Berichte aus der jungen Sowjetunion

Manfred Vischer. Nach der Revolution haben unzählige Gruppen aus vielen Ländern die Sowjetunion besucht. Sie standen noch ganz im Banne der Revolution und befürchteten, eine Intervention aus dem Ausland könnte den Aufbau des neuen Staates gefährden. Die Berichte von Reisenden geben Einblick in die Entwicklung des Staates – und in die Rezeption durch die Reisenden. Hier folgen Ausschnitte aus Zeugnissen, die später in Druck erschienen.

Die Solidarität mit der jungen Sowjetunion war uneingeschränkt, und die Reisenden brachten nach der Rückkehr ihre Bewunderung für das schon Erreichte zum Ausdruck. Alle Delegationen waren gut vorbereitet und hatten viele Fragen mitgebracht, auf die sie eine Antwort zu finden hofften. Im Vordergrund standen Fragen nach dem Lebensstandard, nach den Lohn- und Arbeitsverhältnissen, nach dem Rechtssystem, nach den Bürgerrechten, nach der Meinungs- und Religionsfreiheit. Die Reisenden wurden jeweils reichlich mit Zahlen und Statistiken gefüttert. Das Bedürfnis nach direkter Information war gross, wobei jedoch Fragen nach den Repressionen der 30er Jahre in den vorliegenden Berichten keinen Niederschlag fanden, sofern sie überhaupt gestellt wurden. Eine kritische Hinterfragung des Gesehenen und Gehörten, wie sie sich weiter unten im Bericht von André Gide findet, war selten. In den Berichten wurde immer wieder betont, dass die Delegierten auf ihren Reisen volle Bewegungsfreiheit hatten.

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2x Nein zum Ausverkauf!

sit. Am 21. Mai stimmt der Kanton Zürich über die Privatisierungen des Kantonsspitals Winterthur (KSW) und der Integrierten Psychiatrie Winterthur-Zürcher Unterland (IPW) ab. Die Vorlage ist ein Bilderbuchbeispiel neoliberaler Politik; «rentable Anlagen» werden dabei den PrivatinvestorInnen überlassen. Die eigentliche Frage bei der Privatisierungsvorlage lautet: Wollen wir unsere Gesundheit verkaufen?

Das KSW und die IPW sollen privatisiert werden. Doch warum? Die IPW hat das Jahr 2016 mit einem Gewinn von 2,5 Millionen Franken abgeschlossen und hat im April 2017 die EFQM-Auszeichnung «Committed to Excellence» (Verpflichtung zu Exzellenz) erhalten. Die European Foundation for Quality Management (EFQM) verleiht diese Auszeichnung an Organisationen, die im Rahmen eines externen Prüfungsprozesses aufzeigen können, dass sie sich systematisch und konsequent für die Qualitätsentwicklung und -sicherung einsetzen. «Damit wurde die erste Stufe des europaweiten Anerkennungsprogramms nach EFQM erreicht», schreibt die Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich stolz auf ihrer Website. Alles andere als ein kranker Patient ist auch das KSW. Im 2016 hat es einen Gewinn von 29,8 Millionen Franken erwirtschaftet. Rechnet man die Gewinne aus den Jahren 2014 und 2015 hinzu, kommt man auf die stolze Summe von gut 70 Millionen Franken. Das Total der Investitionen für Sachanlagen und immaterielle Anlagen beliefen sich 2015 auf 22,3 Millionen Franken. Dabei wurden 10,1 Millionen Franken in medizinische Geräte und 8,2 Millionen in den Bau und Ausbau der Operationssäle sowie in das zweite Herzkatheter-Labor für die Kardiologie investiert. Kurz: Das KSW ist «eine rentable Anlage», um es mit den Worten von FDP-Regierungsrat Thomas Heiniger auszudrücken. » Weiterlesen

Alle an den «March against Monsanto & Syngenta»

Ueli Gähler. Weltweit findet am 20. Mai wieder ein «March against Monsanto» statt. In Basel heisst dieser seit drei Jahren «March against Monsanto & Syngenta» und führt direkt vor die Tore des Basler Hauptsitzes. Mehr als 50 Organisationen unterstützen die Demonstration. Auch vor dem europäischen Hauptsitz von Monsanto in Morges wird demonstriert.

Die im Februar 2016 vom Verwaltungsrat bewilligte Übernahme des Basler Agrarmultis Syngenta durch den chinesischen Staatskonzern ChemChina wurde am 5. Mai abgeschlossen. Die wohl letzte Generalversammlung am 26. Juni wird das nicht stoppen. Die mehr als tausend KleinaktionärInnen halten zusammen nur einen Bruchteil der Aktien. Die grossen amerikanischen und britischen Anlagefonds, denen die Basler Firma bisher gehörte, werden sich nun die Fusionsgewinne einstreichen. Immerhin geht es um 43 Milliarden US-Dollar. Syngenta leidet noch immer unter einer landwirtschaftlichen Überproduktionskrise in den USA und der Wirtschaftskrise in Brasilien und Argentinien. In dieser Lage schien die Übernahme durch ChemChina weiterhin die beste Profitmöglichkeit für die GrossaktionärInnen.
Der Verwaltungsrat von Syngenta betont, dass sich durch die Übernahme nicht viel ändern wird: «Der Wechsel des Aktieneigentums wird es Syngenta erlauben, Syngenta zu bleiben», schreibt VR-Präsident Michel Demaré im Geschäftsbericht. Das sehen wir auch so. Syngenta wird weiterhin die industrielle, kapitalistische Landwirtschaft mit Gentechmais- und soja sowie Pestiziden fördern, Patente auf Pflanzen beantragen, Universitäten und Forschungsinstitutionen unterwandern und in Washington und Brüssel Lobbying betreiben. Für uns ist deshalb klar, dass die internationale Bewegung gegen die Agrobusiness-Konzerne weitergehen und wachsen muss. » Weiterlesen

«Bolivarischer Block in der Defensive»

Nahide Özkan. Venezuela wird verstärkt von äusseren imperialistischen Kräften bedroht. Auch im Inneren versuchen die Rechten, die bolivarische Revolution zu vernichten. Gespräch mit Carolus Wimmer, Sekretär für internationale Beziehungen der Kommunistischen Partei Venezuelas (PCV).

Im Parlament von Venezuela bildet die rechte Opposition die Mehrheit. Sie verlangt eine Amtsenthebung des Präsidenten Nicolás Maduro. Was ist die Strategie der Opposition?

Carolus Wimmer: Nachdem die ultrarechte Opposition 2015 die Parlamentswahlen gewonnen hatte, drängte sie auf einen Regierungswechsel durch einen parlamentarischen Putsch, ähnlich, wie er in Paraguay und vor Kurzem in Brasilien vollzogen wurde. Diese Option ist nun kurzfristig auf Eis gelegt worden, weil die Rechten nicht die Unterstützung der anderen öffentlichen Institutionen oder der Nationalen Bolvarischen Streitkräfte haben.
In ihrer Fokussierung auf einen Coup d’État im Parlament haben die Rechten «vergessen», ihre Versprechen gegenüber der Bevölkerung einzulösen. Die Leute hatten gehofft, dass das neue Parlament die Nahrungsmittel- und Medikamentenknappheit sowie die Inflation beheben würde. Nun haben die rechten, reaktionären Kräfte die Unterstützung der ProtestwählerInnen verloren.
Es überrascht deshalb nicht, dass die politische Strategie der venezolanischen Opposition sich nun komplett in den Händen der US-Regierung befindet, die auf Destabilisierung und Intervention zielt im Bündnis mit offen faschistischen Gruppen. Diese sind bereit, der venezolanischen Regierung und dem Prozess der nationalen Befreiung mit Gewalt ein Ende zu setzen. Es scheint keinen «Dritten Weg» zu geben: entweder ein qualitativer, revolutionärer Sprung oder die Niederlage durch den Imperialismus; entweder Sozialismus oder Barbarei. » Weiterlesen

Arrogante ArbeitgeberInnen

Juliette Müller. Thermo Fisher verweigerte lange, die Unia als Gesprächspartnerin anzuerkennen. Ein Interview mit Yves Defferard, dem regionalen Sekretär der Unia Waadt, über die Veränderungen der Beziehungen zwischen ArbeitgeberInnen und Gewerkschaften.

Sie haben gegenüber den Medien nach dem Fall der Massenentlassungen bei der Versicherung Generali gesagt, dass es immer schwieriger werde, mit den ArbeitgeberInnen zu verhandeln. Stimmt das auch für Thermo Fisher?

Yves Defferard: Es findet ganz klar eine Veränderung statt. Wir stehen nicht mehr den gleichen ArbeitgeberInnen gegenüber. Früher konnte man mit ihnen verhandeln, heute verweigern sie jeden Dialog. Es sind vor allem diejenigen, die mit den Multis gekommen sind. Ferner haben wir immer häufiger mit AnwältInnen zu tun statt mit den ChefInnen selber. Gewisse Anwaltskanzleien haben sogar ein Business daraus gemacht und bieten direkt «Restrukturierungspakete» an!

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Schlechte Karten für Ungelernte

tai. Eine neue Studie zeigt, dass sich die Beschäftigungschancen von sogenannten Geringqualifizierten in der Schweiz in den letzten 20 Jahren deutlich verschlechtert haben. Der Anteil von Ungelernten sank zwar auf 15 Prozent, allerdings hat sich die Arbeitslosigkeit für sie verdreifacht.

Im Auftrag des Sozialdepartements Zürich hat die Universität Basel die Entwicklung der Beschäftigungschancen von Personen, die keine abgeschlossene Berufsausbildung vorweisen, in der Schweiz untersucht. Den Ausgangspunkt der Untersuchung bildete die Beobachtung, dass die Arbeitslosigkeit unter den Ungelernten in den letzten Jahren stark zugenommen hat. Noch bis in die 1980er Jahren hinein hatte der Bildungsstand der Beschäftigten keinen Einfluss auf das Ausmass ihrer Arbeitslosigkeit. Seitdem hat sich die Situation radikal verändert: 2000 lag die Arbeitslosenquote der Geringqualifizierten mehr als dreimal höher als jene der Erwerbspersonen mit einem höheren Bildungsabschluss.
Auch hat sich der Bildungsstand der Beschäftigten in der Schweiz in den letzten 45 Jahren stark verändert. Während 1970 40 Prozent keinen Berufsabschluss hatten, sind es im Jahr 2010 nur noch rund 15 Prozent der ArbeitnehmerInnen. Dafür stieg der Anteil Personen mit Hochschulabschluss von 5 auf 25 Prozent.

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Für die schutzbedürftigen Kinder

Judith Schmid. Eine rechte Allianz, angeführt von der SVP, gefährdet mit dem Referendum gegen den Asylsozialhilfe-Kredit die kindergerechte Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden. Am 21. Mai muss nun das Berner Stimmvolk über den Kredit abstimmen.

Ein karikierter junger Mann liegt auf einer zur Hängematte umfunktionierten Schweizer Fahne. Sichtlich entspannt, in der rechten Hand einen Drink, in der linken Hand ein Heft mit der Aufschrift «Asyl», im Mund eine Zigarre, wird er berieselt von Banknoten. Mit dieser Zeichnung, pietätlos wie immer, waren die AbsenderInnen des Unterschriftenbogens, der letzten Herbst in zahlreiche Briefkästen im Kanton Bern flatterten, klar: Eine Allianz von SVP und Jungen SVP des Kantons Bern sowie der «Bund für Steuerzahler» ergriffen das Referendum gegen den vom Kantonsparlament genehmigten Kredit von 105 Millionen Franken für die Asylsozialhilfe 2016 bis 2019. Im Januar 2017 überreichte die rechte Allianz der Staatskanzlei in Bern 14 000 gültige Unterschriften. Nun muss das Berner Stimmvolk am 21. Mai über den Asylsozialhilfe-Kredit abstimmen.

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Zerstörende Luxusstrasse

dab. Ökologisch orientierte Organisationen haben das Referendum ergriffen gegen den Projektierungskredit für die Verkehrssanierung Aarwangen – Langenthal Nord im Kanton Bern. Am Wochenende vom 21. Mai wird darüber abgestimmt, die PdA Bern empfiehlt ein Nein.

Der Grosse Rat bewilligte den Projektierungskredit von 6,6 Millionen Franken für die Verkehrssanierung Aarwangen – Langenthal Nord. Kernstück ist der Bau einer zweispurigen, rund 3,6 Kilometer langen Umfahrungsstrasse von Aarwangen. Die Ratsmehrheit ist mit SP-Baudirektorin Barbara Egger-Jenzer der Meinung, nur eine Umfahrung könne spürbare Verbesserungen für die AnwohnerInnen und Geschäfte bringen, das Verkehrsaufkommen werde bis zum Jahr 2030 halbiert sein.

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Im Staate der Eidgenossen

«Angela Merkel zitiere ich ja am liebsten wörtlich, ich hab’ noch keine bessere Möglichkeit gefunden, diese Frau zu beleidigen», sagte der begnadete Politkabarettist Volker Pispers. Gleiches gilt für Andreas Kunz, Redaktionsleiter der «Sonntagszeitung». In seinem Kommentar in der Ausgabe vom 30. April mit dem Titel «Trallala, der 1. Mai ist da» warnt er fürsorglich seine Leserschaft: «Achtung, morgen ist 1. Mai. Für alle, die nicht in Zürich wohnen: Das ist der Tag, an dem sich die Stadt in einen Kriegsschauplatz verwandelt, vergitterte Polizeifahrzeuge ganze Quartiere abriegeln und Beamte in Hundertschaften und Vollmontur ein linkes Fest vor linken Gewalttätern schützen müssen.» Kriegsschauplatz? Sicher, Tränengas und Gummischrot sind äusserst unangenehm, sie wurden aber nie dafür eingesetzt, das Volksfest auf dem Kasernenareal vor linken GewalttäterInnen zu schützen. Wenn, dann flog das Zeug ins Festareal rein! Tolle Art, das Fest zu beschützen.

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Nichtangriffspakt im Waadt

De gauche à droite: Hadrien Buclin, Yvan Luccarini, Céline Misiego

Joël Depommier. Nach den Wahlen für das kantonale Parlament von Waadt bleibt die Mehrheit bei den rechten Parteien, allerdings verliert die SVP zwei Sitze. Die SP büsst vier Sitze ein, die Grünen gewinnen zwei dazu. Das Linksbündnis Ensemble à Gauche mit der PdA behält fünf Sitze und kann damit weiterhin eine Fraktion bilden.

«Fünf Sitze sind ein recht gutes Resultat.» Der politische Sekretär der Partei der Arbeit (PdA) im Kanton Waadt, Christophe Grand, wirkt heiter, während er seine Bilanz zieht über die kantonalen Wahlen. «Vor vier Jahren haben wir vier Sitze erhalten, bis Marc Oran, der SP-Abgeordnete vom Bezirk Lavaux-Oron, zu uns gewechselt ist», erzählt Grand. Dieses Jahr wurde Oran allerdings nicht wiedergewählt, weil es in diesem einzelnen Bezirk keine Listenverbindung mit der SP und den Grünen gegeben hat. Gewählt wurden fünf Kandidaten vom Linksbündnis Ensemble à Gauche in Lausanne-West, in Lausanne und in Vevey. Der Bisherige der PdA von Renens, Vincent Keller, wurde wiedergewählt im Lausanner Vorort. Im Hauptort von Waadt wurde Marc Vuilleumier von der PdA sowie Michel Dolivo und Hadrien Buclin von der SolidaritéS gewählt. In Vevey erhielt Yvan Luccarini von der Partei Décroissance Alternative einen Sitz.

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Die göttliche Ordnung

Zora Schneider. Beim Frauenstimmrecht waren wir erfolgreich! Und heute? Wie steht es um die Gleichberechtigung? Die Partei der Arbeit Bern gründet ein Frauen-Aktionskomitee, um die Probleme der Frauen in der Schweiz in Aktionen und in der Politik anzugehen.

In letzter Zeit ist ein feministischer Aufbruch zu beobachten: Es gab in den USA grosse Anti-Trump-Proteste, die von einem Frauenbündnis initiiert wurden, und auch in Zürich gingen mehr als 10 000 Bewegte für den Frauenmarsch auf die Strasse. In Polen konnten Proteste von Frauen eine Verschärfung des Abtreibungsrechtes verhindern. Der Film «Die göttliche Ordnung», in dem die Geschichte des Frauenstimmrechts in der Schweiz anhand von fiktionalen Charakteren mit realen Vorbildern dargestellt wird, hat uns an unsere Geschichte erinnert. Er hat vorgeführt, welche Art der Zivilcourage es braucht, Frauenanliegen durchzusetzen: Die alten Muster aussetzen, für die eigenen Überzeugungen hinstehen, sich durch Unsicherheit und (angedrohte) Gewalt nicht entmutigen lassen und protestieren. Auch US-Präsident Trump hat uns mit seinem Frauenbild (an die «Pussy» fassen, Frauen nach ihrem Äusseren in Kategorien einteilen) gezeigt, dass es noch nicht so lange her ist, dass Frauen über ihren Körper und ihr Leben auch hier in der Schweiz nicht selbst bestimmen konnten. Und das wirkt immer noch in Schönheitsidealen und anderen körperlichen und geistigen Anforderungen an uns Frauen nach, obwohl die Gleichberechtigung bei uns in der Verfassung steht. Häufig drückt sich das auch in Gewaltandrohungen und -anwendungen aus, von denen Frauen im öffentlichen Raum übermässig betroffen sind. Vor allem dann, wenn sie sich nicht an die auferlegten Regeln halten wollen.

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Die richtige Richtung

dab. Das Energiegesetz, erster und zweiter Teil der Energiestrategie 2050, setzt auf einen Mix von Förderanreizen für erneuerbare Energien, strengeren CO2-Emissionsvorschriften und längerfristig auf den freien Markt. Abstimmung am 21. Mai.

Zuerst flatterte die aus den Milliarden des Führers der Völkisch-Neoliberalen Partei (SVP) bezahlte Zeitung in alle Briefkästen. Auf der Titelseite die junge, nackte Frau unter der kalten Dusche, drinnen  geschummelte Fakten, Zahlen und Grafiken. Man wolle nicht kalt duschen, abends auf Shopping, Licht und Fernsehen im Heim und wochenends auf den Mätsch verzichten, weil die viel zu teuren Alternativenergien viel zu wenig Strom produzierten. Man wolle nicht zurück in die Steinzeit zum Energieverbrauch von 1966. Also Nein zur Vorlage, die jeden Haushalt 3200 Franken zusätzlich koste. Bundesrätin Doris Leuthard kam allerdings nur auf 40 Franken mehr für den Netzzuschlag, da die Völkischen die fantasierten immensen Mietzins-, Heiz- und Treibstoffaufschläge sowie die fälligen Investitionen mitgerechnet hatten, die auch ohne Energiestrategie 2050 vorgenommen werden müssen. Die primitiven Argumente der GegnerInnen sind dieselben, mit denen schon in den Siebzigerjahren die Stromlobby gegen Anti-AKW- und Ökobewegung focht.

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Armdrücken mit Thermo Fisher

Juliette Müller. Beim Laborgerätehersteller Thermo Fisher werden 106 Arbeitende entlassen. Die Beschäftigten waren während knapp einer Woche in den Streik getreten, weil die Konzernleitung unter anderem keine Gewerkschaftsvertretung während der Konsultation zuliess.

Auf der Abzweigung einer langen, leeren Strasse in Ecublens in der Nähe von Lausanne hat sich eine Menschenmenge zusammengefunden. Trotz der Kälte und den zeitweiligen Regenschauern sind die 125 Streikenden draussen geblieben. Sie diskutieren oder trinken Tee. Auf der Wand hinter ihnen hängen Transparente mit ihren Forderungen. Die Wand und das zugehörige Gebäude gehören dem Unternehmen «Thermo Fisher Scientific», das Laborgeräte wie Spektrometer produziert, die insbesondere bei der Herstellung von Metallegierungen als Messinstrument eingesetzt werden. Das ehemalige Schweizer Unternehmen ist nach mehreren Übernahmen Teil eines US-Multis. Nahe der Strasse sieht man eine Fahne der Gewerkschaft Unia und ein Plakat mit der Aufschrift «Thermo Fiasco!».
Am Tag unseres Besuches sind es fünf Tage, seit die Beschäftigten des Werks die Arbeit niedergelegt haben. Es war bekannt gemacht worden, dass der Betrieb nach Tschechien ausgelagert und dabei 106 von 165 Stellen gestrichen werden würde. Was den Streik ausgelöst hat, war aber vor allem die Weigerung der Geschäftsleitung, die Unia während dem gesetzlich vorgeschriebenen Konsultationsverfahren als Vertretung der Arbeitenden anzuerkennen. Während dieser Phase können die Beschäftigten ihre Vorschläge für die Erhaltung der Arbeitsplätze einbringen.

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Rechte Hetze im linken Gewand

Redaktion. Im Volkshaus Zürich fand am 11. Mai eine antideutsche Veranstaltung statt, bei der Jutta Ditfurth unter dem Vorwand von Antisemitismus linke Kritik an Israel mundtot machen wollte. Die Tierrechtsgruppe Zürich hat ein kleines politisches Statement dagegen gesetzt. Im Folgenden der Aufruf der Tierrechtsgruppe Zürich.

Innerhalb linker Bewegungen formieren sich seit Ende der 80er Jahre AnhängerInnen der israelischen Besatzungspolitik und Nato-VersteherInnen, welche versuchen, KritikerInnen von Krieg, Imperialismus und Kapitalismus mundtot zu machen. Diese neokonservativen DemagogInnen treten ausgehend von der BRD unter Labeln wie «antideutsch» oder «antinational» in Erscheinung und gewinnen auch in der Schweiz UnterstützerInnen und Strahlkraft. Vor dem Hintergrund, dass im Volkshaus Zürich eine antideutsche Veranstaltungsreihe in zwei Teilen angekündigt war, versuchte die Tierrechtsgruppe Zürich mit dem Filmscreening von «Losgelöst von allen Wurzeln …» einen kulturellen Gegenpol zu dieser rechten Hetze im linken Gewand setzen.

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Frauenrechte im Irak

Yasmin Labidi. Die feministische Aktivistin Yanar Mohammed setzt sich seit 15 Jahren für Frauenrechte und gegen Gewalt an Frauen im Irak ein. Terre des Femmes Schweiz hat Yanar Mohammed vom 8. bis 13. Juni in die Schweiz eingeladen, um mit ihr über ihre riskante Arbeit zu sprechen.

Die irakische Menschenrechtsverteidigerin Yanar Mohammed engagiert sich seit 15 Jahren für Frauenrechte und gegen Gewalt an Frauen in ihrem Land. 2003 gründete sie die ersten Schutzhäuser für Gewaltbetroffene sowie die Organization of Women’s Freedom in Iraq (OWFI), mit der sie diese Frauenhäuser bis heute betreibt. Die Zentren, welche der Staat nach wie vor für illegal erklärt, sind offen sowohl für Angehörige religiöser und sexueller Minderheiten als auch für junge Frauen, die vor häuslicher Gewalt, Menschenhandel oder Zwangsprostitution fliehen. Im März hatten wir, zwei Mitarbeiterinnen von Terre des Femmes Schweiz, die Gelegenheit, Yanar in Amsterdam zu treffen und mit ihr ein Gespräch zu führen. Als sie den Raum betritt, erkennen wir sie sofort: ein lebhafter Blick, eine selbstbewusste Haltung, eine immense Ausstrahlung trotz einer kleinen Statur. Sie setzt sich und sagt: «Ich bin gerade erst aus Bagdad angekommen, ich brauche einen Drink!» Dann beginnt sie zu erzählen.

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Gegen Hierarchien und Ausschluss

sah. Momentan tut sich viel in der Frauen- und der Queerbewegung. Neue Begriffe tauchen auf und werden wild diskutiert. Queere Frauen und Transmenschen organisieren sich unabhängig von Cis-Männern, um einen Schutzraum vor verbaler und physischer Gewalt sowie jeglicher Form von Homophobie und Transphobie zu schaffen.

«Queerfeministischer Nachtspaziergang». Der Aufruf hing in Berns Strassen, an Busstationshäuschen und an Stromkästen. Irgendwo beim Plakat fand sich eine kleine Notiz: «Wilder, wütender und selbstbestimmter Spaziergang – FLTIQ-Menschen (keine Cis-Männer)». FLTIQ? Mit der Abkürzung sind Frauen, Lesben, Transmenschen, Intermenschen und Queers gemeint. Organisiert hat dies alles eine basisdemokratische Gruppe aus «weissen jungen Cis-Frauen ohne Migrationshintergrund» mit dem wichtigen Anliegen, emanzipatorische Kämpfe mitzutragen, sie zu verbinden und FLTIQs mit verschiedenen Hintergründen zu vereinen. Cis oder Cisgender bezeichnet Personen, deren Geschlechteridentität mit dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht übereinstimmt, als Gegenpart zu Transgender. Kritisch reflektieren die Organisatorinnen ihre «Privilegien der Herkunft» und möchten sie dekonstruieren. Alle zusammen kämpfen gegen die gesellschaftliche Unterdrückung und Diskriminierung aufgrund Herkunft, ökonomische Verwertbarkeit, Aussehen, Fähigkeit und Alter.

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Eier auf Le Pen

Bernard Schmid. Bei den französischen Präsidentschaftswahlen ist der wirtschaftsliberale Emmanuel Macron als klarer Sieger hervorgetreten. Die faschistische Gegenkandidatin Marine Le Pen blamierte sich zuvor noch in der Fernsehdebatte.

Nirgendwo hat man mehr seine Ruhe. Nicht einmal in der Kathedrale von Reims. An diesem historischen Ort – einstmals wurden dort französische Monarchen gekrönt, seitdem König Chlodwig 496 in Reims das Christentum angenommen hatte – glaubte Marine Le Pen sich an einem sicheren Ort, um ihre Botschaft vom «Respekt der nationalen Identität» zu verkünden. Begleitet war sie von einem Schwarm von Kameras und Mikrophonen, aber auch von Nicolas Dupont-Aignan, dem rechtsbürgerlichen Kandidaten, den im ersten Durchgang der Präsidentschaftswahl 4,7 Prozent der WählerInnen unterstützt hatten. Dupont-Aignan hatte sich am 29. April offen mit der Chefin des Front National verbündet, zu ihrer Wahl in der Stichrunde aufgerufen und einen «Koalitionsvertrag» mit ihr abgeschlossen. Dies trug ihm von verschiedener Seite einen Vergleich mit Pierre Laval ein. Laval war ein führender Protagonist der Kollaboration mit Nazideutschland, doch selbst kein ideologisch gefestigter Faschist, sondern ein ursprünglicher Liberaler sowie hemmungsloser Opportunist. 1945 wurde er erschossen.

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In die Gleichberechtigung katapultiert

sah. Mit der russischen Oktoberrevolution kamen die Frauenrechte praktisch über Nacht: Scheidung und Abtreibung wurden legal, Krippen, Kindergärten und Gemeinschaftsküchen wurden eingerichtet. Die Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse passierte langsamer.

«Friede und Brot» sollen die Proletarierinnen Anfang 1917 im Chor gerufen haben – Schulter an Schulter durch die Strassen Petrograds (heute: St. Petersburg) gehend. Nicht ernst genug hatte die Regierung rund um den Zaren die Demonstrationen zum «Internationalen Frauentag» genommen: Die Massen sammelten sich, SoldatInnen weigern sich, Repression anzuwenden, und innerhalb weniger Tage blieb dem Zar nichts weiter übrig, als zurückzutreten. Reale Stärke zeigte die ArbeiterInnenklasse schon 1905, mit dabei kämpften grosse Gruppen von Frauen und Jugendlichen. In den Streik getreten waren unter anderem über 140 000 ArbeiterInnen in Petrograd – ein grosser Teil der Industriearbeiterschaft war weiblich. Forderungen wie höhere Löhne oder einen Achtstundentag sollten im Rahmen eines friedlichen Protestmarsches überbracht werden. Doch endete dieser Aufbruch blutig: SoldatInnen schossen auf kurze Distanz in die Menge. Folgende Monate Massenstreiks und Vorbereitungen für den bewaffneten Kampf waren «Generalprobe», es formierte sich eine starke Bewegung der ArbeiterInnenklasse. Mit dabei auch die BäuerInnen: es gab Landbesetzungen und die Enteignung von LandbesitzerInnen. Nicht gescheitert war der Aufbruch in den Jahren um 1905, sondern nur vertagt. Wie die spätere Geschichte zeigt, wird die Kommunistische Internationale auch die Befreierin der Frau sein. » Weiterlesen

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