Il Manifesto vor dem Aus

Von Micaela Taroni, Rom
Italiens traditionsreiche linke Tageszeitung Il Manifesto steht wieder einmal vor dem Ende. »Man will uns schließen!« hieß am Donnerstag die Schlagzeile des Blattes.Grund für die Krise ist die massive Kürzung der staatlichen Unterstützung, die Tageszeitungen in dem Land bislang erhalten haben. Das Industrieministerium in Rom hat bereits ein Verfahren zur Zwangsauflösung der Genossenschaft eingeleitet, die den seit 1971 erscheinenden Titel herausgibt. Zudem haben sinkende Werbeeinnahmen und eine auf das Rekordtief von 20000 Exemplaren gesunkene Auflage die Zeitung in den vergangenen Monaten stark geschwächt. Seit vergangenem September konnte den 60 Journalisten und den Verlagsangestellten ihr Gehalt nicht mehr ausgezahlt werden.Das Blatt kritisiert, daß Regierungs­chef Mario Monti zwar Hilfe versprochen habe, es bislang jedoch zu keiner Lösung gekommen sei. Die vom Ministerium betriebene Zwangsauflösung der Genossenschaft bezeichnete Manifesto-Chefredakteurin Norma Rangeri sogar als »politisches Verbrechen«. Was der Regierung von Silvio Berlusconi nicht gelungen sei, habe Monti jetzt geschafft. »Wenn Il Manifesto nicht mehr erscheint, bedeutet das den Sieg eines Marktes, der Information als reine Ware betrachtet«, kommentierte die seit 2010 amtierende Rangeri. Ihr Blatt sei Opfer eines »Oligopols im Informationsbereich«.50 Millionen Euro hatte die Regierung zur Unterstützung kleinerer Titel versprochen, die jedoch wegen der finanziellen Probleme des italienischen Staates bislang nicht ausgezahlt wurden. Deshalb mußte am 1. Januar bereits Liberazione, die Tageszeitung der Rifondazione Comunista, ihr Erscheinen einstellen und betreibt nur noch ein Internetportal. Insgesamt ist das Überleben von mehr als 100 Blättern gefährdet, die rund 4000 Personen beschäftigen.

Die Journalisten von Il Manifesto kämpfen jedoch weiter und rufen zu einer Kampagne zur Rettung der Zeitung auf. Sie appellierten an die Leser, die Redaktion aktiv zu unterstützen, um die Schließung noch in letzter Minute abzuwenden. »Wir haben in unserer 40jährigen Geschichte schon viele Krisen erlebt, doch diese ist, auch wegen des politischen Umfelds, in dem wir uns befinden, die schwerste«, erklärte Rangeri. Wegen der sinkenden Einkommen vieler Italiener habe man viele Leser verloren. »Allein schaffen wir es nicht mehr, wir brauchen euch!« heißt es im Appell.

Il Manifesto wurde 1971 von Luigi Pintor, Valentino Parlato und Rossana Rossanda gegründet. Trotz kritischer Beiträge zur Kommunistischen Partei Italiens wurde die Zeitung von vielen Wählern der PCI gelesen, denen das Parteiorgan L’Unità zu gemäßigt erschien. Nach der Auflösung der PCI 1991 näherte sich Il Manifesto politisch der neugegründeten Rifondazione Comunista, ohne jedoch die eigene Unabhängigkeit aufzugeben.

Quelle: junge Welt

Kommentar: Vom Verständnis

Der Nazi-Aufmarsch in Dresden konnte aufgehalten werden, doch kann man sich kaum darüber freuen. Die Polizei zog am Samstag alle Register ihrer Machtmittel: Schlagstock und Pfefferspray nehmen sich noch harmlos aus neben verschossenen „Pepperballs“ und Wasserwerfern. Das Traurige daran ist, dass diese Waffen nicht gegen Nazis, wohl aber gegen Antifaschisten gerichtet wurden. Da zeigt sich, dass man nichts begriffen hat. Man schiesst, man schlägt auf die, die die Demokratie gegen ihre Feinde verteidigen. Geschützt werden die wahren Verbrecher dieser Tage und man macht sich willentlich zum Helfer einer unmenschlichen Ideologie. Dabei ist es egal, ob es kruder Befehlsgehorsam ist, oder doch nur ein persönlicher Wunsch nach Gewalt, der die Polizisten am Samstag antrieb. Gezeigt hat sich, dass es heute nicht nur den Faschismus der extrem Rechten gibt, sondern auch den Faschismus aus der Mitte der Gesellschaft – jenen Faschismus, der sich darin ausdrückt, dass man auf friedliche Demonstranten schlägt. Und auch der Presse darf gesagt werden, dass sie es nicht Verstand, die Wahrheit ans Licht zu bringen. Weshalb finden wir kein Wort über die ungerechtfertigte Gewaltanwendung der Polizei? Weshalb kein Wort von den verletzten Demonstranten der Blockaden? Dafür lange Berichte über eine Minderheit aus Autonomen. Dafür ein verzerrtes Bild des Geschehens, dafür eine weitere Hetze gegen Linke.

Wir aber – wir haben verstanden. Wir konnten den Zweck der Polizei sehen und spüren. Es gab keine strategische Notwendigkeit, auf Gewalt zurückzugreifen; vermutlich gab es nicht einmal eine rechtliche Grundlage. Und doch erfüllt die Brutalität ihren Zweck – wir sehen es jetzt deutlich. Fernab vom konkreten Geschehen dient sie der Abschreckung. Es soll keine Solidarität mit der Linken geben, keinen Zulauf denen, die sich noch für Menschlichkeit einsetzen. Wieso waren kaum ältere Personen auf den Blockaden? Weil absehbar war, dass man in Gewalt verwickelt werden würde. Wieso denkt die Mehrheit schlecht über die Linken? Weil „Chaoten und Gewaltbereite“ alles ist, was man in den Medien über sie hört. So ergibt sich ein erstaunliches Zusammenspiel von Polizeieinsatz und Zeitungsbericht. Ob das nun geplant ist oder sich zufällig ergibt, ist egal – es erfüllt seinen Zweck. Wir aber dürfen sagen: Wir haben es verstanden. Wir werden darauf eine Antwort finden.

TeleBärn: Gleiches Haus, gleiche Regeln.

«Die JournalistInnen, TechnikerInnen und Administrationsangestellten von TeleBärn fordern bessere Arbeitsbedingungen und die unverzügliche Aufnahme von Verhandlungen.» schreibt die Gewerkschaft comedia. Der Sektor Presse und elektronische Medien der Gewerkschaft comedia «erklärt sich solidarisch mit der Belegschaft und unterstützt ihre berechtigten Forderungen». Der Zürcher Medienkonzern Tamedia als TeleBärn-Besitzer steht bei der Belegschaft im Wort. Nach der Übernahme der Espace Media Groupe Anfang 2008 hatte der Espace-Chef zugesichert: „Gleiches Haus, gleiche Regeln“. Dieses Versprechen muss nun ohne Wenn und Aber eingehalten werden.

Wie die Gewerkschaft weiter ausführt, ist die TeleBärn-Belegschaft ist in mehrfacher Hinsicht benachteiligt:

– Die Löhne sind im Vergleich zu Tamedia-Sendern im Raum Zürich bis zu 800 Franken tiefer, die Einstiegslöhne liegen in Bern ab 2009 bei 4600 Franken monatlich. Diese Schlechterstellungist nicht zu rechtfertigen und muss durch rasche Anpassungen korrigiert werden.

– Benachteiligt sind die Beschäftigten in Bern auch in Bezug auf die Arbeitszeit-Regelungen. Zu Recht wird gefordert, dass Pikettdienste an die Arbeitszeit angerechnet werden und dass Nacht-,Sonntags- und Feiertagsarbeit mit einem Zeitzuschlag von 25 Prozent kompensiert werden kann.

– Dringend nötig sind auch Verbesserungen bei der Weiterbildung. Die permanente berufliche Weiterbildung muss während der Arbeitszeit erfolgen, für die individuelle Weiterbildung müssen alle zwei Jahre mindestens fünf bezahlte Arbeitstage gewährt werden.

TeleBärn wird nach der Neukonzessionierung mehr als 2.2 Millionen Franken öffentliche Gebührengelder kassieren. Hinzu kommt, dass der Tamedia-Konzern glänzende Zahlen schreibt und Rekordgewinne verbucht. Angesichts dieser Situation ist für comedia klar: «Espace Media und Tamedia müssen Wort halten und den MitarbeiterInnen von TeleBärn die versprochenen Verbesserungen gewähren.»