Bananenrepublik CH?

Berechtigte Befürchtungen auf einen Wahlbetrug sind somit vorhanden. Diese lassen mehr als nur vermuten, dass in Lugano, die Hochburg der ‹Lega die Ticinesi›, die Resultate retuschiert wurden, damit der Präsident der FDP/Liberalen, Fulvio Pelli, wieder gewählt wird.» Ein happiger Vorwurf, der vom «Partito Comunista Ticinese» (PCT), der Tessiner Sektion der PdAS, erhoben wird. Die Gründe sind laut den GenossInnen die «Modalitäten, mit denen die Stadt Lugano zu den definitiven Resultaten kam». Diese wurden erst spät in der Nacht bekannt gegeben und wurden dabei «erst noch auf eine waghalsige Art und Weise abgeändert», schreibt der PCT und fügt hinzu: «Als der zweite FDP-Sitz dann doch noch wegen einer Hand voll Stimmen an Fulvio Pelli ging, begann der Verdacht aufzukommen, warum die Bekanntgabe der Resultate sich so ungewöhnlich lang hingezogen hat.»

Nachzählen bitte

Aber warum musste Pelli unbedingt wieder für den Kanton Tessin in den Nationalrat? Um der FDP und ihm persönlich, er ist immerhin der nationale Präsident seiner Partei, eine Schlappe zu ersparen? Weniger – viel mehr hat Giuliano Bignasca, selbsternannter Präsident der «Lega dei Ticinesi» auf Lebzeiten, ein Interesse daran. In der Medienmitteilung des PCT ist zu lesen: «Bignasca persönlich bestätigte, dass er Kredite in Millionenhöhe von der Tessiner Kantonalbank erhalten hat. Präsident der Kantonalbank ist Fulvio Pelli. Eine Nichtwahl von Pelli hätte wohl noch mehr Schatten auf die eh schon undurchsichtige Führung der Kantonalbank geworfen.» Alles nur Polemik?

In einem Interview mit der Onlinezeitung «ticinolibero.ch» wehrt sich der junge PCT-Genosse Mattia Tagliaferri gegen den Vorwurf der Polemik und stellt die Position der Partei klar: «Wir haben nicht behauptet, dass es zu einem Wahlbetrug kam. Wir haben jedoch berechtigte Zweifel, dass alles mit rechten Dingen zu und her gegangen ist und daher nicht einfach so ins Leere geschossen.» Er unterstreicht die «komische und unübliche Art», wie es zu den definitiven Resultaten kam. Tagliaferri: «Da unsere Zweifel nicht unbegründet sind und von einer politischen Relevanz, haben wir verlangt, dass die Stimmen nochmals gezählt werden.»

Nicht nur in Lugano kam es zu fraglichen Vorfälle: Im Vorfeld der Wahl hatten die grossen Parteien rund 10 000 Wahlzetteln gekauft. «Originale und nicht etwa ähnliche Mustervorlagen (Faksimile), wie es bei den Kantonsratswahlen üblich ist», unterstreicht Tagliaferri. Die Wahlzettel wurden als Werbemittel im Wahlkampf verwendet. Nicht ganz zu Unrecht weist die Partei darauf hin, dass so ein Kauf von Wahlunterlagen nicht zwingend zu einem Wahlbetrug führen muss, doch «ihn erleichtern kann». Kommt hinzu, dass in verschiedenen Gemeinden der offizielle Stempel der Behörde fehlte. Ein Lapsus, der nicht gerade das Vertrauen in einen korrekten Ablauf der Wahlen fördert.

Die Wahl durch Los

Äusserst unüblich war auch die Zuteilung des Sitzes der CVP. Hier gab es laut den offiziellen Resultaten ein Gleichstand der Stimmen bei zwei Kandidaten, so dass das Los(!) entscheiden musste, wer nach Bern in den Nationalrat durfte. Die Staatskanzlei verkündete am Wahlsonntag, dass die Wahl per Los öffentlich im Verlauf der Woche stattfinden würde. Dies obwohl die Wahl per Los bereits durchgeführt worden war. Auch Ticinolibero.ch hält klar fest: «Die Bevölkerung wurde schlicht angelogen! Dies der Vorwurf, der von mehreren Seiten gemacht wird.» Die Gründe, die zu dieser Fehlinformation, sprich Lüge, führten, sind weiterhin unklar und die Staatskanzlei schweigt beharrlich dazu. Klare Worte zu diesem Vorfall hat auch Tagliaferri: «Das ist sehr schlimmer. Ich bin der Meinung, dass sich der Verantwortliche Gianpiero Gianella einen neuen Job suchen muss!»

Und schliesslich kam es in Biasca zu einem ganz komischen und schwer erklärbaren Vorfall: Am Samstagabend lagen 53 Wahlumschläge in der Wahlurne, obwohl nur 50 Wahlberichtige ihre Stimme abgegeben hatten. Tagliaferri bringt die ganzen Vorfällen mit einer Frage auf den Punkt: «Die Summe dieser Vorfälle lassen doch berechtigte Zweifel aufkommen, oder etwa nicht?» und er fügt hinzu: «Das wirklich Tragische ist, dass wir uns als Bananenrepublik dargestellt haben, welche die Überwachung von UNO-WahlbeobachterInnen benötigt!» Alles nur Polemik im Musterland der Demokratie?