Ernst Leuenberger nach langer Krankheit verstorben

Im Alter von 64 Jahren ist gestern der langjährige ehemalige Präsident des SEV, Ernst Leuenberger, verstorben. Vor vier Jahren hatte er die Führung der Gewerkschaft des Verkehrspersonals abgegeben und sich verstärkt seinem Amt als Ständerat des Kantons Solothurn gewidmet.

Vom Oktober 1996 bis Mitte 2005 führte Ernst Leuenberger den SEV, zuvor war er bereits dreieinhalb Jahre dessen Vizepräsident. Er war Berufsgewerkschafter zeit seines Lebens, lange Jahre als Sekretär des kantonalen Solothurner Gewerkschaftsbunds, bevor er zum SEV stiess.

In Leuenbergers Amtszeit beim SEV fiel der grosse Umbau vom Bundesbetrieb SBB zur AG, verbunden mit massivem Stellenabbau, und damit der Wechsel vom Beamtenrecht zum Gesamtarbeitsvertrag. Dieser erste GAV mit der SBB setzte die Massstäbe für die Anstellungsbedingungen im öffentlichen Verkehr; er wirkt bis heute nach, unter anderem mit der Klausel, dass keine Kündigungen aus wirtschaftlichen Gründen erfolgen dürfen.

Ernst Leuenberger war ein Vollblutgewerkschafter, der dank seinem volksnahen Wesen und seiner klaren, träfen Sprache an der Basis grossen Rückhalt genoss. Er schätzte es, direkten Kontakt zu den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aller Berufsgruppen zu haben. Seine Verdienste um die Schweizer Arbeiterbewegung sind immens. Über drei Jahrzehnte lang hat er sich für sichere Arbeitsplätze, gerechte Löhne und korrekte Anstellungsbedingungen eingesetzt. Auch nach seinem Abschied aus dem Berufsleben – mit 60 Jahren, wie er es als angemessen für alle erachtete – blieb er den Gewerkschaften verbunden und ging seinen politischen Weg für eine soziale Gesellschaft im Ständerat weiter.

Der SEV drückt der Familie von Ernst Leuenberger sein tief empfundenes Beileid aus. Grosse Dankbarkeit und die Erinnerung an einen aussergewöhnlichen Menschen mit einzigartigem Charisma werden in der Gewerkschaft des Verkehrspersonals immer erhalten bleiben.

SEV: Vom Verband zur Gewerkschaft

Der SEV ist nun auch formell auf Deutsch eine Gewerkschaft: „Der Kongress hat einer Namensänderung zugestimmt. Er gibt auch grünes Licht für eine Strukturreform“, berichtet die neue Gewerkschaft in ihrer Medienmitteilung.

Statt vier Entscheidstufen hat der SEV in Zukunft nur noch deren drei, die aber klarer strukturiert sind: Der Kongress als oberstes Organ findet weiterhin alle zwei Jahre statt. Die strategische Führung in der Zeit zwischen den Kongressen liegt neu beim Vorstand, der aus 21 Personen besteht, die alle aus der Milizstruktur nominiert werden. Dieser Vorstand tritt monatlich zusammen und setzt die Leitplanken für die operative Führung. Die neue Geschäftsleitung setzt sich aus vier bis fünf Mitgliedern der professionellen Leitung zusammen: Präsident, Finanzverwalter, Vizepräsident/innen.

Bisher wurde der SEV von einer 13-köpfigen Geschäftsleitung geführt, die aus Mitgliedern des Profi- und des Milizbereichs zusammengestellt war. Zudem gab es einen Verbandsvorstand mit 37 Mitgliedern, der zweimal jährlich zusammentrat.

Zu Diskussionen führte die Frage der Stimmengewichtung im Vorstand. Der Kongress entschied sich für einen Schlüssel nach so genannt voll zahlenden Mitgliedern, was einerseits die Grösse der Unterverbände berücksichtigt, andererseits auch deren Mitgliederstruktur.

Vom Verband zur Gewerkschaft

Praktisch unbestritten war eine Statutenänderung, die den Namen des SEV betrifft: Statt «Schweizerischer Eisenbahn- und Verkehrspersonal-Verband (SEV)» heisst dieser nun «SEV – Gewerkschaft des Verkehrspersonals». Damit ist der deutsche Name nun identisch mit dem seit langem bestehenden französischen und italienischen. Der Namenswechsel ist aber auch Programm: Der SEV versteht sich heute klar als Gewerkschaft, die den Unternehmen als Verhandlungspartner gegenübersteht.

Position beziehen

In mehreren Positionspapieren und Resolutionen hat der SEV-Kongress seine Haltung zu aktuellen politischen und gewerkschaftlichen Fragen festgelegt. Grösste Sorgen machen sich die aktiven wie auch die pensionierten Mitglieder um den Zustand der beiden wichtigsten Pensionskassen im öffentlichen Verkehr: die Pensionskasse SBB und die Ascoop. Nach wie vor fehlen die Entscheide des Bundes zur korrekten Ausfinanzierung. Zusammen mit der Finanzkrise ist die Situation äusserst beunruhigend, und es ist zu befürchten, dass von den Versicherten grosse Opfer verlangt werden. Der SEV wird alles daran setzen, die berechtigten Ansprüche der Betroffenen durchzusetzen. Am 19. September wird in Bern eine grosse Demonstration gegen den Sozialabbau stattfinden, an welcher der SEV markante Akzente setzen will.

Der SEV stellt sich zudem gegen Restrukturierungen, wenn deren Nutzen nicht verständlich gemacht werden kann. Die Kultur der permanenten Reorganisation, die in zahlreichen Unternehmen herrscht, führt beim Personal zu Verunsicherung, zu Demotivation, häufig aber auch zu materiellen Einbussen. Mit Gesamtarbeitsverträgen auf allen Ebenen will der SEV die Lohn- und Anstellungsbedingungen des öV-Personals absichern, dies auch angesichts der weitergehenden Liberalisierung, die sowohl in der Schweiz als auch von der EU vorangetrieben wird.

Schliesslich bekräftigt der SEV sein politisches Engagement, indem er aktiv an der öV-Initiative mitwirkt, die er zusammen mit dem VCS und weitern Organisationen lanciert hat. Er verlangt weiter, dass SBB Cargo integral erhalten und mehrheitlich ein Schweizer Unternehmen bleibt, das dem Gesamtarbeitsvertrag der SBB unterstellt ist.

Basis ausweiten

Grosses Gewicht legt der SEV in den kommenden Jahren auf die Mitgliederwerbung, sowohl in seinen traditionellen Branchen des öffentlichen Verkehrs als auch in neuen Bereichen. So hat er zusätzliche Mittel für Werbung und Bildung bereitgestellt, um die Sektionen in ihren Aktivitäten stärker zu unterstützen. Weiter sind zwei Projekte lanciert worden, um neue Arbeitsbereiche zu erschliessen. Das eine widmet sich dem touristischen Verkehr, also beispielsweise dem Personal in Wintersportorten, das heute kaum gewerkschaftlich organisiert ist und häufig sehr prekäre Anstellungsbedingungen hat. Das andere zielt auf das Bodenpersonal der Luftfahrt, das mit SEV-GATA bereits eine Unterorganisation des SEV bildet, aber noch grosses Potenzial aufweist.

SEV erwartet von SBB soziales Verhalten

Die Bahn hat 2008 den Konzerngewinn von 80,4 auf 345 Millionen Franken gesteigert. Das Personal, das dieses Resultat erst möglich gemacht hat, muss mit davon profitieren. Die Medienmitteilung des SEV.

Der öffentliche Verkehr in der Schweiz ist in Hochform: Das bestätigt das Rekordresultat, das die SBB heute bekanntgegeben hat. Zu verdanken ist dieses einerseits all den Passagieren und Güterkunden, andererseits aber auch dem Personal, das rund um die Uhr, an Festtagen und in Ferienzeiten, bei Wind und Wetter, vollen Einsatz zeigt. Ein weiteres Mal verzeichnet die SBB eine Produktivitätssteigerung, das heisst jede und jeder einzelne Mitarbeitende hat mehr geleistet als im Jahr zuvor.

Umso mehr irritiert es, wenn der SEV von der Basis die Rückmeldung hört, die Wertschätzung am Arbeitsplatz sei immer weniger spürbar. Der SEV erwartet, dass die SBB ihre Rolle als moderne, humane Arbeitgeberin nicht nur propagiert, sondern auch lebt. Der Rekordgewinn muss für das Personal positive Auswirkungen zeigen.

Der grosse Jahresgewinn löst zweifellos die Probleme der Pensionskasse nicht. Die Last zur Sanierung liegt nach wie vor beim Bund, der immer noch zögert, endlich seinen Beitrag zu leisten, den er der SBB und ihrem Personal seit Jahren vorenthält. Die SBB steht aber in der Pflicht, sich mit voller Energie auf politischer und unternehmerischer Ebene für eine vollständige Sanierung einzusetzen.

Eine besondere Verantwortung hat die SBB bei den kommenden Entscheiden zur Zukunft von SBB Cargo: Angesichts des wirtschaftlichen Umfelds und der äusserst gesunden Gesamtlage des Unternehmens können nur Lösungen in Frage kommen, die keinen Personalabbau vorsehen. Dies ist auch im Sinne der Verkehrsverlagerung, die das Schweizervolk in zahlreichen Abstimmungen immer wieder unterstützt hat. Für den SEV stehen Kooperationsmodelle im Vordergrund; es gilt, den ruinösen Konkurrenzkampf beizulegen und gemeinsam den Güterverkehr zu fördern. Dies nützt der Umwelt, stärkt das System Bahn als Ganzes und schafft neue Arbeitsplätze.

SBB muss 15 000 Mitarbeitenden Zulagen nachzahlen

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Foto: SBB

Nun zahlt auch die SBB Zulagen für unregelmässige Dienste nach: Die Personalverbände haben erreicht, dass rund 15 000 Leute mit unregelmässiger Arbeit eine Nach-zahlung für die Jahre 2002 bis 2006 erhalten. Diese geht auf das so genannte Orange-Urteil des Bundesgerichts zurück, wonach die Zulagen auch in den Ferien geschuldet sind.

Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der SBB, die zwischen 2002 und 2006 während neun Monaten eines Jahres Zulagen für Nacht- und Sonntagsdienste erhalten haben, bekommen eine Nachzahlung. Je nach Menge der unregelmässigen Dienste macht diese zwischen 200 und gut 3000 Franken aus. Die Personalverbände haben sich mit der SBB auf diese Lösung geeinigt, nachdem mehrere Mitglieder gegen das Unternehmen geklagt hatten und damit die Verhandlungen auslösten.

«Als die SBB einmal in Verhandlungen eingewilligt hatte, konnten wir uns einvernehmlich auf eine Lösung einigen, die unsern Mitgliedern gerecht wird», erklärt SEV-Vizepräsidentin Barbara Spalinger. Die Gewerkschaften SEV, transfair, VSLF und KVöV hatten schon bald nach Vorliegen des Bundesgerichtsurteils gegen das Telekommunikationsunternehmen Orange bei der SBB entsprechende Verhandlungen gefordert. Im Rahmen des Gesamtarbeitsvertrags 2007 wurde zudem geregelt, dass die neuen Zulagenansätze einen Ferienanteil enthalten.

Die Auszahlungen erfolgen im Oktober, wenn in der Zwischenzeit die zuständigen Gremien der Gewerkschaften und der SBB der Einigung zugestimmt haben.

Somit haben nun alle ehemaligen Bundesbetriebe Nachzahlungen vereinbart. Für die Bahngewerkschaften hat diese Einigung auch Signalwirkung auf die übrigen Unternehmen des öffentlichen Verkehrs: «Ich gehe davon aus, dass die konzessionierten Transportunternehmungen ebenfalls zu Verhandlungen bereit sind und wir keine Klagen mehr einreichen müssen», betont Barbara Spalinger