Kampf den Kampfjets!

grippen800x700Die Parteileitung der Partei der Arbeit der Schweiz (PdAS) hat einstimmig die Unterstützung des Referendums gegen den Kauf der Gripen-Kampfjets beschlossen. Drei Milliarden Franken kostet die Beschaffung der Kampfflieger. Über die gesamte Betriebsdauer würden die Kampfjets insgesamt mindestens neun Milliarden Franken kosten. Wegen dem Kauf der Gripen soll nun das Militärbudget auf jährlich 5 Milliarden Franken erhöht werden.  Und dies nachdem in den letzten  Jahren die «Kriegskasse» der Eidgenossenschaft bereits um fast eine Milliarde auf 4.7 Milliarden erhöht wurde. Gegen diese sinnlose und absurde Vernichtung  von Milliarden, die von den bürgerlichen Parteien gewollt und beschlossen wurde,  ist Widerstand Pflicht! Die PdAS ruft die Schweizer Bevölkerung auf, sich aktiv gegen den Kauf der Kampfflugzeuge zu wehren.

Jenen nehmen, die wenig haben, um denen zu geben, die bereits viel zu viel haben; Die laufende Herbstsession der Räte ist einmal mehr exemplarisch für die neoliberale,  ausschliesslich den Partikularinteressen des Kapitals verpflichtete Politik der bürgerlichen Parteien. Zum geplanten Kauf der Gripen, bei dem nur wenige Rüstungsfirmen profitieren, soll durch die Streichung der Stempelabgabe auf Sach- und Vermögensversicherungen ein Geschenk von 250 Millionen Franken an die Grossunternehmen und Konzerne erfolgen. Eine entsprechende Motion aus dem SVP-Lager wurde im Nationalrat angenommen.

Dem Steuergeschenk steht der Leistungsabbau bei der Altersvorsorge gegenüber. Bei der AHV wurde eine Schuldenbremse beschlossen. Bei der 2.Säule (Pensionskasse) sollen in Zukunft der Zinssatz und der Umwandlungssatz automatisch an die reale Situation an den Finanzmärkten angepasst werden.

Statt sichere Renten sollen diese den extremen Schwankungen des Finanzkapitals ausgeliefert werden. Massive Rentenkürzungen sind die logische Folge. Damit spuckt der Nationalrat auf den Volksentscheid vom 7. März 2010, als die geplante Senkung des Umwandlungssatzes mit 72,7(!) Prozent an der Urne wuchtig abgeschmettert wurde. Erneut zeigt sich: Wenn Volksentscheide nicht im Interesse der Kapitalisten sind, werden sie einfach umgangen. Demokratie?

Die PdAS wird entschieden jede Verschlechterung bei der Altersvorsorge bekämpfen. Renten sind kein Almosen sondern ein von der Verfassung garantiertes Recht!

Partei der Arbeit der Schweiz 
Bern, 21. September 2013 

Warum Marx recht hat

Karl-Marx1Wie lebt man im falschen Leben richtig? Nach einer Pause startet die Arbeitsgruppe « Politische Arbeit und Theorie » (AG PAT) der PdA Zürich am Dienstag, 24. September 2013 mit einer Diskussionsrunde zum Buch von Terry Eagleton« Warum Marx recht hat.» Alle sind herzlich eingeladen.

 

Wo? Sekretariat der PdA Zürich, Rotwandsrasse 65, 8004 Zürich,

Wann? 24. September 2013, 19.30 Uhr, dann alle 14 Tage immer am Dienstag am gleichen Ort!

Das erste Kapitel schicken wir dir gerne per Mail zu. Anmeldung nicht zwingend aber erwünscht: pdaz@pda.ch

 

Der Marxismus ist erledigt

Terry Eagleton ist Professor für Englische Literatur an der University of Manchester und Fellow der British Academy und katholischer Marxist. In seinem Buch « Warum Marx recht hat » greift er in zehn Kapiteln die geläufigsten Kritikpunkte an Marx auf und giesst sie provokant in ätzende Thesen. So lautet Kritikpunkt eins in seinem Buch: «Der Marxismus ist erledigt. Denkbar, dass er in gewissem Maße relevant war für eine Welt der Hochöfen und Hungerrevolten, der Kohlekumpel und Kaminkehrer, der Verelendung und einer anschwellenden Arbeiterklasse. Aber er hat ganz gewiss nichts zu tun mit den zunehmend klassenlosen, sozial mobilen, postindustriellen westlichen Gesellschaften der Gegenwart. Er ist das Glaubensbekenntnis derer, die zu verbohrt, ängstlich oder verblendet sind, um einzusehen, dass die Welt sich verändert hat und das forgood: zum Guten und in alle Ewigkeit.»

Zum ersten Kritikpunkt lädt die AG PAT Mitglieder, Sympathisanten und interessierte ZeitgenossInnen ein, die nicht bei der Analyse von Veränderungen stehen bleiben, sondern sich auch aktiv daran beteiligen wollen. Das erste Kapitel stellen wir per E-Mail als pdf gerne zur Verfügung. Wer kann, schafft sich das lesenswerte Buch am besten an (Terry Eagleton, Warum Marx recht hat, Ullstein, 2011, 286 Seiten, etwa 20 Franken, unter anderem bei der « Buchhandlung am Helvetiaplatz » in Zürich erhältlich). Für weniger Geld gibt es das « Manifest der Kommunistischen Partei »    bei Reclam (5.90 Franken). Die etwa um 1847 verfassten Grundsätze des Manifests von Marx und Engels dienen als Grundlage und für das Verständnis.

 

AG PAT

In der AG PAT wollen wir grundsätzliche politische Fragen behandeln und aktualitätsbezogene Ansätze in den Mittelpunkt stellen. Zum Beispiel: Welche Folgen haben die Zunahme von Reichtum und Armut in der Schweiz? Was kann die Partei der Arbeit konkret für eine gesellschaftskritische Sensibilisierung tun? Was muss unternommen werden, damit die verinnerlichte Logik der Konkurrenz mehr Platz für das Miteinandereinräumt? Ist die gegenwärtige soziale Form, die Gegenstände vermenschlicht und Menschen vergegenständlicht, den Menschen bewusst? Solche und andere Fragen werden uns beschäftigen. Dabei können persönliche Erfahrungen, Bücher, Zeitungsartikel, Filme und vieles mehr herangezogen werden. Je nach Bedürfnis werden einzelne Themen vertieft, andere zurückgestellt oder fallengelassen. Hauptsache ist, dass die Beteiligten finden Interesse und Lust an der gemeinsamen Auseinandersetzung.

Die AG PAT der PdAZ freut sich auf einen zahlreichen Besuch!

Protest der syrischen Flüchtlinge

Syrien_camp2„Seit Montagmittag ( 9. September) verharren wir Flüchtlige aus Syrien vor dem Bundesamt für Migration (BfM) in Wabern. Wir sind Erwachsene und auch ungefähr 40 Kinder. Viele von uns leben seit Jahren in der Schweiz und haben Asyl beantragt. Wir haben entweder einen N- oder einen F-Auweis.

Wir fordern stabile Aufenthaltsbewilligungen (Ausweis B) und eine rasche Behandlung der Gesuche syrischer Flüchtlinge. Um hier eine Zukunft aufzubauen, ermöglicht die vorläufige Aufnahme (Ausweis F) keine Perspektive. In anderen Länder wie beispielsweise Schweden ist es längst möglich Flüchtlinge aus Syrien problemlos und rasch aufzunehmen. Die Schweiz ist schnell um negative aber langsam um positive Asylentscheide zu treffen. Eigentlich müsste es doch umgekehrt sein.
Wir sind fest entschlossen unseren Teil zur Lösung beizutragen. Deshalb bleiben wir hier bis Entscheide für unsere Asylgesuche getroffen wurden. Täglich sind wir mehr und täglich sind wir stärker auf eure Hilfe angewiesen. Uns mangelt es an allem: Decken, Schlafmatten, Zelte, Medikamente für Kinder und Erwachsene, Essen und nicht zuletzt an Geld.
Wir appellieren an alle Teile der Bevölkerung: Einzelpersonen, Kirchen, Organisationen oder Parteien: Unterstützt unseren Kampf um Rechte, hier und jetzt!“
Syrer mit N-Ausweis erzählen von ihrem Leben

Mohammed, 20 Jahre, seit 3 Jahren in der Schweiz, Ausweis N
„Mit N kann ich nicht arbeiten, ich kann nicht in die Schule gehen oder eine Ausbildung machen, ich konnte nur einmal für 2 Monate einen Deutschkurs besuchen. Ich kann nichts anderes machen, als mit meinen Kollegen rumhängen. Aber ich bleibe immer viel zu Hause, weil ich in der Woche nur 70 Franken zur Verfügung habe, die brauche ich für Essen und andere wichtige Sachen.“

Farid 38, ist seit 1 Jahr und 4 Monaten hier, Frau und 4 Kinder, N-Ausweis
„Alle sind in einem 1.5 Zimmer (2 X2.5 m2, und 4X4m2), die Wohnung stinkt und ist nass, die Kinder sind hier geboren, die Kinder werden im dem feuchtem Zimmer krank. Die Kinder haben keine Zukunft so, ich als Familienvater kann meinen Kindern keine Perspektive geben, denn ich darf nicht arbeiten.“

Rassul, 31, seit 10 Monaten in der Schweiz, N-Ausweis
„Ich kann nur einmal in der Woche in 1.5 Stunden zum Deutschkurs gehen, das reicht nicht, um gut Deutsch zu lernen. Aber ich lerne zu Hause selber, denn ich möchte gut Deutsch können und hier mein Unistudium in Jurisprudenz weitermachen. Ich habe in Syrien den Bachelor gemacht und möchte hier den Master machen. Aber mit N – Ausweis darf ich nicht die Universität besuchen und ich darf auch nicht arbeiten. Ich suche jetzt private Deutschkurse, spare an Essen, damit ich diese bezahlen kann. Ich bekomme monatlich 480 Franken zum leben.
Wir brauchen weiter unser Leben, wir müssen uns eine neue Zukunft suchen, wir kommen nicht wegen Geld, wir haben in unserer Heimat keine Zukunft mehr und sind hierher gekommen, aber mit N-Ausweis haben wir keine Zukunft: keine Arbeit, kein Studium. Meine Frau ist in Kurdistan, nach Irak geflüchtet und lebt in einem Zelt, ich habe einmal ein Gesuch für die Aufnahme meiner Frau gemacht, aber das BFM hat mir nie geantwortet.“

Ahmed, 36, 2 Jahre und 3 Monate in der Schweiz, N-Ausweis
„Ich bin verheiratet und habe 2 Kinder. Meine Frau und Kinder leben in Syrien. Ich habe seit 2 Monaten keinen Kontakt mehr mit ihnen. Das letzte Mal, als ich sie gehört habe, sagte meine Frau, sie hätte viele Probleme, viele verschiedene Gruppen, die sich bekämpfen, Zudem haben sie keine Kleider, zu wenig zu Essen. Was soll ich hier machen, ich kann sie nicht hier her holen, dann kann ich gleich auch sterben, wenn meine Familie stirbt, ich lebe für sie. Ich hatte vor kurzem das 2. Interview beim BFM seit über 2 Jahren habe ich keine Antwort vom BFM bekommen. Ich kann nicht arbeiten und auch nicht meine Familie hier herholen. In dieser Situation habe ich immer Stress, kann nachts nicht schlafen, mir sind die Hände gebunden, ich möchte etwas machen. Ich brauche auch nicht unbedingt Papiere, ich brauche auch nicht Kleider, Essen, was ich brauche ist meine Familie, dass ich mit meiner Familie zusammen in Sicherheit sein kann. Die Schweiz ist gut, aber das Asylsystem ist schlimm für die Betroffenen. Das jüngste Kind konnte ich noch nie sehen, es ist inzwischen 2 Jahre alt und ich habe es nie gesehen.“

Protest gegen den „Marsch fürs Läbe“

abtreibungWir, das Bündnis für ein selbstbestimmtes Leben, haben für heute (Samstag, 14. September)  zum Widerstand gegen den „Marsch fürs Läbe“ aufgerufen, einen Aufmarsch reaktionärer ChristInnen. Unserem Aufruf folgten mehrere hundert Personen. Entlang ihrer Route störten wir den rechten Aufmarsch mit verschiedenen Aktionen. Es wurden Transparente und Plakate gehängt, Parolen gerufen, mit Lärminstrumenten musiziert; für kurze Zeit ersetzten wir das Fronttransparent mit unseren Inhalten. Es gelang auch immer wieder, den Aufmarsch zu blockieren. Am Limmatplatz gab es ein queeres Kiss-In, bei dem zahlreiche Küssende gegen die verklemmte Sexualmoral der Fundis demonstrierten. Bei unseren Aktionen wurden wir von der Quartierbevölkerung tatkräftig unterstützt. Viele schlossen sich unserem Protestumzug an, aus vielen Fenstern hingen Transparente, manche AnwohnerInnen gossen auch Wasser auf den reaktionären Zug. Einige machten sich sogar die Mühe, aus ihren Wohnungen laute frivole Musik laufen zu lassen.
Die Polizei war mit einem massiven Aufgebot präsent. Der Turbinenplatz war komplett abgeriegelt, es wurden reihenweise Wegweisungen verteilt und mehrere Personen verhaftet. Es ist ein deutliches politisches Zeichen der Stadtpolizei, wenn sie Kräfte vom rechten Rand mit Hundertschaften in Vollmontur und mit zwei Wasserwerfern eskortiert. Immerhin verdeutlicht der Polizeieinsatz von heute, dass eine rechte Mobilisierung dieser Art in Zürich nicht ohne weiteres möglich ist: Wenn reaktionäre ChristInnen zu einem solchen Aufmarsch aufrufen, müssen sie mit Widerstand rechnen.
Die organisierten AbtreibungsgegnerInnen legen derzeit in vielen Regionen der Welt an Stärke zu. Ihre Politik ist ein Angriff auf die Errungenschaften der Frauenbewegung. Es ist eine zutiefst patriarchalische Politik: Frauen sollen sich auf ihre ausschliessliche Rolle als Mutter und Hausfrau besinnen, werden zu Gebärmaschinen degradiert. Die „Lebensschützer“ wettern gegen Homosexuelle und gegen den Feminismus: Wer nicht nach dem Ideal der bürgerlichen Kleinfamilie lebt, wird zur Bedrohung für die nationale Gemeinschaft erklärt.
Die AbtreibungsgegnerInnen sind kein Einzelphänomen, sondern stehen im Kontext breiter rechter Offensiven. Es die alte Leier: In der gesellschaftlichen Krise kommen die Rechten mit faulen Versprechungen von der guten alten Ordnung, von nationaler Einheit und Kleinfamilienglück. Für die herrschenden Interessen ist die rechte Ideologie, gerade wenn sie religiös aufgeladen ist, immer wieder sehr nützlich. Wir treten den rechten Offensiven entgegen. Wir wollen ein gutes Leben für alle statt miefige Ideologien. Mit unserer lauten Präsenz heute haben wir ein Zeichen gesetzt für eine Gesellschaft, in der Menschen selbstbestimmt über ihre Sexualität entscheiden.
Ob Kinder oder keine, entscheiden wir alleine.
Keinen Fussbreit der rechten Hetze
Bündnis für ein selbstbestimmtes Leben

Armbrust und WC-Bürste

tell_chAm 22. September wird im Kanton Zürich über die Volksinitiative «Für mehr Demokratie» abgestimmt. Die Gemeinden  sollen die Möglichkeit bekommen, lang ansässigen AusländerInnen das fakultative Stimm- und Wahlrecht zu erteilen. Ein  erneuter Versuch, einen Schritt vorwärts zu kommen, um eine Demokratielücke im Kanton Zürich zu schliessen.

Aus der Printausgabe vom 23. August. Unterstütze uns mit einem Abo!

«Die Zeit ist reif, mehr Demokratie zu wagen!» Mit diesem Slogan lancierte das Initiativkomitee am 31. Juli, am Vorabend des Nationalfeiertages, den Abstimmungskampf. Natürlich ist das Datum nicht zufällig gewählt. Der offizielle Geburtstag der Eidgenossenschaft «ist nicht nur Anlass, um der Errungenschaften der Vergangenheit zu gedenken, sondern auch eine ausgezeichnete Gelegenheit, über die Weiterentwicklung unseres direktdemokratischen Staatswesens nachzudenken», schreibt das Initiativkomitee auf seiner Website www.mehr-demokratie.ch.

Eine moderate Forderung

Die Zürcher Kantonsverfassung erlaubt es den Gemeinden bisher nicht, ihre ausländische Wohnbevölkerung  am politischen Leben beteiligen zu lassen. Deshalb hat der Verein «Second@s Plus Zürich» im August 2011 die Volksinitiative «Für mehr Demokratie» eingereicht. Die Gemeinden sollen die Möglichkeit erhalten, AusländerInnen, die seit mindestens zehn Jahren in der Schweiz und seit mindestens drei Jahren in derselben Gemeinde leben, das kommunale Stimm- und Wahlrecht zu erteilen, sofern diese es beantragen.

Eine durchaus moderate Forderung, auch weil nach der eventuellen Annahme des Volksbegehrens weitere Schritte nötig sind, um die bestehende Demokratielücke in Sachen AusländerInnen-Stimmrecht im Kanton Zürich zu schliessen. «Ja, es ist eine sehr softe und moderate Initiative», räumt auch Salvatore Di Concilio, Mitinitiant und ehemaliger Stadtzürcher SP-Gemeinderat, auf Anfrage des vorwärts ein. «Aber schlussendlich geht es eben doch um das Stimmrecht für MigrantInnen. Unser Initiativkomitee hat eine gewisse Breite, so dass ein Konsens bei der Ausformulierung des Initiativtextes gesucht wurde. Für mich bleibt aber die prinzipielle Frage: Wollen die Stimmberechtigten in diesem Bereich einmal Ja sagen oder nicht?»

Bisher muss diese Frage leider mit Nein beantwortet werden. Die letzten beiden Versuche, über eine Volksinitiative das Stimmrecht für AusländerInnen einzuführen, oder zumindest einen Schritt in diese Richtung vorwärts zu kommen, endeten mit einem veritablen Schiffbruch: Im September 2010 lehnten die Kantone Bern und Basel-Stadt entsprechende Vorschläge deutlich ab. Auch in Kanton Zürich waren die bisherigen Versuche schlicht chancenlos. Die Frage liegt daher auf der Hand: Warum eine weitere Initiative? «Es gibt zwei Gründe dafür», erklärt Di Concilio, «Erstens konnte auf parlamentarischer Ebene kein Fortschritt erzielt werden, auch nicht bei der Ausarbeitung der neuen Verfassung des Kantons Zürich, die seit dem 1. Juni 2006 in Kraft ist. Und zweitens wird bekanntlich die Migrationspolitik in der Schweiz vor allem von der SVP diktiert. Wir wollten mit unserer Initiative etwas Positives entgegensetzen.» Und Di Concilio erinnert weiter daran, dass auch «das Frauen-Stimmrecht mehrere Anläufe gebraucht hat».

Armbrust und WC-Bürste

Bescheidener Optimismus lässt die Tatsache zu, dass in der Schweiz das Stimm- und Wahlrecht für MigrantInnen nicht etwas völlig exotisches ist: In den Kantonen Appenzell Ausserrhoden, Basel-Stadt, Freiburg, Genf, Graubünden, Jura, Neuenburg und Waadt dürfen lang ansässige AusländerInnen bereits heute (zum Teil fakultativ) auf Gemeindeebene wählen und abstimmen. Im Kanton Neuenburg gilt dieses Recht bereits seit 1849. Die Kantone Jura und Neuenburg kennen zudem für AusländerInnen auch das kantonale Stimm- und Wahlrecht.

Doch zurück nach Zürich: Das Logo der Abstimmungskampagne besteht aus einer Armbrust als weltbekanntes Symbol für Schweizer Qualitätsprodukte. Aber anstelle des Pfeils ist eine WC-Bürste oder Schaufel, ein Schwingbesen oder Thermometer zu sehen. Diese stehen als Sinnbilder für Branchen, in denen AusländerInnen in grosser Anzahl tätig sind, nämlich Reinigung, Bau, Gastgewerbe und Pflege. «Symbolisch steht die Kombination dafür, dass durch die Einbindung der Ausländerinnen und Ausländer in den politischen Entscheidungsprozess nicht nur die Migrantinnen und Migranten ein Recht erhalten, sondern auch die Schweiz gewinnt – nämlich an engagierten Bürgerinnen und Bürgern», hält das Komitee fest. Die Zeit für mehr Demokratie ist wirklich reif!

Die verlorene Unschuld der Revolution

AegyptenDie ägyptische Revolution zeigt sich von ihrer hässlichen Seite. Seit der Räumung der beiden Camps vor der Kairoer Universität und der Rabaa al-Adawiya-Moschee ist ein blutiger Machtkampf um die Zukunft des Landes entbrannt. Alle vereint im Kampf gegen den islamistischen Terror heisst die Parole. 

Übergangspräsident Mahmoud Adil dankt den Sicherheitskräften für das «besonnene und zurückhaltende Vorgehen» bei der Räumung der beiden Camps. Vielleicht meint er es wirklich so, wenn man bedenkt, dass für die Räumung 3000 bis 5000 Tote «einkalkuliert» waren, wie das Innenministerium Tage zuvor stoisch verkündete. Gemäss offiziellen Angaben des ägyptischen Gesundheitsministeriums sind alleine am «Blutigen Mittwoch» bei der Erstürmung der beiden Protestcamps 630 Menschen gestorben, die Muslimbrüder sprechen gar von über 2000 Toten. Die Wahrheit wird, wie so oft dieser Tage, irgendwo in der Mitte liegen. Es ist ein düsteres Kapitel der ägyptischen Revolution. Auch Tage nach dem Massaker ruft die Tamarod-Bewegung (Rebellion) die Sicherheitskräfte dazu auf, jeden Widerstand der IslamistInnen im Keim zu ersticken und fordert das ägyptische Volk dazu auf, «das heroische Militär in ihrem Kampf gegen den Terrorismus» tatkräftig zu unterstützen.

Die Büchse der Pandora

Es regiert der Hass. Ein Land in der nationalistischen Ektase. Der politische Islam und der Terrorismus soll nun für immer «ausgemerzt» und «ausgelöscht» werden. Mahnende Stimmen gibt es dieser Tage wenige. Es ist vom «Sieg über den Faschismus» die Rede, die AnhängerInnen von Mursi werden unisono als TerroristInnen gebrandmarkt und zum Abschuss freigegeben. Hartnäckig berichten die ägyptischen Medien von eingesickerten Kräften der Al Kaida, von verhafteten Pakistanern, Afghanen und tausenden Hamas-Kämpfern, welche schon vor Monaten zur Unterstützung der Muslimbrüder nach Ägypten eingeschleust worden seien. Die Lage für palästinensische und syrische Flüchtlinge ist entsprechend unangenehm. Selbst die vielen unabhängigen Menschenrechtsgruppen berichtet lieber über brennende Kirchen und geköpfte Polizisten, selbst von dort schlägt den Muslimbrüdern nur noch Hass entgegen. Es sind nicht die dunklen Wolken eines kommenden Bürgerkrieges. Die Wolken sind schwärzer. Es sind die Wolken des Pogroms. Und es ist nicht nur der Hass gegen den politischen Islam, dahinter verbirgt sich auch eine gute Portion Verachtung der gebildeten, urbanen Schichten gegen die Armen.

Kühle Köpfe sind in Ägypten dieser Tage rar. Und doch gibt es sie. Es sind einmal mehr die revolutionären Kräfte der ersten Stunde. So gründeten anfangs August anlässlich eines Treffens in der ArbeiterInnen-Hochburg Malhalla die Jugendbewegung des 6. April, die Revolutionären SozialistInnen, die Gruppe «Ägpyten ohne Folter» sowie die islamische Partei «Starkes Ägypten» von Futuh – vor drei Jahren noch wichtige Figur bei den Muslimbrüdern – die Plattform «Revolutionäre Alternative». Mit dem Ziel, zu verhindern, dass Elemente des alten Regimes nach der Übergangsperiode wieder die Macht übernehmen. Und das ist bitter nötig, denn losgelassenen Kettenhunde kehren nicht freiwillig in ihre Zwinger zurück.

Neue Töne aus Kairo

Die Opposition und das ägyptische Volk haben sich vom unsanften Sturz Präsident Mursis Ruhe und Ordnung, Stabilität sowie wirtschaftlichen Aufschwung erhofft. Nun tritt das pure Gegenteil ein. Das erste Mal seit dem Beginn der Revolution wird für ganz Ägypten eine Reisewarnung ausgegeben, der Tourismus kommt praktisch vollständig zum Erliegen, internationale Firmen schliessen ihre Fabriken, Entwicklungsgelder werden eingefroren und Ägypten geht seinen eigenen Weg. Obama schlägt von allen Seiten blanker Hass entgegen, Premier Netanjahu erteilt dem israelischen Parlament zu Ägypten ein generelles Sprechverbot, der saudische König Abdullah hat einer seiner äusserst seltenen TV-Auftritt, um zu verkünden, dass das ägyptische Volk seine volle Unterstützung im Kampf gegen den Terrorismus habe.

Bei den mit dem Golfstaat verbündeten SalafistInnen wird er sich damit keine Freunde machen. Die Maske ist gefallen, die Golfstaaten spielen ein gefährliches Spiel und erhöhen ihren Einsatz. Und dem Westen bleibt nur die Rolle des ohnmächtigen Statisten. Die Tamarod-Bewegung lanciert derweil die Kampagne «Für die Wiederherstellung der Souveränität». Diese zweite Petition hat das Ziel, keine US-Entwicklungshilfe mehr anzunehmen und das Camp-David Friedensabkommen mit Israel zu annullieren. Es sind martialische Töne, welcher derzeit in die Welt hinausposaunt werden. Und vielleicht sind solche dramatische Momente, wie wir sie derzeit in Ägypten erleben, unweigerlicher Teil eines schmerzlichen Prozesses. Die ägyptische Revolution hat sich mit Blut befleckt. Ihre eigenen Kinder gefressen. Nur dieses Mal hat es die Bärtigen erwischt. Ein neues Kapitel öffnet sich. Es wird nicht das letzte sein.

 

Demokratie des Kapitals

zio-paperoneMit dem Begriff der Demokratie wird allerhand Unfug getrieben. Jeder und jede darf sich ein wenig ausmalen, was sie oder er darunter verstehen will. Die Angst vor einem Verlust der Demokratie hat aber auch einen reellen Kern in der Restrukturierung der Kapitalakkumulation in der Krise.

Aus der Printausgabe vom 23. August. Unterstütze uns mit einem Abo.

Als gegen Ende des Jahres 2011 die Bewegung «Democracia Real YA!» in Spanien eine «echte Demokratie» einforderte, war sie bereits Ausdruck der offensichtlichen Probleme demokratischer Strukturen in der Krise des Kapitals. Wenn heute allerhand DenkerInnen Reden und Schriften zur Demokratie veröffentlichen, dann ist dies Äusserung einer Besorgnis, die einen reellen Kern hat. Darum findet man in der NZZ eine Folge von Essays über die «Volksherrschaft» unter der Zusammenfassung, dass die Finanzkrise und drohende Staatspleiten die demokratischen Gemeinwesen strapazieren. Und deshalb nennen die beiden Post-Intellektuellen Antonio Negri und Michael Hardt ihr neustes Machwerk «Demokratie! Wofür wir kämpfen». Es scheint, als würde die Demokratie gerade dann zu einem sakrosankten Wert, wenn sie von den Kapitalanforderungen ein ums andere Mal ad absurdum geführt wird.

Diffuse Begrifflichkeit

Unter Demokratie stellen sich die verschiedenen Kräfte sehr verschiedenes vor. Tatsächlich lädt die Unbestimmtheit des Begriffs dazu ein, sich nach eigenem Gusto ein Bild zu machen. Es ist kaum anzunehmen, dass die Demonstrantin auf den Strassen Barcelonas mit echter Demokratie dasselbe meint wie der Journalist in der NZZ-Redaktion, wenn er vom drohenden Verlust der Demokratie schreibt. Der eine betont die Freiheit des Marktes, während die andere die Institutionen, welche Grundrechte – auch für Minderheiten – garantieren sollen, zum Massstab der Demokratie erhebt. Die Vorstellungen reichen dann auch von der repräsentativen Demokratie, in der man alle paar Jahre die VerwalterInnen der Ausbeutungsverhältnisse wählen darf bis hin zu den Vorstellungen der RätekommunistInnen, die sich eine künftige Gesellschaft nach einer Rätestruktur mit demokratischem Verfahren ausmalten. Doch wenn man etwas über die aktuellen Prozesse und Sorgen sagen will, dann muss man sich der Demokratie zuwenden, wie sie heute bei allen Unterschieden in den alten kapitalistischen Zentren vorherrschend ist.

Geschäftsgrundlage des Kapitals

Als sich die bürgerliche Revolution die Parole «Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit» auf die Fahnen schrieb, nahm sie politisch vorweg, was die ökonomische Struktur ihrer Gesellschaft zumindest an der Oberfläche – wenn man keinen Blick in die Produktion wirft – ausmachen sollte; auch wenn die Brüderlichkeit nicht so recht ins Bild passen wollte. Marx sah dies schon 1867 hellsichtig, als er im ersten Band des Kapitals schrieb: «Freiheit! Denn Käufer und Verkäufer einer Ware, z.B. der Arbeitskraft, sind nur durch ihren freien Willen bestimmt. Sie kontrahieren als freie, rechtlich ebenbürtige Personen. Der Kontrakt ist das Endresultat, worin sich ihre Willen einen gemeinsamen Rechtsausdruck geben. Gleichheit! Denn sie beziehen sich nur als Warenbesitzer aufeinander und tauschen Äquivalent für Äquivalent.» Es wäre falsch allen FreundInnen der Demokratie – etwa den RätekommunistInnen – eine Rettung des kapitalistischen Inhalts vorzuwerfen. Allerdings beschreibt die Parole ziemlich genau die liberalen Geschäftsgrundlagen des Kapitalismus. Entgegen einiger Legenden der ParteikommunistInnen ist der Kapitalismus nicht seinem Wesen nach undemokratisch. Die demokratische Form entspricht zumindest in Prosperitätsphasen in den alten Zentren dem kapitalistischen Inhalt und hat überdies den Vorteil, dass die Proletarisierten ihrer eigenen Vernutzung aktiv zustimmen. Allerdings kann die demokratische Verfasstheit der bürgerlichen Gesellschaft mit ihrem eigenen Inhalt – der Akkumulation von Kapital – in Widerspruch geraten.

Kapitalakkumulation und Demokratie

Das ökonomische Schlamassel, in dem sich Europa und ein Grossteil der Welt seit einigen Jahren befindet, ist ein wahres Lehrstück in Sachen Demokratie. Alle Bewegungen und demokratischen Bestrebungen, die Austeritätspolitik zu stoppen – und sei dies mittels des Sturzes einer Regierung wie etwa in Bulgarien oder Slowenien – haben nichts am knallharten wirtschaftlichen Kurs der Krisenstaaten geändert. Dieses Problem lässt sich nicht auf die Sturheit der PolitikerInnen oder das falsche Wahlverhalten zurückführen. Darin kommt vielmehr zum Ausdruck, dass die Staaten als Organisatoren der Nationalökonomie gezwungen sind, die Interessen des Kapitals gegen allen politischen Widerstand durchzusetzen. Wenn in den Krisenstaaten eine linke Regierung an die Macht kommt, sieht sie sich mit der Alternative konfrontiert, entweder die Austeritätsmassnahmen durchzusetzen oder die nationale Ökonomie an die Wand zu fahren – und damit ihre eigene Existenzgrundlage zu unterminieren. Dieser Zwang schlägt sich auch im tendenziellen Umschwenken eines integrativen Kurses hin zum offen repressiven Umgang mit potentiell Widerständigen nieder: Immense Datenbanken und biomterische Sammelwut; Verschärfung des Asyl- und Ausländerrechts, autoritäre Sozialgesetze und Ausbau des allgemeinen Repressionsapparates. Dass selbst in der Schweiz nach reiflicher Analyse des europäischen Kontextes die Armee Einsätze im Inneren probt, komplettiert das Bild eines Staates, der seine menschlichen Ressourcen in Zeiten der Krise besser kontrollieren und verwalten will.

Von der Alternative zum Zwang

Der Staat wird in diesem Prozess gegenüber der Ökonomie nicht geschwächt, wie das Allerwelts-Linke gerne behaupten. Er ist eben nicht dazu da, uns vor der unsichtbaren Faust des Weltmarktes zu retten. Seine Funktion ist vielmehr, für das nationale Kapital die besten Rahmenbedingungen zu schaffen. In Zeiten der Prosperität ergibt sich für den Staat die Möglichkeit eher sozialdemokratisch oder konservativ zu agieren; das Wahlvolk kann ganz demokratisch zwischen verschiedenen Akkumulationsperspektiven wählen. Wenn die Akkumulation aber nicht mehr brummt, rücken diese Alternativen immer enger zusammen. Auch wenn in den Krisenstaaten verschiedene Parteien um die Regierung konkurrieren, stehen sie doch vor der selben unausweichlichen Aufgabe: Die staatlichen Verwertungsperspektiven sind zu einem einzigen Zwang zusammengeschmolzen, der von dieser oder jener Partei exekutiert werden muss. Die liberal-demokratischen Formen entsprechen den autoritären Anforderungen der kapitalistischen Krisenbewältigung in vielen Ländern nicht mehr. Eine Kritik, die nicht hoffnungslos und handzahm bleiben will, muss nebst der politischen Form den kapitalistischen Inhalt in den Fokus nehmen: Die Akkumulation von Kapital, die sich die entsprechenden politischen Verlaufsformen schafft, aber von selben wiederum modifiziert wird.