Wenn sich ArbeiterInnen nicht einschüchtern lassen

Seit Mitte Juli 2011 stehen täglich 80 ArbeiterInnen der Jabil – einem Produktionsunternehmen von elektrotechnischen Teilen für die Telekommunikation – vor den Werktoren im mailändischen Cassina de› Pecchi und bewachen die Fabrik. Sie kämpfen gegen die Vernichtung ihrer Arbeitsplätze.

Jabil lässt nicht locker: Frühmorgens des 13. April 2012 fahren einige Lastwagen vor das Werk in Cassina de› Pecchi. Der Befehl lautet: Werkzeuge und Maschinen, die sich im Betrieb befinden, abtransportieren. Es handelt sich um eine weitere Provokation. Wieder einmal denkt das Unternehmen nach Belieben das tun und lassen zu können, was es will. Die ArbeiterInnen besetzen nun aber das Werk seit Monaten und fordern die Wiederaufnahme der Produktion. Die Aktion von Jabil schüchtert die ArbeiterInnen nicht ein: Was sich innerhalb der Fabrik befindet, wird nicht rauskommen.

 

Die Entschlossenheit der 

ArbeiterInnen

Die Auseinandersetzung des 13. April 2012 war nur das jüngste Ereignis eines seit Monaten andauernden Kampfes. Mitte Juli 2011 entschied das Unternehmen die Einführung einer 100 Prozent Kurzarbeit für die 320 ArbeiterInnen (sogenannte cassa integrazione). In den darauffolgenden Wochen wollte das Unternehmen definitiv entscheiden, was mit der Produktion in der Peripherie Mailands geschehen soll. Die Rede war von einer Auslagerung der Produktion nach Ungarn, wo Jabil zwei weitere Produktionsstätten besitzt. Seit dem ersten Tag bewacht ein kämpferischer Kern der Belegschaft die Werkstore und verhindert somit die Wegführung von Maschinen und Material.

Am 12. Dezember 2012, nachdem sie nun fünf Monate in Kurzarbeit waren, erhielten sie ein Telegramm, das Werk schliesse definitiv und die 320 ArbeiterInnen würden unmittelbar ihre Arbeit verlieren. Als die Nachricht den ersten Arbeiter erreichte, wurde schnell Alarm geschlagen. Die ArbeiterInnen zögerten nicht, die vom Unternehmen zugeketteten Tore aufzubrechen und in die Fabrik einzudringen. Die Fabrik war jetzt nicht nur bewacht, sondern auch besetzt.

«Solange das Unternehmen die Kündigungen nicht zurückzieht, bleiben wir hier, in unserer Fabrik. Denn die Fabrik gehört uns, nicht dem Unternehmen. Und wir sind nicht wenige, so wie das Unternehmen vermutet.» So berichteten ArbeiterInnen am Tag der Besetzung. «Wir rufen all diejenigen auf, die gegen Fabrikschliessungen sind, einen langen Kampf zu unterstützen hier bei uns bei der Jabil. Wir rufen dazu auf, dass es ein symbolischer Kampf wird gegen alle Angriffe auf die Lohnabhängigen, auch von der neuen Regierung aus! Und wir werden ab heute öffentliche Versammlungen abhalten, um die Zukunft mit allen zu diskutieren, und auch darüber, ob wir nicht alleine die Produktion wieder aufnehmen sollen.»

Sie nahmen dann genau einen Monat nach der Besetzung, am 12. Januar 2012, die Produktion wieder auf. Diese beschränkt sich jedoch auf eine symbolische Aktion von täglich drei Stunden, denn für eine tatsächliche, eigenmächtige Produktion wurde noch keine Vereinbarung gefunden mit den Abnehmerunternehmen.

Nicht ohne Schwierigkeiten

Die Stärke dieses sozialen Kampfes liegt sicherlich in der Entschlossenheit des kämpferischen Kerns der Belegschaft. Er orientiert sich zudem an den Erfahrungen, die drei Jahre vorher bei der nahe gelegenen INNSE gemacht wurden, als die Besetzung des Betriebes den Erhalt der Arbeitsplätze garantieren konnte.

Doch hinter der Massenentlassung von Jabil steht auch das Interesse eines weiteren Grosskonzerns, nämlich von Nokia Siemens Networks. Ihm gehört der Boden, auf dem die Fabrik liegt. Es kristallisiert sich also heraus, dass nicht nur die unmittelbar betroffenen ArbeiterInnen ein Interesse daran haben, die Produktion weiterzuführen, sondern die ganze lohnabhängige Klasse. Denn Immobilienspekulation haben zum Ziel, Lebens- und Wohnkosten zu erhöhen und das Leben noch unerträglicher zu machen. Der Ruf «Hände weg von der Jabil» wird somit noch lange ein gemeinsamer Moment aller Kämpfenden rund um Mailand sein.

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