Die Rückkehr der Grossgrundbesitzer

ChileDen Kleinbauern und -bäuerinnen um das chilenische Llay Llay vertrocknen die Felder. Die Hügel neben ihren Parzellen aber sind saftig grün. Hier wachsen Tausende von Avocadobäumen, zu deren Bewässerung die GrossgrundbesitzerInnen das Grundwasser abpumpen. Jeden Sommer hat sich die Situation verschärft – dieses Mal ist es zu viel: Die Bauern und Bäuerinnen rufen nun zum Widerstand gegen die GrossgrundbesitzerInnen, die Privatisierung des Wassers und die ungerechten Gesetze auf.

Als im Jahr 1961 die konservative Regierung unter Jorge Alessandri das Gesetz zur Agrarreform verabschiedete, welche in den darauffolgenden Jahren unter Eduardo Frei und Salvador Allende vertieft wurde, konnten viele LandarbeiterInnen zum ersten Mal BesitzerInnen ihrer eigenen Felder werden. So geschah es auch in Llay Llay im Tal des Aconcagua, des grössten Flusses in der Region von Valparaiso. Die Dörfer um Llay Llay leben hauptsächlich von der Landwirtschaft. Als Folge der Agrarreform wurden die Latifundien enteignet und anfänglich an einzelne BäuerInnen und später, unter der Regierung von Salvador Allende, an Kooperativen übergeben. Die neuen LandbesitzerInnen bekamen anfänglich staatliche Hilfe um die Ländereien zu bestellen. Unter der Diktatur Augusto Pinochets wurden jedoch alle staatlichen Hilfen eingestellt.

Die Bauern und Bäuerinnen bauten im fruchtbaren Tal Gemüse an und liessen auf den trockenen, mit dornigen Büschen bewachsenen Hügeln und Bergen ihr Vieh weiden. Das Wasser zur Bewässerung kam aus Kanälen, die das Wasser vom Aconcagua-Fluss auf die Felder brachten. Reich wurden die Leute dadurch nicht und die fehlende Hilfe bei der Produktion und der Vermarktung ihrer Produkte zwangen viele Bauern und Bäuerinnen während der Militärdiktatur ihre Ländereien wieder zu verkaufen.

Das Latifundiensystem kehrt zurück

Nach dem Ende der Militärdiktatur, im Jahre 1989, fingen reiche Familien an, die angeblich wertlosen Hügel und zum Teil auch Ländereien im Tal aufzukaufen. Anfänglich verkauften die vormaligen BesitzerInnen freiwillig, später durch gesetzlich bewilligten Zwang. Grundlage für diese Zwangsverkäufe ist ein Gesetz, welches es dem Hauptbesitzer eines Hügels ermöglicht, die anderen BesitzerInnen dazu zu zwingen, ihnen das restliche Land zu verkaufen. Die Hügel, bewohnt und bewachsen von seltenen Tieren und geschützten Pflanzen, standen einige Jahre unbenutzt da, bis ein Gesetz verabschiedet wurde, welches PrivatunternehmerInnen bis zu 80 Prozent ihrer Infrastruktur finanziert, wenn die bis dahin «ungenutzte» Hügel bewirtschaftet würden. So verschwanden über Nacht die geschützten Büsche in Löchern und es entstanden riesige Avocadoplantagen. Die Latifundien waren in neuer Form wieder aufgetaucht. Heute beschäftigt Jorge Schmidt, der grösste Grossgrundbesitzer im Tal, ironischerweise Sohn eines geflüchteten italienischen Kommunisten, in Llay Llay während der Hauptsaison über zweitausend Menschen, um seine Felder zu bestellen. Angebaut werden nebst den Avocados Weintrauben und Zitrusfrüchte – fast allesamt Exportprodukte, die in alle Welt verschifft werden. Flugzeuge fliegen über die Felder, um Pestizide zu sprühen, Busse fahren umher, um die ArbeiterInnen an neue Orte zu bringen und Container voller Avocados, Weintrauben und Orangen verlassen das Tal, um ihre Reise nach Europa, Asien und vielleicht auch in deinen Supermarkt anzutreten. Die ArbeiterInnen berichten derweil, dass kaum mehr Füchse auftauchen und wenn doch, dann nur tot – vermutlich eine Folge des ausgestreuten Rattengift. Regelmässig geschehen schwere Arbeitsunfälle, da an den steilen Hängen mit viel Gewicht gearbeitet wird und eine Arbeiterin sowie ein Stadtrat erzählen, dass noch nie eine Arbeitskontrolle oder die Umweltschutzbehörde zu Besuch kamen. Die Löhne sind an den von Pinochet eingeführten Mindestlohn von derzeit etwa 350 Franken gebunden, jedoch mit «Boni je nach Produktivität», wie sich der Grossgrundbesitzer Schmidt letztes Jahr in einem Gefälligkeitsartikel in der rechten Zeitung «El Mercurio» zitieren liess. Der Artikel porträtierte Schmidt als bodenständigen Aufsteiger und guten Arbeitgeber. Kritische Fragen wurden nicht gestellt.

Der hausgemachte Wassermangel

«Als Kind musste ich nur ein kleines Loch in die Erde graben und schon stiess ich auf Wasser», erzählt Aldo Alvarado, der schon sein ganzes Leben in Llay Llay wohnt. Die Region ist eigentlich bekannt für ihren Wasserreichtum, den es unter der Erde beherbergt, da sich das Wasser im regenreichen Winter im Kessel von Llay Llay sammelt und dort versickert. Doch seit Jahren ist dies nicht mehr so, es regnet nicht mehr so viel und der Aconcagua bringt im Sommer kaum mehr die Wassermengen von früher mit sich. Der Klimawandel macht sich im Tal des Aconcagua in aller Härte bemerkbar. Die Wasserknappheit lässt sich aber, wie in anderen Teilen Chiles, durch die industrielle Nutzung des Wassers erklären. Überall im Land verstreut gibt es Regionen, die an Trockenheit leiden. So sind es im Süden die Mapuche, die klagen, dass bei ihnen der Grundwasserspiegel aufgrund der extensiven Forstwirtschaft sinkt. Von der Mitte des Landes bis in den Norden sind es Minen in den Anden, die das Wasser zum Herauswaschen der Kupfers gebrauchen und mit Schwermetallen verseuchen. In der Mitte des Landes kommt noch die verstärkte Nutzung der Quellen durch GrossgrundbesitzerInnen hinzu, die dank mehr Kapital tiefere Brunnen als die ansässige Bevölkerung bohren können. «Im Tal des Aconcaguas kommt noch die schlechte Verteilung des Wassers, welches der Fluss mit sich bringt, dazu», so Marcelo Diaz, Vorsitzender einer frisch gegründeten Gruppierung zum Schutz des Wassers. Überdies pumpt der private Wasserkonzern Esval im Dörfchen Las Vegas bei Llay Llay Wasser für die Grossstadt Valparaiso ab. Die Pumpen von Las Vegas können derweil kein Trinkwasser mehr für die lokale Bevölkerung finden. Das Wasser im Tal wird knapp, wie in vielen Regionen Chiles, in der neue GrossgrundbesitzerInnen mit einer enorm extensiven Landwirtschaft alle Wasserressourcen ausbeuten, die sie finden.

«Das Hauptproblem ist die kapitalistische Produktionsweise»

Dagegen gibt es in Llay Llay nun Widerstand, die neu entstandene Bewegung beschwert sich wegen der schlechten Verteilung des Wassers. Denn während den kleinen Bauern und Bäuerinnen die Kanäle vertrocknen, bauen die Grossgrundbesitzer-Innen immer tiefere Brunnen – mit Rechten, die sie billig anderen abkaufen. Allein im Dorf Las Palmas wurden Rechte erworben, um mehr als 200 Liter pro Sekunde aus der Erde zu pumpen, während sich die Bevölkerung im Dorf mit 6 Liter pro Sekunde für ihr Trinkwasser zufrieden geben muss. «Das Problem», so meint Marcelo Diaz, «ist, das diese Typen alle rechtlichen Taschentricks kennen, um sich Rechte für Wasser und alles weitere zu ergattern.» In Chile ist Wasser ein privates Gut. Jemand, der das Recht zur Förderung von Wasser hat, kann mit diesem tun und lassen was er oder sie will. Die Gemeinden vergeben Wasserrechte; ist bereits die Höchstzahl an Rechten vergeben, können diese dann privat gehandelt werden. Das entsprechende Gesetz, eines von so viele Reliquien aus der Zeit der Pinochet-Diktatur, wollen Organisationen in ganz Chile nun ändern. Wenn möglich mit der Unterstützung der Regierung, wenn nötig durch Besetzungen von Autobahnen und Mobilisierungen der lokalen Bevölkerung. Das Ziel: eine Verstaatlichung des Wassers, damit dieses als ein Grundrecht für alle zugänglich gemacht werden kann. Doch dies sei nicht die Lösung aller Probleme, erklärt Marcelo Diaz. Die Übernutzung des Wassers könne durch dessen Verstaatlichung allein nicht aufgehoben werden: «Das Hauptproblem ist die kapitalistische Produktionsweise, die den Klimawandel verursacht hat. Die Landwirtschaft hat hier früher so gut funktioniert, weil nach der Ansicht von Ökonomen nicht wirtschaftlich produziert wurde.» Die Hügel wurden nur zur Weide genutzt und es wurde hauptsächlich das Wasser vom Aconcagua zur Bewirtschaftung genommen. Die neuen Produktionsweisen bewirkten, dass sich der Grundwasserspiegel in Llay Llay in den vergangenen Jahrzehnten enorm gesenkt hat. Marcelo Diaz erinnert auch an ein Staudammprojekt von Salvador Allende, welches das Wasser des Winters ähnlich wie ein Gletscher speichern sollte, damit es dann im Sommer für die Landwirtschaft genutzt werden könnte – eines von so vielen nachhaltigen und sinnvollen Projekten, die mit dem Putsch von 1973 beerdigt wurden.

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«Rojava ist der Anfang»

ivana-hoffmanEine junge Kommunistin aus Deutschland ist im Kampf gegen den Islamischen Staat (IS) ums Leben gekommen.

Ohne jeglichen familiären Bezug zur Region oder Kultur hat sie sich dem Befreiungskampf der syrischen KurdInnen angeschlossen.

Nach Rojava ist sie gegangen, um die Revolution zu verteidigen. Weil man hier für die Menschlichkeit kämpfen würde. Weil man hier den Internationalismus vertreten könne. «Ich will ein Teil der Revolution in Rojava sein, ich will den Kampf, der alle unterdrückten Völker verbindet, kennenlernen und vor allen Dingen die Revolution in Rojava, wenn es sein muss, mit meinem Leben verteidigen», schrieb die 19-jährige Ivana Hoffmann in einem Brief. Am 7. März wurde sie im Kampf gegen den IS im Nordosten Syriens getötet.

In Syrien und im Irak herrscht Krieg. Der radikal islamistische IS versucht hier, mit Gewalt an die Macht zu gelangen. Offensichtlich hat das Vorhaben eine starke Anziehungskraft für junge Muslimas und Muslime in Europa. Nur schon aus Deutschland sollen Hunderte für den IS in ihren reaktionären Krieg gezogen sein.

Im Norden Syriens, in Rojava, haben die KurdInnen den syrischen Bürgerkrieg ausgenutzt und sich in ihren Gebieten Selbstbestimmung und Autonomie erkämpft. Hier ist ein einmalig progressives Projekt entstanden: Religiöse und ethnische Minderheiten werden geschützt und in die Selbstverwaltung einbezogen. Es wurden basisdemokratische Strukturen aufgebaut. Und die Frauen haben das ihnen gebührende Mitspracherecht durchgesetzt.

Rojava ist damit umgekehrt zum IS zu einem Sehnsuchtsort für Linke geworden. Allerdings hält sich der Zufluss von internationalen KämpferInnen in Grenzen. Das Bundesamt für Verfassungsschutz spricht von einer zweistelligen Zahl von Personen aus Deutschland, die in den Reihen der syrisch-kurdischen YPG-YPJ, der türkisch-kurdischen PKK oder ihrer Verbündeten kämpfen. Die meisten davon dürften auch einen familiären Bezug zu dieser Region haben. Nicht so Ivana Hoffmann.

«Ein sozialer Mensch»

Ivana Hoffmann wuchs in Duisburg in Deutschland auf. Sie war noch in der Schule, stand vor dem Abitur. Ihr Vater stammt aus Togo, die Mutter ist Deutsche. Sie sagte über Ivana: «Überall, egal ob in der Schule, beim Fussball, überall war sie beliebt. Ein fröhlicher Mensch war sie, sie hat jeden zum Lachen gebracht.» Wie kam es nun dazu, dass diese junge Frau ihr Leben hergab für diesen Kampf, der nicht der ihre zu sein scheint? «Ivana war ein sozialer Mensch», erzählt einer ihrer Duisburger Freunde. «Sie wuchs mit vielen türkischen und kurdischen Freunden auf, sie konnte Türkisch und Kurdisch und sie hat sich für Frauenrechte eingesetzt. Sie wollte die Revolution von Rojava verteidigen, die ja auch eine Revolution der Frauen ist.»

Ivana war seit ihrem 13. Lebensjahr in der migrantisch geprägten kommunistischen Jugendorganisation «Young Struggle» in Duisburg aktiv, die der türkischen Marxistisch-Leninistischen Kommunistischen Partei (MLKP) nahesteht; später war sie auch direkt bei der MLKP. In Syrien gibt es MLKP-Mitglieder, die unter dem Oberkommando der YPG kämpfen. Einer davon war Suphi Nejat Arnasl, der im Oktober im Alter von 30 Jahren bei den Kämpfen um Kobanê getötet wurde. Er stammte ebenfalls aus Duisburg, war aber bereits vor einigen Jahren zum Studieren nach Istanbul gegangen. Die zweite Person aus Deutschland, die im Bürgerkrieg fiel, ist nun Ivana Hoffmann.

Die MLKP schreibt: «Unsere Genossin ist (…) ein Beispiel für die Loslösung von allen Fesseln geworden. Statt eines anderen geordneten Lebens, hat sie sich für die Revolution entschieden.»

Für Ivana selbst scheint es nicht der Fall gewesen zu sein, als ob sie ein «geordnetes Leben» verlassen hätte. Noch vor ihrem Aufbruch in den Krieg stellte sie sich die Sache folgendermassen vor: «Ich werde erfahren, wie es sich anfühlt, eine Waffe in der Hand zu haben. Ich werde das Leben anders spüren, intensiver und geordneter.»

Eine Freiheitskämpferin

Vor einem Dreivierteljahr hat Ivana die Schule abgebrochen, um sich unter dem Codenamen Avasin Tekosin Günes einer internationalen Brigade der MLKP anzuschliessen, die im kurdischen Selbstverwaltungsgebiet Rojava gemeinsam mit den kurdischen Volks- und Frauenverteidigungseinheiten YPG/YPJ gegen den IS kämpft. Der Mutter erklärte sie: «Ich möchte meinen Weg gehen und Freiheitskämpferin werden.»

Ivana Hoffmann war am schweren russischen Maschinengewehr BKC ausgebildet worden und hat im Kanton Cizîrê gekämpft. Ivana sei bis «zur letzten Kugel» gegen die «ISIS-Banden kämpfend bei der Verteidigung des assyrischen Dorfes Til Hemis gestorben». In jener Nacht sei sie mit «weiteren Kämpfern der YPG gefallen», der Angriff auf das christliche Dorf sei aber abgewehrt worden.

Ivana Hoffmann kämpfte in Rojava, weil ihr bewusst war, was auf dem Spiel steht: «Wir sind hier, um für die Freiheit zu kämpfen. Denn Rojava ist der Anfang, Rojava ist unsere Hoffnung.»

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La Via Campesina – der bäuerliche Weg

Jd9880sts-abtankenAuch die schweizerische BäuerInnengewerkschaft Uniterre ist Mitglied des internationalen Netzwerks La Via Campesina. Beide setzen sich zur Zeit stark für die Ernährungssouveränität ein. Ulrike Minkner, Bäuerin und -Uniterre-Sekretärin, über Struktur und Zweck der internationalen und kämpferischen BäuerInnenorganisation.

La Via Campesina (zu deutsch «der bäuerliche Weg») ist, wie der Name schon erahnen lässt, eine Organisation, die bäuerliche Interessen und eine bäuerlich geprägte Landwirtschaft vertritt. Sie wurde 1993 von 46 VertreterInnen aus unterschiedlichen Teilen der Welt in Mons in Belgien gegründet. Beteiligt waren bestehende regionale Organisationen wie die Landlosenbewegung MST aus Südamerika und ASOCODE für Zentralamerika, die Karibik und Nordamerika, Regionen, in denen La Via Campesina auch heute noch besonders stark aufgestellt ist, sowie die BäuerInnenbewegung der Philippinen (KMP) und die Europäische Landwirte Koordination (CPE) für Westeuropa. Seit Januar 2014 ist Elizabeth Mpofu, Bäuerin aus Simbabwe, die internationale Koordinatorin der Organisation. Mit heute rund 150 Mitgliedsorganisationen aus 70 Ländern ist La Via Campesina eine in weiten Teilen der Welt vertretene basisdemokratische Massenbewegung, die sich aus den rund 200 Millionen BäuerInnen, LandarbeiterInnen, Landfrauen, Landlosen, Landjugend und Indigenen aus den nationalen und regionalen Organisationen bildet. Daraus ergibt sich eine beeindruckende Vielfalt an Menschen, Kulturen, Sprachen und Formen der Landwirtschaft, die einmalig sein dürfte. La Via Campesina ist nicht nur auf der Straße präsent, sondern auch dort, wo letztlich die Entscheidungen getroffen werden. Durch die breite Basis und die globalen Aktivitäten ist die Organisation weltweit anerkannt und wird von zahlreichen Regierungen und Parlamenten sowie wichtigen internationalen Organisationen wie der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) und der UNO gehört.

Ernährungssouveränität als Ziel

Trotz dieser Fülle von Unterschieden vereint alle diese Menschen eine grundlegende Idee, welche es zu verteidigen oder wieder zu erlangen gilt: Die Ernährungssouveränität. Dieser auf der Welternährungskonferenz 1996 im wesentlichen von La Via Campesina geprägte Begriff bezeichnet das Recht der agrar- und ernährungspolitischen Selbstbestimmung von Ländern, Regionen und Volksgruppen und ist als politisches Konzept zu verstehen. Er beschreibt einen Zustand, in dem Lebensmittel regional durch angepasste Formen der Landwirtschaft so produziert werden, dass einerseits die Versorgung der Bevölkerung vor Ort sichergestellt ist und andererseits die natürlichen Ressourcen nicht ausgebeutet werden. Ernährungssouveränität ist das Recht aller Menschen auf gutes und kulturell angepasstes Essen, das mittels nachhaltiger Produktionsmethoden hergestellt wurde, sowie das Recht der Menschen, Nationen und Staatengemeinschaften, ihre Ernährungs- und Agrarpolitik selbst zu bestimmen. Ernährungssouveränität ist aber auch die Verpflichtung, die Landwirtschaft anderer Länder nicht zu beeinträchtigen. Sie beruht auf der Etablierung von lokalen Produktionssystemen, der Stärkung der lokalen Kontrolle und der internationalen Solidarität.

2007 veranstaltete La Via Campesina gemeinsam mit einigen anderen Organisationen in Mali das erste weltweite Forum für Ernährungssouveränität, das nach einer berühmten malischen Bäuerin «Nyeleni» genannt wurde. Durch dieses Forum stieg die Anzahl von Bewegungen und Initiativen, für die Ernährungssouveränität zu einem zentralen Thema geworden ist, enorm. Heute zählen dazu unter anderem die Umweltschutzorganisation Friends of the Earth International, das europäische Attac-Netzwerk, die Menschenrechtsorganisation FIAN sowie die Frauenbewegung World March of Women.

Gemeinsam und stark in Europa

Die Europäische Koordination Via Campesina (ECVC) trifft sich einmal jährlich, dieses Jahr war es in Brüssel. Die Themen Freihandelsabkommen und die Klimapolitik waren sehr bestimmend. In Arbeitsgruppen wurden Positionen erarbeitet und Informationen ausgetauscht. So berichtete die rumänische Delegation von riesigen Landaufkäufen von finanzstarken InvestorInnen (es sollen sich bereits mehr als sechs Prozent des Agrarlands in den Händen von transnationalen Konzernen befinden) und dem Verbot von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) in der Region. BäuerInnen aus Italien sprachen etwa von der Weltausstellung in Mailand. Sie wollen Gegenveranstaltungen organisieren und boykottieren die Expo. Für die Expo wurden bereits 200 Hektaren Kulturland verbetoniert und asphaltiert, für die Bauplätze, für Parkplätze und die Zufahrtsstrassen. Im Zuge der Bautätigkeiten kam es zu Landenteignungen. Der Fokus der Gegenveranstaltungen ist die regionale bäuerliche Landwirtschaft. Uniterre wird die Anliegen der italienischen Bauern und BäuerInnen im Rahmen der Anti-Syngenta-Tagung in Basel einbringen. Einzelne Organisationen stehen diesen Problemen in ihren Ländern häufig machtlos gegenüber. Aber im Bündnis mit Via Campesina bekommen wir das nötige Gewicht.

Uniterre in der Schweiz

In der Schweiz hat Uniterre als Mitglied von La Via Campesina das Thema der Ernährungssouveränität mit der Initiative auf die politische Bühne gebracht. Wir vertreten die Anliegen von Via Campesina und suchen den Dialog mit der Bevölkerung. So wie hier entstehen überall auf der Welt Initiativen für Ernährungssouveränität, welche sich vernetzen und gemeinsame Aktionen planen. Viele Leute in der Schweiz setzen die Vision bereits um. Getragen werden die Ideen von Vertragslandwirtschaftsprojekten, von Hofgemeinschaften, von Gemüsegenossenschaften, von Food-Coops, von Agriculture-Projekten in der Stadt und auf dem Land. Alle diese Initiativen sind die Basis von neuen Landwirtschafts- und Ernährungssystemen. Um uns gegen die Liberalisierungspolitik unserer Regierung zu wehren und um dem Vorhaben von Bundesrat Schneider Ammann, immer mehr Freihandelsabkommen abzuschliessen, die Stirn zu bieten, brauchen wir die politische Debatte. Weltweit kämpfen wir, so unterschiedlich die Bedingungen auch sind, mit den gleichen Problemen: Ausbreitung der GVO, die Veränderung des Weltklimas, Patentierung von Pflanzen und Saatgut, kranke Tiere in der Massentierhaltung, Antibiotikaskandale, Landgrabbing und der Industrialisierung unserer Nahrungsmittelproduktion. Unsere Initiative greift diese Problematik auf und ist, wie von La Via Campesina gefordert wird, ein umfassendes Gegenkonzept zum Ausverkauf von Landwirtschaft, Natur, Gesundheit und Ernährung.

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Barrikaden statt Bankett

FFMDer Blockupy-Aktionstag in Frankfurt war nicht nur Ausdruck eines gut organisierten internationalen und antikapitalistischen Massenprotests. Die Stimmung auf der Strasse war ebenso eine der sozialen Unruhe.

Ursprünglich war eine prunkvolle Feier geplant, doch am Ende gab es nicht mal Sekt, bloss Mineralwasser, kein Bankett, nur ein paar Oliven und anstatt überschwänglicher Lobeshymnen, hielt EZB-Präsident Mario Draghi eine fast selbstkritische Rede. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihr neues Hochhaus eröffnet. Noch gerade rechtzeitig sahen auch die EZB-FunktionärInnen ein, dass eine Feier für eine von vielen EuropäerInnen verhassten Troika-Institution nicht sehr angebracht ist. Dort Verarmungsprogramme, hier ein Freudenfest der Herrschenden. Schlechte Presse war zu befürchten. Erst recht, wenn draussen der Ausnahmezustand herrscht. Und tatsächlich war in Frankfurt am 18. März – am Tag der Pariser Kommune sowie am internationalen Tag der politischen Gefangenen – ein kleiner Aufstand im Gange. Gegen 25 000 Leute aus ganz Europa protestierten gegen die bestehenden Verhältnisse. Mehrere Tausend beteiligten sich an Blockaden und anderen direkten Aktionen. Mobilisiert hatte das nun vierjährige internationale Bündnis «Blockupy», das sich in Deutschland – von Attac bis zum linksradikalen Bündnis «…umsGanze» – aus verschiedenen Gruppen, Parteien und Initiativen zusammensetzt.

Dilettantische Polizei

Noch im kühlen Dunkel des frühen Morgens versammelten sich an vier Punkten in der Frankfurter Innenstadt immer mehr vorwiegend junge Menschen. Punkt sieben Uhr setzten sich die Gruppen in Bewegung, um die Zufahrtsstrassen zum EZB-Neubau zu blockieren. Der Blockupy-Aktionskonsens lautete «Wir sagen, was wir tun, wir tun, was wir sagen» und «von uns geht keine Eskalation aus». Natürlich ist es unmöglich, eine Grossveranstaltung mit solchen Weisungen vollständig zu kontrollieren. Darüber hinaus wird diese Strategie bei weitem nicht von allen TeilnehmerInnen akzeptiert. Die Eskalation, zu der es dann auch gekommen ist, ist aber zu einem guten Teil auf das Verhalten der Polizei zurückzuführen. Schon Tage vor der Eröffnung sperrte diese die neuralgischen Punkte mit über 100 Kilometer Nato-Draht ab und am Tag selbst waren rund 8000 PolizistInnen, vier Hubschrauber, ein Flugzeug, Polizeiboote, 28 Wasserwerfer, Panzerräumfahrzeuge und sogar die Sondereinheit GSG9 im Einsatz. Dabei vergass die Polizei aber völlig, ihre Wachen zu schützen, was schier einer Einladung gleichkam. Und anstatt hinter ihren Absperrungen zu stehen, hielten sich auf der Route vereinzelte Kastenwagen und kleinere Einheiten auf. Beim Anrücken der Masse versuchten diese wenigen PolizistInnen, ihr den Weg zu versperren. Eine völlig sinnlose Aktion, war doch etwas weiter hinten bereits die unbezwingbare Hauptabsperrung befestigt. Diese dilettantische Polizeiaktion scheiterte kläglich, die Beamten wurden von der Masse weggedrängt, die Kastenwagen angezündet. Angerückte Verstärkung prügelte sich den Weg frei und verschoss – in Deutschland ungewöhnlich – mit Gewehren Tränengaskartuschen. Auch hier ist die Frage, ob diese Eskalation von der Polizei gewollt provoziert oder aus koordinativer Inkompetenz entstanden ist, reine Spekulationssache. Die Polizeigewalt hinterliess jedenfalls 200 Verletzte, 50 davon wegen Schlagstockeinsätzen.

Ob gewaltfrei oder militant …

Natürlich gab es auch Angriffe auf Polizeieinheiten und Infrastruktur. Sieben Polizeiwannen wurden abgefackelt, eine Wache attackiert, die gesamte Strassenbahn zeitweise sabotiert, Strom- und Telekommunikationsleitungen angezündet, Banken entglast, Rüstungsproduzenten, Arbeitsagenturen und Stadtvermarktungsbüros eingefärbt, brennende Barrikaden errichtet. Doch weder das Bekennen zu gewaltfreien Aktionen noch die Anwendung von Militanz führte zu einer wahrnehmbaren Spaltung der Protestierenden. So protestierten an der abendlichen Grossdemonstration alle Spektren der Bewegung gemeinsam und mehr oder weniger ohne geschlossene Blöcke. Die Teilnahme war zudem doppelt so hoch, wie von den OrganisatorInnen erwartet – und dies trotz der morgendlichen Ausschreitungen. Eine solch besonnene Entschlossenheit ist nicht gewöhnlich. Zu oft spalten sich Bewegungen wegen unterschiedlicher Ansichten über die Taktiken. Dass es in Frankfurt nicht zu einer wesentlichen Zerklüftung kam, liegt sicherlich auch an der sich unübersehbar zuspitzenden Misere in Europa. Noch wesentlicher dürfte aber ein Lerneffekt sein, der sich immer mehr durchzusetzen scheint. Anders als bei vorangegangenen Gipfeltreffen und Gegendemonstrationen spielten sich die militanten Aktionen meistens in einiger Ferne zu den Blockadepunkten ab. Die Respektierung der gewaltfreien Ansammlungen funktionierte weitgehend. Nur selten handelten Militante aus gewaltfreien Massen heraus, sodass diese durch Polizeigewalt gefährdet gewesen wären. Es schien so, als hätte sich unter den Blockierenden ein allgemeines Bekenntnis zur Vielfalt der Aktionen etabliert. Die zahlreichen gelegten Brände, welche von der Masse nicht gelöscht, sondern verteidigt wurden, der verbreitete Wille, das EZB-Sperrgelände zu stürmen oder die Bereitschaft, die Blockadepunkte zu verteidigen, waren ein klarer Ausdruck der sozialen Unruhe.

… wichtig ist der Widerstand!

Dass mit dem rein symbolischen Protest gegen die EZB-Eröffnungsfeier der Kapitalismus nicht gestürzt wird, war auch den meisten Teilnehmenden klar. Bemerkenswert ist hierzu, dass sich rund um die seit 2012 andauernden Vernetzung des Blockupy-Bündnisses vielerlei Zusammenschlüsse gebildet haben, welche die Beschränktheit eines Gipfelprotests durchbrechen wollen. Das Ziel von Blockupy ist «eine europäische Bewegung schaffen, einig in ihrer Vielfalt, die die Macht des Krisenregimes und der Austeritätspolitik überwindet und damit beginnt, Demokratie und Solidarität von unten aufzubauen». Widerstand ist dann am wirksamsten, wenn er sich dezentral im Betrieb, in den Schulen, in den Quartieren und Strassen verschiedenster Orte äussert. Und Initiativen für die grenzüberschreitende Organisierung eines solchen Widerstandes gibt es immer mehr. So hält etwa das internationale antiautoritäre Bündnis «Beyond Europe» fest: «Die letzten Jahre haben uns die gegenwärtigen Grenzen unserer Organisierung gezeigt. Diese Grenzen wollen wir überschreiten. Nur durch koordinierte internationale Aktivität kann eine Gesellschaft jenseits von Staat, Nation und Kapital erreicht werden.» Auch fand im Februar in Rom ein von Blockupy organisiertes Treffen statt, welches einen europaweiten «Sozialen Streik» zum Ziel hat. Die Zeit für solche Vorhaben ist bestimmt nicht die schlechteste!

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Fünf Jahre später: Die Ruinen von Deisswil

Ein ehemaliger Arbeiter der Kartonfabrik in Deisswil berichtet darüber, was mit ihm und seinen Kollegen und dem Unternehmen geschah, nachdem sie aus den Schlagzeilen verschwunden sind.

Noch im Juni 2010 betitelten die schweizerischen Zeitungen den CS-Banker Hans-Ulrich Müller, der einige Monate vorher die ehemalige Kartonfabrik in Deisswil übernommen hatte, als «Der Retter von Deisswil». In einem Interview mit der Berner Zeitung vom 5. Juni 2010 kündete Müller an, fünf Jahre nach der Übernahme würden auf dem Areal neue Unternehmen im Bereich des Maschinenbaus und der Zulieferung tätig sein. Ich habe selber über 20 Jahre in der Kartonfabrik in Deisswil gearbeitet. Nach der Betriebsschliessung und der Entlassung wurde ich von der «Bernapark», die von Müller gegründet worden war, übernommen. Ich war vor allem mit Aufräumarbeiten auf dem Areal der ehemaligen Fabrik beschäftigt. Nach einiger Zeit wurde mein Einkommen im Namen der «Lohnharmonisierung» um über 1500 Franken gekürzt. Danach war Kurzarbeit angesagt und mein Lohn verringerte sich erneut. Vor knapp zwei Jahren wurde mir dann ein Arbeitsvertrag des Transportunternehmens Sieber, welches damals in den Räumen der ehemaligen Fabrik einquartiert war, vorgelegt. Ich hatte die Wahl: Entweder zu unterschreiben oder ich würde auch noch meine «Anstellung» beim «Bernapark» verlieren. Mir blieb praktisch nichts anderes übrig, als zu unterschreiben. Beim Transportunternehmen musste ich Arbeiten ausüben, die ich vorher noch nie gemacht hatte, ohne Einschulung oder Grundkurs. Nach nur zwei Monaten wurde ich dann entlassen. Und genau so erging es vier weiteren Arbeitskollegen der ehemaligen Karton Deisswil. Sieber Transporte hat mittlerweile auch seinen Standort gewechselt und Deisswil verlassen. Das ganze Fabrikgelände gleicht heute vielmehr einer Ruine als einem wiederbelebten Industriestandort. Seither bin ich arbeitslos. Ich bin 61 Jahre alt und es ist alles andere als einfach, auch nur an irgendeinen Job zu kommen. Auf 90 schriftliche Bewerbungen habe ich sage und schreibe drei schriftliche Absagen erhalten. Alle anderen Unternehmen denken nicht einmal daran zu antworten. Das RAV will mich zwar zu Computerkursen zwingen, aber was soll ich damit? Mein Vorschlag, mir einen Staplerkurs zu finanzieren, damit ich meine Chancen bei den Bewerbungen aufbessern kann, lehnen sie ab. Auch wird meine finanzielle Situation durch die Arbeitslosenkasse der Unia prekärer: Einerseits zahlt sie die Taggelder mit bis zu drei Monaten Verspätung aus, andererseits fordert sie die Rückzahlung eines Teils der Taggelder, weil ich während eines Monats in einem Zwischenverdienst ein wenig mehr als das Übliche verdient habe. Durch eine solche Haltung macht sich die gewerkschaftliche Kasse mitverantwortlich für die ruinöse Situation zahlreicher Arbeiter der ehemaligen Karton Deisswil.

 

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Big Brother is watching you

spitzel_spacejunkie_f1Mit dem Bericht «Massenüberwachung durch die Geheimdienste» lanciert die Digitale Gesellschaft eine Kampagne gegen die Revision des Nachrichtendienstgesetzes, mit dem sich der Nationalrat im März beschäftigen wird. Vor rund zwei Jahren wurde durch die Enthüllungen von Edward Snowden die wohl umfangreichste Überwachungsmaschinerie der Geschichte aufgedeckt. Die längst überfällige Aufarbeitung der Massenüberwachung durch Geheimdienste und andere Sicherheitsbehörden, und deren Auswirkungen auf die Gesellschaft, fand bis heute kaum statt und die Politik und die Zivilgesellschaft scheinen sich längst mit der totalen Überwachung und dem Verlust der Privatsphäre abgefunden zu haben. Der am 20. Februar 2015 publizierte Bericht der Digitalen Gesellschaft fasst nun die Programme zur Massenüberwachung der National Security Agency (NSA) und des britischen Geheimdienstes Government Communications Headquarters (GCHQ) gemeinsam mit den Aktivitäten des schweizerischen Nachrichtendienstes des Bundes (NDB) zu einem Gesamtbild zusammen und klopft die Enthüllungen von Snowden auf Bezüge zur Schweiz ab.

Abhörstationen in der Schweiz

Schon beim Verkauf der Leuker Satelliten-Bodenstation von der Swisscom an die US-amerikanische Gesellschaft Verestar im Jahr 2000 gab es grosse Bedenken wegen möglicher Spionagetätigkeit. Die berüchtigte Satellitenanlage im Oberwallis hat sich Gelände und Infrastruktur mit dem Abhörsystem Satos 3 geteilt, welches vom VBS betrieben wird. Satos 3 heisst heute Onyx und die Firma Verestar ist in die Signalhorn AG übergegangen, geblieben hingegen sind die Vorbehalte. Gemäss einer Reportage der ZDF-Sendung Zoom hat die NSA zwar seit September 2013 keinen direkten Zugang mehr zu Daten mit Inlandsbezug, doch diese Einschränkungen seien kein Problem, denn Daten «mit Deutschlandbezug kann der NSA problemlos anderswo bekommen – von seinen Abhörstationen in Dänemark und der Schweiz (!)». Der Tages-Anzeiger griff das Thema in seiner Ausgabe vom 13. September 2013 auf: «Trifft die Schilderung des ZDF zu, hätte dies in der Schweiz zweifellos ein politisches Erdbeben zur Folge, denn gemäss Schweizer Gesetz ist der Betrieb solcher Anlagen durch einen fremden Nachrichtendienst ebenso im höchsten Mass verboten wie fremder Direktzugriff auf eine Anlage, die durch die Schweiz betrieben wird und ihr gehört.» Doch das politische Erdbeben blieb aus und die Rolle der Signalhorn AG bleibt bis heute im Dunkeln.

Wirtschaftliche Interessen

Weltweit betreibt der NSA rund 80 Abhörstationen in diplomatischen Vertretungen der USA. Ehemalige Mitarbeiter berichten von Abhöranlagen auf dem Dach der amerikanischen UNO-Mission in Genf sowie in der US-Botschaft in Bern und dem US-Konsulat in Zürich. Laut NSA-Mitarbeitern ist die USA vor allem am Finanzplatz Zürich und Liechtenstein interessiert, aber auch die Rohstoffkonzerne in Zug stehen im Fokus der NSA. Man kann das als Linker durchaus mit einer gewissen Häme zur Kenntnis nehmen, trotzdem verstossen diese Aktivitäten in mehrfacher Hinsicht gegen das Schweizer Gesetz. Umso erstaunter ist man bei der Digitalen Gesellschaft über die Untätigkeit der Schweizer Behörden und stellt im aktuellen Bericht fest, dass die Geheimdienste vor allem zum Vorteil der eigenen Wirtschaft und nicht ausschliesslich aus Sicherheitsüberlegungen spionieren.

Noch im Oktober 2013 behauptet Bundesrat Ueli Maurer zudem an einer Pressekonferenz: «Wir haben keine Kontakte mit der NSA. Es werden und wurden keine Daten mit der NSA ausgetauscht.» Ein Jahr später tönt es gegenüber der Rundschau aus dem NDB etwas anders: «Der Nachrichtendienst des Bundes tauscht mit der NSA keine Daten direkt aus. Es existiert kein Abkommen NDB-NSA. (…) Letzte Kontakte waren Ende 2012.» Dass verschiedene US-Dienste «Partner» der Schweiz sind und Informationen ausgetauscht werden, scheint hingegen hinreichend belegt und ist auch nicht bestritten. Aus den Unterlagen von Edward Snowden geht jedoch hervor, dass die Schweiz als «Tier B»-Land eine «Focused Cooperation» mit den USA beziehungsweise der NSA eingegangen ist. Dies ist, unmittelbar nach der Gruppe der «Five-Eyes» (USA, Grossbritannien, Kanada, Australien und Neuseeland), die zweithöchste Stufe der Zusammenarbeit und umfasst 17 europäische Länder sowie Japan und Südkorea.

Der muntere Datentausch

Wie Markus Seiler, Direktor des Nachrichtendienstes, der NZZ einmal anvertraute: «Nachrichtendienst bedeutet ein ständiges Geben und Nehmen. Die Schweiz verfügt über einen kleinen, aber feinen Dienst. Wir haben unseren Partnern im Ausland durchaus etwas zu geben.» Selbst wenn jeder Dienst «nur» die ausländische Kommunikation abhören würde, die Erkenntnisse jedoch mit den Partnerdiensten teilen, so werden schliesslich doch alle auch vom «eigenen» Geheimdienst bespitzelt. Die Informationen, welche der Schweizer Geheimdienst seinen Partnern bietet, dürften mehrheitlich aus dem Abhörsystem Onyx stammen. Durch die Zusammenarbeit der verschiedenen Geheimdienste ist die Schweizer Bevölkerung in mehrfacher Hinsicht von der Überwachung betroffen: Der NDB spioniert die Kommunikation im Ausland aus, um Informationen zum «Tausch» anbieten zu können. Um an diese Information zu gelangen, müssen die ausländischen Dienste wiederum wertvolle Informationen für und somit über die Schweiz besitzen. Was also liegt näher, als die Kommunikation der Schweiz abzuhören, um an «Tauschware» zu kommen?

Forderungen an die Politik

Die Überwachung ist (wohl aus diesem Grund) auch nicht strikt auf das Ausland beschränkt, darf der NDB doch Informationen über Personen im Inland bearbeiten, wenn sie für das Verständnis eines Vorgangs im Ausland notwendig sind. Der Schweizer Nachrichtendienst und die Bundesanwaltschaft wären auch für die Spionageabwehr, also die Verfolgung von fremden Nachrichtendiensten, zuständig. Da sie aber auf Informationen der Partnerdienste angewiesen sind, befinden sie sich in einem virulenten Interessenkonflikt. Aus diesen Gründen fordert die Digitale Gesellschaft unter anderem eine «Expertenkommission zur Zukunft der Datenbearbeitung und Datensicherheit», die sich mit den Herausforderungen einer digitalen Gesellschaft befassen soll. Ausserdem will die Digitale Gesellschaft, dass der zivile und militärische Nachrichtendienst getrennt und ein ausserordentlicher Bundesanwalt eingesetzt wird, um den systematischen Rechtsbruch durch in- und ausländische Geheimdienste strafrechtlich aufzuarbeiten.

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Wolffs Frauen und Männer beissen zu

fczAm 26. Februar 2015 wurden in Zürich 800 Fussballfans von der Polizei eingekesselt und fichiert. Bedenklich, dass der politische Verantwortliche der massiven Polizeiaktion, AL-Stadtrat Richard Wolff, eine subjektive Sicht zur Wahrheit erklärt und dabei die Fakten ignoriert. So spricht die Zürcher Südkurve das aus, was viele Linke in der Limmatstadt mittlerweile denken.

Am Tag nach dem Zürcher Fussballderby zwischen dem FCZ und GC standen die Schuldigen laut einhelliger Meinung der Berichterstattung fest: Die gewaltbereiten Fussballfans des FC Zürich, die mit Steinen und Flaschen die Polizei angegriffen hatten. Wie immer, wenn es um massive Polizeieinsätze und Übergriffe geht, wird ein wesentlicher Teil der Tatsachen verschwiegen. Nachdem viele Direktbetroffene erzählten, was im Kessel geschah, schreibt die Zürcher Südkurve in ihrer Stellungnahme: «Je länger die Einkesselung dauerte, desto stärker fühlten sich die Fans ungerecht und unmenschlich behandelt: Wer aufs WC musste, wurde von den Polizisten genötigt, an die umliegenden Hauswände zu urinieren. (…) Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt wurden Wasserwerfer eingesetzt, Tränengas und Pfefferspray versprüht sowie mit Gummigeschossen auf Kopfhöhe gezielt. Nach mehreren Stunden wurden sämtliche 800 Fans von der Polizei fichiert. Dabei wurden ihre Personalien aufgenommen und jede Person einzeln fotografiert.» Weiter hält die Südkurve fest: «Absehbar war auch, dass sich die nicht eingekesselten Fans mit den Eingekesselten solidarisieren würden. Dass man auf einen derart unverhältnismässigen und unterschiedslosen Polizeieinsatz mit Gegengewalt reagiert, ist nachvollziehbar – umso mehr, weil auch die Gründe für den Polizeieinsatz rätselhaft sind.» Wie kann man da widersprechen?

Welche Regel, Herr Wolff?

Es gibt wie zwei Realitäten: Eine subjektive, die von den Medien, der Polizei und dem politischen Verantwortlichen Richard Wolff, und jene Realität, die auf Fakten basiert. Die Subjektive wird jetzt auf Biegen und Brechen als Wahrheit verkauft, wie das Interview im Tages-Anzeiger vom 26. Februar mit Richard Wolff beweist. Er gibt zu Protokoll: «Die übermässige Zahl von Böllern und Pyros hat die Polizei zum Handeln gezwungen.» Und: «Die Regeln sind den Fans bekannt.» Welche Regel, Herr Wolff? Steht irgendwo geschrieben, wie viele Pyros und Böller der Polizei genehm sind? Sind es 10? Oder 42 Pyros und 17 Böller? Für die Polizei waren es «zu viele», die Zürcher Südkurve hingegen hält fest, dass es «sich im Rahmen» bewegt hat. Über das «Zuviel» oder «im Rahmen» entschied der Einsatzleiter der Stadtpolizei nach seinem Empfinden und nach seinen Vorstellungen von viel und wenig. Wolff, der selber nicht vor Ort war (kein Vorwurf, aber eine Tatsache), macht diese Wahrnehmung zu seiner Meinung und eben auch zur Regel. Wie weit ist diese Regel noch von der Grenze der Willkür entfernt?

Dass die Regel etwas gar schwammig ist, scheint auch Wolff bewusst zu sein. Er präzisiert: «Fanmärsche werden toleriert, solange die öffentliche Sicherheit und Dritte nicht gefährdet sind. Am Samstag ist dieser Rahmen deutlich überschritten worden.» Über «massiv» und «deutlich überschritten» kann man sich streiten, da es erneut subjektive Wahrnehmungen sind. Abgesehen davon ist an jedem 1. August die öffentliche Sicherheit durch Feuerwerkskörper in viel grösserer Gefahr. Fakt ist, dass der Fanmarsch der FCZ-AnhängerInnen seit Jahren vier Mal jährlich stattfindet. Dabei gab es noch nie Sachschäden! Menschen kamen nur zwei Mal zu Schaden: Vor gut einem Jahr und eben am Samstag, 26. Februar, beide Male durch die Gewalt der Polizei und die Opfer waren friedliche, junge Fussballfans.

Eine glatte Lüge?

Fast unmöglich zu glauben ist die Behauptung der Polizei, der Einsatz sei nicht geplant gewesen. Betroffene berichten einstimmig darüber, dass die nötige Infrastruktur für die ganze Fichierungsaktion kurz nach der Einkesselung zur Verfügung stand. Hinzu kommt, dass der Fanmarsch etwa 500 Meter vor dem Stadion eingekesselt wurde. Konkret: Zehn Minuten später wären alle Fans vor dem Stadion gestanden und der Marsch somit beendet gewesen. So hält die Zürcher Südkurve fest: «Die Taktik der Einkesselung mit anschliessender kollektiver Fichierung scheint eine Spezialität der Stadtpolizei Zürich zu sein, wird sie von ihr doch immer wieder angewandt. Dass diese rechtsstaatlich höchst fragwürdige Praxis auch unter dem neuen Polizeivorstand Richard Wolff fortbesteht, ist vor dessen persönlichen und politischen Hintergrund umso bedenklicher.» Die Südkurve schreibt das, was viele Linke, die Wolff gewählt haben, denken und ihn deshalb nicht mehr wählen werden.

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Resistenza in Ticino!

extenDas Tessin hat schweizweit die tiefsten Löhne. Jetzt versuchen viele Bosse, noch weniger zu zahlen – mit Verweis auf die Frankenstärke. Doch es gibt Widerstand gegen die Lohndrückerei. Zwei Belegschaften streikten, 600 Leute demonstrierten in Bellinzona und in Giubiasco wollen sich ArbeiterInnen partout nicht In- und AusländerInnen spalten lassen.

Seit der Aufhebung des Euro-Mindestkurses durch die Nationalbank vergeht kaum ein Tag, an dem nicht ein Industriebetrieb neue Sparmassnahmen bekannt gibt. Entlohnung in Euro, Mehrarbeit, Ferienreduktion, Lohnsenkung, Entlassung oder gar Werksverlagerung ins Ausland; das sind die Rezepte der KapitalistInnen, mit denen sie die Betriebe „konkurrenzfähig“ und ihre Rendite aufrecht erhalten wollen. Nun sind die Löhne in grenznahen Regionen ohnehin schon tief. Denn die Unternehmen werben bereitwillig günstige „Frontalieri“ (italienische GrenzgängerInnen) an und drücken so das allgemeine Lohnniveau. Im Tessin liegt der durchschnittliche Lohn eines Beschäftigten ohne Führungsaufgabe bei nur 4664 Franken, das sind rund 1000 Franken weniger als im Schweizer Schnitt. In der Industrie wird allerdings weit weniger bezahlt.

Keine Maloche für 15 Franken pro Stunde!

Bei der Exten SA in Mendrisio etwa, einem Plastikfolienhersteller, verdient ein Dreher mit Wohnsitz im Ausland gemäss UNIA 3200 Franken (x13). Das ist kein Sonderfall in der Branche ohne GAV. Speziell war bei Exten jedoch die angekündigte Lohnkürzung. Sage und schreibe um 26 Prozent für Frontalieri und um 16 Prozent für Einheimische wollte Firmenchef Luigi Carlini die Saläre kürzen. Auch ein anderer Folienhersteller, die italienische Fabbri Group SA, senkt die Löhne an seinem Tessiner Standort (-5 Prozent für Einheimische, -15 für Frontalieri). Zu viel war es aber für die Arbeiter der Exten. Ein Streikender sagte: „10 oder 15 Prozent hätten wir akzeptiert, aber 26 Prozent ist zu viel!“ Also ersuchten sie die UNIA anonym um Hilfe. Einzeln mussten zuvor schon alle beim Chef vorstellig werden. Dieser legte ihnen das Dokument mit dem neuen Lohn zur Unterschrift vor. Die meisten unterzeichneten aus Angst vor Repressalien. Dennoch traten am frühen Donnerstagmorgen des 19. Februars alle hundert Arbeiter der Exten mit Unterstützung der UNIA in einen unbefristeten Streik. Chef Carlini, der jeweils mit seinem Maserati vorfuhr, zeigte sich kompromisslos. Seine Devise lautete: Entweder akzeptieren die Arbeiter die Lohnkürzung oder das Werk wird schliessen. Acht lange Tage blockierten die Arbeiter die Zufahrt zum Werk, bis der Streik Wirkung zeigte. Die Parteien einigten sich in einer Vermittlung durch FDP-Staatsrätin Laura Sadis auf eine Verhandlungsphase bis Ende April, in der die Finanzlage des Unternehmens offengelegt wird. Bis dahin wird die Lohnkürzung zurückgenommen, eine Betriebskommission gegründet und sowohl den Arbeitern als auch der UNIA garantiert, dass keine Repressalien folgen werden.

Der Streik war ein beachtlicher materieller und moralischer Erfolg für die Arbeiter. Nach der Beendigung des kräftezehrenden und mit Risiken verbundenen Arbeitskampfs zeigten sie sich so erfreut, dass sie mit dem ebenso erleichterten Chef Carlini sogar für ein Gruppenfoto posierten. Carlini dazu: „Dieser Konflikt machte uns stärker und mehr vereint.“

Ihr entlasst? Wir streiken!

Kaum war der eine Brandherd abgekühlt, entfachte sich in Biasca ein neuer. Beim Metallteilehersteller SMB sahen sich die ArbeiterInnen am Freitag den 27. Februar mit folgender Neuregelung konfrontiert: Wöchentlich vier Stunden Mehrarbeit bei gleicher Bezahlung. Dem widersetzten sich drei Arbeiter, darunter der Präsident der Personalkommission. Flugs erhielten sie die Quittung für ihre Opposition. Allen wurde gekündigt. Das erzürnte die Belegschaft aber derart, dass sie am Montag sogleich in den Streik trat. Dieser dauerte nur einen Tag, da das Management, UNIA und die christlich-soziale Gewerkschaft OCST nach siebenstündiger Verhandlung gemäss gemeinsamer Pressemitteilung eine „Vereinbarung getroffen haben, die den sozialen Frieden garantiert.“ Konkret werden die vorgesehenen Arbeitszeitverlängerungen zurückgenommen, die Kündigungen annulliert aber auch Kurzarbeit beantragt.

Spaltungsversuch scheitert an Arbeitersolidarität

Beim Metallbauunternehmen Ferriere Cattaneo SA in Giubiasco werden auch Güterwagen hergestellt. Davon jedoch nur noch etwa hundert pro Jahr, zehnmal weniger als im neueren Werk in der Slowakei. Wegen der Frankenaufwertung meinte das Unternehmen Ende Februar, die Lohnkosten senken zu müssen. Diese Massnahme hätte besonders die GrenzgängerInnen getroffen. Deren Löhne hätten um sieben Prozent reduziert werden sollen. Doch auch die schwächer betroffenen einheimischen ArbeiterInnen (minus 3 Prozent) wehrten sich an einer Personalversammlung gemeinsam mit den italienischen KollegInnen gegen den Entscheid der Chefetage. Tags darauf kam die prompte Antwort von Aleardo Cattaneo, Patron des Werks und zudem Vizedirektor des Unternehmerverbands Swissmem: Die Güterwagenproduktion in Giubiasco werde eingestellt, 20 Stellen seien betroffen. Doch es kam anders. Knapp zwei Wochen später, zweifellos unter dem Eindruck der erwähnten Streiks, krebste Cattaneo zurück. Jetzt heisst es, es werde weder Lohn- noch Personal abgebaut und auch Kurzarbeit werde es nicht geben. Die Güterwagenproduktion will Cattaneo dennoch auslagern.

Die Tessiner Situation brachte am 28. Februar immerhin rund 600 Menschen auf die Strasse. Unter der Parole „Die Arbeit verteidigen!“ demonstrierten sie an einer von der SP organisierten Kundgebung in Bellinzona. Die Gewerkschaften hielten derweil in einem Solidaritätsaufruf für die Exten-Arbeiter fest: „Die Art und Weise, in der die Abkommen unterzeichnet, psychische Gewalt ausgeübt, und die Problemlösungsvorschläge der ArbeiterInnen ausgeschlossen wurden, gibt es so in Dutzenden Betrieben unserer Region.“ Ganz anders sieht das natürlich etwa ein Daniele Lotti, Präsident des kantonalen Industrieverbands. «Unternehmer werden kriminalisiert; Gewinn zu machen, wird als Verbrechen gesehen», echauffiert er sich über die angeblich vorherrschende Stimmung im Tessin. Eine neue Phase der Kämpfe scheint eröffnet.

Massaker an Flüchtlingen – Die PdAS fordert ein radikales Umdenken!

lampe-sosSchon wieder! 232 Menschen haben in den letzten zwei Tage ihr Leben verloren beim Versuch, das Mittelmeer auf drei Gummibooten zu überqueren. Laut Aussagen der wenigen Überlebenden sei noch ein viertes Boot mit weiteren 100 Flüchtlingen unterwegs gewesen. Von diesem fehlt bisher jede Spur und es muss davon ausgegangen werden, dass die Zahl der Toten in den nächsten Stunden und Tagen weiter steigen wird. Unsere Wut und Trauer ist gross! Überlebende berichteten weiter, wie die Schlepper mir ihren Waffen auf die Flüchtlinge zielten und sie so zwangen, die Boote zu besteigen trotz stürmischem, eiskaltem Winterwetter und einem meterhohen Wellengang.

Die PdAS fordert die Schweizer Regierung auf, sich umgehend auf internationaler Ebene für sofortige Massnahmen einzusetzen, die den Schutz und die Rettung der Flüchtlinge in Seenot zum Ziel haben.

Dies reicht aber noch lange nicht, denn die Schiffsüberfahrten von Flüchtlingen nach Europa werden auch in Zukunft stattfinden. Ein radikales Umdenken ist daher zwingend nötig. Die «Festung Europa», aufgebaut durch eine unmenschliche, todbringende Migrationspolitik, muss überwunden werden und die Schweiz muss ihren Beitrag dazu leisten.

Die PdAS fordert eine Migrationspolitik, die auf Menschlichkeit und Solidarität basiert. Das bedeutet zum Beispiel, dass das Dublin-Abkommen, das Flüchtlinge in unmögliche wie unnötige Situationen zwingt, komplett neu verhandelt werden muss. Ziele der internationalen Gesetzgebungen müssen u.a. den Schutz der Flüchtlinge und nicht den Kampf gegen die «illegale Einwanderung» regeln. In der Schweiz muss das so genannte «Zweikreisemodell» neu überdacht werden. Weiter sind durchgeführte Verschärfungen im Asylwesen, wie etwa die Abschaffung der Möglichkeit, Asylanträge in einer Schweizer Botschaft zu stellen, rückgängig zu machen.

 

Notwendig ist aber vor allem, dass die Hauptursachen der Fluchtgründe bekämpft werden. Krieg und Hungersnöte sind das Produkt des kapitalistischen Herrschaftssystems. So sagte schon Rosa Luxemburg: «Sozialismus oder Barbarei». Wie treffend, angesichts den Tausenden von Todesopfern im Mittelmeer in den letzten Jahren!

 

Wir werden nicht ruhen, bis mit der sozialistischen Gesellschaft Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und das Sterben von Flüchtlingen ein Relikt düsterer, kapitalistischer Vergangenheit sind.