Die Mauer als Wandzeitung der Revolution

Ramy SchweizIm Rahmen eines ethnologischen Seminars der Universität Luzern zu Politik und sozialen Bewegungen in Nordafrika wurde der Dokfilm «?Art War?» von Marco Wilms gezeigt. Zuvor berichtete der ägyptische Musiker Ramy Essam von seiner Geschichte, der aktuellen Situation und wie er zum Sänger der Revolution wurde.

Neben renommierten Forschenden haben auch zwei spezielle Gäste aus dem Bereich der Kunst am 20. September am Seminar teilgenommen. Zum einen der ägyptische Musiker Ramy Essam, der durch seine Auftritte auf dem Tahrir-Platz in Kairo während der Revolution 2011 berühmt wurde. Essam Ramy sprach in seinem Vortrag über «Musik und politischer Aktivismus in Ägypten». Zum anderen war der deutsche Regisseur Marco Wilms zugegen, dessen preisgekrönte Dokumentation «Art War» gezeigt wurde. Der Film beleuchtet das Aufkommen von Graffitis, Streetart und Musik als Ausdrucksmittel des Protests während und nach der Revolution in Ägypten.

Der Sänger der Revolution

Zu Beginn erzählt Ramy Essam über sich und wie er zum Revolutionär wurde. Während sein grösserer Bruder schon zuvor aktiv war, spielte er mit der Band «Mashakel» Lieder über den Alltag und die Liebe. «Ich hängte rum, ging in Clubs und interessierte mich für nichts», erzählt Ramy. Als es am 25. Januar 2011 in Folge der tunesischen Revolution auch in Ägypten zu ersten Demonstrationen kam und für den 28. Januar der «Tag der Wut» – der Tag der Revolution – ausgerufen wurde, entschloss sich Ramy, wie viele andere auch, nach Kairo zu reisen. Nach zwei Tagen Revolte und gewalttätigen Auseinandersetzungen mit hunderten Toten lag das Regime von Hosni Mubarak am Boden, die Sicherheitskräfte verschwanden aus dem Alltag, das Militär schlug sich auf die Seite der rebellierenden Strasse und überall auf den Plätzen wurde gefeiert. Ramy blieb, mit seiner Gitarre bewaffnet, auf dem Tahrir und wartete wie ganz Ägypten, dass Hosni Mubarak nach dreissig Jahren Unterdrückung und Diktatur die Macht abgibt. Er spielte in den Zelten mitten auf dem Platz und unterhielt die Anderen mit seiner Musik, nahm die wütenden Parolen der Strasse auf und baute sie in seine Lieder ein.

Doch Hosni wollte nicht gehen. In einer surrealen TV-Ansprache machte Mubarak klar, dass er keineswegs daran denke, zurückzutreten. Entsprechend niedergeschlagen war die Stimmung auf dem Tahrir, denn nun fürchteten alle noch grösseres Blutvergiessen. Ramy Essam begann zu spielen. Es war der 31. Januar, für Ramy ein Wendepunkt in seinem Leben. Sein Lied «erhal» (hau ab) wollten nun alle hören. Er wurde zuerst aufgefordert, im Stehen zu singen, dann, dass er doch auf die Bühne soll. Doch Nagib, heute ein enger Freund von Ramy, liess ihn nicht auf die Bühne. Mit den Worten: «Ja, ja, aber nicht jetzt, nicht jetzt!», wimmelte er ihn immer wieder ab. Spät in der Nacht durfte Ramy dann doch noch auf die Bühne, «aber bloss ein Song» wurde ihm zugeraunt. Als er die Bühne wieder verliess, war der Sänger der Revolution geboren und Ramy musste plötzlich überall spielen. Heute kennt in Ägypten jedes Kind seinen Namen und seine Musik.

Kunst als politische Waffe

Auch der Dokumentarfilm «Art War», widmet sich ganz der revolutionären Strasse. Der Regisseur Marco Wilms, der zwei Jahre für die Arbeit an seiner Doku die meiste Zeit in Kairo lebte, begleitete AktivistInnen der ägyptischen Kunstszene, MusikerInnen und GraffitikünstlerInnen, die mit Spraydosen, Mut und anarchistischen Agitationsformen die Revolution auf den Wänden und im öffentlichen Raum weiterführen. Marco Wilms, der sich immer wieder selbst Mitten in den Sturm begibt, begleitet Ramy Essam, die Electropop-Sängerin Bosaina und die jungen Künstler Ganzeer, Ammar Abo Bakr, Mohamed Khaled, Alaa Awad und Hamed Abdel-Samad.

«Es gibt im Grunde keine erfolgreiche und auch keine gescheiterte Revolutionen. Revolutionen sind Motoren der Geschichte. Und egal ob sie scheitern oder nicht, sie bewegen was, sie verändern was, aber langfristig», meint der ägyptisch-deutsche Schriftsteller und Politologe Hamed Abdel-Samad zu Beginn des Films, der im November 2011 einsteigt. Damals starben hunderte junge RevolutionärInnen beim Aufstand gegen den damals regierenden Militärrat (SCAF). Der Film zeigt eindrücklich auf, wie die jungen AktivistInnen ihre Kunst als politische Waffe und als Ausdruck ihres Protestes einsetzen. Wilms gelang mit seinem Film, die neu entstehenden Subkulturen mit lebendigen Bildern einzufangen und aufzuzeigen, wie Kunst als Mittel der Unterdrückten und als treibende Kraft, die noch lange nicht vollendete Revolution vorantreibt. «Die Mauer ist die Wandzeitung der Revolution, wann immer etwas passiert, übertragen wir es auf die Wand, damit es das Volk sieht» erklärt Ammar. Oder in Ganzeers Worten: «Alternative Propaganda gegen die Propaganda der Regierung». Der Film berichtet über die Geburt des ägyptischen Graffitis, darüber, wie der öffentliche Raum und die Wände zum emanzipatorischen Schauplatz werden, wo mit Spraydosen und Pinseln versucht wird, die Gesellschaft aufzubrechen und wachzurütteln. Mit seinem Film hat Marco Wilms ein beeindruckendes Zeitdokument geschaffen.

Eine neue Generation

Ramy Essam berichtete in Luzern aber auch von drei Jahren Kampf und von schweren Zeiten mit vielen Verlusten. «Es war ein Fehler, dass wir so früh den Tahrir verlassen haben. Das Regime gelang es, sich neu zu sammeln und die fragmentierte und unorganisierte Opposition zu spalten», erklärt Ramy. Er erzählt von der zweiten Besetzung des Tahrirs und wie diese am 9. März 2011 brutal geräumt und er mit zweihundert anderen verhaftet und während sechs Stunden im Keller des ägyptischen Museums brutal gefoltert wurde. Nur knapp überlebte er damals die Folter, brechen konnten sie ihn nicht. Und Ramy schilderte die aktuelle Situation, wie das Militär und die Mainstreammedien derzeit versuchen, die Revolution in einen islamistischen Putsch umzudeuten und wie er mit seiner Musik dagegen ansingt. Und auch über die kommende zweite Welle und dass viele in Ägypten fürchten, dass die Hungernden und Ärmsten der Armen diese Welle sein könnten. Dass dies ohne Zweifel sehr hässlich werden und es nicht um Freiheit gehen wird, die Bewegung aber trotzdem versuchen würde, diesen Aufstand mit allen Mitteln zu unterstützen. Ramy Essam hegt gleichzeitig grosse Hoffnung in die neue Generation, die anders ist. Auf die, die noch zu jung waren für die Revolution und die nun eifersüchtig, neidisch und wütend sind, dass sie kein Teil des Aufstands waren und dass sie sich in keine der Strassenschlachten werfen konnten, «um im Kampf sich selbst zu finden», wie es Hamed Abdel-Samad in «Art War» so treffend formulierte.

 

Mehr Infos zu «Art War» und Ramy Essam:  www.facebook.com/ARTWARmovie
www.ramyessam.net

 

Chance verpasst!

öffentliche_kkDie Partei der Arbeit der Schweiz (PdAS) ist äusserst enttäuscht über das Nein zur öffentlichen Krankenkasse. Das Schweizer Stimmvolk hat  eine sinnvolle und solidarische Lösung abgelehnt. Eine öffentliche Krankenkasse hätte zum Beispiel längerfristig Einsparungen von rund zwei Milliarden Franken ermöglicht.  Doch das Abstimmungsresultat überrascht nicht: Dem Nein-Komitee der «alliance santé» gehören economiesuisse, der Gewerbeverband, der Verband der privaten Krankenversicherungen und der Pharmaverband Interpharma an. Von den fünf Millionen Franken, die diese Lobby-Gruppe nach eigenen Angaben für den Abstimmungskampf zur Verfügung gestellt hat, stammen drei Millionen von den Krankenkassen. Einmal mehr wurde mit Millionen  unserer Beitragsgelder die öffentliche Meinung beeinflusst und manipuliert – und dies im Namen der Demokratie! Trotz dem heutigen ernüchternden Resultat wird die PdAS weiterhin für eine öffentliche Krankenkasse kämpfen. Denn sie ist einfacher, gerechter und günstiger. Die PdAS verteidigt die Solidarität zwischen Jungen und Alten, Frauen und Männern, Gesunden und Kranken. Das war einst der Grundgedanke der Krankenkassen.

Die PdAS hat die Initiative «Schluss mit der MwSt-Diskriminierung des Gastgewerbes!» unterstützt, welche ebenfalls abgelehnt wurde. Die Mehrwertsteuer (MwSt) passt zum Zeitgeist, da sie vor allem die breite Bevölkerung zur Kasse bittet, während die Besserverdienenden weniger belastet werden. Die PdAS hat sich darum in der Vergangenheit immer wieder gegen die MwSt gewehrt und wird es auch in Zukunft tun.

Partei der Arbeit der Schweiz

Alle auf die Strasse gegen Nationalismus!

Demo gegen Rassismus und reaktionäre Hetze 4.10.14 // 14:00 // Steinberggasse Winterthur

Am 4. Oktober werden die Nationalist_innen der «Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz» (AUNS) eine ausserordentliche Mitgliederversammlung in Winterthur abhalten. In der Parkarena in Hegi, einem Kongresszentrum der evangelikalen Freikirche «Gemeinde von Christen» (Prominentestes Mitglied: Polizeivorsteherin Barbara Günthard-Maier), werden die strammen Patriot_innen nicht allein ihrem hässlichen Wohlstandschauvinismus huldigen: Als Gastredner tritt Nigel Farage auf. Dieser ist Chef der britischen rechts-nationalistischen UKIP (United Kingdom Independence Party), welche in den Europawahlen vergangenen Mai 28% der Stimnmen holte und damit alle anderen Parteien überflügelte.

Dass sich AUNS und UKIP gefunden haben erstaunt uns nicht, vertreten doch beide sehr ähnliche reaktionäre Positionen: Aggressiven Nationalismus, Fremdenfeindlichkeit bis hin zu offenem Rassismus, Rückbesinnung auf Volk und Nation, Sexismus und Homophobie.

Selbst die EU, bekannt für brutale Repression gegen Flüchtende, ist den Rechten noch zu wenig konsequent.
Im Falle der UKIP wird das nationalistische Geschwafel zudem mit radikalem Neoliberalismus angereichert. Desweiteren bedient sie sich populärer Verschwörungstheorien über «geheime Eliten» und die «Klimalüge».
Die UKIP, die AUNS und viele weitere Organisationen in ganz Europa sind Teil des zur Zeit erstarkenden Rechtsnationalismus, welcher sich gleichermassen gegen Migrant_innen und Asylsuchende als auch gegen die «Eliten» (zu welchen die Führer dieser Bewegungen meist selber gehören) richtet.

Wenn die herrschende Klasse Volk und Nation zu beschwören beginnt, sollten die Alarmglocken läuten! Denn ihre Politik zielt nicht nur gegen Fremde, sondern in ihrer Konsequenz auch auf die Gesamtheit von uns Lohnabhängigen und allen weiteren Marginalisierten der Gesellschaft.

Wir lassen uns das nicht gefallen! Wehren wir uns gemeinsam gegen die menschenverachtenden Ideologien der rechten Hetzer_innen. Zeigen wir den Nationalist_innen dass sie in Winterthur nicht willkommen sind. Gerade in diesen Zeiten von neoliberalen Sparpaketen, allgegenwärtiger rassistischer Hetze und nationalistischen Kriegen ist es wichtig, dass wir geschlossen für Solidarität und eine ganz andere Gesellschaft eintreten.

Kommt deshalb alle am 4. Oktober auf die Strasse! Ob Arbeiter_in oder Student_in, ob jung oder alt, ob mit oder ohne Schweizer Pass: Dieser Kampf geht uns alle an!

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800 Tote in fünf Tagen

immigrati-tragediaMit Trauer und grosser Wut nimmt die Partei der Arbeit leider zur Kenntnis, dass das Mittelmeer in den letzten fünf Tagen 800 Tote ans Land gespült hat. Unschuldige Kinder, Frauen und Männer, die an der Festung Europa ihr Leben verloren haben. Somit steigt die Zahl der Toten im Mittelmeer seit Beginn des Jahrs auf über 2500 Menschen an. Die PdAS spricht den betroffenen Familien ihr tief empfundenes Beileid aus.

800 Tote in fünf Tagen, 2500 in knapp neun Monaten und die offizielle Schweiz schweigt dazu! Was ist mit ihrer so hoch gelobten «humanitäre Tradition»? Und natürlich schweigt auch die Bürgerliche Presse. Das Schweigen hat Gründe: Menschen fliehen nicht aus Spass sondern vor Armut und Not, die oft von Bürgerkriegen und Kriegen ausgelöst werden. Kriege, welche für die imperialistischen Interessen von wenigen Ländern und der EU geführt werden. Auch die Schweiz verdient an diesen Kriege weltweit kräftig mit. Die PdAS erinnert auch daran, dass Schweizer Rohstofffirmen seit Jahrzehnten u.a. riesige Gebiete in Afrika ausplündern. Sie erzielen durch die schamlose Ausbeutung von Mensch und Natur enorme Gewinne, während in den betroffenen Gebieten die Menschen vor Hunger sterben. So sind die Fluchtgründe sehr oft bedingt und verursacht durch die kapitalistischen Profitinteressen der Rohstofffirmen und andere Grosskonzerne, die ihren Hauptsitz nicht selten hier in der Schweiz haben.

Die PdAS fordert eine Migrationspolitik, die auf Menschlichkeit und Solidarität basiert. Notwendig ist aber vor allem, dass die Hauptursachen der Fluchtgründe bekämpft werden. Krieg und Hungersnöte sind das Produkt des kapitalistischen Herrschaftssystems. So sagte schon Rosa Luxemburg: «Sozialismus oder Barbarei». Wie treffend, angesichts den Tausenden von Todesopfern im Mittelmeer!

Wir werden nicht ruhen, bis mit der sozialistischen Gesellschaft Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und das Sterben von Flüchtlingen ein Relikt düsterer, kapitalistischer Vergangenheit sind.

Partei der Arbeit der Schweiz

16. September 2014

 

Ein tolles Fest zum 70. Geburtstag!

07_FestivalAm 30. und 31. August feierte die Partei der Arbeit der Schweiz (PdAS) ihren 70. Jahrestag mit dem POP-Festival mitten in Le Locle. Viel gute Musik, internationale Gäste und Stände, angeregte politische Diskussionen, geselliges Beisammensein und vieles mehr in einem tollen, friedlichen Ambiente. Es war alles vorhanden, was das linke Herz sich wünscht.

«Ein internationales Volksfest der Brüderlichkeit, der Solidarität und der politischen Reflexion. Ein Fest, wie es eben die KommunistInnen überall dort machen können, wo sie sich organisieren.» Mit diesen Worten fasste Alain Bringolf, ehemaliger Präsident der PdAS und langjähriger Vertreter der Partei im Neuenburger Parlament, das Volksfest zusammen. Doch der Reihe nach…

Nicht vergssen!

Natürlich fiel die Wahl, das Fest zum 70. Geburtstag in Le Locle durchzuführen, nicht zufällig: Das schmucke Städtchen im Neuenburger Jura mit rund 10000 EinwohnerInnen und bekannt durch die Uhrenindustrie ist die politische Hochburg der PdA: An den letzten Kommunalwahlen erhielt die Partei 52 Prozent (!) der Stimmen und ist mit 17 Abgeordneten die klar stärkste Fraktion im Stadtparlament. Sie stellt mit Denis de la Reussille den Bürgermeister und hat mit Cédric Dupraz einen weiteren Vertreter in der Stadtregierung.

Trotzdem war der Entscheid, ein grosses Volksfest unter freiem Himmel zu organisieren, keine Selbstverständlichkeit. Aber die rege Beteiligung der lokalen Bevölkerung, die zahlreichen SympathisantInnen und Mitglieder der Partei, die aus allen Ecken der Schweiz anreisten und die internationalen Gäste aus Kuba, Frankreich, Belgien und Deutschland zeugen für den Erfolg des Festes. Ein Erfolg, der nur dank dem grossen Einsatz und der hervorragenden Arbeit von Amanda Ioset, nationale Co-Sekretärin der PdAS, Germán Osorio, Sekretär der Neuenburger Kantonalsektion und den GenossInnen des Festkomitees zustande kam. Bei ihnen allen bedankte sich der PdAS-Präsident Gavriel Pinson zuerst, als er am Freitagabend offiziell das Geburtstagsfest der PdAS eröffnete. Ihm folgte auf der grossen Bühne, die auf dem zentralen «Place du Marché» stand, Genosse Denis de la Reussille. «Es freut mich ganz besonders, euch als Mitglied der PdA und Bürgermeister von Le Locle hier bei uns begrüssen zu können», begann er seine kurze Ansprache. Er fügte unter anderem hinzu: «Es ist ein Moment der Freude und wir alle wollen dieses Fest geniessen. Trotzdem sollten wir jene Menschen nicht vergessen, die wegen Krieg und Hunger grosse Not leiden und auf der Flucht sind. Wir sind und waren schon immer eine internationalistische Partei und ich begrüsse daher ganz besonders unsere FreundInnen und GenossInnen ohne Schweizer Pass.» Neben den internationalen Gästen waren auch der «Front Polisario», die «Vereinigung Schweiz-Palästina», die «Vereinigung Schweiz-Kuba», die «Vereinigung Schweiz-Vietnam» sowie die «Centrale Sanitaire Suisse» mit ihren Ständen während dem ganzen Fest vor Ort. Die kolumbianischen, portugiesischen und kurdischen GenossInnen sorgten zudem mit ihren köstlichen Spezialitäten für das leibliche Wohl. Nach den Ansprachen folgten drei Konzerte, die das Festival optimal und stimmungsvoll lancierten.

Wer ohne Vergangenheit ist…

Am Samstag war bereits ab 11.00 Uhr reger Betrieb auf der «Place du Marché» und das Wetter hatte sich entschieden, dem Fest keinen Strich durch die Rechnung zu machen. Mit gut 30 Minuten Verspätung begann um 14.30 Uhr die erste Politveranstaltung zum Thema «Das helvetische Wohlstandsmodell», die bald zu einer angeregten Diskussion unter den rund 100 Anwesenden führte. Viele GenossInnen unterstrichen in ihren Beiträgen, dass das helvetische «Wohlstandsmodell» nur für gewisse soziale Klassen seine Früchte trägt. Wohlstand, der durch Steuergeschenke an Unternehmen und MillionärInnen und dem Zusammenstreichen der Sozialleistungen sowie dem Abbau im Bildungs- und Gesundheitswesen finanziert wird. Leidtragende sind immer mehr die Lohnabhängigen im mittleren und unteren Bereich der Lohnskala.

Nach der Politdiskussion folgte die Ehrung der Mitglieder der Gründergeneration der Partei, was mit Sicherheit ein emotionaler Höhepunkt der Geburtstagsfeier war. Eine Ehrung, die durch junge GenossInnen durchgeführt wurde. So trafen sich Vergangenheit und Zukunft der PdAS, ganz im Sinne der Worte von Pietro Ingrao, der lebenden Legende des Kommunismus in Italien. Er sagte schon vor Jahren: «Wer ohne Vergangenheit ist, hat keine Zukunft und ist zu einem ewigen Präsens verdammt». Oder wie es Alain Bringolf, auch er unter den geehrten GenossInnen, so wunderschön auf den Punkt brachte: «Dieses Zusammentreffen der Generationen beweist, dass unsere Forderungen kein Alter kennen!» Abgeschlossen wurde der Politnachmittag mit der zweiten «Table ronde» zum Thema: «Europa in der Krise! Welche Zukunft für den Kontinent?» Eingeleitet wurde die Debatte durch Referate von GenossInnen aus Deutschland, Frankreich und Belgien. Während der anschliessenden Diskussion wurden die Notwendigkeit, aber auch die Schwierigkeiten der internationalen Zusammenarbeit thematisiert. Unterstrichen wurde gleichzeitig die Wichtigkeit des Erfahrungsaustauschs, der an Anlässen wie diesem ermöglicht wird.

Es macht Sinn

Der Samstagabend stand dann wieder ganz im Zeichen der Musik. Getanzt wurde zu brasilianischer Volksmusik, argentinischem Tango sowie zu Party- und Skasound. Wie verbindend ein solches Volksfest sein kann, beweist folgende Anekdote: Zum Schluss des dritten Konzerts – es spielte die Band «I SKARBONARI» – gesellten sich die Mitglieder einer Hard-Rock Band auf die Bühne. Die Rocker gaben zuvor ihr eigenes Konzert in einem nahegelegen Restaurant. Ein seltenes Bild mit grossem symbolischem Gehalt. Zum Abschluss des Konzerts und des Festivals wurde – wie könnte es anders sein – die Internationale gesungen.

Neben den vielen schönen Erinnerungen bleibt auch eine Gewissheit: «Als ich am Freitagabend in Le Locle eintraf, war ich sehr ergriffen von der Tatsache, dass wir doch fähig sind, viele Leute zu mobilisieren und alles einen Sinn hatte», hielt Valentino Vanoli, Präsident der Neuenburger Stadtsektion, in einem Mail an die GenossInnen fest. Und Nago Humbert, ehemaliger PdA-Kandidat für die Exekutive der Stadt Neuenburg, antwortete ihm: «Ja, das macht alles Sinn und zwar mehr denn je in einer Welt, die sich im Namen des Profits und des Individualismus selbst zerstört, die Nationalismus produziert und koloniale Kriege führt.» Es lebe der Kommunismus!

 

Eine neue Armee für den kommenden Aufstand

armeeDie vom Bundesrat angestrebte Weiterentwicklung der Armee entspricht den internationalen militärstrategischen Trends. Mit kleineren aber modernisierten Beständen sollen neuartige Bedrohungen bewältigt werden. Das scheinbar Neue ist aber bloss der wiederbelebte Krieg gegen die Armen.

Vor sechs Jahren begann die Arbeit an der «Weiterentwicklung der Armee» (WEA). Anfang September präsentierte Ueli Maurer, Chef des «Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport» (VBS), die tiefgreifenden Neuerungspläne, über die das Parlament noch zu bestimmen hat. Bis 2017 soll der Truppenbestand auf 100 000 halbiert werden. Auch bei Teilen der Infrastruktur würde der Abbau walten. Das bedeutet das Ende für etliche Tigerjets, Leopard-Panzer, Haubitzen, Festungsminenwerfer, Piranhas und Bisongeschütz. Alles Material also, das für herkömmliche, zwischenstaatliche Schlachten im offenen Felde taugt. Der ideologische Boden dieser Ausrüstung ist in den gehegten Bedrohungsfantasien des Kalten Krieges zu suchen. Die Angst vor der übermächtigen, von Osten einmarschierenden Sowjetmacht ist jedoch passé. Heute bedrücken andere Sorgen die herrschende Klasse. Und so muss auch anderes Kriegsgerät her. Etwa mehr Drohnen und neue Aufklärungstechniken, die – so die Begründung – gegen TerroristInnen und im Cyber War eingesetzt werden können.

Kritik gegen die WEA hagelte es von Links und Rechts. Die Stahlhelmfraktion schaudert‘s, weil ihre geliebte Massenarmee endgültig das Zeitige segnet und die Wehrpflicht dadurch noch weniger Bedeutung erhält. Die «Gruppe Schweiz ohne Armee» (GSoA) wiederum sieht die Gefahr von häufigeren Einsätzen der Armee im Innern. Schliesslich würden die Militärpolizeibataillone verdoppelt und erweiterte Kompetenzen erhalten sowie stärker mit den Polizeicorps zusammenarbeiten. In finanzieller Hinsicht ändert sich mit dem WEA kaum etwas. Bereits 2011 beschloss das Parlament die Erhöhung des Militärbudgets von 4.7 auf 5 Milliarden Franken.

Im globalen Trend

Grossheere haben nach wie vor ihre Bedeutung für Territorialkonflikte und die Sicherung globaler Machtansprüche. Allerdings zeichnet sich international eine Tendenz ab, die neben oder anstatt dem herkömmlichen Heer flexible und schnelle Armeen für asymmetrische Kriege hervorbringt. Der 2003 publizierte NATO-Bericht mit dem Namen «Urban Operations in the year 2020» weist ganz in diese Richtung. Dort sind «asymmetrische Bedrohungen, Technologieentwicklung und Einsätze in Städten grundsätzliche Charakteristika und mögliche Herausforderungen künftiger Einsätze der Allianz.» Ebenso beklagt die amerikanische RAND-Corporation, ein militärwissenschaftlicher Think Tank, dass die USA trotz einer «Verstädterung der Revolte» nicht hinreichend für die Aufstandsbekämpfung gerüstet seien. Diese Überlegungen finden sich auch in der WEA. Maurer will innerhalb von zehn Tagen 35 000 Mann aufbieten können, was heute unmöglich sei. Angesichts der jüngsten unerwarteten Aufstände erscheint diese Fähigkeit für den Staat jedoch elementar.

Die grosse Reserve an Proletarisierten ist zwar überlebenswichtig für das an tiefen Lohnkosten interessierte Kapital, doch in der Krise nimmt diese Masse, ob sie es will oder nicht, wieder die totgesagte Rolle der «gefährlichen Klasse» ein. Was folgt, ist der Krieg gegen die Armen. Exemplarisch hierfür sind die Angriffe der so genannten Befriedungspolizei UPP (Unidade de Polícia Pacificadora) in den brasilianischen Armensiedlungen. Vordergründig geht es dort stets um die Jagd auf Drogengangs. Die Präsenz krimineller Banden ist hingegen von staatlichem Interesse, denn sie legitimiert die gewalttätige Intervention in potentiell aufständische Territorien. Übrigens waren es auch in Baselland «kriminelle Einbrecherbanden», mit welchen der zivile Einsatz der Militärpolizei gerechtfertigt wurde. Solche Interventionen lassen sich bei entsprechendem Bedürfnis problemlos auf andere Bereiche ausweiten. In Brasilien etwa gegen Protestierende, die aus ihren Quartieren vertrieben wurden.

Ein Problem der Peripherie?

Es ist offensichtlich, worauf die neue Armee zu zielen hat. Gerne verweist Ueli Maurer auf die arabischen Aufstände oder auf den Konflikt in der Ukraine. Bei Ersterem sind abrupte und unkontrollierte Migrationsbewegungen das Problem, bei der Ukraine ist es der unerwartete Kriegsausbruch durch eine spontane Revolte. In Brasilien wiederum ist es das verarmte und rebellierende Proletariat, das sich darüber hinaus noch mit informeller Wirtschaft über Wasser hält. Sind solche Szenarien also nur im Elend ferner Länder denkbar? Jeder Schweizer Rekrut lernt, dass bei bedrohter innerer Sicherheit die Armee aufgeboten werden kann. Dieser Möglichkeit bedienten sich die Generäle bis in die 30er Jahre regelmässig – nicht ohne tödliche Folgen für die protestierenden ArbeiterInnen. Und auch heute bestätigen dienstleistende Soldaten das Üben von Einsätzen gegen DemonstrantInnen. Erinnert sei zudem an das Militärbataillon 1, das im Januar letzten Jahres mit einem originalen Anti-WEF-Transparent den Einsatz im Innern probte.

Weil es sich aber so schön bewährt hat, dient primär «Terrorismus» als Legitimation für neue Militärtechniken. Doch auch solche finden in Wirklichkeit längst Verwendung im Bereich der Crowd Control. Militärdrohnen und Superpumas der Armee unterstützten in den letzten Jahren die Zürcher Polizei bei der Unterbindung der autonomen 1. Mai-Proteste. Bezahlen musste die Stadt keinen Rappen; dankend übt das Militär am realen Objekt. Es lässt sich also kaum bestreiten, dass die neuen Armeen nicht nur für den Einsatz an der Peripherie und an den Grenzen der Wohlstands-Festungen konzipiert sind, sondern besonders auch im Zentrum, in den widerspruchsvollen und umkämpften Metropolen der Industrienationen zum Einsatz kommen werden.

 

UKIP-Chef in Winterthur

nigel-farage-smokingDie UKIP hetzt mit klassischen Themen der Neuen Rechten und etablierte sich so bei den Europawahlen als stärkste britische Partei. In Winterthur geht die AUNS nun mit Parteichef Nigel Farage auf Tuchfühlung.

Noch im letzten Jahr sagte er dem «Blick», er habe mit den Leuten der SVP nichts zu tun. Nun aber scheint sich Nigel Farage, Oberhaupt der «United Kingdom Independence Party» (UKIP) und EU-Parlamentarier, bestens mit dem Präsidenten der «Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz» (AUNS) und SVP-Nationalrat Lukas Reimann angefreundet zu haben. Am 4. Oktober wird der Brite an der ausserordentlichen Mitgliederversammlung der AUNS eine Rede gegen Euro und EU halten. Die evangelikale «Gemeinde von Christen» bietet für den Anlass ihre «Parkarena» mit 1250 Plätzen an. «Ich freue mich sehr darauf!», lässt uns Reimann wissen. Erstaunlich ist das nicht. AUNS, SVP und UKIP sind ideologisch mehr als nur verwandt. Wie die SVP politisiert auch die UKIP gekonnt am rechten Rand, sodass extremere Parteien vorerst perspektivlos bleiben. Mit populistischen Tricks und grossmauliger Establishment-Kritik mobilisiert Farage die WutbürgerInnen. Grossbritannien leide unter den Zahlungen an schwächere Mitgliedsstaaten und müsse deshalb aus der Union austreten. Ohnehin gehöre die EU gebodigt und der Nationalstaat wieder gestärkt. Musik in den Ohren der AUNS-Leute! Auch auf der Insel spricht dieses wohlstandschauvinistische Begehren den weissen Mittelstand und prekarisierte NationalistInnen an: Bei den Europawahlen überflügelte die UKIP alle etablierten Parteien und holte 28 Prozent der Stimmen.

Rechtspopulist und Marktradikaler

Was Farage, dem schwerreichen Rohstoffhändler und selbst ernannten «Libertären» vorschwebt, ist ein Europa der starken Nationalstaaten und marktradikalen Ökonomien. Hierfür will er Zölle und Subventionen innerhalb des Commonwealth aufheben und den Zugang zu Sozialleistungen erschweren. Der «political correctness» und dem «Multikulturalismus» sagt er den Kampf an. Weniger Zuwanderung und eine britische Einheitskultur sollen’s richten. Mehr Militär, Polizei und Knäste täten das Ihrige dazu. Auch in ökologischen Fragen ist Farage ein Elend. Nachdem er Al Gores Film «Eine unbequeme Wahrheit» an Schulen verbieten wollte, eine Kommission gegen die «Klimalüge» forderte und konsequent gegen Wind- aber für Atomkraft lobbyierte, war er sich nicht zu schade, auch gegen härtere Kontrollen des Elfenbeinhandels zu stimmen. Mit den Kassenschlagern der Neuen Rechten, darunter Islamophobie, Antiziganismus und Homophobie, spricht Farage die niederen Instinkte seiner WählerInnen an. Für die besitzende Klasse macht er sich zudem mit neoliberalen Vorstösse attraktiv. Eine explosive Mischung, die viele britische Linke an die Jahre des Thatcherismus erinnern lässt.

Distanz zur extremen Rechten?

In der geheuchelten Verurteilung von Rassismus und Antisemitismus liegt ein Erfolgsrezept rechtspopulistischer Parteien. Skinheads und Judenhass in der Partei haben sich schlicht nicht ausbezahlt. So ist der Erfolg der «Alternative für Deutschland» (AfD) und die Krise der NPD zu erklären, ebenfalls der Aufschwung des Front National in Frankreich, der sich nun moderater gibt. Und auch Farage versicherte der jüdischen Gemeinde anlässlich einer Podiumsdiskussion von «Jewish Chronicles», dass die UKIP als einzige Partei AntisemitInnen direkt ausschliesse, worauf er Applaus erntete. Rhetorisch versiert, gelingt es Farage verschiedentlich darüber hinwegzutäuschen, dass die UKIP mal formell, mal informell mit AntisemitInnen des Front National, der griechischen ultrarechten LAOS oder der rechtspopulistischen FPÖ aus Österreich verbandelt ist. In Winterthur wird jedenfalls bereits zur Demo aufgerufen.