen Aktionstag gegen TiSA aufgerufen. Um 14 Uhr trafen am Paradeplatz etwa 150 Leute zu einer Kundgebung ein. Diese Mobilisierung des revolutionären Bündnisses gegen TiSA war die erste Aktion, die das Thema in die Öffentlichkeit trug. Das ist bei einem Abkommen wie TiSA besonders wichtig, da man nur so die Verhandlungen aus der Sphäre des Geheimen holen kann. Es ist klar, TiSA muss öffentlich Thema sein und werden! Die Kundgebung wurde begleitet von Einschüchterungsversuchen der Polizei, die mehrere Personen in Gewahrsam genommen, weggewiesen oder kontrolliert haben. Verhindern konnte aber auch die Stapo Züri die Kundgebung nicht, weil ihnen die politische Legitimation dafür offensichtlich gefehlt hat. Dies, weil die Kundgebung verschiedenste Kräfte zusammengebracht hat, darunter auch die Basisgruppe «Zürich bleibt öffentlich». Deren Teilnahme an der Kundgebung zeigt, dass sich auch in den gewerkschaftlichen Strukturen erste Stimmen gegen TiSA erheben, was durchaus notwendig ist.

Aus der Printausgabe vom 24. April 2015. Unterstütze uns mit einem Abo

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