Bestrafung der sozial Schwächsten

dab. Mit dem Referendum gegen die Altersvorsorge 2020 des Bundes wird dem linken Nein Nachdruck gegeben. 70 000 Unterschriften wurden gesammelt, 58 718 konnten fristgerecht eingereicht werden. Am 24. September wird deshalb über beide Teile der Vorlage abgestimmt.

«Händ sie scho ghört vom Referändum gäge d’Altersversorgig 2020?» Kritische Blicke und Lehnen des Körpers weg von mir oder interessierte Zuwendung folgen. «Ich weiss, worum es geht. Wer unterstützt dieses Referendum?» «Äh, Westschweizer Gewerkschaften und die PdA.» «Jä was, gibt’s die noch, das erinnert mich an früher. Natürlich unterschreibe ich.» Ein Marktfahrer ist nicht interessiert, er macht sich keine Sorgen um die Rente, sondern um die seiner Meinung nach zu hohen Mindestlöhne in seiner Branche. Es braucht Disziplin, um trotz Sommerhitze und grosser Beanspruchung durch Erwerbsarbeit, politische Arbeit und private Verpflichtungen auch noch Unterschriften sammeln zu gehen. Neben Frust gibt es immer auch Spass, gute Gespräche und die Erkenntnis, dass das linke Nein mindestens in der Bevölkerung meiner Region wohl nicht schlecht abgestützt ist.

Kröte nicht schlucken!
SVP- und FDP-VertreterInnen bezeichnen die Abbauvorlage AV 2020 irreführend als «Ausbauvorlage», welche die Finanzierung der Altersvorsorge gefährde. Die FDP Schweiz beschloss bereits die Nein-Parole, der SVP-Parteivorstand empfiehlt den Delegierten die Vorlage zur Ablehnung. Das rechte Nein bedeutet, dass den Neoliberalen die Vorlage zu wenig Rentenabbau bringt, die Alibierhöhung von 70 Fränkli ist ihnen zu viel. SP, Grüne und vor allem Deutschschweizer Gewerkschaften betrachten die Vorlage als Kompromiss zur Rettung der Altersvorsorge und zu schluckende Kröte. Westschweizer und Tessiner Gewerkschaften, der Genfer  Gewerkschaftsbund, die Partei der Arbeit und weitere linke Gruppierungen ergriffen ohne zu zögern das Referendum und markierten energisch das linke Nein. Die PdAS sammelte in allen drei Landesteilen Unterschriften gegen das Bundesgesetz über die Reform der Altersvorsorge 2020.

Mehr unsoziale Lohnabzüge
Über den Verfassungsartikel zur Zusatzfinanzierung der AHV durch eine Erhöhung der unsozialen Mehrwertsteuer müssen wir so oder so abstimmen. Der gesetzliche Teil der Vorlage beinhaltet: Erhöhung der unsozialen Lohnabzüge und des Rentenalters der Frauen, 70 Franken mehr für NeurentnerInnen und drei Prozent für NeurentnerInnen-Ehepaare – ohne Anpassung an die Teuerung. Dann die Senkung des Umwandlungssatzes der Pensionskassen von 6,8 auf 6,0 Prozent – was drastische Rentenkürzungen in der 2. Säule zur Folge hat, mit etwa 12 Prozent ist zu rechnen. Dabei handelt sich um den Maximalumwandlungssatz, die Pensionskassen dürfen auch tiefere anwenden. Der Zustupf bei den neuen AHV-Renten wird das grosse Loch nicht stopfen, das durch den tieferen Umwandlungssatz der Pensionskassen entsteht. Dass die schon Pensionierten und die NeurentnerInnen nicht mehr dieselbe AHV-Rente erhalten sollen, ist laut Kommuniqué der PdA Schweiz «ein Verstoss gegen den Grundsatz der einheitlichen Renten».

Präjudiz für Rentenaltererhöhung
Die Erhöhung des Frauenpensionsalters auf 65 Jahre soll vorgenommen werden, ohne die grassierende Lohnungleichheit abzuschaffen: Tiefere Löhne und Teilzeitarbeit haben zur Folge, dass die Pensionskassenrenten der Frauen eh schon deutlich tiefer sind als jene der Männer. Dazu wäre ein Volksentscheid für die Erhöhung des Pensionsalters der Frauen ein Präjudiz für die Erhöhung des Pensionsalters für alle auf 67 Jahre und vielleicht bald für eine weitere auf siebzig. Die Erhöhung des Rentenalters bei der AHV braucht noch eine politische Mehrheit, die Pensionskassen haben bereits heute das Recht zur Erhöhung bis siebzig.
Es ist ja beileibe nicht so, dass den Versicherern das Geld ausginge, wie die Bürgerlichen behaupten. AHV/IV 2015: 44,2 Milliarden Vermögen (Verdoppelung seit 2000) und 1,2 Milliarden Gewinn. Pensionskassen: 903,3 Milliarden Franken Kapital, 116,4 Milliarden Reserven, ohne die buchhalterisch durch Unterbewertung versteckten Reserven. Die AHV ist klar effizienter, zahlt keine Dividenden und hat tiefe Administrationskosten. Pensionskassen sind ein gutes Geschäft, dazu wollen diese die hohen Administrationskosten nicht durch einen gemeinsamen Kassenfonds wie bei der AHV senken. Sie kürzen lieber Leistungen und erhöhen Prämien.
Das Gesetz über die Ergänzungsleistungen (EL) wird in dieser Gesetzesvorlage nicht angepasst, die EL können deshalb die Ausfälle bei den Ärmsten nicht kompensieren. Die Parlamente nehmen sich die EL später vor und freuen sich auf ein schönes Streichkonzert. Die Sozialversicherungen werden mehr und mehr zu Unsozialversicherungen.
Die Spardiktate der Reichen und Mächtigen auf Kosten der Schwächsten dienen nicht nur der Akkumulation von Gewinn und Kapital, sondern auch als Disziplinierung und Bestrafung der als FaulenzerInnen und SchmarotzerInnen Diffamierten, der Menschen, die im immer brutaler werdenden kapitalistischen Wettbewerb immer mehr unter die Räder kommen – auch in der Schweiz. In ihrer ganzen Geschichte hat die Partei der Arbeit die Grundsätze der sicheren, solidarischen und transparenten AHV-Renten verteidigt und sich gegen die unsolidarische, prämienfressende Pensionskasse gewehrt – wir stimmen zweimal Nein am 24. September!

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