Rechter Vormarsch in Wien

von Von Werner Pirker

Fast ein Drittel der österreichischen Wählerinnen und Wähler hat für die beiden Parteien der extremen Rechten gestimmt. Die Mischung aus nationaler und sozialer Demagogie hat ihre Wirkung nicht verfehlt. In erster Linie aber war es die Politik der Regierungskoalition aus SPÖ und ÖVP, die den Wählerstrom zur chauvinistischen Rechten lenkte. Vor zwei Jahren, als das Wahlergebnis den deutlich artikulierten Wunsch nach einer sozialen Wende zum Ausdruck brachte, hatten die rechten Stimmungsmacher nicht viel mitzureden. Haiders BZÖ fristete außerhalb Kärntens ein jämmerliches Sektendasein, und die Strache-FPÖ deutete mit elf Prozent zwar ihre Gefährlichkeit an, Erinnerungen an Haiders beste Zeiten aber vermochte auch sie nicht auszulösen.

Doch dann kamen die zwei Jahre der großen Koalition, zwei Jahre des sozialen Stillstands und enttäuschter Hoffnungen. Die SPÖ opferte ihre wichtigsten Wahlversprechen dem Koalitionsfrieden, und die ÖVP tat, als wäre sie nicht abgewählt worden. Daß sich die Sozis von den Schwarzen vorführen ließen, war nicht allein sozialdemokratischer Charakterschwäche zuzuschreiben, sondern vor allem dem Umstand, daß an einen wirklichen Bruch mit der neoliberalen Gegenreform nie gedacht war. Erst nach der Aufkündigung der Koalition durch die ÖVP vermochte die SPÖ unter ihrem neuen Spitzenkandidaten Werner Faymann die Regierungsinitiative zu erobern. Das brachte ihr immerhin noch den ersten Platz an den Wahlurnen ein.

Nur schwer nachvollziehbar ist freilich der Wiederaufstieg der Haider-Partei, die nach ihrer blamablen Darbietung in der Regierung Schüssel auf Bundesebene eigentlich schon erledigt schien. Die von neoliberaler Regierungstätigkeit unbelastete FPÖ Straches hingegen ließ immerhin ein Gefühl für die sozialen Befindlichkeiten der Menschen erkennen. Und sie hat auch von allen Parlamentsparteien am deutlichsten Position gegen die EU und dem ihr innewohnenden Demokratieabbau Stellung bezogen. Doch ist die FPÖ vor allem auch eine Partei, die – gegenwärtig mit einer Antiislam-Kampagne – eine hemmungslose Rassisierung der sozialen Frage betreibt.

Der rechte Vormarsch wirft die Frage nach dem Zustand der österreichischen Linken auf. Das erfolgreiche kommunistische Projekt in der Steiermark vermochte nicht zu expandieren, weil die Bundes-KPÖ eine abstrakte linke Agenda verfolgt und jeglicher sozialen Kompetenz verlustig gegangen ist. Und der Linksradikalismus ist nur die radikale Übertreibung dieses Zustandes.

Quelle: junge Welt