Kommentar: Vom Verständnis

Der Nazi-Aufmarsch in Dresden konnte aufgehalten werden, doch kann man sich kaum darüber freuen. Die Polizei zog am Samstag alle Register ihrer Machtmittel: Schlagstock und Pfefferspray nehmen sich noch harmlos aus neben verschossenen „Pepperballs“ und Wasserwerfern. Das Traurige daran ist, dass diese Waffen nicht gegen Nazis, wohl aber gegen Antifaschisten gerichtet wurden. Da zeigt sich, dass man nichts begriffen hat. Man schiesst, man schlägt auf die, die die Demokratie gegen ihre Feinde verteidigen. Geschützt werden die wahren Verbrecher dieser Tage und man macht sich willentlich zum Helfer einer unmenschlichen Ideologie. Dabei ist es egal, ob es kruder Befehlsgehorsam ist, oder doch nur ein persönlicher Wunsch nach Gewalt, der die Polizisten am Samstag antrieb. Gezeigt hat sich, dass es heute nicht nur den Faschismus der extrem Rechten gibt, sondern auch den Faschismus aus der Mitte der Gesellschaft – jenen Faschismus, der sich darin ausdrückt, dass man auf friedliche Demonstranten schlägt. Und auch der Presse darf gesagt werden, dass sie es nicht Verstand, die Wahrheit ans Licht zu bringen. Weshalb finden wir kein Wort über die ungerechtfertigte Gewaltanwendung der Polizei? Weshalb kein Wort von den verletzten Demonstranten der Blockaden? Dafür lange Berichte über eine Minderheit aus Autonomen. Dafür ein verzerrtes Bild des Geschehens, dafür eine weitere Hetze gegen Linke.

Wir aber – wir haben verstanden. Wir konnten den Zweck der Polizei sehen und spüren. Es gab keine strategische Notwendigkeit, auf Gewalt zurückzugreifen; vermutlich gab es nicht einmal eine rechtliche Grundlage. Und doch erfüllt die Brutalität ihren Zweck – wir sehen es jetzt deutlich. Fernab vom konkreten Geschehen dient sie der Abschreckung. Es soll keine Solidarität mit der Linken geben, keinen Zulauf denen, die sich noch für Menschlichkeit einsetzen. Wieso waren kaum ältere Personen auf den Blockaden? Weil absehbar war, dass man in Gewalt verwickelt werden würde. Wieso denkt die Mehrheit schlecht über die Linken? Weil „Chaoten und Gewaltbereite“ alles ist, was man in den Medien über sie hört. So ergibt sich ein erstaunliches Zusammenspiel von Polizeieinsatz und Zeitungsbericht. Ob das nun geplant ist oder sich zufällig ergibt, ist egal – es erfüllt seinen Zweck. Wir aber dürfen sagen: Wir haben es verstanden. Wir werden darauf eine Antwort finden.

Dresden gerettet!

„Europas grösster Nazi-Aufmarsch“ verwandelte sich am Samstag in „des Nazis grösste Schlappe“. Die rund 2.000 Rechtsextremen wurden von 20.000 Gegendemonstranten erwartet und am Bahnhof festgehalten. Schliesslich mussten die Nazis unverrichteter Dinge abziehen. Dabei schwankte Dresden zwischen friedlichen Protesten, Barrikadenbau und Polizeigewalt.

Vom effektiven Widerstand

Schon im letzten Jahr war es gelungen, den Nazi-Aufmarsch durch Dresden zu verhindern. Mit diesem Erfolg im Rücken rief das Aktionsbündnis „Dresden Nazifrei“ wiederum zu friedlichen Massenprotesten und Blockaden auf. Zwischen 12.000 und 20.000 Demonstranten kamen daraufhin nach Dresden und vereitelten – ein weiteres Mal! – den Aufmarsch der Neo-Faschisten. Schon relativ früh konnte ein erster Erfolg gefeiert werden: Während im letzten Jahr noch ca. 8.000 Nazis anreisten, kamen dieses Jahr nurmehr 2.000. Offenbar hatte die Blockade des letzten Jahres den Nazis die Lust geraubt, sich bei Kälte die Füsse plattzustehen.

Allerdings hatten sich die Bedingungen auch für die Antifaschisten im Vergleich zum letzten Jahr verschlechtert: Die Polizei hatte den Auftrag, eine strikte Trennung von Faschisten und Antifaschisten durchzusetzen. Geplant war es, die beiden Gruppen auf je einer Seite der Elbe zu halten. Es war allerdings schnell klar, dass der Plan zum Scheitern verurteilt war: Bereits am Vormittag gelang es den Antifaschisten auf die Südseite der Elbe zu kommen und dort die Marschroute der Nazis zu besetzen. Durch mehrere Blockadepunkte konnte so die Demonstration der Nazis verhindert werden. Wohlgemerkt: Es ist dieser Widerstand allein, der es vermochte, die Nazis aufzuhalten. Von bürgerlicher Seite war eine „Lichterkette“ veranstaltet worden; eine Form des Protests, die durch ihre Nutzlosigkeit besticht, da sie die Nazis an ihrem Vorhaben nicht hat hindern können.

Ein Wort über die Demonstranten: Es lässt sich eine relative Homogenität der Demonstrierenden feststellen. Die überwältigende Mehrheit der Demonstranten war unter 30 und ist im linken Spektrum einzuordnen. Antifa-Anhänger, einige Gewerkschaftler, Mitglieder der DKP und MLPD, Linksautonome und Jung-Grüne sowie Jusos bestimmten das Bild der Blockaden. Es waren auch Vertreter etablierter Parteien anwesend : am zahlreichsten wohl die der deutschen „Linken“, daneben einige wenige Grüne und SPD-Mitglieder. Bemerkenswert ist, dass nicht nur aus ganz Deutschland, sondern auch aus Chile (!), der Türkei und anderen, europäischen Ländern Antifaschisten angereist sind. Aus der Schweiz kam eine Delegation des „revolutionären Aufbaus“ und der PdA, um ihrem Protest Ausdruck zu verleihen.

Polizeigewalt

In der bürgerlichen Presse wird das Bild von den „randalierenden Autonomen“ suggeriert. Doch dieses Bild ist unvollständig und irreführend. Es muss ergänzt werden um die Gewalt, die von Seiten der Polizei gegenüber den friedlichen Demonstranten verübt wurde. Schon vor Beginn der Blockaden wurde Repression angewandt: Hunderte von Demonstranten wurden auf der Autobahnzufahr nach Dresden gezwungen, ihre Busse zu verlassen und bei Schnee und Minustemperaturen zu Fuss zu gehen. Allein diese Wanderung dauerte bereits zwei Stunden und witterungsbedingt kam es auch zu einem Unfall, der von Sanitätern behandelt werden musste. Geradezu zynisch ist allerdings die Reaktion der Polizei auf den aufgezwungenen Marsch: Er wurde als unbewilligte Demonstration gewertet und dementsprechend wurden die Marschierenden von der Polizei in Dresden eingekesselt. Ein Wasserwerfer fuhr auf und man machte grosszügigen Gebrauch von Pfefferspray und Schlagstock. Es sei hier angemerkt, dass sich kein Demonstrant wehrte, dass keine Provokation von den Demonstranten ausging, dass es aber dennoch zu Verhaftungen und Verletzten kam!

Diese ungerechtfertigte Gewalt der Polizei gegenüber den Demonstrierenden setzte sich auch an den Blockadepunkten fort. Einerseits wurde der Zugang zu den Punkten von der Polizei abgeriegelt – wer hindurch wollte wurde (der Autor dieser Zeilen durfte es selbst erfahren) wüst beschimpft, geschubst oder geschlagen. Andererseits tat die Polizei ihr Menschenmögliches, um die Blockierenden zu drangsalieren. Wer nicht sass, durfte damit rechnen, herausgezerrt zu werden. Menschen, die einfach nur herumstanden, wurden mit Pfefferspray und dem Schlagstock bearbeitet. Dergestalt sind die, die sich als „Freund und Helfer“ des Volkes ausgeben!

Berichte von anderen Blockadepunkten sprechen eine ähnliche Sprache: Gewaltsame Auflösung, Einsatz von Gummiknüppel und Tränengas. Möglich wurde diese Gewalt durch ein riesiges Polizeiaufkommen. Gezählt wurden sieben Polizeihubschrauber, mehrere Dutzend Wagen und Transporter – es sollen bis zu 4.500 Polizisten im Einsatz gewesen sein. (Man beachte: 4.500 Polizisten auf 2.000 Nazis!) Halten wir an dieser Stelle also fest, dass die absolute Mehrheit der Demonstranten friedlich war, dass es aber auch für sie keine friedliche Demonstration geben konnte: Die Polizei machte dies schier unmöglich. Ihre Gewalt provozierte, ohne provoziert worden zu sein. Umso erstaunlicher also die Friedfertigkeit der meisten Demonstranten; umso erstaunlicher ihr Beharren auf den Blockaden.

Selbstkritik

Hier soll nicht ein weiteres verzerrtes Bild entstehen, denn gesagt werden muss auch, dass es am Samstag auch Gewalt gab, die nicht von der Polizei ausging. Aus zwei Quellen kam sie: Teile der Nazis randalierten in einem Vorort von Dresden, schlugen dabei Fenster ein, warfen Flaschen und skandierten Slogans wie „Wir töten euch alle!“. Erstaunlich aber ist, dass dies von der Polizei beobachtet wurde und dennoch ungestraft blieb.

Auf der anderen Seite gab es Aktionen von linken Autonomen. Barrikaden wurden errichtet und angezündet, Steine wurden geworfen und ein Brand in einer alten Fabrikanlage gelegt. Diese Aktionen müssen thematisiert werden. Sie erscheinen deplatziert: Am Samstag waren sie sowohl taktisch wie auch politisch falsch. Taktisch, weil Barrikaden an Stellen errichtet wurden, die nicht von den Nazis durchquert werden sollten und auch der Fabrikbrand nützte wirklich niemandem. Politisch waren die Aktionen falsch, weil sie den brüchigen Frieden zwischen parlamentarischen Parteien (Linke, Grüne) und den Demonstranten gefährden, der nötig war und ist, um die Aktionen gegen Nazis zu koordinieren. Ausserdem lieferten diese Gewaltakte der bürgerlichen Presse die Chance, nicht nur den Nazi-Aufmarsch zu kritisieren, sondern auch Stimmung gegen Linke zu betreiben. Gewalt in dieser Form muss, wenn sie angewandt wird, gut überlegt sein – am Samstag war sie es nicht.

Ein Fazit

Was vom Samstag bleibt, ist ein zwiespältiges Bild von Polizei und Berichterstattung. Darüber darf aber eines nicht vergessen werden: Die Nazis konnten nicht aufmarschieren, sie durften in Schnee und Kälte stundenlang stehen und es bleibt zu hoffen, dass dies ihr letzter Aufmarschversuch in Dresden war. Man muss es so sagen: Dresden wurde gerettet! Gerettet von linken Antifaschisten mit Gewissen, nicht von Bürgerlichen mit Lichterketten.

Kommentar: Zu Dresden und den Naziaufmärschen

Dresden ist ein Politikum, zumindest das ist unbestritten. Auch in diesem Jahr marschieren Rechte und Neonazis auf, um aus Dresden eine Rechtfertigung der eigenen Barbarei zu machen. Und auch in diesem Jahr werden sie gestört werden, wird ihnen Widerstand geleistet – vom aufgeklärten Teil der Bevölkerung, von denen, die sich nicht mit dem Faschismus abfinden und die nicht die Augen vor der Existenz von Faschisten verschliessen. Die Frage muss aber erlaubt sein, wie dieser Widerstand – so gerechtfertigt er auch ist – artikuliert wird.

In Dresden geht es eben nicht nur um Neonazis. Dresden ist eben nicht nur der Ort, an den es den modernen Faschisten verschlägt. Nein, Dresden offenbart eine ganz eigene Tragik. Die Bombardierung Dresdens durch die Alliierten folgte einer Strategie, die auf die Zerstörung der Zivilbevölkerung abzielte. Es ist keine Frage, dass Nazideutschland besiegt werden musste. Es ist auch keine Frage, dass alle Aggression in diesem Krieg von den faschistischen Ländern ausging. Hingegen ist es sehr wohl fragwürdig, ob sich daraus die Konsequenz ergibt, den Krieg spezifisch gegen die (unbewaffnete) Bevölkerung dieser Länder zu richten.

Es ist ein heikles Thema, welches sich da abzeichnet. Es ist sehr leicht, in Dresden nur die neuen Anhänger einer alten Diktatur bekämpfen zu wollen. Wenn man sich allerdings darauf einlässt, wenn man nicht mehr thematisiert, was in Dresden geschah, dann überlässt man den Faschisten die Deutungshoheit in diesem Gebiet. Dann, ja dann tatsächlich, erreichen sie, was sie erreichen wollten: Sie können die Geschichte von den Untaten gegen Dresden auf ihre Weise erzählen. Dresden ist ein Politikum, das ist unbestritten. Wir sollten es als solches behandeln: Auf der Strasse und in der Analyse. Die Kritik an Dresden darf nicht von rechts aussen kommen; auch die Linken sollten Dresden thematisieren, kritisieren, bedauern!

Dresden

Der folgende Artikel wurde von Ulrike Meinhof geschrieben und 1965 in der „konkret“ veröffentlicht.

Vor zwanzig Jahren, am 13. und 14. Februar 1945, in der Nacht von Fastnachtsdienstag auf Aschermittwoch, ist der größte Luftangriff der alliierten Bomberkommandos im Zweiten Weltkrieg auf eine deutsche Stadt geflogen worden: Der Angriff auf Dresden. Dreimal innerhalb von 14 Stunden wurde die Stadt bombardiert. Von 22 Uhr 13 bis 22 Uhr 21 dauerte der erste Schlag. Als die englischen Bomber abflogen, hinterließen sie ein Flammenmeer, das über 80 Kilometer weit den Himmel glühend machte. Der zweite Schlag erfolgte von 1 Uhr 30 bis 1 Uhr 50 . Die abfliegenden Bomber haben das Feuer von Dresden über 300 Kilometer weit beobachten können. Den dritten Angriff flog ein amerikanisches Bombergeschwader am nächsten Vormittag zwischen 12 Uhr 12 und 12 Uhr 23.

Über 200 000 Menschen sind in den Flammen von Dresden umgekommen. Der Engländer David Irving schreibt in seinem Buch „Der Untergang Dresdens“: „Zum ersten Male in der Geschichte des Krieges hatte ein Luftangriff ein Ziel so verheerend zerstört, daß es nicht genügend unverletzte Überlebende gab, um die Toten zu begraben.“

Dresden hatte 630 000 ständige Einwohner. Als es zerstört wurde, hielten sich über eine Million Menschen in dieser Stadt auf. Man schätzt 1,2 bis 1,4 Millionen. Flüchtlinge aus Schlesien, Pommern und Ostpreußen, Evakuierte aus Berlin und aus dem Rheinland, Kindertransporte, Kriegsgefangene und Fremdarbeiter. Dresden war eine Sammelstelle für genesende und verwundete Soldaten. Dresden hatte keine Rüstungsindustrie. Dresden war eine unverteidigte Stadt ohne Flak und ohne Luftabwehr. (sic!) Dresden galt in ganz Deutschland als eine Stadt, die nicht bombardiert werden würde. Es gab Gerüchte, wie: Die Engländer würden Dresden schonen, wenn Oxford nicht angegriffen würde – oder: Die Alliierten würden Dresden nach dem Krieg zur deutschen Hauptstadt machen und deshalb nicht zerstören. Es gab noch mehr Gerüchte, aber vor allem konnte sich kein Mensch vorstellen, daß eine Stadt, die täglich neue Krankenhäuser und Lazarette einrichtete, in die täglich Hunderttausende von Flüchtlingen, hauptsächlich Frauen und Kinder, einströmten, bombardiert werden würde.

Militärisch interessant an Dresden war höchstens ein größerer Güter- und Truppenumschlagbahnhof. Aber in den drei Angriffen, als man zuerst Sprengbomben abwarf, um Fenster zum Platzen zu bringen und Dächer zum Einsturz, um Dachstühle und Wohnungen den folgenden Brandbomben um so schutzloser auszuliefern, als das alles planmäßig mit höchster Präzision ablief, da wurde dieser Bahnhof kaum getroffen. Als Tage darauf Berge von Toten in den Bahnhofshallen aufgeschichtet wurden, waren die Gleise schon wieder repariert. – Dresden hat sieben Tage und acht Nächte lang gebrannt.

Man hatte den englischen Soldaten, die die Angriffe geflogen haben, nicht die Wahrheit gesagt. Man hat gesagt: Ihre Flotte greift das Oberkommando des Heeres in Dresden an. Man hat gesagt, Dresden sei ein wichtiges Nachschubzentrum für die Ostfront. Man hat gesagt, das Angriffsziel sei ein Gestapo-Hauptquartier im Stadtzentrum, ein wichtiges Munitionswerk, ein großes Giftgaswerk. – Schon 1943 hatte es in der britischen Öffentlichkeit Proteste gegen die Bombardierung der deutschen Zivilbevölkerung gegeben. Der Bischof von Chichester, der Erzbischof von Canterbury, der Kirchenpräsident der Church of Scotland erhoben ihre Stimme. Ihnen aber ebennso wie einem Labourabgeordneten im englischen Unterhaus wurde gesagt, das sei nicht wahr, daß ein Befehl ergangen wäre, Wohngebiete statt Rüstungszentren zu zerstören. Es ist der englischen Regierung unter ihrem Premierminister Sir Winston Churchill bis zum Ende des Krieges, bis März 45, gelungen, den tatsächlichen, absichtlichen, planmäßigen Charakter der britischen Bomberangriffe auf deutsche Städte geheimzuhalten. Dresden war der Höhepunkt dieser Politik. Dresden ging in Schutt und Asche, zwei Jahre nachdem der Ausgang des Zweiten Weltkrieges in Stalingrad entschieden worden war. Als Dresden bombardiert wurde, standen die sowjetischen Truppen schon an der Oder und Neiße, lag die Westfront am Rhein. Der Oberbefehlshaber der Royal Air Force, Sir Arthur Harris, der den Einsatz gegen Dresden geleitet hatte, ging ein Jahr danach, am 13. Februar 1946, in Southhampton an Bord, um das Land zu verlassen, das nicht mehr bereit war, seine Verdienste zu würdigen. Als die deutsche Bevölkerung die Wahrheit über Auschwitz erfuhr, erfuhr die englische Öffentlichkeit die Wahrheit über Dresden. Den Tätern wurde der Ruhm versagt, der ihnen von den Regierenden versprochen worden war. Hier und dort.

In Dresden ist der Anti-Hitler-Krieg zu dem entartet, was man zu bekämpfen vorgab und wohl auch bekämpft hatte: Zu Barbarei und Unmenschlichkeit, für die es keine Rechtfertigung gibt.

Wenn es eines Beweises bedürfte, daß es den gerechten Krieg nicht gibt – Dresden wäre der Beweis. Wenn es eines Beweises bedürfte, daß der Verteidigungsfall zwangsläufig zu Aggression entartet – Dresden wäre der Beweis. Wenn es eines Beweises bedürfte, daß die Völker von den kriegführenden Regierungen selbst mißbraucht werden, selbst degradiert werden zu Vorwand und Opfer der angewandten Barbarei – Dresden wäre der Beweis. Daß an der Bahre Sir Winston Churchills das Stichwort Dresden nicht gefallen ist, legt den Verdacht nahe, Dresden sollte immer noch dem Volk angelastet werden, das doch selbst betrogen worden ist. Es ist der gleiche Takt, den die Bundesregierung praktiziert, wenn sie die Verjährungsfrist für in der NS-Zeit begangenen Mord nicht aufhebt. Wer die Täter nicht denunziert, denunziert aber die Völker.

Faschismus ist keine Meinung sondern ein Verbrechen!

Gemeinsame Erklärung Deutscher und Tschechischer Widerstandskämpfer gegen den Hitlerfaschismus zum geplanten Neonaziaufmarsch am 19. Februar 2011 in Dresden.

Mit grosser Sorge verfolgen wir das Wiedererstarken des Rechtsradikalismus und insbesondere des Neofaschismus in Deutschland. Es ist besorgniserregend, dass Neonazis offen und vielfältig ihre menschenverachtenden Ideen und Auffassungen unter dem Mantel der Demokratie zur Schau stellen können, während Antifaschisten, die sich diesem braunen Spuk in den Weg stellen, kriminalisiert werden. Dass dabei das Gedenken an die barbarischen Bombenangriffe vom 13. Februar 1945 auf Dresden missbraucht wird, macht uns besonders nachdenklich.
Dafür sind Millionen Kameraden nicht in den faschistischen Konzentrationslagern in den Tod gegangen, haben unzählige Widerstandskämpfer während der braunen Barbarei nicht Folter und Tortouren überstanden, ohne ihren Glauben an Demokratie und Menschlichkeit, an eine bessere Zukunft, ein friedliches Miteinander, zu verlieren!

Getreu dem Schwur unserer Kameraden von Buchenwald werden wir nicht eher ruhen, bis der Faschismus mit seinen Wurzeln ausgerottet und eine neue Welt des Friedens und der Freiheit errichtet ist.

Wir rufen deshalb alle Bürgerinnen und Bürger dazu auf, sich den Neonazis in Dresden entschlossen entgegen zu stellen. Verhindert mit allen demokratisch legitimierten Mitteln den Naziaufmarsch am 19. Februar 2011 durch Dresden! Dresden soll nazifrei werden! Protest ist das Gebot der Stunde.

Prof. Hans Lauter, Ehrenvorsitzender der VVN-BdA, Zuchthaus, Moorsoldat
And?la Dvo?áková, Präsidentin ?SBS
Frido Seydewitz, Ehrenvorsitzender des VVN-BdA Sachsen, Emigration, GULAG
Libuše Nachtmannová, Überlebende KZ Ravensbrück
Ruth Burse, Überlebende KZ Theresienstadt
Vojmir Srde?ny, Überlebender KZ Sachsenhausen
Justin Sonder, Überlebender KZ Auschwitz
Antonín Hnili?ka, Überlebender KZ Mauthausen

Nazifrei!

Am 13. Februar 2010, dem 65. Jahrestag der Bombardierung Dresdens, wollen wieder einmal tausende Nazis aus dem gesamten Bundesgebiet und dem europäischen Ausland durch die sächsische Landeshauptstadt marschieren. Mit ihrem sogenannten „Trauermarsch“ versuchen sie, die Geschichte zu ihren Gunsten umzuschreiben.

Zum ersten Mal seit Jahren zeichnet sich ab, dass es eine realistische Chance gibt, den Aufzug der Ewiggestrigen zu verhindern. Ein breites gesellschaftliches Bündnis mit dem Namen „Nazifrei – Dresden stellt sich quer!“, dem bis jetzt 470 Organisationen und über 1.800 Einzelpersonen angehören, wird mit dem Mittel des „Zivilen Ungehorsams“ versuchen, die Nazis in ihrem Vorhaben zu blockieren.

Aufrufende Organisationen und Einzelpersonen sind u.a. die Partei „Die Linke“, attac, Gewerkschaften, das bundesweite Antifabündnis „No Pasarán!«“ die Jusos, die „Grüne Jugend“, Bela B. von der Band „Die Ärzte“, Konstantin Wecker und der Oberbürgermeister von Jena.

Dieses Bündnis ist jedoch zur Zeit beispielloser Repression ausgeliefert. Die Oberstaatsanwaltschaft Dresden sieht in dem Aufruf, die Nazis nicht marschieren zu lassen, sondern mit Massenblockaden zu stoppen, einen Aufruf zu Straftaten. In Folge dessen wurden Büros der Partei »Die Linke« in Dresden und ein Infoladen der Berliner Antifa am 19.01.2010 von der Polizei durchsucht und sämtliche Mobilisierungs- und Informationsmaterialien beschlagnahmt.

Als Reaktion darauf wurden in Berlin am 20.01.2010 Restbestände der kriminalisierten Plakate von Bundestagsabgeordneten der Partei »Die Linke« und jungen Menschen öffentlich plakatiert. Dabei wurde die Abgeordnete Dorotheé Menzner verhaftet. Doch nicht genug: Am 23. Januar wurden, auf Geheiß der Staatsanwaltschaft, die Inhalte der Internetseite http://www.dresden-nazifrei.de abgeschaltet.

Freiburger Antifaschistinnen und Antifaschisten empfinden dieses Vorgehen der Justiz als einen ungeheuerlichen Angriff auf die Meinungsfreiheit und das gesellschaftliche Engagement tausender Menschen und als einen undemokratischen Akt, der die Opfer der faschistischen Gewaltherrschaft verhöhnt. In einer gemeinsamen Erklärung schreiben zahlreiche linke Organisationen aus der Universitätsstadt: »An dieser Stelle erinnern wir gern an das Aufbegehren von 15.000 Freiburger Bürgerinnen und Bürgern, als am 14.09.2002 Nazis in unserer Stadt aufmarschieren wollten. Mit einem ähnlich breiten Bündnis konnten wir die braune Brut am Hauptbahnhof stoppen. Die Polizei duldete damals diese Massenblockade. Nach Lesart der sächsischen Staatsanwaltschaft waren diese 15.000 Menschen alles Kriminelle. In Freiburg führte dieser Akt des ›Zivilen Ungehorsams‹ dazu, dass seitdem keine weiteren Aufmarschversuche stattgefunden haben. Wenn die Nazis hier aktiver wurden, gab es immer breite Reaktionen der Zivilgesellschaft.

Wir lassen die Dresdner mit ihrem Naziproblem nicht allein. Die Antifaschistische Linke Freiburg (ALFR) und die örtlichen Jugend- und Hochschulgruppen der Partei ›Die Linke‹ organisieren gemeinsam Busse in die sächsische Landeshauptstadt. Mehrere Freiburger Organisationen unterzeichneten bereits den kriminalisierten Bündnisaufruf.

Um die Repression ad absurdum zu führen werden am Donnerstag, den 28.01.2010 um 16:00 Uhr, bundesweit Menschen die Plakate des Bündnisses ›Nazifrei – Dresden stellt sich quer!‹ öffentlich plakatieren. Auch für Freiburg rufen wir dazu auf. Kommt an dem Tag zum Platz der Alten Synagoge, plakatiert mit uns, um gemeinsam ein Zeichen der Solidarität nach Dresden zu senden. Fahrt am 13.02.2010 mit uns zu den Aktionen gegen die Nazis. Nur gemeinsam können wir sie stoppen. Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen – Es wird Zeit, dass die Staatsanwaltschaft in Dresden dies zur Kenntnis nimmt.«

Unterzeichnet haben diesen Aufruf die Antifaschistische Linke Freiburg (ALFR), Die Linke Kreisverband Freiburg, Die Linke.SDS Freiburg, die DGB-Hochschulgruppe Freiburg, die DKP Freiburg, die FAU Freiburg, die Fraktionsgemeinschaft der Unabhängigen Listen (UL), die Grüne Alternative Freiburg (GAF), die Linksjugend Freiburg, die SDAJ Freiburg, der UStA der PH Freiburg und die ver.di Jugend Südbaden