«Wir kämpfen für alle»

Rechts Lauren Mc Court

Peter Lazenby. Im Mai streikten abermals McDonald’s-ArbeiterInnen in Grossbritannien. Die «McStreiks» haben mittlerweile auch Streiks in anderen Restaurantketten inspiriert. Ein Gespräch mit Lauren McCourt, die in einer Filiale in Manchester streikte und versucht, ihre KollegInnen für den Arbeitskampf zu organisieren.

Die ArbeiterInnen in der Gastronomie leiden unter Ausbeutung, schlechten Löhnen und unsicheren Arbeitszeiten. In Grossbritannien wehren sie sich jetzt. Die BFAWU-Gewerkschaft aus der Branche organisiert auch bei der Fastfoodkette McDonald’s. Im September wurde in McDonald’s-Filialen in Cambridge und Crayford gestreikt (vorwärts berichtete). Es war der erste Streik in der 44-jährigen Geschichte des Konzerns in Grossbritannien. Im letzten Monat folgten Streiks in fünf Filialen, darunter zwei in Manchester. Die ArbeiterInnen verlangen nicht das Unmögliche von McDonald’s – nur einen Mindestlohn von 10 Pfund pro Stunde die Möglichkeit von festen Arbeitszeiten. Sie wollen ebenfalls die Abschaffung der altersabhängigen Bezahlung, bei der jüngere KollegInnen vom Unternehmen finanziell bestraft werden, nur weil sie jünger sind. Momentan führen die Null-Stunden-Verträge dazu, dass die ArbeiterInnen ihre Miete nicht bezahlen können, wenn sie nicht genügend Arbeitsstunden im Monat bekommen.
Die Streiks umfassen nicht viele McDonald’s-Filialen und -ArbeiterInnen, aber sie erhielten breite Unterstützung von anderen Gewerkschaften und der Öffentlichkeit. Und die Zahl an Gewerkschaftsmitgliedern steigt unter ihnen. Die Streiks sind Teil eines Kampfes gegen den Konzern auf beiden Seiten des Atlantiks und darüber hinaus. In den USA kämpft die SEIU-Gewerkschaft für einen 15$-Mindestlohn. Die zwei Gewerkschaften sind in Kontakt miteinander. McDonald’s-ArbeiterInnen aus den USA haben sich sogar einem Protest ihrer britischen KollegInnen in einer Filiale in London angeschlossen, ebenso waren Leute aus Schweden und Neuseeland dabei. Der Protest war Teil der Globalen Protesttagen von McDonald’s-ArbeiterInnen. Unter den Streikenden in Manchester war die 23-jährige Lauren McCourt.

Was waren deine Erfahrungen mit dem Streik und der gewerkschaftlichen Organisierung?
Lauren McCourt: Ich bin eine McStreikerin aus Manchester und nahm am nationalen Streik der McDonald’s-ArbeiterInnen vom 1. Mai teil, mit dem wir unter anderem für 10 Pfund die Stunde kämpfen. Immer wieder fragen mich die Leute, was eine Gewerkschaft überhaupt ist. Sie haben ernsthaft nie zuvor davon gehört. Ich habe ihnen versucht, zu erklären, dass jene ihre Rechte am Arbeitsplatz verteidigen und ihnen helfen, wenn sie in Schwierigkeiten geraten. Die Antwort schien sie nicht zu begeistern. Niemand glaubt, dass sie in Schwierigkeiten geraten, und denken, dass eine Mitgliedschaft bei der Gewerkschaft deshalb bloss Geldverschwendung wäre.
Nach dem ersten Streik im September letzten Jahres begannen sich die Dinge im meinem Laden zu verändern. Die Leute zeigten plötzlich Interesse, weil sie zum ersten Mal sahen, wie Leute wie sie gegen dieselben Probleme kämpften, die auch sie hatten – und dabei gewannen. Der erste Streik hat zur grössten Lohnerhöhung bei McDonald’s geführt seit Jahrzehnten. Ich habe realisiert, dass es für uns ArbeiterInnen nicht ausreicht, die Gewerkschaft als eine Art Versicherung zu haben. Wir brauchen die Gewerkschaft, um Veränderungen an unserem Arbeitsplatz herbeizuführen und aktiv und gemeinsam dafür zu kämpfen, dass es auch dazu kommt. Die Zahl der gewerkschaftlich Organisierten hat seit dem ersten Streik zugenommen, weil immer mehr junge ArbeiterInnen sehen, dass, wenn wir zusammen kämpfen, höhere Löhne, bessere Verträge und Arbeitsbedingungen gewonnen werden können. Daran haben sie nie gedacht, weil wir in der Post-Thatcher-Ära aufgewachsen sind, in der die Gewerkschaften nicht mehr so kämpferisch sind. Das dürfte auch der Grund sein, weshalb unsere Löhne überhaupt so tief sind. Wenn wir vereinzelt bleiben und nicht zusammen in einer Gewerkschaft sind, können uns die ChefInnen ausbeuten, wie es ihnen gefällt.

In den letzten Wochen haben die Angestellten der US-Restaurantkette TGI Friday’s gegen schlechte Bezahlung und das Abziehen der Trinkgeldern gestreikt.
Genau. Sie sagen, sie wären vom McStreik inspiriert worden und hätten unsere Parolen auf ihren Streikposten gerufen. Wir können schon sehen, was passiert, wenn man zusammen kämpft: Es inspiriert solche wie du selbst, das gleiche zu tun. Unsere Bewegung ist aus der Kampagne «Fight For $15» (Kämpfe für 15$-Mindestlohn) aus den USA entstanden, mit der sie nicht nur die Löhne für FastfoodarbeiterInnen erhöhen konnten, sondern den gesetzlichen Mindestlohn in mehreren Bundesstaaten von 7,25 auf 15 Dollar verdoppelt haben. Das ist genau, wofür wir kämpfen.
Die Probleme, die wir haben – Null-Stunden-Verträge, tiefe Löhne und altersabhängige Bezahlung –, sind die gleichen, die Tausende andere Menschen in diesem Land haben. Wir kämpfen für sie alle. Es beginnt hier. Ich hoffe, sie sehen, was wir machen, und werden inspiriert, dasselbe zu tun, weil, wenn wir zusammenstehen und unsere zahlenmässige Stärke nutzen, werden wir immer mehr Macht haben als diejenigen, die uns misshandeln und ausbeuten. Dann werden wir gewinnen – wenn wir nicht mehr weniger akzeptieren, als was wir verdienen, und wir rumstehen und darauf warten, dass die Dinge von allein besser werden.

Waren vor allem junge Leute beim Streik aktiv?
Der Arbeitskampf bei McDonald’s geht nicht nur um junge Leute, auch wenn viele im Mittelpunkt der Aktionen standen. McDonald’s kümmert es nicht, wen sie ausbeuten. Was sie kümmert, ist, was auf ihrem Konto landet. Es ist der zweitgrösste Arbeitgeber der Welt und beutet systematisch die ArbeiterInnen aus. Es ist ein Unternehmen, das Profite in Milliardenhöhe einfährt. Die Gewerkschaftsbewegung braucht unbedingt mehr junge Leute. Wir müssen in den Schulen präsent sind, wie sie das früher gemacht haben. Die Gewerkschaften waren an den Berufsschulen, Fachhochschulen und Universitäten. Die Gewerkschaften müssen sich ändern, sonst repräsentieren sie nur Leute aus der Vergangenheit. Wir müssen den jungen Leuten zuhören, was sie wollen

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