Der Wolf verliert seine Gewohnheiten nie

sit. Ueli Maurer hat seine Vorschläge für die neue Unternehmenssteuerreform vorgestellt. Sinn und Zweck der Vorlage ist die Steuersenkung für Unternehmen, die zu massiven Steuerausfällen in den Kantonen und Gemeinden führt.

Am 12. Februar versenkte das Schweizer Stimmvolk die Unternehmenssteuerreform III (URSIII) ohne Wenn und Aber. Knappe drei Wochen später meldete sich der zuständige Bundesrat Ueli Maurer per E-Mail bei den im Parlament vertretenen Parteien. Er wies darauf hin, dass die Zeit dränge und eine «Steuerungskommission» gebildet werde, um eine neue Vorlage zu erarbeiten. Diese begann dann mit den Konsultationsarbeiten. Anfangs Juni stellte Ueli Maurer die neuen Vorschläge vor. Nach einer verlorenen Abstimmung gelte es, einen Kompromiss zu finden – oder anders gesagt, eine «mittlere Unzufriedenheit», erklärte der Chef des Eidgenössischen Finanzdepartements (EFD).

Neuer Name für gleiche Sache
Als Erstes fällt auf, dass der Name der Vorlage geändert wird. So ist nicht etwa von der USR4 oder USRIIIb die Rede, was eigentlich logisch und konsequent wäre, sondern von der «Steuerreform 17». Die Namensänderung ist für die Steuerungskommission offenbar von grösster Bedeutung und Wichtigkeit: Nicht weniger als zehn Domain-Namen hat das EFD registrieren lassen: von www.steuervorlage17.ch bis zu www.sv-17.ch und den französisch- und italienischsprachigen Pendants. Auch der «Blick» hat bezüglich Namensänderung seine Erfahrungen gemacht. Er nannte die Reform «USR 4» und nicht «Steuerreform 17». Prompt erhielt das Ringier-Blatt ein Telefon von einem Chefbeamten Ueli Maurers mit der Aufforderung, in Zukunft die korrekte Bezeichnung der Vorlage zu benutzen. Dies sei der ausdrückliche Wunsch des Bundesrates. Man tut also alles dafür, um die BürgerInnen hinters Licht zu führen. Und dies beweist einmal mehr, welche Interessen die Landesregierung vertritt. Bedenklich! Die gleiche Taktik, nämlich die Vorlage nur Steuerreform zu nennen, wendeten auch die BefürworterInnen der USRIII in ihrer Abstimmungskampagne an. Sie erlitten dabei deftig Schiffbruch – möge dies ein gutes Omen für die neue Vorlage sein.

«Nichts anderes erwartet»
Als Zweites stellt man schnell fest, dass sich im Kern nichts verändert hat. Bekanntlich verliert der Wolf sein Fell, seine Gewohnheiten aber nie. Sinn, Zweck und Ziel auch der neuen Vorlage bleiben die Steuergeschenke in Milliardenhöhe an die Unternehmen. Nötig dazu ist, dass die Kantone ihre Gewinnsteuersätze auf breiter Front senken können. Und so wie bei der USRIII soll auch die neue Vorlage den Kantonen die Instrumente dafür zur Verfügung stellen – also alles wie gehabt, und daher würde auch die «Steuerreform 17» zu massiven Steuerausfällen in den Kantonen und Gemeinden führen, die dann mit Sparmassnahmen auf dem Buckel der breiten Bevölkerung kompensiert werden müssten. Entsprechend dieser Logik ist eine der wichtigsten Neuerungen jene, dass die Kantone 21,2 Prozent des Anteils der direkten Bundessteuer für Unternehmen erhalten sollen (bei der URSIII waren es 17 Prozent). Das ist so quasi der Subventionierungsbeitrag des Bundes an die Kantone, um die massiven Steuerausfälle etwas zu lindern. Gleichzeitig ist es auch eine klare politische Botschaft an die Kantone: Senkt die Gewinnsteuersätze, wir helfen euch, so gut wir können!
Gavriel Pinson, Präsident der Partei der Arbeit der Schweiz (PdAS), kommentiert die neuen Vorschläge wie folgt: «Ich habe ehrlich gesagt nicht viel anderes erwartet. Wir alle wissen, welche Interessen in Bern vertreten werden. Für die PdAS ist klar: Die Reform muss für den Bund und die Kantone Einnahmen generieren und nicht Ausgaben produzieren. Tut sie das nicht, bekämpfen wir sie!»

Die Patentbox bleibt
Wie zu erwarten war, hat die neue Vorlage ein paar Zückerchen. Eines davon ist die Erhöhung der Kinderzulagen: Die Mindesthöhe der Kinder- und Ausbildungszulagen soll um 30 Franken erhöht werden. Die Kinderzulagen werden damit auf mindestens 230 Franken steigen. Die Ausbildungszulage soll neu mindestens 280 Franken betragen. Ganz nach dem Muster der «AHV-Reform 2020» mit den 70 Franken mehr AHV im Monat. Der Zweck ist, die BürgerInnen zu blenden, damit die gigantischen negativen Folgen der entsprechenden Reformen nicht gesehen werden.
Ein weiterer Zuckerwürfel ist die Erhöhung der Besteuerung der Dividenden: Bei der USRIII waren es 60 Prozent, vorgeschlagen werden jetzt 70 Prozent. Ein Anliegen, das der SP besonders am Herzen liegt. Und neu darf die gesamte Steuerentlastung höchstens 70 Prozent betragen. Bei der URSIII waren es noch 80 Prozent.
Aus der Vorlage gekippt wurde eines der Instrumente, das bei der USRIII am meisten zu reden gab: Die zinsbereinigte Gewinnsteuer, ein ganz besonderes Müsterchen neoliberaler Politik und daher dem FDP-Klientel speziell von Bedeutung. Der Vorschlag ist daher nicht vom Tisch, sondern soll als eigenständige Vorlage im Parlament behandelt werden.
Geblieben ist die sogenannte Patentbox «gemäss OECD-Standards», wie Maurer gerne unterstreicht, um so zu belegen, dass auch andere Länder dieses Instrument für Steuergeschenke an die Unternehmen anwenden. Davon profitieren wird bekanntlich hauptsächlich die Pharmaindustrie. Kein Wunder, denn sie verfügt über eine gewaltige Lobby im Parlament. Weiterhin sollen die Unternehmen den Abzug für Forschung und Entwicklung steuerlich abziehen dürfen und zwar um 50 Prozent über den Kosten, also um 150 Prozent. Ein kleines Rechenbeispiel: Beträgt ein steuerberechtigter Aufwand real 100 000 Franken, dürfen 150 000 Franken als Steuerabzug geltend gemacht werden. «Machen die Kantone von dieser Möglichkeit Gebrauch, läuft das auf eine Art Subvention heraus», ist selbst auf der offiziellen Webseite des Bundes darüber zu lesen.

Angewendet ab 2021
Die von Ueli Maurer angestrebte «mittlere Unzufriedenheit» scheint noch in weiter Ferne zu sein. Es hagelte Kritik von links bis rechts. Für die SP gehen die Kompensationen zu wenig weit und für die SVP sind die Anhebung der Dividendenbesteuerung und der Erhöhung der Familienzulagen, «aus wirtschaftlicher Sicht nicht akzeptabel». Für Gesprächsstoff ist daher gesorgt. Der Bundesrat wird sich bald einmal mit den Vorschlägen des Steuerungsorgans beschäftigen. Im Herbst ist eine Vernehmlassung geplant. Maurer hofft, die Vorlage noch 2019 in Kraft setzen zu können. Angewendet werden könnte diese wohl aber erst ab 2021. Wir bleiben am Ball!

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