Im Staate der Eidgenossen

eidgenNun liegt bekanntlich unsere Eidgenossenschaft auch in Europa, sogar mitten drin (geographisch), aber nicht dabei (politisch). Egal. EU hin oder her. Fakt ist, dass wir unsere geliebte Schweiz genauso – wenn nicht noch aggressiver und  massiver – abschotten wie die EU mit ihrem Territorium auch tut. Wer es nicht glaubt, soll bitte kurz auf www.asyl.ch gehen.

Aus dem vorwärts vom 21.Dezember 2012, unterstütze uns mit einem Abo.

Aber, was konkret schotten wir den ab? Unsere Arbeit? Ist es die Angst, unsere Stelle zu verlieren, weil ein Heer von Flüchtlingen –wenn möglich noch aus Nordafrika –  den helvetischen Arbeitsmarkt überflutet und wir deswegen die Kündigung erhalten? Na ja, ehrlich gesagt, besteht diesbezüglich wohl eine viel grössere Gefahr: Jene der Manager und Verwaltungsräte. Wie hoch ist die reelle Gefahr und Wahrscheinlichkeit, dass wir den Job wegen dem Entscheid der Chefetage der Firma verlieren, für die wir arbeiten? Und wie hoch ist die reelle Gefahr und Wahrscheinlichkeit, dass wir den Job wegen eines tunesischen Flüchtlings verlieren?

Schotten wir unseren Wohlstand ab? Was genau ist dieser Wohlstand? Die zwei Wochen Sommerurlaub an der tunesischen Mittelmeerküste? Kein Flüchtling der Welt wird uns die schönste und wohlverdiente Zeit im Jahr klauen. Wie soll und könnte er auch? Die einzige Gefahr besteht darin, dass beim Hinflug zwei bis drei Polizisten mit einem «Ausschaffungshäftling» im gleichen Flugzeug sitzen. Aber keine Panik: Sobald dieser unbeliebte Passagier stören sollte, werden die geschulten Polizisten ihn rasch zum Schweigen bringen. Es besteht daher überhaupt keine Gefahr für unsere Ruhe und Sicherheit.

Geht es um unser Geld? Bisher ist noch kein Fall bekannt, dass wegen einem Flüchtling einem Eidgenossen das Bankkonto durch den Staat konfisziert worden ist. Mal abgesehen davon: Was heisst hier «unser Geld»? Drei Prozent der in der Schweiz wohnhaften privaten Steuerpflichtigen haben gleich viel Nettovermögen wie die restlichen 97 Prozent! Unser Geld?  Die Vermögen der 300 Reichsten stiegen in den letzten zwanzig Jahren von 86 auf 460 Milliarden an, das ist ein Zuwachs von 395.6 Prozent. Die Kurve auf der Tabelle der Reallohnentwicklung ist weit weniger steil und macht bei knapp zehn Prozent halt. Unser Wohlstand?

Schotten wir unsere Religion ab? Unsere christlichen Werte wie Menschlichkeit, Barmherzigkeit, Solidarität und Hilfsbereitschaft? Wen wir diese Werte verteidigen, dann müssen wir uns ehrlich und nicht nur oberflächlich fragen, wie wir mit den Schwächsten in unserer Gesellschaft umgehen. Der Umgang mit den Schwächsten ist bekanntlich der Gradmesser der Zivilisation einer (christlichen) Gesellschaft. Zu den Schwächsten in unserem Land gehören nun mal auch die Flüchtlinge. Wir müssen uns also die folgende Frage stellen: Ist es menschlich und barmherzig, Flüchtlinge in ein Lager zu stecken?

Aber eben, bald ist ja Weihnachten und dann haben wir wenig Zeit, um uns so viele Fragen zu stellen. An Weihnachten müssen wir besinnlich und in Frieden den Geburtstag eines Ausländers im Kreise unserer Familie feiern. Das kann auch anstrengend sein. Zum Glück kommt dann bald Silvester und wir haben einen Grund, unsere Sorgen im Alkohol zu ertränken – mögen sie sogar versaufen und nie mehr an die Oberfläche kommen. Und am 3. Januar müssen wir ja dann eh alle wieder zur Arbeit. Dann haben wir fleissige Eidgenossen sowieso Stress und keine Zeit, uns mit so Scheissfragen zu beschäftigen.

Vorwärts ins 2013 geliebte Eidgenossenschaft!

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