Vom Mut der Mehrheit gegen die Schwachen*

Das Schweizer Parlament verschärft das Asylrecht. Schon wieder, ist man geneigt zu sagen. Wer dachte, es gäbe nichts mehr zu verschärfen, der wurde einmal mehr eines besseren belehrt. Und doch sind die aktuellen Verschärfungen nur plumpe Augenwischerei und billiger Populismus auf dem Buckel der Schwächsten.

Die braungebrannte SVP, sie ist mit ihrer Politik des Hasses und Verunglimpfung längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Die bürgerlichen Parteien versuchen alles, um das Original mit fremdenfeindlichen Voten zu übertrumpfen. Die neusten Verschärfungen (siehe auch Seite 2) werden so wirkungslos verpuffen wie alle anderen Sanktionen zuvor. Sie werden das Elend unter den Betroffenen nur verschärfen. Wer durch Hunger, Krieg und Unterdrückung nicht schon zuvor psychisch zerstört war, der wird es spätestens nach ein paar Monaten Asylland Schweiz sein. Dafür garantiert die offizielle Schweiz mit Gütesiegel. Kommen werden die Menschen trotzdem. Weil sie keine andere Perspektive haben, und weil sie der Meinung sind, dass die Schweiz ein wunderbares Land ist. Wenn es hier keine Gerechtigkeit und Zukunft gibt, wo dann? Wo dann?

Des Volkes Wille

Das ist eines der Nebengeräusche, wenn man das reichste Land der Welt ist. Und es sind nicht die bürgerlichen Parteien oder das Kapital alleine, die diese rassistische Politik tagtäglich fördern und fordern und vor lauter Wohlstandschauvinismus nichts  anderes können als nur noch gegen unten zu treten. Es sind nicht die behördlichen Schreibtischtäter, das Bundesamt für Migration oder die einzelnen Parteien, die für Verschärfungen der letzten Jahre die alleinige Verantwortung tragen. Es ist das Schweizer Volk. Wir alle, du und ich. Ob reich oder arm, ob Millionär mit Luxusschlitten oder die SVP-wählende Sozialhilfeempfängerin, sie alle heben den rechten Arm zum Gruss. Es ist nicht die Angst vor dem Fremden, die die Menschen zu solchem Handeln treibt, sondern die egoistische Selbstliebe und das Betonieren des eigenen Wohlstands. Die Volksseele, sie kocht. Sie will Blut sehen und einfache Lösungen für komplexe Fragen haben. Es ist die soziale Kälte und der verschwiegene Krieg an den Aussengrenzen Europas, welche das Geschwätz von Menschenrechten und humanitärer Tradition schon lange ad absurdum führen. Der eigentliche Skandal ist nicht die aktuelle Verschärfungen des Asylrechts, sondern, dass an Schweizer Unis überhaupt noch so etwas wie Völkerrecht unterrichtet wird. Welch Augenwischerei, welch Heuchelei.

Wo bleibt die radikale Linke?

In der heutigen Asylpolitik geht es nicht um den Schutz von Verfolgten, sondern um den innereuropäischen Wettbewerb, wer das mieseste Asylgesetz hat und die kreativsten Abschreckungsmechanismen entwickelt. Und es sollte durchaus zum Nachdenken anregen, dass Blocher und Co. seit Jahren mit ihrer dumpfbackigen Stimmungsmache praktisch auf keinen Widerstand mehr stossen. Kann es sein, dass auch die radikale Linke längst der Meinung ist, dass es doch so langsam eng wird im Boot? Lieber zu «Tanz dich frei» den Po wackelt, statt für die Rechte der Ausgegrenzten auf die Strasse zu gehen? Sich im behüteten Szenenghetto für Mittelstandkids pudelwohl fühlt und von Repression und Unterdrückung fabuliert, während draussen vor der Haustür längst die Hölle losgebrochen ist? Die heutige Asylpolitik dient in vielerlei Hinsicht auch als Experimentierfeld für sozialpolitische und gesellschaftliche Verschärfungen. Ob totale Überwachung, soziale Disziplinierung oder Einschränkung der Bewegungs- und Versammlungsfreiheit, nirgendwo sonst wird so hemmungslos gegen unten geknüppelt, nirgendwo sonst manifestiert sich die Barbarei der Gebildeten und Aufgeklärten so deutlich wie in der Asylpolitik. Sie wäre eines der wichtigsten zu besetzenden Kampffelder für eine revolutionäre Linke, denn nirgendwo sonst prallen Welten so aufeinander, denn Migration ist oft die letzte – und einzige – Waffe der Entrechteten dieser Welt.

Pragmatismus statt Repression

Mit Rechtsstaatlichkeit und Gerechtigkeit jedenfalls haben die heutigen Gesetze schon lange nichts mehr zu tun. Die Schweiz ist ein Einwanderungsland. Statt diese Realität zu akzeptieren und die Gesetzgebung anzupassen, setzt die offizielle Schweiz auf Repression und Abschreckung. Die sofortige Aufhebung des Arbeitsverbotes, kollektive Regularisierungen oder die Schaffung einer Green Card-Lotterie wäre ein erster Schritt in die richtige Richtung. Die Liste der durch die offizielle Schweiz begangenen Schweinereien und Menschenrechtsverletzungen jedenfalls ist beängstigend lang. Wenn die Schweiz geheime Knäste im westafrikanischen Accra und Abidjan unterhält, wie von augenauf und L’Hebdo 2000 aufgedeckt, wenn Lohnarbeit zu einem Schwerverbrechen wird, wenn Menschen für Jahre im Knast verschwinden, obwohl sie keine einzige Straftat begangen haben, ausser hier zu sein, dann stinkt es ganz gewaltig in diesem Land. Es braucht keine neuen Internierungslager, weil wir längst schon solche haben. Sie werden mehrmals wöchentlich ab Bern, Basel, Genf, Lausanne und Zürich mit einem Gefängniszug (!) bedient. Und wenn jetzt jemand an Rampen und alte Geschichten denkt… Solange die Schweiz sich jedenfalls als Bordellbetreiber für multinationale Konzerne betätigt, solange auch nur ein einziger Franken Despotengelder auf Schweizer Bankkonten liegt, solange wir mit unserem Durst nach einem angenehmen Dasein die Lebensgrundlagen anderer zerstören, solange sind wir moralisch verpflichtet, sie mit offenen Armen zu empfangen, weil unser Reichtum die Armut der Anderen bedeutet. Aus diesem Grund gilt es, am 23. Juni in Bern ein klares Zeichen der Toleranz, der Empörung und des Widerstandes zu setzen.

* Titel von Lukas Bärfuss geklautmaiert

Weitere Aushöhlung des Rechts auf Asyl

Der Nationalrat hat das Asylgesetz erneut massiv verschärft. Am Abend der Nationalratdebatte kam es in Bern jedoch zu spontanen Protesten. Über dreihundert Personen – darunter viele Sans-Papiers und MigrantInnen – zeigten ihre Wut. Der Widerstand muss weitergehen.

Vor dem Bundeshaus wurden ParlamentarierInnen ausgepfiffen, ausgebuht und mit Eiern beworfen. Auf Empfehlung des Nationalratspräsidenten Hansjörg Walter verliessen viele ParlamentarierInnen das Bundeshaus durch die Hintertür. «Ihr seid Scheisse», empörte sich ein Demonstrant, als eine Gruppe NationalrätInnen das Parlamentsgebäude verliess. In der Tat verdienen «VolksvertererInnen», die solche Beschlüsse fassen, keine andere Bezeichnung.

Die Verschärfungen

Der Nationalrat will erstens das Asylrecht für Wehrdienstverweigerer und Deserteure abschaffen. Zweitens beschränkt er das Recht auf Familienasyl. In Zukunft sollen es nur noch Ehegatten und Kinder geniessen dürfen. Drittens wurde die Sozialhilfe für Asylsuchende gestrichen. Künftig sollen alle Asylsuchenden dem Nothilfe-Regime unterstellt werden. Viertens sollen sogenannt renitente Asylsuchende in Speziallager weggesperrt werden. Fünftens sprach sich der Nationalrat dafür aus, dass bei Schweizer Botschaften keine Asylgesuche mehr eingereicht werden dürfen. 2010 wurden auf den Schweizer Botschaften über 3000 Gesuche eingereicht – mehrheitlich von Frauen. Asylsuchenden wird sechstens ein politischer Maulkorb aufgesetzt: Um Rekurse und Zweitgesuche aufgrund von Nachfluchtgründen zu verhindern, dürfen sie die Verhältnisse in ihrer Heimat nicht mehr öffentlich kritisieren. Auch politische AktivistInnen, die Asylsuchende unterstützen, können künftig bestraft werden. Siebtens verschärfte der Rat die Härtefallregelung für vorläufig aufgenommene Personen. Diese soll neu erst nach sieben statt wie heute nach fünf Jahren angewendet werden können. Achtens sollen Ausschaffungen in jedem Fall als «zumutbar» gelten, wenn der Bundesrat die Rückkehr in einen Staat allgemein als zumutbar erachtet. Der Spielraum für die Prüfung von Einzelfällen wurde gestrichen. In der Schlussabstimmung akzeptierte der Nationalrat das Gesetz mit 118 zu 62 Stimmen bei 3 Enthaltungen. Nächstes muss sich der Ständerat zu den Verschärfungen äussern.

Die Debatte 

Die zweitägige Asyldebatte des Nationalrats hat gezeigt, dass es verfehlt wäre, nur die SVP als treibende Kraft hinter den drastischen Verschärfungen des Asylgesetztes zu erkennen. Die xenophobe Setzung «Asyl-suchende=Missbrach=Kriminalität», welche die SVP seit langem aggressiv politisierend vertritt, wird im Parlament heute weitläufig als gegeben angenommen.

Den utilitaristisch-xenophoben Prämissen folgend, stritten sich «Experten» à la Philipp Müller (FDP), Heinz Brand (SVP) und Gerhard Pfister (CVP) «sachlich und freundlich» darüber, wie die Verwaltungsprozesse des Asylregimes optimiert oder Ausschaffungen effizienter gestaltet werden könnten.

Die Ratslinke beschränkte sich in dieser technokratischen Debatte einerseits darauf, «bürokratischen Unsinn» (Geri Müller/Grüne) zu verhindern und «nüchtern und sachlich zu bleiben» (Silvia Schenker/SP). Andererseits wurde von linker Seite an humanitäre Werte erinnert und versucht, die Revision als unnötig zu erklären: «Sie höhlen das Asylgesetz aus, ganz ohne Not. Sind wir etwa in der Situation von Griechenland?» (Balthasar Glättli/Grüne).

 

Das Referendum

Dass der Nichteintretensantrag der Grünen zu Beginn des Verschärfungsmarathons mit 158 zu 34 Stimmen bei 2 Enthaltungen abgeschmettert wurde, zeigt, dass innerhalb der parlamentarischen Linken keine grundsätzliche Ablehnung des Asylregimes besteht. Sogar die Frage nach dem Referendum, die für die grossen Parteien, Organisationen oder Gewerkschaften nach all den Verschärfungen an sich Pflicht sein sollte, bleibt offen.

Anlässlich der Spontandemo wurden SP, Grüne, SGB und SFH aufgerufen, «das Referendum auf jeden Fall zu ergreifen». Doch die SP bleibt zurückhaltend. Sie hofft, dass der Ständerat nochmals auf die Abschaffung der Sozialhilfe zurückkommt oder sich die Verantwortung für ein Referendum auf kleinere Organisationen abwälzen lässt.

 

Migrationspolitischer Bankrott

Obwohl die Ratslinke mehrheitlich geschlossen gegen die einzelnen Verschärfungen stimmte, trifft sie eine Mitschuld an den Verschärfungen des Asylgesetzes. Seit der letzten «Revision» im Jahr 2006 fand ein migrationspolitischer Kurswechsel nach rechts statt. Die SozialdemokratInnen und ihre Bundesrätin vertreten zunehmend offen protektionistische und utilitaristische Positionen und verzichten auf eine internationalistische Perspektive. 2008 bejahten sie das neue Schwarzarbeitergesetz, das die offene Sans-Papiers-Hetze orchestriert. 2006 und 2008 befürworten sie die Personenfreizügigkeit ohne wirksamen Schutz gegen Lohn- und Sozialdumping. Seit 2008 akzeptieren sie die Kriminalisierung der Migration aus dem nicht-europäischen Raum, indem sie die Militarisierung der EU-Aussengrenze mittragen und das repressive Asylregime der 9. Asylgesetzrevision über zahlreiche Exekutivmandate, Kommissionsmitgliedschaften und Verwaltungsstellen mitgestalten und -verwalten.

Der migrationspolitische Bankrott der SP zeigte sich jüngst auch während der Wahlen, als Fraktionschef Tschümperlin «aus wahlstrategischen Gründen» empfahl, das Thema Migration und Asyl totzuschweigen und auf später zu vertagen. Im «neuen» SP-Migrationspapier, das seit den Wahlen diskutiert wird, heisst es nun, dass Migration nur als wünschenswert betrachtet wird, wenn die Schweizer Wirtschaft davon profitiert. Ausschaffungen, Lager und Zwangsmassnahmen für Asylsuchende werden nicht a priori zurückgewiesen, die kollektive Regularisierung der Sans-Papiers jedoch schon.

Die SP muss sich letztlich auch vorwerfen lassen, sich stark vom sozialen und zivilgesellschaftlichen Widerstand gegen das Asyl- und Ausländerregime distanziert zu haben und sich ausschliesslich auf den parlamentarischen Weg zu beschränken. Bewegungen wie «Bleiberecht für alle» werden parteiintern im besten Fall als externe Unterstützung, oft aber als Hindernis für den reibungslosen Ablauf des parlamentarischen Geschäfts gesehen.

Die PdAS zu den Abstimmungen vom 17.Juni

Die PdAS ist über das wuchtige Nein und somit die klare Ablehnung der Managed-Care Vorlage sehr erfreut! Die Stimmbevölkerung hat sich gegen die Zweiklassen-Medizin, gegen das Diktat der Krankenkassen und für die freie Arztwahl entschlossen. Herr Felix Gutzwiler, FDP-Politiker und Befürworter der Vorlage, meinte nach der happigen Niederlage: «Die Roformbereitschaft in der Bevölkerung ist sehr gering». Nein Herr Gutzwiler, die Bevölkerung hat sich gegen einen massiven Abbau im Gesundheitswesen ausgesprochen, so sehen die Tatsachen nach der Abstimmung aus!

Auch das Nein zur «Bauspar-Initiative» erfreut die PdAS, denn die erneut vorgesehenen Steuergeschenke für  die Reichen wurden ohne Wenn und Aber vom Tisch gefegt. In unseren Augen liegt die politische Priorität im Bau von öffentlichen und genossenschaftlichen Wohnraum, der bezahlbare Mietzinsen für die unteren und durchschnittlichen Einkommen ermöglicht und nicht das Fördern von privatem Wohneigentum. Nach der heutigen Abstimmung verlangt die PdAS vom Parlament, dass entsprechende Förderprojekte rasch in Angriff genommen werden.

Enttäuscht hingegen ist die PdAS über den Ausgang  der Initiative «Staatsverträge vors Volk!» Die PdAS hatte hier ein JA empfohlen.  Dies unter anderem, weil die Europäische Union (EU) ein klar antidemokratisches Wirtschaftsgebilde im Interesse des Grosskapitals und der Finanzmärkte mit einer immer grösseren und imposanteren Kriegsmaschinerie ist. Die PdAS wird sich weiterhin für die Mitbestimmung der Bevölkerung in der Aussenpolitik der Schweiz einsetzen.

 

Partei der Arbeit der Schweiz

«STOPP der menschenverachtenden Migrationspolitik»

Die Stimmungsmache gegen Asylsuchende, Flüchtlinge, Roma, Sans-Papiers, irreguläre MigrantInnen und AusländerInnen im Allgemeinen hat in den letzten Monaten wieder zugenommen. Die sozialen und wirtschaftlichen Probleme in der Schweiz werden bewusst den MigrantInnen zugeschoben. Sie sind unerwünscht, als Sündenböcke aber willkommen und werden seit eh und je als Symbol der Bedrohung und Verunsicherung politisch instrumentalisiert. Anstatt die strukturellen und politischen Hürden beim Zugang zu Bildung, Arbeit und politischen Rechten abzubauen, wird den AusländerInnen ein Unwille zur Integration zugeschrieben. Die ohnehin schon unzumutbaren und menschenunwürdigen Bedingungen für Asylsuchende und MigrantInnen sollen nun mehr und mehr verschärft werden, gleich mehrere laufende Gesetzesrevisionen atmen diesen Geist.

Angesichts dieser Tatsachen rufen wir am Samstag, den 23. Juni 2012 zur gesamtschweizerischen Demonstration «STOPP der menschenverachtenden Migrationspolitik» in Bern auf. Wir sagen:

  • Nein zur Hetzkampagne gegen Asylsuchende!
    Die Flüchtlinge des arabischen Frühlings sind keine AbenteuermigrantInnen, «Bettwil» darf sich nicht wiederholen und Internierungslager für Flüchtlinge sind ein Unding! Stopp dieser Hetze!
  • Nein zur Asylgesetzrevision!
    Wir lehnen die erneute Verschärfung des Asylgesetzes ab, die Kriegsdienstverweigerer vom Asyl grundsätzlich ausschliessen, die politische Tätigkeit von Asylsuchenden in der Schweiz verbieten und das Botschaftsverfahren abschaffen möchte!
  • Nein zu einer verschärften Einbürgerungspraxis!
    Nur noch «gut integrierte» AusländerInnen sollen eingebürgert werden. Eine Einbürgerung soll nur noch für AusländerInnen mit C-Ausweis möglich sein. Die erleichterte Einbürgerung für Jugendliche, die hier aufgewachsen und zur Schule gegangen sind, aber lediglich eine vorläufige Aufnahme (F-Ausweis) oder eine Jahresaufenthaltsbewilligung (B-Ausweis) haben, würde nach der Revision des Bürgerrechtsgesetzes somit abgeschafft werden.
  • Nein zur Zwangsintegration!
    Ein neues Integrationsgesetz schafft eine Norm von «guter Integration». Diese ist zwar mehr als schwammig, doch bei der künftigen Erteilung und Verlängerung von Aufenthaltsbewilligungen entscheidend.
  • Nein zur Ausbeutung und systematischen Unterdrückung von über 100’000 in der Schweiz lebenden Sans-Papiers! Wir verlangen eine kollektive Regularisierung aller Sans-Papiers!

Die Schweiz versucht ihre Grenzen mit der laufenden Asylgesetzrevision dicht zu machen und andererseits per verschärftem Bürgerrecht und Integrationsbestimmungen den in der Schweiz lebenden MigrantInnen ihre Rechte zu verwehren.

  • Wir aber verteidigen das Recht auf Asyl, Migration und Integration in unserer Gesellschaft!
  • Wir fordern eine menschenwürdige Migrationspolitik!
  • Wir fordern gleiche Rechte und Mitbestimmung für alle statt Zwangsintegration!
Sämtliche Infos zur Demo unter:http://www.asyl.ch/demo/

Klimacamp in Zürich eröffnet!

Seit Sonntag, 3. bis hin zum 10. Juni dreht sich am Zürcher Platzspitz alles rund ums Klima. «Es geht darum, unsere Zukunft mitzugestalten. Angesichts der drohenden Klimakatastrophe und deren verheerenden Folgen für das Leben auf der Erde ist es wichtig, sich auch mit den gesellschaftlichen Ursachen des Problems zu befassen», erklärt eine Mitorganisatorin.

Mit gegen fünfzig praktischen und theoretischen Workshops quer durch und um das Thema Klima können die Besuchenden ihr Wissen im Klimacamp erweitern, sich mit Interessierten vernetzen und austauschen. Eine direkte Aktion am Samstag und eine Ausstellung am Sonntag bilden den Abschluss des Camps. Das Klimacamp findet dieses Jahr in der Stadt Zürich statt, weil der Klimaschutz mit seiner Wichtigkeit ins Zentrum gehört. Denn das Klima ist relevant – jetzt und für alle. Laut dem Klimacamp ist Verantwortung für den Klimawandel nicht delegierbar und alle sollen die Möglichkeit haben Informationen zu erhalten, die Konsequenzen ihrer herkömmlichen Lebensweise zu erkennen und die Alternativen dazu zu entdecken.

Das Klimacamp ist eine unabhängige Gruppe von Klima-AktivistInnen und steht allen Menschen offen, die sich mit dem Thema «Klima» beschäftigen wollen. Ob dies nun im Rahmen des Besuchs eines einzelnen Workshops oder in einem mehrtägigen Besuch ist. Das Workshop-Programm rund ums Thema Klima ist mit Basiswissen und Hintergrundinformationen bis zu Methodik und Handwerk breit gefächert und kostenlos. Die Workshops werden von verschiedenen Einzelpersonen, Gruppen und NGOs gehalten, unter anderem Greenpeace, WWF, Schweizer Energiestiftung, Tier-im-Fokus und vielen mehr. Es ist keine Anmeldung nötig. Abends bietet ein kulturelles Programm mit Filmen und gemütlichem Beisammensein Abwechslung. Am Samstag wird es eine direkte Aktion zum Thema Soja als Klimakiller geben und ab 13.30 findet gemeinsam mit Greenpeace und der Gesellschaft der bedrohten Völker eine bewilligte Kundgebung statt. Abgeschlossen wird das Camp am Sonntag von der Ausstellung «zwei Blicke in die Zukunft», welche positive und negative Auswirkungen unseres Handelns aufzeigen soll, wobei ein Jeder seinen persönlichen Beitrag mitbringen oder hier anfertigen kann.

Geplant und organisiert wird das Klimacamp, welches in der Schweiz bereits zum vierten Mal stattfindet, von einer Gruppe freiwilligen und engagierten Klima-AktivistInnen. Das Camp lädt alle dazu ein, mitzugestalten: Ideen einbringen, einen Workshop anbieten, sich bei der direkten Aktion einbringen, künstlerisch betätigen oder beim Auf- und Abbau helfen – jeder Beitrag ist herzlich willkommen.

Der braune Sumpf der Schweiz

Die Antifa Bern, Antifa Oberland und repro haben gemeinsam die Broschüre «Die braune Szene der Schweiz» herausgegeben, die einen ausführlichen Einblick in die Entwicklung der rechts-extremen Szene der Schweiz liefert. Neben der Portraitierung rechter Gruppierungen bietet das knapp 40-seitige Heft auch detaillierte Hintergrundinformationen.

Die beteiligten Gruppen haben einige Monate lang recherchiert: rechtsextreme Kundgebungen dokumentiert, Rechtsrock-CDs durchgehört, Webseiten und Diskussionsforen durchforstet und nun die gesammelten Daten veröffentlicht. Mit vielen, teils bisher unveröffentlichten Fotos bebildert, zeigt die neue Broschüre ein aktuelles Bild der rechtsextremen Szene der Schweiz, wirft aber auch einen Blick zurück auf die letzten Jahrzehnte. Nebst einem schön aufgearbeiteten geografischen Überblick und einer Chronologie rassistischer Übergriffe in den letzten zwei Jahren finden sich viele Portraits bekannter und weniger bekannter Gruppen der extremen Rechten. Diese gründliche Aufarbeitung mache die Broschüre laut HerausgeberInnen zu «einem unverzichtbaren Nachschlagewerk sowohl für alte Hasen als auch für NeueinsteigerInnen der Antifa-Szene».

Umfassende Darstellung

Einen grossen Teil der Broschüre nimmt die Einschätzung und Geschichte der umtriebigen «Partei National Orientierter Schweizer» (PNOS) ein, die ausführlich mit sechs ihrer Sektionen portraitiert wird. Zudem finden sich Texte zu der bekannten Gruppe «Blood & Honour» und zu den Hammerskins. Doch auch kleinere, unbekanntere Gruppen kommen nicht zu kurz: so werden der «Waldstätterbund», der «Volksbund Wasserschloss» und die «Europäischen Aktion» beleuchtet. Auch eine Darstellung der aktuellen Vertriebsstrukturen der Neonazi-Szene, wie etwa der Berner Oberländer Versand «Holy War Records» oder der Basler Kleiderladen «Power Zone», lässt sich in der Revue finden.

Einen umfassenden Einblick gibt die Broschüre in die enge Verbindung der braunen Szene mit ihren rechtspopulistischen Vorreitern. Der Befund der Broschüre: Die extreme Rechte – allen voran die PNOS als ihre wichtigste Akteurin – schwächelt mit wenigen Ausnahmen und steht im Schatten der übermächtigen Schweizerischen Volkspartei (SVP), die ähnliche Themenfelder besetzt hält. Auch in der Schweiz konnte die SVP mit ihrer Gewaltrhetorik bei extremen Rechten punkten. Es ist bezeichnend, dass an SVP-Kundgebungen immer wieder rechtsextreme Gruppen auftauchen und etliche SVP-PolitikerInnen auf Facebook mit Neonazis befreundet sind.

Ein genauer Blick

Die HerausgeberInnen beschreiben ihre Tätigkeit: «Der genaue und stete Blick nach Rechts ist ein wesentlicher Bestandteil und die eigentliche Basis der Antifa-Tätigkeit. Durch kontinuierliche Recherchearbeit können die Machenschaften der Alt- und Neonazis aufgedeckt und publik gemacht werden.» Schade ist, dass etwa die Machen- und Seilschaften der SVP als wohl wichtigste rechstpopulistische Kraft – wobei diese Charakterisierung auch nur bedingt taugt – etwas zu kurz kommt. Zudem könnte man bemängeln, dass zu wenig Gewicht auf die autoritären und repressiven Momente innerhalb demokratischer Strukturen gelegt wurde. Doch für antifaschistische AktivistInnen dürfte die Broschüre ein wichtiges Nachschlagewerk für ihre alltägliche Arbeit darstellen.

Bezogen werden kann die Broschüre gratis über: info@antifa.ch oder auf www.antifa.ch

Nein zur Diktatur der Versicherungen!

Am 17. Juni wird schweizweit über das Referendum zur Managed Care-Vorlage abgestimmt. Diese will die Marktlogik im Gesundheitsbereich vertiefen und steht somit dem Recht auf den Zugang zur besten Behandlung für alle  Menschen entgegen. 

Am 30. September 2011 hat das Parlament die Vorlage zur integrierten Versorgung (Managed Care) im Gesetz verankert. Eine Koalition von Gewerkschaften, linken Parteien und unterschiedlichen ÄrztInnenvereinigungen haben daraufhin das Referendum ergriffen und mit 133?000 Unterschriften eingereicht. Damit kommt am 17. Juni die Vorlage zur Abstimmung.

 

Worum es bei der Vorlage genau geht

Die wichtigsten Elemente der Revision können wie folgt zusammengefasst werden. Erstens:  Der Art. 41c des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG) führt eine neue Versicherungsform ein: die integrierte Versorgung. Leistungserbringer (ÄrztInnen, aber auch andere) vereinigen sich in ein Netz, um die medizinischen Behandlungen zu koordinieren. Zweitens: Die integrierten Versorgungsnetze schliessen mit den Krankenversicherungen spezifische Verträge ab, die u.a. die Bezahlung der Leistungen regeln. Hier wird der Begriff der «Budgetmitverantwortung» eingeführt: Neu sollen neben den Krankenkassen auch die Versorgungsnetze die finanzielle Verantwortung mittragen. Drittens: Ein finanzieller Anreiz wird eingeführt, um die Versicherten anzuspornen, sich bei einem Versorgungsnetz anzuschliessen. Für sie wird der Selbstbehalt bei 10 Prozent und jährlich maximal 500 Franken liegen. Diejenigen Personen, die sich gegen ein Versorgungsnetz entscheiden, werden sanktioniert und müssen 15 Prozent bzw. maximal 1000 Franken der jährlichen Kosten selbst übernehmen (Art. 64). Zudem ist im neuen Gesetz verankert, dass der Bundesrat den maximalen Beitrag «an die Entwicklung der Gesundheitskosten» anpassen und ihn auch erhöhen kann. Viertens: Die Vertragsdauer kann für die integrierten Versorgungsnetze auf drei Jahre erhöht werden. Wer sich entscheidet, vorher ein Netz zu verlassen, muss eine Ausstiegsbusse bezahlen.

Die sozialen Folgen der Vorlage

Auf den ersten Blick erscheint die Vorlage als organisatorische Verbesserung der ambulanten Gesundheitsversorgung und der Verzicht auf die freie Arztwahl eine akzeptable Einschränkung, um «Kosten zu sparen». Kurz oder lang werden aber die sozialen Ungleichheiten verschärft. Denn in erster Linie wird die Vorlage zu einer direkten Erhöhung der Gesundheitskosten für alle Haushalte führen, zuallererst für diejenigen Personen, die sich keinem Versorgungsnetz anschliessen. Die Gesundheitskosten lasten schon heute schwer: 20 Prozent der Haushalte mit den tiefsten Einkommen geben 22 Prozent ihres verfügbaren Einkommens für Gesundheit aus; hingegen sind es für die Bessergestellten nur 11 Prozent. Es ist vorhersehbar, dass also Haushalte einerseits aus Kostengründen auf bestimmte Behandlungen verzichten werden, andererseits gezwungen sein werden, andere Ausgaben zu verringern, um sich pflegen zu lassen. Zu diesem Schluss kommt sogar das Beratungsunternehmen «Deloitte» in einer 2010 publizierten Studie.

Stärkung der Versicherer

Die Freiheit, Verträge abzuschliessen, erlaubt den Versicherungen, diejenigen ÄrztInnen auszuwählen, mit denen sie zusammenarbeiten und denen sie die Leistungen finanziell zurückerstatten wollen. Die Krankenkassen werden also nicht mehr gezwungen sein, jede Ärztin und jeden Arzt als Verhandlungspartner zu akzeptieren, was ihre Stellung gegenüber den ÄrztInnen massiv stärkt, vor allem im aktuellen Kontext steigender Leistungsangebote (auf den 1. Januar 2012 ist das Ärztemoratorium aufgehoben worden). Die Budgetmitverantwortung führt dazu, dass ein «Selektionseffekt» eintritt: die Versorgungsnetze werden keine grossen Interessen haben, schwere und teure Fälle zu übernehmen, da sie die Finanzierung der Behandlungen in Zukunft mittragen müssen. Dies wiederum führt zu einem «Rationierungseffekt»: Der Druck steigt, nur bestimmte Behandlungen anzuwenden, um das Budget nicht zu überschreiten. «Gute Risiken» werden behalten, teure Fälle «weitergegeben», es entstehen «Zulieferungsketten» in der Gesundheitsversorgung.

Nein zu Managed Care

Gewinner dieser Vorlage sind in erster Linie die Krankenversicherungen, die ihre Machtposition auf dem Markt gestärkt sehen. Mittelfristig werden sich zudem Versorgungsnetze herauskristallisieren, die sich auf die «guten Risiken» spezialisieren und die grössten finanziellen Gewinne einfahren werden. Verlierer wird die ganze lohnabhängige Klasse sein. Ihre Beteiligung an den Gesundheitskosten wird weiter steigen. Schon heute ist ihre Beteiligung im Vergleich zu den privaten Versicherungen und dem Staat am höchsten. Gerade die kantonal unterschiedlichen und einkommensunabhängigen Kopfprämien potenzieren das Armutsrisiko. Und damit nicht genug: Einflussreiche Verantwortliche von Krankenkassen wollen sogar generationenabhängige Prämien durchboxen, d.h. diejenigen der Jungen senken und diejenigen der Älteren erhöhen. Dass 25 Prozent der über 65-Jährigen armutsgefährdet sind, wird absichtlich verschwiegen.

Die lohnabhängige Klasse sieht sich gerade im Kontext der Prekarisierung der Arbeit erhöhten Gesundheitsrisiken ausgesetzt. Die Revision des KVG würde ihre Situation noch verschlechtern. Nur breite und solidarische Mobilisierungen für die Abstimmung, aber besonders an den Arbeitsplätzen und auf der Strasse, können diesen Frontalangriff bekämpfen.

Asyl in der reichen Schweiz

Heute werden weltweit 43 Millionen Flüchtlinge gezählt, davon sind 26 Millionen so genannte «intern Vertriebene». Diese Menschen – unter ihnen viele Frauen und Kinder – mussten vor Krieg, Gewalt und Naturkatastrophen flüchten. Sie alle sind äusserst verletzlich. Die wenigsten dieser Menschen gelangen nach Westeuropa oder gar in die Schweiz. Trotzdem wird die Asylpolitik der humanitären und den Menschenrechten verpflichteten Eidgenossenschaft immer unmenschlicher. Unser Land ist durch seine Waffenexporte an Staaten, die Krieg führen und foltern lassen, ein wenig mitverantwortlich dafür, dass Menschen fliehen.

Kriegsdienstverweigerer aus Eritrea, die in ihrem Land verfolgt werden, will man in der Schweiz nicht mehr als Flüchtlinge anerkennen. Zurückschicken kann man sie aber nicht in dieses Land, das von einer fürchterlichen Diktatur beherrscht wird.

Zudem wäre es jetzt für das Bundesamt für Migration plötzlich «rechtlich vertretbar», Asylsuchenden generell nur noch Nothilfe statt  Sozialhilfe zu gewähren. Sie würden dann nur noch acht bis zehn Franken pro Tag erhalten, was pro Monat etwa 300 Franken ausmachen würde. Bisher wurden nur Asylsuchende, die nicht ausreisen wollten, auf diese Nothilfe gesetzt. Hans Jürg Käser, der Präsident der kantonalen Justizdirektoren, und einige Politiker, möchten die Nothilfe für Asylsuchende, die nicht ausreisen wollen, gar ganz abschaffen.

Wie leben heute Menschen mit Nothilfe, sprich mit acht bis zehn Franken pro Tag? Warum reisen sie nicht aus? Um dies zu verstehen, sind Berichte von Betroffenen wichtig. Der Journalist Michael Walther zeichnete Gespräche mit Asylsuchenden auf und veröffentlichte das Buch «Und es sind Menschen auf der Flucht». Alle Gesprächspartner von Walther hatten einen so genannten «Nicht-Eintretens-Bescheid» erhalten, ihr Asylgesuch wurde somit abgelehnt. Die Behörden hatten sie aufgefordert, die Schweiz unverzüglich zu verlassen. Zwölf Menschen erzählten Walther ihre Lebensgeschichte: Boris Johnson aus Liberia, Adriana Ademi aus Kroatien und Kosova, John Taha aus dem Sudan, Mohammed Jaafar aus Mauretanien und Senegal, Michael Werede aus Eritrea, Thomas George aus Kerala in Indien, Rahima Abdul Raheem aus Tamil Nadu in Indien, Modou Koroma aus Sierra Leone und Mali, José Correia aus Guinea-Bissau, Kaw Diatigi aus Guinea und die Familie Gujar aus Jammu und Kaschmir in Indien. Vielleicht werden wir wie die Familie Guaja einmal zu Flüchtlingen? Nach einem Krieg? Nach einem Unfall eines Atomreaktor wie in Tschernobyl und Fukushima?

Die Asylgesetzgebung wurde in den letzten Jahren laufend verschärft und soll jetzt noch weiter verschärft werden. Asyl in einem der reichsten Länder der Welt? Wurden Henri Dunant, Albert Schweitzer und Heinrich Pestalozzi vergessen?